Fertig mit der Schönfärberei. Wie gross sind die Wirkungen des Flugverkehrs auf das Klima wirklich?

ShortId
19.4281
Id
20194281
Updated
28.07.2023 02:17
Language
de
Title
Fertig mit der Schönfärberei. Wie gross sind die Wirkungen des Flugverkehrs auf das Klima wirklich?
AdditionalIndexing
52;48;66
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Über die Klimawirkung des Flugverkehrs kursieren in der Öffentlichkeit sehr unterschiedliche Zahlen. Die Fluggesellschaften berichten von einem Beitrag des globalen Flugverkehrs von 2 bis 3 Prozent an die globalen Treibhausgasemissionen. Demgegenüber berichten Klimaschutzorganisationen von einem Anteil des Flugverkehrs von 18 bis 20 Prozent an den Schweizer Klimagasemissionen (inkl. Berücksichtigung des Multipliers). Der Bundesrat schreibt in Antwort auf meine Frage 19.5552, dass die CO2-Emissionen des Flugverkehrs, die das Bundesamt für Umwelt veröffentlicht, auf dem Kerosinabsatz gemäss Gesamtenergiestatistik des Bundesamtes für Energie basieren. Diese Vorgehensweise entspreche den Berichterstattungsrichtlinien des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Es handle sich um eine "vertretbare Schätzung".</p><p>Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf, Klarheit über die effektive Dimension der Klimawirkung des Flugverkehrs zu haben, d. h. unter Einbezug aller Flugpassagiere in und aus der Schweiz.</p>
  • <p>1. Unter der Klimakonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) erfasst jedes Land die Inland- wie auch die Auslandflüge entsprechend der im Land vertankten Menge an Flugtreibstoffen. Dies entspricht der benötigten Treibstoffmenge für alle Flüge mit Abflug im eigenen Land bis zur Destination. Mit diesem Prinzip wird sichergestellt, dass die Treibhausgasemissionen des Luftverkehrs global lückenlos erfasst werden. Die Menge des in der Schweiz jährlich vertankten Flugtreibstoffs, welche diesen Flügen entspricht, beruht auf der Zollstatistik. Aus der Menge des verbrannten Treibstoffs lassen sich die CO2-Emissionen gestützt auf den Kohlenstoffgehalt von Kerosin direkt berechnen. Durch die Verbrennung der in der Schweiz vertankten Menge von Flugtreibstoffen wurden im Jahr 2017 insgesamt 5,42 Millionen Tonnen CO2 emittiert, im Jahr 2018 waren es total 5,74 Millionen Tonnen. Die CO2-Emissionen für die Rückflüge in die Schweiz sind nicht enthalten, da der Treibstoff für den Rückflug im Ausgangsflughafen des Rückflugs berücksichtigt wird.</p><p>Unabhängig von Ort und Höhe der Emission hat 1 Kilogramm CO2 dieselbe Klimawirkung, egal ob dieses aus einem Motorfahrzeug, aus einer Heizung oder einem Flugzeugtriebwerk stammt. Deshalb können CO2-Anteile aus verschiedenen Quellen direkt als Anteile an der Klimawirkung verglichen werden. 5 Millionen Tonnen CO2 aus dem Flugverkehr entsprechen einem Anteil von etwa 12 Prozent an den CO2-Inlandemissionen der Schweiz. 5 Millionen Tonnen CO2 entsprechen 25 Prozent der CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Treibstoffen in der Schweiz. Der Anteil der weltweiten Luftfahrt an den anthropogenen CO2-Emissionen beträgt 2 bis 2,5 Prozent.</p><p>Die Masseinheit CO2-Äquivalent wurde eingeführt, um die Wirkung von verschieden stark und verschieden lange wirkenden Treibhausgasen mit der Wirkung von CO2 vergleichen zu können. Flugzeugtriebwerke emittieren auf Reiseflughöhe neben CO2 keine der sogenannten Kyoto-Treibhausgase, verursachen aber zusätzliche Effekte, primär durch Stickoxide und durch Wolkenbildungen. Eine Eigenheit dieser zusätzlichen Klimaeffekte ist, dass sie sich nicht wie die Emissionen eines Treibhausgases verhalten. Sie können wärmend und kühlend wirken (was bei einem Treibhausgas nicht der Fall ist), und sie reichern sich nicht wie das CO2 über Hunderte von Jahren in der Atmosphäre an. Eine einfache Umrechnung in CO2-Äquivalente ist daher nicht möglich. In der Wissenschaft werden verschiedene Ansätze diskutiert, wie die verschiedenen Effekte bewertet werden können. Proclim, das Forum für Klima und globalen Wandel der Schweizer Akademien der Naturwissenschaften, wurde beauftragt, die wissenschaftlichen Grundlagen in Bezug auf die Klimawirkung von Flugemissionen aufzuarbeiten. Gestützt darauf werden Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Verwaltung die Frage der Bewertung der Flugemissionen behandeln.</p><p>2. Im Durchschnitt werden bei Flügen ab der Schweiz etwa 90 Gramm CO2 pro Passagier und Kilometer emittiert. 9000 Flugkilometer entsprechen damit dem Ausstoss von rund 810 Kilogramm CO2 pro Passagier.</p><p>3. Die Berechnung der Treibhausgasemissionen des Luftverkehrs wird bisher und zukünftig entsprechend den international anerkannten Regeln für die Erstellung der nationalen Treibhausgasinventare gemäss Klimakonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) erfolgen. Für den internationalen Luftverkehr werden die CO2-Emissionen ausgewiesen und umfassen die ganzen Flugstrecken bis zur Destination. Die Emissionen des internationalen Flugverkehrs sind im Reduktionsziel gemäss Kyoto-Protokoll und CO2-Gesetz nicht eingeschlossen.</p><p>4. Die Emissionen pro Einwohner und Jahr, welche alleine durch Flugreisen entstehen, werden nicht separat erhoben. Unter den Annahmen, welche der Antwort auf Frage 2 zugrunde liegen, kann man von rund 0,8 Tonnen CO2 pro Einwohner und Jahr ausgehen. Dem gegenüber stehen 4,5 Tonnen CO2 pro Einwohner und Jahr (Zahl gemäss Treibhausgasinventar 2017, ohne internationalen Flugverkehr). Auf internationaler Ebene sind keine mit dem Mikrozensus Verkehr vergleichbaren Zahlen verfügbar.</p><p>5. Der Radiative Forcing Index (RFI) ist nicht geeignet, die Klimawirkung verschiedener Effekte mit unterschiedlicher Einwirkdauer auf die Atmosphäre richtig zu bewerten. Die Zusammenstellung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse bzgl. der "Nicht-CO2-Effekte" des Luftverkehrs auf das Klima ist Gegenstand der laufenden Arbeiten von Proclim. Zum heutigen Zeitpunkt lässt sich festhalten, dass die langfristige Wirkung der Klimaeffekte aus dem Luftverkehr von dessen CO2-Emissionen dominiert wird.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Ich ersuche den Bundesrat, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Welche jährlichen Klimagasemissionen (in Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr) verursacht der Flugverkehr durch die gemäss BFS-Flugstatistik jährlich rund 60 Millionen Flugpassagiere ab/in den Schweizer Flughäfen (Hin- und Rückflüge)? </p><p>2. Wie viele Klimagasemissionen (in Tonnen CO2-Äquivalente) verursachen die durchschnittlich 9000 Flugkilometer pro Einwohner und Jahr gemäss Mikrozensus-Verkehr-Verhalten (BFS 2015) bzw. gemäss aktuelleren durchschnittlichen Flugmobilitätszahlen?</p><p>3. Wie bewertet der Bundesrat bisher die Klimawirkung des Flugverkehrs in und aus der Schweiz? Und wie gedenkt er diese künftig zu bewerten?</p><p>4. Wie steht die Schweiz (in Tonnen CO2-Äquivalente pro Einwohner und Jahr) mit diesen Flugverkehrszahlen und den daraus resultierenden Klimagasemissionen im internationalen Vergleich da?</p><p>5. Welcher RFI-Multiplier für die zusätzlichen Klimawirkungen des Flugverkehrs soll künftig für die offiziellen Berechnungen und Statistiken der Klimawirkung des Flugverkehrs in der Schweiz verwendet werden?</p>
  • Fertig mit der Schönfärberei. Wie gross sind die Wirkungen des Flugverkehrs auf das Klima wirklich?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Über die Klimawirkung des Flugverkehrs kursieren in der Öffentlichkeit sehr unterschiedliche Zahlen. Die Fluggesellschaften berichten von einem Beitrag des globalen Flugverkehrs von 2 bis 3 Prozent an die globalen Treibhausgasemissionen. Demgegenüber berichten Klimaschutzorganisationen von einem Anteil des Flugverkehrs von 18 bis 20 Prozent an den Schweizer Klimagasemissionen (inkl. Berücksichtigung des Multipliers). Der Bundesrat schreibt in Antwort auf meine Frage 19.5552, dass die CO2-Emissionen des Flugverkehrs, die das Bundesamt für Umwelt veröffentlicht, auf dem Kerosinabsatz gemäss Gesamtenergiestatistik des Bundesamtes für Energie basieren. Diese Vorgehensweise entspreche den Berichterstattungsrichtlinien des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Es handle sich um eine "vertretbare Schätzung".</p><p>Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf, Klarheit über die effektive Dimension der Klimawirkung des Flugverkehrs zu haben, d. h. unter Einbezug aller Flugpassagiere in und aus der Schweiz.</p>
    • <p>1. Unter der Klimakonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) erfasst jedes Land die Inland- wie auch die Auslandflüge entsprechend der im Land vertankten Menge an Flugtreibstoffen. Dies entspricht der benötigten Treibstoffmenge für alle Flüge mit Abflug im eigenen Land bis zur Destination. Mit diesem Prinzip wird sichergestellt, dass die Treibhausgasemissionen des Luftverkehrs global lückenlos erfasst werden. Die Menge des in der Schweiz jährlich vertankten Flugtreibstoffs, welche diesen Flügen entspricht, beruht auf der Zollstatistik. Aus der Menge des verbrannten Treibstoffs lassen sich die CO2-Emissionen gestützt auf den Kohlenstoffgehalt von Kerosin direkt berechnen. Durch die Verbrennung der in der Schweiz vertankten Menge von Flugtreibstoffen wurden im Jahr 2017 insgesamt 5,42 Millionen Tonnen CO2 emittiert, im Jahr 2018 waren es total 5,74 Millionen Tonnen. Die CO2-Emissionen für die Rückflüge in die Schweiz sind nicht enthalten, da der Treibstoff für den Rückflug im Ausgangsflughafen des Rückflugs berücksichtigt wird.</p><p>Unabhängig von Ort und Höhe der Emission hat 1 Kilogramm CO2 dieselbe Klimawirkung, egal ob dieses aus einem Motorfahrzeug, aus einer Heizung oder einem Flugzeugtriebwerk stammt. Deshalb können CO2-Anteile aus verschiedenen Quellen direkt als Anteile an der Klimawirkung verglichen werden. 5 Millionen Tonnen CO2 aus dem Flugverkehr entsprechen einem Anteil von etwa 12 Prozent an den CO2-Inlandemissionen der Schweiz. 5 Millionen Tonnen CO2 entsprechen 25 Prozent der CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Treibstoffen in der Schweiz. Der Anteil der weltweiten Luftfahrt an den anthropogenen CO2-Emissionen beträgt 2 bis 2,5 Prozent.</p><p>Die Masseinheit CO2-Äquivalent wurde eingeführt, um die Wirkung von verschieden stark und verschieden lange wirkenden Treibhausgasen mit der Wirkung von CO2 vergleichen zu können. Flugzeugtriebwerke emittieren auf Reiseflughöhe neben CO2 keine der sogenannten Kyoto-Treibhausgase, verursachen aber zusätzliche Effekte, primär durch Stickoxide und durch Wolkenbildungen. Eine Eigenheit dieser zusätzlichen Klimaeffekte ist, dass sie sich nicht wie die Emissionen eines Treibhausgases verhalten. Sie können wärmend und kühlend wirken (was bei einem Treibhausgas nicht der Fall ist), und sie reichern sich nicht wie das CO2 über Hunderte von Jahren in der Atmosphäre an. Eine einfache Umrechnung in CO2-Äquivalente ist daher nicht möglich. In der Wissenschaft werden verschiedene Ansätze diskutiert, wie die verschiedenen Effekte bewertet werden können. Proclim, das Forum für Klima und globalen Wandel der Schweizer Akademien der Naturwissenschaften, wurde beauftragt, die wissenschaftlichen Grundlagen in Bezug auf die Klimawirkung von Flugemissionen aufzuarbeiten. Gestützt darauf werden Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Verwaltung die Frage der Bewertung der Flugemissionen behandeln.</p><p>2. Im Durchschnitt werden bei Flügen ab der Schweiz etwa 90 Gramm CO2 pro Passagier und Kilometer emittiert. 9000 Flugkilometer entsprechen damit dem Ausstoss von rund 810 Kilogramm CO2 pro Passagier.</p><p>3. Die Berechnung der Treibhausgasemissionen des Luftverkehrs wird bisher und zukünftig entsprechend den international anerkannten Regeln für die Erstellung der nationalen Treibhausgasinventare gemäss Klimakonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) erfolgen. Für den internationalen Luftverkehr werden die CO2-Emissionen ausgewiesen und umfassen die ganzen Flugstrecken bis zur Destination. Die Emissionen des internationalen Flugverkehrs sind im Reduktionsziel gemäss Kyoto-Protokoll und CO2-Gesetz nicht eingeschlossen.</p><p>4. Die Emissionen pro Einwohner und Jahr, welche alleine durch Flugreisen entstehen, werden nicht separat erhoben. Unter den Annahmen, welche der Antwort auf Frage 2 zugrunde liegen, kann man von rund 0,8 Tonnen CO2 pro Einwohner und Jahr ausgehen. Dem gegenüber stehen 4,5 Tonnen CO2 pro Einwohner und Jahr (Zahl gemäss Treibhausgasinventar 2017, ohne internationalen Flugverkehr). Auf internationaler Ebene sind keine mit dem Mikrozensus Verkehr vergleichbaren Zahlen verfügbar.</p><p>5. Der Radiative Forcing Index (RFI) ist nicht geeignet, die Klimawirkung verschiedener Effekte mit unterschiedlicher Einwirkdauer auf die Atmosphäre richtig zu bewerten. Die Zusammenstellung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse bzgl. der "Nicht-CO2-Effekte" des Luftverkehrs auf das Klima ist Gegenstand der laufenden Arbeiten von Proclim. Zum heutigen Zeitpunkt lässt sich festhalten, dass die langfristige Wirkung der Klimaeffekte aus dem Luftverkehr von dessen CO2-Emissionen dominiert wird.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Ich ersuche den Bundesrat, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Welche jährlichen Klimagasemissionen (in Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr) verursacht der Flugverkehr durch die gemäss BFS-Flugstatistik jährlich rund 60 Millionen Flugpassagiere ab/in den Schweizer Flughäfen (Hin- und Rückflüge)? </p><p>2. Wie viele Klimagasemissionen (in Tonnen CO2-Äquivalente) verursachen die durchschnittlich 9000 Flugkilometer pro Einwohner und Jahr gemäss Mikrozensus-Verkehr-Verhalten (BFS 2015) bzw. gemäss aktuelleren durchschnittlichen Flugmobilitätszahlen?</p><p>3. Wie bewertet der Bundesrat bisher die Klimawirkung des Flugverkehrs in und aus der Schweiz? Und wie gedenkt er diese künftig zu bewerten?</p><p>4. Wie steht die Schweiz (in Tonnen CO2-Äquivalente pro Einwohner und Jahr) mit diesen Flugverkehrszahlen und den daraus resultierenden Klimagasemissionen im internationalen Vergleich da?</p><p>5. Welcher RFI-Multiplier für die zusätzlichen Klimawirkungen des Flugverkehrs soll künftig für die offiziellen Berechnungen und Statistiken der Klimawirkung des Flugverkehrs in der Schweiz verwendet werden?</p>
    • Fertig mit der Schönfärberei. Wie gross sind die Wirkungen des Flugverkehrs auf das Klima wirklich?

Back to List