Recht auf bezahlten Bildungsurlaub für Weiterbildung und Umschulung

ShortId
19.4284
Id
20194284
Updated
28.07.2023 02:16
Language
de
Title
Recht auf bezahlten Bildungsurlaub für Weiterbildung und Umschulung
AdditionalIndexing
44;32;34;24
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Das lebenslange Lernen einerseits und die technologische Entwicklung andererseits erfordern von den Arbeitnehmenden, von den Unternehmen und vom Staat mehr Investitionen von Zeit. Zeit wird benötigt für Aus- und Weiterbildung, zum Lernen. Abwesenheiten vom Arbeitsplatz mit entsprechenden Lohneinbussen sind die Folge und erschweren gleichzeitig die Möglichkeit vieler, eine gewünschte Weiterbildung zum Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit in Angriff zu nehmen. Im schlimmsten Fall verlieren die Betroffenen den Job und werden arbeitslos. Eine Weiterbildung in diesem Moment muss dann unter grossem Druck absolviert werden und führt zu unnötigen volkswirtschaftlichen Kosten. Es muss deshalb eine Möglichkeit geschaffen werden, um die Lebenshaltungskosten von Erwachsenen und älteren Arbeitnehmenden während einer Ausbildungsperiode zu finanzieren. Es gibt viele Unternehmen, die den Arbeitnehmenden Arbeitszeit für die Weiterbildung zur Verfügung stellen. Die Entwicklung erfordert jedoch ein grundsätzliches Umdenken. Der Bundesrat soll aus diesem Grund mögliche Modelle vorschlagen und die Rollen der Arbeitnehmenden, der Unternehmen und der staatlichen Stellen klären. Die Schweiz kennt den Erwerbsersatz bereits bei Militärdienst, Zivilschutz, Mutterschaft und bald Vaterschaft. Die Finanzierung der direkten Umschulungskosten kann mitbehandelt werden, im Fokus soll die Finanzierung der Lebenshaltungskosten sein bei einem längeren Arbeitsunterbruch für eine Bildung am Stück, für eine berufsbegleitende Weiterbildung "on the job" und für die regelmässige Weiterbildung. Dabei ist ebenfalls zu prüfen, wie ein Anrecht auf einen bezahlten Bildungsurlaub von fünf oder zehn Arbeitstagen pro Jahr für die Arbeitnehmenden gesetzlich definiert und finanziert werden kann. Damit kann lebenslanges Lernen in der Schweiz gefördert werden, was volkswirtschaftlich wichtig ist. Es braucht eine nationale Lösung für alle Unternehmen, damit alle Arbeitnehmenden die Möglichkeit erhalten, sich in Zeiten der Digitalisierung für ihre Arbeitsmarktfähigkeit laufend weiterbilden zu können.</p>
  • <p>Der Bundesrat anerkennt einmal mehr die Wichtigkeit des lebenslangen Lernens. Er teilt auch die Ansicht des Postulanten, dass Aus- und Weiterbildung für den Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit zentral sind. Die Forderungen lehnt er jedoch aus folgenden Gründen ab.</p><p>Bei der Teilnahme an Weiterbildungen belegt die Schweiz im internationalen Vergleich seit vielen Jahren einen Spitzenwert. Gemäss Bundesamt für Statistik betrug die Teilnahmequote von Erwerbstätigen an Weiterbildungen im Jahr 2016 rund 72 Prozent. Bei über drei Vierteln der Unternehmen (77 Prozent) hat die Aus- und Weiterbildung des Personals eine wichtige oder sehr wichtige Bedeutung für die Unternehmensstrategie. Dementsprechend wurden im Jahr 2016 die absolvierten berufsorientierten Weiterbildungen von den Arbeitgebern zu 86 Prozent zeitlich und sogar zu 91 Prozent finanziell unterstützt.</p><p>Die Weiterbildung liegt grundsätzlich in der Verantwortung jeder und jedes Einzelnen. Der Bund fördert jedoch aufgrund des Weiterbildungsgesetzes (WeBiG; SR 419.1) gemeinsam mit den Kantonen den Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener. Weiter werden über die neu eingeführte Subjektfinanzierung in der höheren Berufsbildung seit 2018 die Teilnehmenden vorbereitender Kurse für eidgenössische Berufs- und höhere Fachprüfungen vom Bund finanziell entlastet.</p><p>Auf der Ebene der Lebenshaltungskosten sind neben dem kantonal geregelten Stipendienwesen auch verschiedene Sozialversicherungen wie die Arbeitslosenversicherung aktiv. Mit Ausbildungszuschüssen können beispielsweise arbeitslose Personen über 30 Jahre, welche über keinen Berufsabschluss verfügen oder in ihrem erlernten Beruf erhebliche Schwierigkeiten haben, eine berufliche Grundbildung nachholen.</p><p>Neben diesen staatlichen Instrumenten existieren zahlreiche Fonds zur Förderung der Weiterbildung. Zum einen sind dies sozialpartnerschaftliche Fonds zur solidarischen Finanzierung der Weiterbildung (z. B. Kurskosten, Lohnausfall usw.) im Rahmen von Gesamtarbeitsverträgen. Zum anderen können Organisationen der Arbeitswelt Fonds zur Förderung der Berufsbildung sowie der berufsorientierten Weiterbildung (z. B. Kurskosten) einsetzen, und der Bundesrat kann diese unter bestimmten Voraussetzungen allgemeinverbindlich erklären.</p><p>Ein gesetzlich definierter Anspruch auf Bildungsurlaub ist vor diesem Hintergrund nicht nötig, und er wäre nach vorliegenden Untersuchungen auch nicht zielführend. So ergab eine Studie des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung in Deutschland aus dem Jahre 2018, dass der gesetzlich gewährte Bildungsurlaub von bis zu fünf Arbeitstagen im Jahr kaum genutzt wird. Nur gerade hochgerechnet 1,1 Prozent der Berechtigten gaben an, das Angebot in Anspruch zu nehmen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament Modelle vorzustellen, mit welchen die Lebenshaltungskosten von Erwachsenen während einer längeren Ausbildung oder Umschulung finanziert werden können und wie ein Bildungsurlaub von fünf oder zehn Arbeitstagen für Arbeitnehmende pro Jahr finanziert und gesetzlich definiert werden kann.</p>
  • Recht auf bezahlten Bildungsurlaub für Weiterbildung und Umschulung
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Das lebenslange Lernen einerseits und die technologische Entwicklung andererseits erfordern von den Arbeitnehmenden, von den Unternehmen und vom Staat mehr Investitionen von Zeit. Zeit wird benötigt für Aus- und Weiterbildung, zum Lernen. Abwesenheiten vom Arbeitsplatz mit entsprechenden Lohneinbussen sind die Folge und erschweren gleichzeitig die Möglichkeit vieler, eine gewünschte Weiterbildung zum Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit in Angriff zu nehmen. Im schlimmsten Fall verlieren die Betroffenen den Job und werden arbeitslos. Eine Weiterbildung in diesem Moment muss dann unter grossem Druck absolviert werden und führt zu unnötigen volkswirtschaftlichen Kosten. Es muss deshalb eine Möglichkeit geschaffen werden, um die Lebenshaltungskosten von Erwachsenen und älteren Arbeitnehmenden während einer Ausbildungsperiode zu finanzieren. Es gibt viele Unternehmen, die den Arbeitnehmenden Arbeitszeit für die Weiterbildung zur Verfügung stellen. Die Entwicklung erfordert jedoch ein grundsätzliches Umdenken. Der Bundesrat soll aus diesem Grund mögliche Modelle vorschlagen und die Rollen der Arbeitnehmenden, der Unternehmen und der staatlichen Stellen klären. Die Schweiz kennt den Erwerbsersatz bereits bei Militärdienst, Zivilschutz, Mutterschaft und bald Vaterschaft. Die Finanzierung der direkten Umschulungskosten kann mitbehandelt werden, im Fokus soll die Finanzierung der Lebenshaltungskosten sein bei einem längeren Arbeitsunterbruch für eine Bildung am Stück, für eine berufsbegleitende Weiterbildung "on the job" und für die regelmässige Weiterbildung. Dabei ist ebenfalls zu prüfen, wie ein Anrecht auf einen bezahlten Bildungsurlaub von fünf oder zehn Arbeitstagen pro Jahr für die Arbeitnehmenden gesetzlich definiert und finanziert werden kann. Damit kann lebenslanges Lernen in der Schweiz gefördert werden, was volkswirtschaftlich wichtig ist. Es braucht eine nationale Lösung für alle Unternehmen, damit alle Arbeitnehmenden die Möglichkeit erhalten, sich in Zeiten der Digitalisierung für ihre Arbeitsmarktfähigkeit laufend weiterbilden zu können.</p>
    • <p>Der Bundesrat anerkennt einmal mehr die Wichtigkeit des lebenslangen Lernens. Er teilt auch die Ansicht des Postulanten, dass Aus- und Weiterbildung für den Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit zentral sind. Die Forderungen lehnt er jedoch aus folgenden Gründen ab.</p><p>Bei der Teilnahme an Weiterbildungen belegt die Schweiz im internationalen Vergleich seit vielen Jahren einen Spitzenwert. Gemäss Bundesamt für Statistik betrug die Teilnahmequote von Erwerbstätigen an Weiterbildungen im Jahr 2016 rund 72 Prozent. Bei über drei Vierteln der Unternehmen (77 Prozent) hat die Aus- und Weiterbildung des Personals eine wichtige oder sehr wichtige Bedeutung für die Unternehmensstrategie. Dementsprechend wurden im Jahr 2016 die absolvierten berufsorientierten Weiterbildungen von den Arbeitgebern zu 86 Prozent zeitlich und sogar zu 91 Prozent finanziell unterstützt.</p><p>Die Weiterbildung liegt grundsätzlich in der Verantwortung jeder und jedes Einzelnen. Der Bund fördert jedoch aufgrund des Weiterbildungsgesetzes (WeBiG; SR 419.1) gemeinsam mit den Kantonen den Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener. Weiter werden über die neu eingeführte Subjektfinanzierung in der höheren Berufsbildung seit 2018 die Teilnehmenden vorbereitender Kurse für eidgenössische Berufs- und höhere Fachprüfungen vom Bund finanziell entlastet.</p><p>Auf der Ebene der Lebenshaltungskosten sind neben dem kantonal geregelten Stipendienwesen auch verschiedene Sozialversicherungen wie die Arbeitslosenversicherung aktiv. Mit Ausbildungszuschüssen können beispielsweise arbeitslose Personen über 30 Jahre, welche über keinen Berufsabschluss verfügen oder in ihrem erlernten Beruf erhebliche Schwierigkeiten haben, eine berufliche Grundbildung nachholen.</p><p>Neben diesen staatlichen Instrumenten existieren zahlreiche Fonds zur Förderung der Weiterbildung. Zum einen sind dies sozialpartnerschaftliche Fonds zur solidarischen Finanzierung der Weiterbildung (z. B. Kurskosten, Lohnausfall usw.) im Rahmen von Gesamtarbeitsverträgen. Zum anderen können Organisationen der Arbeitswelt Fonds zur Förderung der Berufsbildung sowie der berufsorientierten Weiterbildung (z. B. Kurskosten) einsetzen, und der Bundesrat kann diese unter bestimmten Voraussetzungen allgemeinverbindlich erklären.</p><p>Ein gesetzlich definierter Anspruch auf Bildungsurlaub ist vor diesem Hintergrund nicht nötig, und er wäre nach vorliegenden Untersuchungen auch nicht zielführend. So ergab eine Studie des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung in Deutschland aus dem Jahre 2018, dass der gesetzlich gewährte Bildungsurlaub von bis zu fünf Arbeitstagen im Jahr kaum genutzt wird. Nur gerade hochgerechnet 1,1 Prozent der Berechtigten gaben an, das Angebot in Anspruch zu nehmen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament Modelle vorzustellen, mit welchen die Lebenshaltungskosten von Erwachsenen während einer längeren Ausbildung oder Umschulung finanziert werden können und wie ein Bildungsurlaub von fünf oder zehn Arbeitstagen für Arbeitnehmende pro Jahr finanziert und gesetzlich definiert werden kann.</p>
    • Recht auf bezahlten Bildungsurlaub für Weiterbildung und Umschulung

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