Keine erzwungenen Lehrabbrüche bei gut integrierten Personen mit negativem Asylentscheid

ShortId
19.4282
Id
20194282
Updated
28.07.2023 14:31
Language
de
Title
Keine erzwungenen Lehrabbrüche bei gut integrierten Personen mit negativem Asylentscheid
AdditionalIndexing
32;2811
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Heute werden Lernende bei einem negativen Asylentscheid regelmässig gezwungen, ihre Vorlehren oder Lehren abzubrechen. Oft handelt es sich um Personen, welche jahrelang in einem Asylverfahren steckten und bei denen eine Rückübernahme in den Herkunftsstaat nicht möglich ist. Statt zu arbeiten und auf eigenen Beinen zu stehen, werden diese Personen gezwungen, von Nothilfe zu leben. Das macht weder aus Sicht der Lernenden noch aus Sicht der Lehrbetriebe und schon gar nicht aus Sicht des Staates Sinn.</p><p>Zwar besteht schon heute eine Möglichkeit für Ausnahmen (vgl. Art. 14 AsylG resp. Art. 30a VZAE). Diese wird aber einerseits durch die Kantone selten genutzt (hier besteht der Handlungsbedarf in den Kantonen), andererseits sind die Voraussetzungen auf Bundesebene aber zu restriktiv. Insbesondere die Bedingung, dass die betroffene Person die obligatorische Schule mindestens fünf Jahre ununterbrochen in der Schweiz besucht haben muss, geht zu weit. Gerade in Fällen wo eine Rückübernahme in den Herkunftsstaat nicht möglich ist, ist es unsinnig, dass eine Lehre abgebrochen werden muss, weil die betroffene Person nur zwei oder drei Jahre bei uns zur Schule ging. Im Gegenteil: Wir bestrafen damit sogar diejenigen, welche sich besonders gut integriert haben.</p><p>Deshalb muss im Bundesgesetz dringend mehr Flexibilität geschaffen werden. Selbstverständlich muss ein Missbrauch dieser Regelung verhindert werden. Das vorgeschriebene Gesuch des Arbeitgebers, die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen nach Artikel 22 AIG sowie die Erfüllung der Integrationskriterien nach Artikel 58a Absatz 1 AIG sollen deshalb wie heute Voraussetzung bleiben.</p>
  • <p>Eine glaubwürdige und konsequente Asylpolitik setzt voraus, dass Asylsuchende, deren Asylgesuch in einem rechtsstaatlich korrekten Verfahren abgewiesen wurde, die Schweiz tatsächlich verlassen. Dies gilt auch dann, wenn während des Asylverfahrens eine berufliche Grundbildung in der Schweiz begonnen wurde (vgl. auch die Antwort des Bundesrates auf die Interpellation Vogler 19.3140, "Abschluss der Ausbildung von abgewiesenen Asylsuchenden in der Schweiz"). Zur Ausreise verpflichtet sind Personen, bei denen der Vollzug der Wegweisung möglich, zulässig und zumutbar ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so können die Betroffenen jederzeit auch freiwillig in ihren Herkunfts- oder Heimatstaat zurückkehren. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird eine vorläufige Aufnahme erteilt, die eine berufliche Grundbildung in der Schweiz ermöglicht.</p><p>Wie in der Motion erwähnt, besteht weiter die Möglichkeit, in schwerwiegenden persönlichen Härtefällen die berufliche Grundbildung von Personen mit rechtswidrigem Aufenthalt zu ermöglichen (Art. 14 Abs. 2 des Asylgesetzes AsylG, SR 142.31, i. V. m. Art. 30a der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit, VZAE, SR 142.201). Dies gilt auch für Personen, deren Asylgesuch rechtskräftig abgelehnt wurde und die zur Ausreise verpflichtet sind. Die Erteilung einer entsprechenden Aufenthaltsbewilligung setzt voraus, dass die betroffene Person die obligatorische Schule in der Schweiz während mindestens fünf Jahren besucht hat. Das Asylgesetz sieht für Härtefallregelungen vor, dass eine betroffene Person sich u. a. mindestens fünf Jahre in der Schweiz aufhalten muss (Art. 14 Abs. 2 Bst. a AsylG). Soll eine Bewilligungserteilung für den Abschluss einer beruflichen Grundbildung bereits nach einem kürzeren Aufenthalt möglich sein, müsste das Asylgesetz demnach angepasst werden. Eine solche Verkürzung der Frist hätte aber weitreichende Folgen, da sie auf sämtliche Asylsuchende anwendbar wäre, deren Asylgesuch abgelehnt wurde.</p><p>Die am 1. März 2019 in Kraft getretene Beschleunigung der Asylverfahren hat zum Ziel, die Asylverfahren in der Schweiz so rasch als möglich abzuschliessen. Mit den raschen Asylverfahren sollen auch unbefriedigende Situationen wie ein vorzeitiger Lehrabbruch in Zukunft vermieden werden. Gleichzeitig ermöglichen rasche Asylverfahren, dass die Integrationsförderung derjenigen Personen, welche in der Schweiz Asyl erhalten oder die vorläufig aufgenommen werden, möglichst rasch erfolgen kann. Im Einzelfall kann zudem die Ausreisefrist von rechtskräftig wegzuweisenden Asylsuchenden angemessen verlängert werden, wenn besondere Umstände dies erfordern (Art. 45 AsylG). Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn eine rechtskräftig weggewiesene Person kurz vor dem Abschluss einer Ausbildung steht und diese bis zur definitiven Ausreise beenden kann, sofern klar ersichtlich ist, dass sie ihre Ausreise aus der Schweiz weiterhin tatsächlich vorbereitet. Gemäss heutiger Praxis ist eine Verlängerung bis maximal sechs Monate möglich.</p><p>Aus Sicht des Bundesrates besteht folglich kein Handlungsbedarf.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die rechtlichen Grundlagen so anzupassen, dass bei einem negativen Asylentscheid die berufliche Grundbildung auch dann beendet werden kann, wenn die betroffene Person die obligatorische Schule weniger als fünf Jahre ununterbrochen in der Schweiz besucht hat. Insbesondere in Fällen, wo eine Rückübernahme in den Herkunftsstaat nicht möglich ist, sollen das Gesuch des Arbeitgebers, die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen nach Artikel 22 AIG sowie die Erfüllung der Integrationskriterien nach Artikel 58a Absatz 1 AIG ausreichen.</p>
  • Keine erzwungenen Lehrabbrüche bei gut integrierten Personen mit negativem Asylentscheid
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Heute werden Lernende bei einem negativen Asylentscheid regelmässig gezwungen, ihre Vorlehren oder Lehren abzubrechen. Oft handelt es sich um Personen, welche jahrelang in einem Asylverfahren steckten und bei denen eine Rückübernahme in den Herkunftsstaat nicht möglich ist. Statt zu arbeiten und auf eigenen Beinen zu stehen, werden diese Personen gezwungen, von Nothilfe zu leben. Das macht weder aus Sicht der Lernenden noch aus Sicht der Lehrbetriebe und schon gar nicht aus Sicht des Staates Sinn.</p><p>Zwar besteht schon heute eine Möglichkeit für Ausnahmen (vgl. Art. 14 AsylG resp. Art. 30a VZAE). Diese wird aber einerseits durch die Kantone selten genutzt (hier besteht der Handlungsbedarf in den Kantonen), andererseits sind die Voraussetzungen auf Bundesebene aber zu restriktiv. Insbesondere die Bedingung, dass die betroffene Person die obligatorische Schule mindestens fünf Jahre ununterbrochen in der Schweiz besucht haben muss, geht zu weit. Gerade in Fällen wo eine Rückübernahme in den Herkunftsstaat nicht möglich ist, ist es unsinnig, dass eine Lehre abgebrochen werden muss, weil die betroffene Person nur zwei oder drei Jahre bei uns zur Schule ging. Im Gegenteil: Wir bestrafen damit sogar diejenigen, welche sich besonders gut integriert haben.</p><p>Deshalb muss im Bundesgesetz dringend mehr Flexibilität geschaffen werden. Selbstverständlich muss ein Missbrauch dieser Regelung verhindert werden. Das vorgeschriebene Gesuch des Arbeitgebers, die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen nach Artikel 22 AIG sowie die Erfüllung der Integrationskriterien nach Artikel 58a Absatz 1 AIG sollen deshalb wie heute Voraussetzung bleiben.</p>
    • <p>Eine glaubwürdige und konsequente Asylpolitik setzt voraus, dass Asylsuchende, deren Asylgesuch in einem rechtsstaatlich korrekten Verfahren abgewiesen wurde, die Schweiz tatsächlich verlassen. Dies gilt auch dann, wenn während des Asylverfahrens eine berufliche Grundbildung in der Schweiz begonnen wurde (vgl. auch die Antwort des Bundesrates auf die Interpellation Vogler 19.3140, "Abschluss der Ausbildung von abgewiesenen Asylsuchenden in der Schweiz"). Zur Ausreise verpflichtet sind Personen, bei denen der Vollzug der Wegweisung möglich, zulässig und zumutbar ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so können die Betroffenen jederzeit auch freiwillig in ihren Herkunfts- oder Heimatstaat zurückkehren. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird eine vorläufige Aufnahme erteilt, die eine berufliche Grundbildung in der Schweiz ermöglicht.</p><p>Wie in der Motion erwähnt, besteht weiter die Möglichkeit, in schwerwiegenden persönlichen Härtefällen die berufliche Grundbildung von Personen mit rechtswidrigem Aufenthalt zu ermöglichen (Art. 14 Abs. 2 des Asylgesetzes AsylG, SR 142.31, i. V. m. Art. 30a der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit, VZAE, SR 142.201). Dies gilt auch für Personen, deren Asylgesuch rechtskräftig abgelehnt wurde und die zur Ausreise verpflichtet sind. Die Erteilung einer entsprechenden Aufenthaltsbewilligung setzt voraus, dass die betroffene Person die obligatorische Schule in der Schweiz während mindestens fünf Jahren besucht hat. Das Asylgesetz sieht für Härtefallregelungen vor, dass eine betroffene Person sich u. a. mindestens fünf Jahre in der Schweiz aufhalten muss (Art. 14 Abs. 2 Bst. a AsylG). Soll eine Bewilligungserteilung für den Abschluss einer beruflichen Grundbildung bereits nach einem kürzeren Aufenthalt möglich sein, müsste das Asylgesetz demnach angepasst werden. Eine solche Verkürzung der Frist hätte aber weitreichende Folgen, da sie auf sämtliche Asylsuchende anwendbar wäre, deren Asylgesuch abgelehnt wurde.</p><p>Die am 1. März 2019 in Kraft getretene Beschleunigung der Asylverfahren hat zum Ziel, die Asylverfahren in der Schweiz so rasch als möglich abzuschliessen. Mit den raschen Asylverfahren sollen auch unbefriedigende Situationen wie ein vorzeitiger Lehrabbruch in Zukunft vermieden werden. Gleichzeitig ermöglichen rasche Asylverfahren, dass die Integrationsförderung derjenigen Personen, welche in der Schweiz Asyl erhalten oder die vorläufig aufgenommen werden, möglichst rasch erfolgen kann. Im Einzelfall kann zudem die Ausreisefrist von rechtskräftig wegzuweisenden Asylsuchenden angemessen verlängert werden, wenn besondere Umstände dies erfordern (Art. 45 AsylG). Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn eine rechtskräftig weggewiesene Person kurz vor dem Abschluss einer Ausbildung steht und diese bis zur definitiven Ausreise beenden kann, sofern klar ersichtlich ist, dass sie ihre Ausreise aus der Schweiz weiterhin tatsächlich vorbereitet. Gemäss heutiger Praxis ist eine Verlängerung bis maximal sechs Monate möglich.</p><p>Aus Sicht des Bundesrates besteht folglich kein Handlungsbedarf.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die rechtlichen Grundlagen so anzupassen, dass bei einem negativen Asylentscheid die berufliche Grundbildung auch dann beendet werden kann, wenn die betroffene Person die obligatorische Schule weniger als fünf Jahre ununterbrochen in der Schweiz besucht hat. Insbesondere in Fällen, wo eine Rückübernahme in den Herkunftsstaat nicht möglich ist, sollen das Gesuch des Arbeitgebers, die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen nach Artikel 22 AIG sowie die Erfüllung der Integrationskriterien nach Artikel 58a Absatz 1 AIG ausreichen.</p>
    • Keine erzwungenen Lehrabbrüche bei gut integrierten Personen mit negativem Asylentscheid

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