Anpassung des Rechtsrahmens für neue gentechnische Verfahren. Wann handelt der Bundesrat?

ShortId
20.4150
Id
20204150
Updated
28.07.2023 01:15
Language
de
Title
Anpassung des Rechtsrahmens für neue gentechnische Verfahren. Wann handelt der Bundesrat?
AdditionalIndexing
36;52;15;2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Neue gentechnische Verfahren wie die Genomeditierung revolutionieren Forschung und Entwicklung. Anwendungen reichen von Optimierung von Mikroorganismen als Produktionsstämme über die Pflanzenzüchtung bis hin zum Gesundheitsbereich. So erzeugte Organismen entsprechen nicht der klassischen Definition eines "gentechnisch veränderten Organismus" (GVO) und werden vom bestehenden Gentechnik-Recht nur unzureichend erfasst.</p><p>Aktuelle globale Herausforderungen wie der Biodiversitätsrückgang und die COVID-Krise erfordern innovative Ansätze. Neue gentechnische Verfahren ermöglichen hier nachhaltige Lösungen. Die rechtliche Einstufung so veränderter Organismen ohne artfremde DNA, ist daher zentral. Rechtliche Unsicherheiten schränken das Innovationspotenzial ein.</p><p>International werden diese neuen Verfahren sehr unterschiedlich reguliert. Teilweise gelten liberale Bestimmungen, teilweise werden die Produkte nicht als GVO eingestuft. Angesichts der internationalen Handelsverflechtungen stellt sich die Frage, wie importierte Produkte in der Schweiz reguliert werden sollen, bei denen der Einsatz technischer Verfahren zur Veränderung des Erbguts nicht eindeutig nachgewiesen werden kann.</p><p>Der Bundesrat hat die Notwendigkeit der Anpassung des Gestzesrahmens für neue gentechnische Verfahren erkannt und bereits 2018 eine Vernehmlassungsvorlage per 2019 in Aussicht gestellt, sich seither aber nicht mehr zu diesem Themenbereich geäussert.</p>
  • <p>1 &amp; 2. Der Bundesrat ist besorgt über den Biodiversitätsverlust und die Nahrungsmittelversorgung, die für die Schweiz und die ganze Welt grosse und wachsende Herausforderungen darstellen. Grundsätzlich könnten neue gentechnische Verfahren ein Innovationspotenzial bieten, beispielsweise im Hinblick auf eine nachhaltigere Landwirtschaft.</p><p>Der Bund unterstützt die Forschung und die Entwicklung innovativer Technologien auf dem Gebiet der Gentechnik, inklusive der neuen gentechnischen Verfahren, die zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen beitragen könnten.</p><p>2016 hat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) die anspruchsvolle "Strategie Pflanzenzüchtung 2050" ausgearbeitet. Für diese Strategie stehen jährlich 10 Millionen Franken zur Verfügung. Die Mittel stammen zu rund 40 Prozent (4,1 Mio.) von der öffentlichen Hand. In Erfüllung der Motion Hausammann (18.3144) stellt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) zudem im Zeitraum 2020-2024 jährlich 3 Millionen Franken zur Förderung der Pflanzenzüchtung und Sortenprüfung bereit. Diese Mittel tragen ebenfalls zur Konkretisierung der Strategie Pflanzenzüchtung 2050 bei. Im Rahmen der Agrarpolitik 2022 (AP 22+) ist ausserdem vorgesehen, dass das BLW gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Interessengruppen einen Massnahmenplan erarbeitet.</p><p>Für die Forschung und Innovation mit Gentechnik im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion bietet das Versuchsfeld (Protected Site) von Agroscope eine moderne und einzigartige Infrastruktur. Die Forschung an diesem Standort erfüllt die gesetzlichen Anforderungen und Empfehlungen (Gentechnikgesetz, GTG; SR 814.91) in Bezug auf die biologische Sicherheit (Art. 1 GTG) und die Förderung der Forschung (Art. 26 GTG).</p><p>Parallel dazu hat der Bundesrat unlängst die Empfehlungen aus dem Nationalen Forschungsprogramm "Gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelproduktion" (NFP 69), welches sich mit den Wechselwirkungen zwischen Ernährung, Gesundheit und Umwelt befasst, zur Kenntnis genommen, namentlich auch die Empfehlung an die Adresse des Bundes, eine Ernährungsstrategie 2050 auszuarbeiten.</p><p>Darüber hinaus ist laut dem Swiss Biotech Report 2020 der Swiss Biotech Association eine stetig zunehmende Bedeutung der Biotechnologie zu verzeichnen - auch im Bereich der neuen gentechnischen Verfahren. In Anbetracht dessen beurteilt der Bundesrat die Voraussetzungen für Innovationen als vorteilhaft.</p><p>3 &amp; 4. Gemäss seinem Entscheid vom 11. November 2020 hat sich der Bundesrat darauf beschränkt, eine Verlängerung des Gentechnik-Moratoriums in die Vernehmlassung zu schicken. Derzeit erachtet der Bundesrat die neuen gentechnischen Verfahren aus technischer und rechtlicher Sicht als zur Gentechnik gehörig. Er ist der Auffassung, dass das Vorsorge- und Verursacherprinzip, die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten sowie die Kennzeichnungs- und Informationsregeln, welche im GTG verankert sind, anwendbar sind. Wie er bereits in seiner Stellungnahme auf die Motion Aebi (19.4225) zum Ausdruck gebracht hat, möchte der Bundesrat dennoch die nötigen Abklärungen bezüglich der Anwendbarkeit der geltenden Gesetzgebung weiterführen und die Entwicklung auf europäischer Ebene beobachten.</p><p>Der Bundesrat erinnert daran, dass der Einsatz von gentechnischen Verfahren in der Nahrungsmittelproduktion von deren Akzeptanz in der Bevölkerung abhängt. Die Omnibus-Umfrage 2019 (Umweltqualität und Umweltverhalten) hat ergeben, dass der Einsatz von Gentechnik zur Herstellung von Lebensmitteln von der Bevölkerung zunehmend als gefährlich eingeschätzt wird.</p><p>Das Moratorium (dessen Verlängerung am 11. November 2020 in die Vernehmlassung geschickt wurde) soll dafür genutzt werden, offene Fragen zu neuen gentechnischen Verfahren zu beantworten und ihren Stellenwert in einer nachhaltigen Landwirtschaft zu diskutieren. Gleichzeitig sind die erforderlichen Kenntnisse für die Nachweisbarkeit der entsprechenden Produkte zu erarbeiten.</p><p>5. Die betroffenen Kreise und Dachverbände werden wie bisher nach dem geltenden Verfahren bei Änderungen der Gesetzgebung angehört.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Ich bitte den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:</p><p>1. Wie schätzt der Bundesrat das Potenzial neuer gentechnischer Verfahren zur Lösung globaler Probleme wie Biodiversitätsverlust oder Nahrungsmittelversorgung ein?</p><p>2. Ist er gewillt, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der es erlaubt, sämtliche zielführenden technologischen Innovationen gleichberechtigt zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und Gesellschaft beitragen zu lassen?</p><p>3. Was ist der aktuelle Stand und wie ist der vorgesehene Zeitplan zur Ausarbeitung der angekündigten risikobasierten Anpassungen an die neuen wissenschaftlichen Entwicklungen?</p><p>4. Sieht der Bundesrat eine Möglichkeit, durch Genomeditierung veränderte Organismen ohne artfremde DNA im Rahmen des Gentechnik-Gesetzes differenziert zu regeln?</p><p>5. Wie können die betroffenen Kreise mit ihren Anliegen und Fachkenntnissen bereits bei der Ausarbeitung einer Vernehmlassungvorlage einbezogen werden?</p>
  • Anpassung des Rechtsrahmens für neue gentechnische Verfahren. Wann handelt der Bundesrat?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Neue gentechnische Verfahren wie die Genomeditierung revolutionieren Forschung und Entwicklung. Anwendungen reichen von Optimierung von Mikroorganismen als Produktionsstämme über die Pflanzenzüchtung bis hin zum Gesundheitsbereich. So erzeugte Organismen entsprechen nicht der klassischen Definition eines "gentechnisch veränderten Organismus" (GVO) und werden vom bestehenden Gentechnik-Recht nur unzureichend erfasst.</p><p>Aktuelle globale Herausforderungen wie der Biodiversitätsrückgang und die COVID-Krise erfordern innovative Ansätze. Neue gentechnische Verfahren ermöglichen hier nachhaltige Lösungen. Die rechtliche Einstufung so veränderter Organismen ohne artfremde DNA, ist daher zentral. Rechtliche Unsicherheiten schränken das Innovationspotenzial ein.</p><p>International werden diese neuen Verfahren sehr unterschiedlich reguliert. Teilweise gelten liberale Bestimmungen, teilweise werden die Produkte nicht als GVO eingestuft. Angesichts der internationalen Handelsverflechtungen stellt sich die Frage, wie importierte Produkte in der Schweiz reguliert werden sollen, bei denen der Einsatz technischer Verfahren zur Veränderung des Erbguts nicht eindeutig nachgewiesen werden kann.</p><p>Der Bundesrat hat die Notwendigkeit der Anpassung des Gestzesrahmens für neue gentechnische Verfahren erkannt und bereits 2018 eine Vernehmlassungsvorlage per 2019 in Aussicht gestellt, sich seither aber nicht mehr zu diesem Themenbereich geäussert.</p>
    • <p>1 &amp; 2. Der Bundesrat ist besorgt über den Biodiversitätsverlust und die Nahrungsmittelversorgung, die für die Schweiz und die ganze Welt grosse und wachsende Herausforderungen darstellen. Grundsätzlich könnten neue gentechnische Verfahren ein Innovationspotenzial bieten, beispielsweise im Hinblick auf eine nachhaltigere Landwirtschaft.</p><p>Der Bund unterstützt die Forschung und die Entwicklung innovativer Technologien auf dem Gebiet der Gentechnik, inklusive der neuen gentechnischen Verfahren, die zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen beitragen könnten.</p><p>2016 hat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) die anspruchsvolle "Strategie Pflanzenzüchtung 2050" ausgearbeitet. Für diese Strategie stehen jährlich 10 Millionen Franken zur Verfügung. Die Mittel stammen zu rund 40 Prozent (4,1 Mio.) von der öffentlichen Hand. In Erfüllung der Motion Hausammann (18.3144) stellt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) zudem im Zeitraum 2020-2024 jährlich 3 Millionen Franken zur Förderung der Pflanzenzüchtung und Sortenprüfung bereit. Diese Mittel tragen ebenfalls zur Konkretisierung der Strategie Pflanzenzüchtung 2050 bei. Im Rahmen der Agrarpolitik 2022 (AP 22+) ist ausserdem vorgesehen, dass das BLW gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Interessengruppen einen Massnahmenplan erarbeitet.</p><p>Für die Forschung und Innovation mit Gentechnik im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion bietet das Versuchsfeld (Protected Site) von Agroscope eine moderne und einzigartige Infrastruktur. Die Forschung an diesem Standort erfüllt die gesetzlichen Anforderungen und Empfehlungen (Gentechnikgesetz, GTG; SR 814.91) in Bezug auf die biologische Sicherheit (Art. 1 GTG) und die Förderung der Forschung (Art. 26 GTG).</p><p>Parallel dazu hat der Bundesrat unlängst die Empfehlungen aus dem Nationalen Forschungsprogramm "Gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelproduktion" (NFP 69), welches sich mit den Wechselwirkungen zwischen Ernährung, Gesundheit und Umwelt befasst, zur Kenntnis genommen, namentlich auch die Empfehlung an die Adresse des Bundes, eine Ernährungsstrategie 2050 auszuarbeiten.</p><p>Darüber hinaus ist laut dem Swiss Biotech Report 2020 der Swiss Biotech Association eine stetig zunehmende Bedeutung der Biotechnologie zu verzeichnen - auch im Bereich der neuen gentechnischen Verfahren. In Anbetracht dessen beurteilt der Bundesrat die Voraussetzungen für Innovationen als vorteilhaft.</p><p>3 &amp; 4. Gemäss seinem Entscheid vom 11. November 2020 hat sich der Bundesrat darauf beschränkt, eine Verlängerung des Gentechnik-Moratoriums in die Vernehmlassung zu schicken. Derzeit erachtet der Bundesrat die neuen gentechnischen Verfahren aus technischer und rechtlicher Sicht als zur Gentechnik gehörig. Er ist der Auffassung, dass das Vorsorge- und Verursacherprinzip, die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten sowie die Kennzeichnungs- und Informationsregeln, welche im GTG verankert sind, anwendbar sind. Wie er bereits in seiner Stellungnahme auf die Motion Aebi (19.4225) zum Ausdruck gebracht hat, möchte der Bundesrat dennoch die nötigen Abklärungen bezüglich der Anwendbarkeit der geltenden Gesetzgebung weiterführen und die Entwicklung auf europäischer Ebene beobachten.</p><p>Der Bundesrat erinnert daran, dass der Einsatz von gentechnischen Verfahren in der Nahrungsmittelproduktion von deren Akzeptanz in der Bevölkerung abhängt. Die Omnibus-Umfrage 2019 (Umweltqualität und Umweltverhalten) hat ergeben, dass der Einsatz von Gentechnik zur Herstellung von Lebensmitteln von der Bevölkerung zunehmend als gefährlich eingeschätzt wird.</p><p>Das Moratorium (dessen Verlängerung am 11. November 2020 in die Vernehmlassung geschickt wurde) soll dafür genutzt werden, offene Fragen zu neuen gentechnischen Verfahren zu beantworten und ihren Stellenwert in einer nachhaltigen Landwirtschaft zu diskutieren. Gleichzeitig sind die erforderlichen Kenntnisse für die Nachweisbarkeit der entsprechenden Produkte zu erarbeiten.</p><p>5. Die betroffenen Kreise und Dachverbände werden wie bisher nach dem geltenden Verfahren bei Änderungen der Gesetzgebung angehört.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Ich bitte den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:</p><p>1. Wie schätzt der Bundesrat das Potenzial neuer gentechnischer Verfahren zur Lösung globaler Probleme wie Biodiversitätsverlust oder Nahrungsmittelversorgung ein?</p><p>2. Ist er gewillt, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der es erlaubt, sämtliche zielführenden technologischen Innovationen gleichberechtigt zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und Gesellschaft beitragen zu lassen?</p><p>3. Was ist der aktuelle Stand und wie ist der vorgesehene Zeitplan zur Ausarbeitung der angekündigten risikobasierten Anpassungen an die neuen wissenschaftlichen Entwicklungen?</p><p>4. Sieht der Bundesrat eine Möglichkeit, durch Genomeditierung veränderte Organismen ohne artfremde DNA im Rahmen des Gentechnik-Gesetzes differenziert zu regeln?</p><p>5. Wie können die betroffenen Kreise mit ihren Anliegen und Fachkenntnissen bereits bei der Ausarbeitung einer Vernehmlassungvorlage einbezogen werden?</p>
    • Anpassung des Rechtsrahmens für neue gentechnische Verfahren. Wann handelt der Bundesrat?

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