Wehrpflichtersatzabgabe. Ungleichbehandlung beenden!

ShortId
20.4152
Id
20204152
Updated
28.07.2023 01:16
Language
de
Title
Wehrpflichtersatzabgabe. Ungleichbehandlung beenden!
AdditionalIndexing
09;2841;2446;1236;28
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Mit dem Inkrafttreten einer neuen Regelung ist es seit 2013 möglich, den Militärdienst mit bestimmten medizinischen Einschränkungen zu absolvieren. Bis 2019 wurden insgesamt 111 Personen als untauglich für diesen neuen Militärdienst mit bestimmten medizinischen Einschränkungen erklärt. Davon wiesen 42 Personen einen Invaliditätsgrad von mehr als 40 Prozent auf; sie wurden nach Artikel 4 WPEG von der Ersatzpflicht befreit. Hingegen müssen die 69 Personen mit einem Invaliditätsgrad von weniger als 40 Prozent die halbe Ersatzabgabe gemäss Artikel 13 Absatz 2 WPEG zahlen.</p><p>Diese Praxis ist prinzipiell ungerecht und diskriminierend, da sich unter den für untauglich erklärten Personen solche befinden, die der Armee zugeteilt werden möchten. Die meisten dieser Personen leben mit einer chronischen Krankheit (Hämophilie, Diabetes, andere chronische Krankheiten, die zu einer Teilinvalidität führen) und betrachten sich nicht als behindert. Schon eine Untauglicherklärung bewirkt bei ihnen ein Gefühl, ausgeschlossen und nutzlos zu sein; weshalb sollten sie dann noch zahlen müssen?</p><p>Der Betrag der Ersatzabgabe ist gewiss nicht sehr hoch; dies gilt umso mehr, wenn die Ersatzabgabe aufgrund einer als nicht erheblich beurteilten Behinderung halbiert wird. Diese Abgaben stellen daher im Armeebudget einen winzig kleinen Posten dar. Im schmalen Portemonnaie eines Lehrlings oder Studenten machen sie sich aber schmerzlich bemerkbar.</p>
  • <p>Gemäss Artikel 59 Absatz 1 der Bundesverfassung ist jeder Schweizer militärdienstpflichtig. Wer aus medizinischer Sicht körperlich, intellektuell und psychisch den Anforderungen des Militärdienstes genügt und bei der Erfüllung dieser Anforderungen weder die eigene Gesundheit noch diejenige Dritter gefährdet, gilt als militärdiensttauglich. Wer - aus welchen Gründen auch immer - keinen Militärdienst oder zivilen Ersatzdienst leistet, ist ersatzpflichtig. </p><p>Aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte aus dem Jahr 2009 hat der Bundesrat ab dem Jahr 2013 die Möglichkeit geschaffen, dass nicht militärdiensttaugliche Bürger mit einer Integritätsschädigung von weniger als 40 Prozent, die aus medizinischen Gründen für militär- und schutzdienstuntauglich beurteilt wurden, ihren Dienstwillen mit einem Gesuch um Neubeurteilung bekunden können (Art. 6 Abs. 1 Bst. c MG; SR 510.10). Bei einer positiven Beurteilung durch die medizinische Spezialuntersuchungskommission können sie für einen "Militärdienst nur für besondere Funktionen, mit Auflagen, schiessuntauglich" (VMBM Anhang 1 Kap. 4; SR 511.12) als sogenannter Betriebssoldat Support der Armee zugewiesen werden. Die Anforderungen des Dienstes müssen dabei auf die zivile Tätigkeit sowie die körperlichen und geistigen Fähigkeiten der betroffenen - für militärdienstuntauglich erklärten - Person abgestimmt werden. Wenn dies nicht möglich ist bzw. die Gesundheit des Antragsstellers oder diejenige von Dritten gefährdet werden könnte, bleibt die Person militärdienstuntauglich und muss die Wehrpflichtersatzabgabe bezahlen. </p><p>Zwischen 2013 und 2019 haben 1'125 Personen ein Gesuch für einen Militärdienst als Betriebssoldat Support anstelle der Bezahlung der Wehrpflichtersatzabgabe gestellt. 251 Personen haben das Gesuch später wieder zurückgezogen. Somit sind 874 Personen von der speziellen medizinischen Untersuchungskommission neubeurteilt worden. 763 Personen sind für diesen Militärdienst als tauglich beurteilt worden; 111 Personen wurden auch für diesen Dienst für untauglich erklärt, wobei 42 davon aufgrund einer Integritätsschädigung 40 Prozent und mehr ersatzabgabebefreit wurden. Die verbleibenden 69 Personen bezahlen weiterhin die Wehrpflichtersatzabgabe. Diese Wehrpflichtersatzabgabe ist keine Steuer und auch nicht Teil des Armeebudgets. Der Ertrag fliesst ohne Zweckbindung in die allgemeine Bundeskasse.</p><p>Es besteht kein Anspruch auf eine Dienstleistung - sei es nun für den normalen Militärdienst oder den oben genannten Spezialdienst. Konsequenterweise gibt es auch keinen Anspruch darauf, dass Militärdienstuntaugliche - und davon gab es im Jahr 2019 ca. 150'000 Schweizer Bürger - keine Wehrpflichtersatzabgabe bezahlen müssen, wenn sie sich für eine militärische Dienstleistung interessieren, jedoch nicht zugelassen werden können. Würde dem Anliegen der Interpellation entsprochen, so ginge die WPE ihres grundsätzlichen Zweckes verlustig. Dieser besteht in der Sicherstellung der rechtsgleichen Behandlung aller militärdienstpflichtigen Schweizer Bürger aufgrund von Artikel 59 Absatz 1 der Bundesverfassung. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass mit der geltenden Ausgestaltung dieses Systems dem Rechtsgleichheitsgebot zur Genüge Rechnung getragen wird und die seitens EGMR festgestellte diskriminatorische Behandlung seit 2013 behoben wurde. </p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Junge Schweizerbürger, die aufgrund eines Invaliditätsgrades von mehr als 40 Prozent (gilt nach WPEG als "erhebliche Behinderung") für militär- und zivilschutzdienstuntauglich erklärt worden sind, müssen keine Wehrpflichtersatzabgabe leisten. Das erscheint logisch. Werden aber Personen mit einem Invaliditätsgrad von 40 Prozent oder weniger für untauglich erklärt, so müssen sie die Ersatzabgabe zahlen. Das ist absolut diskriminierend. Ich ersuche den Bundesrat, die Gleichbehandlung herzustellen, indem er die Personen, die die Armee nicht will, von der Ersatzpflicht befreit und so dieser Praxis ein Ende setzt.</p>
  • Wehrpflichtersatzabgabe. Ungleichbehandlung beenden!
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Mit dem Inkrafttreten einer neuen Regelung ist es seit 2013 möglich, den Militärdienst mit bestimmten medizinischen Einschränkungen zu absolvieren. Bis 2019 wurden insgesamt 111 Personen als untauglich für diesen neuen Militärdienst mit bestimmten medizinischen Einschränkungen erklärt. Davon wiesen 42 Personen einen Invaliditätsgrad von mehr als 40 Prozent auf; sie wurden nach Artikel 4 WPEG von der Ersatzpflicht befreit. Hingegen müssen die 69 Personen mit einem Invaliditätsgrad von weniger als 40 Prozent die halbe Ersatzabgabe gemäss Artikel 13 Absatz 2 WPEG zahlen.</p><p>Diese Praxis ist prinzipiell ungerecht und diskriminierend, da sich unter den für untauglich erklärten Personen solche befinden, die der Armee zugeteilt werden möchten. Die meisten dieser Personen leben mit einer chronischen Krankheit (Hämophilie, Diabetes, andere chronische Krankheiten, die zu einer Teilinvalidität führen) und betrachten sich nicht als behindert. Schon eine Untauglicherklärung bewirkt bei ihnen ein Gefühl, ausgeschlossen und nutzlos zu sein; weshalb sollten sie dann noch zahlen müssen?</p><p>Der Betrag der Ersatzabgabe ist gewiss nicht sehr hoch; dies gilt umso mehr, wenn die Ersatzabgabe aufgrund einer als nicht erheblich beurteilten Behinderung halbiert wird. Diese Abgaben stellen daher im Armeebudget einen winzig kleinen Posten dar. Im schmalen Portemonnaie eines Lehrlings oder Studenten machen sie sich aber schmerzlich bemerkbar.</p>
    • <p>Gemäss Artikel 59 Absatz 1 der Bundesverfassung ist jeder Schweizer militärdienstpflichtig. Wer aus medizinischer Sicht körperlich, intellektuell und psychisch den Anforderungen des Militärdienstes genügt und bei der Erfüllung dieser Anforderungen weder die eigene Gesundheit noch diejenige Dritter gefährdet, gilt als militärdiensttauglich. Wer - aus welchen Gründen auch immer - keinen Militärdienst oder zivilen Ersatzdienst leistet, ist ersatzpflichtig. </p><p>Aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte aus dem Jahr 2009 hat der Bundesrat ab dem Jahr 2013 die Möglichkeit geschaffen, dass nicht militärdiensttaugliche Bürger mit einer Integritätsschädigung von weniger als 40 Prozent, die aus medizinischen Gründen für militär- und schutzdienstuntauglich beurteilt wurden, ihren Dienstwillen mit einem Gesuch um Neubeurteilung bekunden können (Art. 6 Abs. 1 Bst. c MG; SR 510.10). Bei einer positiven Beurteilung durch die medizinische Spezialuntersuchungskommission können sie für einen "Militärdienst nur für besondere Funktionen, mit Auflagen, schiessuntauglich" (VMBM Anhang 1 Kap. 4; SR 511.12) als sogenannter Betriebssoldat Support der Armee zugewiesen werden. Die Anforderungen des Dienstes müssen dabei auf die zivile Tätigkeit sowie die körperlichen und geistigen Fähigkeiten der betroffenen - für militärdienstuntauglich erklärten - Person abgestimmt werden. Wenn dies nicht möglich ist bzw. die Gesundheit des Antragsstellers oder diejenige von Dritten gefährdet werden könnte, bleibt die Person militärdienstuntauglich und muss die Wehrpflichtersatzabgabe bezahlen. </p><p>Zwischen 2013 und 2019 haben 1'125 Personen ein Gesuch für einen Militärdienst als Betriebssoldat Support anstelle der Bezahlung der Wehrpflichtersatzabgabe gestellt. 251 Personen haben das Gesuch später wieder zurückgezogen. Somit sind 874 Personen von der speziellen medizinischen Untersuchungskommission neubeurteilt worden. 763 Personen sind für diesen Militärdienst als tauglich beurteilt worden; 111 Personen wurden auch für diesen Dienst für untauglich erklärt, wobei 42 davon aufgrund einer Integritätsschädigung 40 Prozent und mehr ersatzabgabebefreit wurden. Die verbleibenden 69 Personen bezahlen weiterhin die Wehrpflichtersatzabgabe. Diese Wehrpflichtersatzabgabe ist keine Steuer und auch nicht Teil des Armeebudgets. Der Ertrag fliesst ohne Zweckbindung in die allgemeine Bundeskasse.</p><p>Es besteht kein Anspruch auf eine Dienstleistung - sei es nun für den normalen Militärdienst oder den oben genannten Spezialdienst. Konsequenterweise gibt es auch keinen Anspruch darauf, dass Militärdienstuntaugliche - und davon gab es im Jahr 2019 ca. 150'000 Schweizer Bürger - keine Wehrpflichtersatzabgabe bezahlen müssen, wenn sie sich für eine militärische Dienstleistung interessieren, jedoch nicht zugelassen werden können. Würde dem Anliegen der Interpellation entsprochen, so ginge die WPE ihres grundsätzlichen Zweckes verlustig. Dieser besteht in der Sicherstellung der rechtsgleichen Behandlung aller militärdienstpflichtigen Schweizer Bürger aufgrund von Artikel 59 Absatz 1 der Bundesverfassung. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass mit der geltenden Ausgestaltung dieses Systems dem Rechtsgleichheitsgebot zur Genüge Rechnung getragen wird und die seitens EGMR festgestellte diskriminatorische Behandlung seit 2013 behoben wurde. </p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Junge Schweizerbürger, die aufgrund eines Invaliditätsgrades von mehr als 40 Prozent (gilt nach WPEG als "erhebliche Behinderung") für militär- und zivilschutzdienstuntauglich erklärt worden sind, müssen keine Wehrpflichtersatzabgabe leisten. Das erscheint logisch. Werden aber Personen mit einem Invaliditätsgrad von 40 Prozent oder weniger für untauglich erklärt, so müssen sie die Ersatzabgabe zahlen. Das ist absolut diskriminierend. Ich ersuche den Bundesrat, die Gleichbehandlung herzustellen, indem er die Personen, die die Armee nicht will, von der Ersatzpflicht befreit und so dieser Praxis ein Ende setzt.</p>
    • Wehrpflichtersatzabgabe. Ungleichbehandlung beenden!

Back to List