Zwingende Entscheidungshoheit des Parlamentes für Entscheidungen betreffend Kapitel VII der UNO-Charta

ShortId
20.4137
Id
20204137
Updated
28.07.2023 01:20
Language
de
Title
Zwingende Entscheidungshoheit des Parlamentes für Entscheidungen betreffend Kapitel VII der UNO-Charta
AdditionalIndexing
08;421
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Im Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 19.3967 vom 11. September 2020 unterstreicht der Bundesrat die überragende Bedeutung des Kapitel VII der UNO-Charta. Dieses kann zur Friedenssicherung als letztes Mittel auch Sanktionen und militärische Durchsetzungsmassnahmen vorsehen. Aktuell bestehen 14 Sanktionsregimes des UNO-Sicherheitsrats. Der UNO-Sicherheitsrat hat während 75 Jahren seines Bestehens bisher in nur drei Fällen von militärischen Durchsetzungsmassnahmen Gebrauch gemacht: Im Koreakrieg 1950-1953, im ersten Golfkrieg 1990-1991 und in Libyen 2011. Solche Kapitel VII relevante Entscheide werden selten getroffen, können aber während der geplanten Schweizer Einsitznahme im UNO Sicherheitsrat in den Jahren 2023 und 2024 nicht ausgeschlossen werden. Die Massnahmen, welche unter Kapitel VII der UNO Charta getroffen werden, sind die einschneidendsten Massnahmen in der internationalen Politik. Sie entscheiden über Leben und Tod von Tausenden und über den wirtschaftlichen Auf- oder Abschwung eines Landes. Die Schweizer Neutralität ist in diesem Kontext besonders hervorzuheben, da sie in der Bundesverfassung (Art. 185) verankert ist. Die Bundesversammlung hat insbesondere die Aufgaben und Befugnisse "Massnahmen zur Wahrung der äusseren Sicherheit, der Unabhängigkeit und der Neutralität der Schweiz" (Art. 173 BV) zu treffen. Jegliche Anwendung von Entscheidungen bezüglich Massnahmen im Kapitel VII der UNO-Charta sind automatisch relevant für die Glaubwürdigkeit der Schweizer Neutralität. Deshalb muss zwingend ein Mechanismus etabliert werden, welche die Umsetzung von Artikel 173 der Bundesverfassung in Bezug auf eine mögliche Einsitznahme im UNO-Sicherheitsrat ermöglicht und dem Parlament die Deutungshoheit in diesen Belangen überlässt.</p>
  • <p>Am 11. September 2020 hat der Bundesrat den Bericht "Schweizer Sitz im UNO-Sicherheitsrat. Einbezug des Parlamentes" in Erfüllung des Postulat 19.3967 der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats (APK-S) verabschiedet. Darin zeigt er verschiedene Wege auf, wie das Parlament unter Wahrung der verfassungsmässigen Kompetenzordnung und der aussenpolitischen Handlungsfähigkeit des Bundesrates in den angestrebten Einsitz der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat miteinbezogen werden kann. Der Bundesrat hat zudem in seinem Bericht vom 5. Juni 2015 "Die Kandidatur der Schweiz für einen nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der Periode 2023-2024" in Erfüllung des Postulats 13.3005 der APK-N ausführlich dargelegt, dass die Neutralität der Schweiz mit einer Einsitznahme im UNO-Sicherheitsrat vereinbar ist.</p><p>Der Sicherheitsrat kann unter Kapitel VII der UNO-Charta spezifische Durchsetzungsmassnahmen erlassen. Dies geschieht nur selten. Sollten entsprechende Resolutionen gemäss Art. 41 und/oder Art. 42 der UNO-Charta für die Schaffung eines neuen Sanktionsregimes oder zur Genehmigung militärischer Durchsetzungsmassnahmen dem Sicherheitsrat vorgelegt werden, wird der Bundesrat die Präsidenten beider APK möglichst umgehend konsultieren. Eine solche Konsultation der APK-Präsidenten würde sich auf Art.152 Abs. 4 Parlamentsgesetz (ParlG; SR 171.10) stützen. In solchen Kontexten sind Entscheide zum Abstimmungsverhalten sehr rasch zu fällen, gegebenenfalls innerhalb von 24 Stunden nach offizieller Unterbreitung der Resolution. Eine Konsultation der gesamten APK bzw. der gesamten Bundesversammlung wäre aus Zeitgründen nicht möglich. Sollten sich Resolutionen unter Kapitel VII im Voraus ankündigen, würde das EDA den entsprechenden Fall auch ohne Vorliegen des konkreten Resolutionstextes im Rahmen des regulären Austausches mit den APK thematisieren.</p><p>Es gilt, die aussenpolitische Handlungsfähigkeit der Schweiz zu jedem Zeitpunkt und in besonderem Masse während des Mandats im Sicherheitsrat zu gewährleisten.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Entscheidungshoheit der Bundesversammlung, während der Dauer einer Schweizer Einsitznahme im UNO-Sicherheitsrat, im Vorfeld jeder möglichen Anwendung des Kapitels VII der UNO-Charta durch den UNO-Sicherheitsrat sicherzustellen.</p>
  • Zwingende Entscheidungshoheit des Parlamentes für Entscheidungen betreffend Kapitel VII der UNO-Charta
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Im Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 19.3967 vom 11. September 2020 unterstreicht der Bundesrat die überragende Bedeutung des Kapitel VII der UNO-Charta. Dieses kann zur Friedenssicherung als letztes Mittel auch Sanktionen und militärische Durchsetzungsmassnahmen vorsehen. Aktuell bestehen 14 Sanktionsregimes des UNO-Sicherheitsrats. Der UNO-Sicherheitsrat hat während 75 Jahren seines Bestehens bisher in nur drei Fällen von militärischen Durchsetzungsmassnahmen Gebrauch gemacht: Im Koreakrieg 1950-1953, im ersten Golfkrieg 1990-1991 und in Libyen 2011. Solche Kapitel VII relevante Entscheide werden selten getroffen, können aber während der geplanten Schweizer Einsitznahme im UNO Sicherheitsrat in den Jahren 2023 und 2024 nicht ausgeschlossen werden. Die Massnahmen, welche unter Kapitel VII der UNO Charta getroffen werden, sind die einschneidendsten Massnahmen in der internationalen Politik. Sie entscheiden über Leben und Tod von Tausenden und über den wirtschaftlichen Auf- oder Abschwung eines Landes. Die Schweizer Neutralität ist in diesem Kontext besonders hervorzuheben, da sie in der Bundesverfassung (Art. 185) verankert ist. Die Bundesversammlung hat insbesondere die Aufgaben und Befugnisse "Massnahmen zur Wahrung der äusseren Sicherheit, der Unabhängigkeit und der Neutralität der Schweiz" (Art. 173 BV) zu treffen. Jegliche Anwendung von Entscheidungen bezüglich Massnahmen im Kapitel VII der UNO-Charta sind automatisch relevant für die Glaubwürdigkeit der Schweizer Neutralität. Deshalb muss zwingend ein Mechanismus etabliert werden, welche die Umsetzung von Artikel 173 der Bundesverfassung in Bezug auf eine mögliche Einsitznahme im UNO-Sicherheitsrat ermöglicht und dem Parlament die Deutungshoheit in diesen Belangen überlässt.</p>
    • <p>Am 11. September 2020 hat der Bundesrat den Bericht "Schweizer Sitz im UNO-Sicherheitsrat. Einbezug des Parlamentes" in Erfüllung des Postulat 19.3967 der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats (APK-S) verabschiedet. Darin zeigt er verschiedene Wege auf, wie das Parlament unter Wahrung der verfassungsmässigen Kompetenzordnung und der aussenpolitischen Handlungsfähigkeit des Bundesrates in den angestrebten Einsitz der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat miteinbezogen werden kann. Der Bundesrat hat zudem in seinem Bericht vom 5. Juni 2015 "Die Kandidatur der Schweiz für einen nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der Periode 2023-2024" in Erfüllung des Postulats 13.3005 der APK-N ausführlich dargelegt, dass die Neutralität der Schweiz mit einer Einsitznahme im UNO-Sicherheitsrat vereinbar ist.</p><p>Der Sicherheitsrat kann unter Kapitel VII der UNO-Charta spezifische Durchsetzungsmassnahmen erlassen. Dies geschieht nur selten. Sollten entsprechende Resolutionen gemäss Art. 41 und/oder Art. 42 der UNO-Charta für die Schaffung eines neuen Sanktionsregimes oder zur Genehmigung militärischer Durchsetzungsmassnahmen dem Sicherheitsrat vorgelegt werden, wird der Bundesrat die Präsidenten beider APK möglichst umgehend konsultieren. Eine solche Konsultation der APK-Präsidenten würde sich auf Art.152 Abs. 4 Parlamentsgesetz (ParlG; SR 171.10) stützen. In solchen Kontexten sind Entscheide zum Abstimmungsverhalten sehr rasch zu fällen, gegebenenfalls innerhalb von 24 Stunden nach offizieller Unterbreitung der Resolution. Eine Konsultation der gesamten APK bzw. der gesamten Bundesversammlung wäre aus Zeitgründen nicht möglich. Sollten sich Resolutionen unter Kapitel VII im Voraus ankündigen, würde das EDA den entsprechenden Fall auch ohne Vorliegen des konkreten Resolutionstextes im Rahmen des regulären Austausches mit den APK thematisieren.</p><p>Es gilt, die aussenpolitische Handlungsfähigkeit der Schweiz zu jedem Zeitpunkt und in besonderem Masse während des Mandats im Sicherheitsrat zu gewährleisten.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Entscheidungshoheit der Bundesversammlung, während der Dauer einer Schweizer Einsitznahme im UNO-Sicherheitsrat, im Vorfeld jeder möglichen Anwendung des Kapitels VII der UNO-Charta durch den UNO-Sicherheitsrat sicherzustellen.</p>
    • Zwingende Entscheidungshoheit des Parlamentes für Entscheidungen betreffend Kapitel VII der UNO-Charta

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