Sozialkosten nach Integrationsagenda und Covid-19. Längere Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Sozialhilfe

ShortId
20.4200
Id
20204200
Updated
28.07.2023 01:18
Language
de
Title
Sozialkosten nach Integrationsagenda und Covid-19. Längere Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Sozialhilfe
AdditionalIndexing
2811;2841;2836
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Im Zusammenhang mit der Umsetzung der neu eingeführten Integrationsagenda besteht von Seiten des Bundes die Absicht, dafür die Zahlungen der Globalpauschale auf fünf Jahre zu kürzen. Begründet wird dieser Schritt über die aktiveren Integrationsbestrebungen aufgrund der neuen Integrationsagenda. Die Kürzung der Sozialhilfegelder wird die Gemeindeebene treffen, weil sie von der Erhöhung der Integrationspauschale nicht direkt, finanziell höchstens mittelbar profitieren können.</p><p>Doch Integration kann man nicht kaufen, sondern ist ein andauernder Prozess. In der Schweiz beteiligen sich alle Staatsebenen daran, insbesondere auch Gemeinde und Städte. Der Bund leistet hier eine temporäre Beteiligung über die Integrationspauschale. Auch gibt es Kosten, welche Gemeinden von Anfang an selber tragen müssen, wie beispielsweise die obligatorische Schule oder Massnahmen im Bereich des Kinder- und Erwachsenenschutzrechts. In diesem Sinn sind Kantone und Gemeinden die Restkostenträger der schweizerischen Asylpolitik. Die Sozialhilfequote hat im Jahr 2018 bei den Personen aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich bei nahezu 90 Prozent gelegen. In einer Rezession, welche sich aufgrund von Covid19 abzeichnet, wird die Integration im Hinblick auf die wirtschaftliche Selbständigkeit umso schwieriger.</p><p>Die Gemeinden übernehmen im Rahmen der Krisenbewältigung der Corona-Pandemie eine hohe staatspolitische Verantwortung, nicht zuletzt auch über die Finanzierung der Rest- und Folgekosten im Sozialbereich. So haben die Gemeinden im Bereich der Sozialhilfe ab 2022 mit hohen zusätzlichen Kosten zu rechnen. Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) hat diesbezüglich in einem Analysepapier errechnet, dass im Vergleich zum Jahr 2018 ab heute in zwei Jahren im negativsten Fall bis 100 000 Neuanmeldungen mit jährlichen Mehrkosten von 1,3 Milliarden Franken auf Kantone und Gemeinden zukommen werden. (Zum Vergleich: Im Jahr 2018 haben sich sämtliche Kosten für die Sozialhilfe bei 2,8 Mia. Fr. bewegt.) Dabei werden alleine 27 500 Personen aus dem Asylbereich (Flüchtlinge und VA) sein.</p><p>Aus staatspolitischer Sicht trägt die Bundesebene eine institutionelle und finanzielle Verantwortung für die Folgen daraus. 10 Jahre eignen sich, da bereits heute Kantone wie Luzern und Zürich diese Frist schon kennen. Die Zahlen zeigen, dass diese Kantone keine schlechtere Integrationsarbeit leisten als andere.</p>
  • <p>Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Integration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Personen die Kantone und Gemeinden vor grosse Herausforderungen stellt. Zum einen wurden daher mit der Neustrukturierung des Asylbereichs ab 1. März 2019 die Asylverfahren beschleunigt. Durch die geringere Anzahl von Zuweisungen an die Kantone und die Verkürzungen des Aufenthalts in den Kantonen sinken die Aufwendungen bei den Sozialhilfe- und Betreuungskosten. Zudem kann der Integrationsprozess für anerkannte Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Personen bereits zu einem frühen Zeitpunkt an die Hand genommen werden. Zum anderen hat sich der Bund 2018 mit den Kantonen auf die Integrationsagenda Schweiz geeinigt, um eine rasche und nachhaltige Integration sicherzustellen. Ziel der Integrationsagenda ist es, die spezifischen Massnahmen früher einzusetzen und sie zu intensivieren. Dafür verdreifachte der Bund die Integrationspauschale von 6000 auf 18 000 Franken und legte gemeinsam mit den Kantonen konkrete Wirkungsziele fest. Damit wurden die Voraussetzungen geschaffen, dass die Kantone die Integrationsförderung stärken können - insbesondere im Hinblick auf eine erfolgreiche Erwerbsintegration. Dies wird zu einer Senkung der Sozialhilfeausgaben führen und Kantone und Gemeinden finanziell entlasten.</p><p>Nach geltendem Recht erstattet der Bund den Kantonen die Sozialhilfekosten für alle Asylsuchenden während der Dauer des Asylverfahrens sowie für anerkannte Flüchtlinge während fünf und für vorläufig Aufgenommene während sieben Jahren mittels Pauschalen. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Bund und Kantonen ist zurzeit im Rahmen eines Folgemandats der Integrationsagenda Schweiz daran, das geltende Finanzierungssystem zu überprüfen. Das neue Finanzierungsmodell soll dabei kostenneutral umgesetzt werden, und den Kantonen sollen insgesamt gleich viele Mittel zur Verfügung stehen wie bisher. Mit der Anpassung des Finanzierungssystems soll die rasche und nachhaltige Integration von vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen noch besser unterstützt werden. Insbesondere soll dabei der Berufsausbildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen angemessen Rechnung getragen werden. In Bezug auf die Abgeltungsdauer soll indessen am Status Quo festgehalten werden. Der Bundesrat ist daher - wie er bereits in der Motion Müller Philipp 16.3395 "Höhere Kostenbeteiligung des Bundes im Asylbereich" und der Motion Knecht Hansjörg 19.3796 "Längere Kostenübernahme durch den Bund im Asylbereich" dargelegt hat - nach wie vor der Auffassung, dass eine längere Kostenerstattungspflicht des Bundes die Integrationsbemühungen der Kantone schwächen und verzögern würde. Zudem würde damit lediglich eine Umverteilung der Kosten vorgenommen, ohne damit Einsparungen erzielen zu können.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die bundesgesetzlichen Grundlagen im Asylgesetz sowie im Ausländer- und Integrationsgesetz so anzupassen, dass die finanziellen Zahlungen des Bundes zugunsten der Sozialhilfe an die Kantone im Zusammenhang mit Personen im Asyl- und Integrationsverfahren (Globalpauschale) mindestens zehn Jahre ab Einreise zu erfolgen haben.</p>
  • Sozialkosten nach Integrationsagenda und Covid-19. Längere Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Sozialhilfe
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Im Zusammenhang mit der Umsetzung der neu eingeführten Integrationsagenda besteht von Seiten des Bundes die Absicht, dafür die Zahlungen der Globalpauschale auf fünf Jahre zu kürzen. Begründet wird dieser Schritt über die aktiveren Integrationsbestrebungen aufgrund der neuen Integrationsagenda. Die Kürzung der Sozialhilfegelder wird die Gemeindeebene treffen, weil sie von der Erhöhung der Integrationspauschale nicht direkt, finanziell höchstens mittelbar profitieren können.</p><p>Doch Integration kann man nicht kaufen, sondern ist ein andauernder Prozess. In der Schweiz beteiligen sich alle Staatsebenen daran, insbesondere auch Gemeinde und Städte. Der Bund leistet hier eine temporäre Beteiligung über die Integrationspauschale. Auch gibt es Kosten, welche Gemeinden von Anfang an selber tragen müssen, wie beispielsweise die obligatorische Schule oder Massnahmen im Bereich des Kinder- und Erwachsenenschutzrechts. In diesem Sinn sind Kantone und Gemeinden die Restkostenträger der schweizerischen Asylpolitik. Die Sozialhilfequote hat im Jahr 2018 bei den Personen aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich bei nahezu 90 Prozent gelegen. In einer Rezession, welche sich aufgrund von Covid19 abzeichnet, wird die Integration im Hinblick auf die wirtschaftliche Selbständigkeit umso schwieriger.</p><p>Die Gemeinden übernehmen im Rahmen der Krisenbewältigung der Corona-Pandemie eine hohe staatspolitische Verantwortung, nicht zuletzt auch über die Finanzierung der Rest- und Folgekosten im Sozialbereich. So haben die Gemeinden im Bereich der Sozialhilfe ab 2022 mit hohen zusätzlichen Kosten zu rechnen. Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) hat diesbezüglich in einem Analysepapier errechnet, dass im Vergleich zum Jahr 2018 ab heute in zwei Jahren im negativsten Fall bis 100 000 Neuanmeldungen mit jährlichen Mehrkosten von 1,3 Milliarden Franken auf Kantone und Gemeinden zukommen werden. (Zum Vergleich: Im Jahr 2018 haben sich sämtliche Kosten für die Sozialhilfe bei 2,8 Mia. Fr. bewegt.) Dabei werden alleine 27 500 Personen aus dem Asylbereich (Flüchtlinge und VA) sein.</p><p>Aus staatspolitischer Sicht trägt die Bundesebene eine institutionelle und finanzielle Verantwortung für die Folgen daraus. 10 Jahre eignen sich, da bereits heute Kantone wie Luzern und Zürich diese Frist schon kennen. Die Zahlen zeigen, dass diese Kantone keine schlechtere Integrationsarbeit leisten als andere.</p>
    • <p>Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Integration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Personen die Kantone und Gemeinden vor grosse Herausforderungen stellt. Zum einen wurden daher mit der Neustrukturierung des Asylbereichs ab 1. März 2019 die Asylverfahren beschleunigt. Durch die geringere Anzahl von Zuweisungen an die Kantone und die Verkürzungen des Aufenthalts in den Kantonen sinken die Aufwendungen bei den Sozialhilfe- und Betreuungskosten. Zudem kann der Integrationsprozess für anerkannte Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Personen bereits zu einem frühen Zeitpunkt an die Hand genommen werden. Zum anderen hat sich der Bund 2018 mit den Kantonen auf die Integrationsagenda Schweiz geeinigt, um eine rasche und nachhaltige Integration sicherzustellen. Ziel der Integrationsagenda ist es, die spezifischen Massnahmen früher einzusetzen und sie zu intensivieren. Dafür verdreifachte der Bund die Integrationspauschale von 6000 auf 18 000 Franken und legte gemeinsam mit den Kantonen konkrete Wirkungsziele fest. Damit wurden die Voraussetzungen geschaffen, dass die Kantone die Integrationsförderung stärken können - insbesondere im Hinblick auf eine erfolgreiche Erwerbsintegration. Dies wird zu einer Senkung der Sozialhilfeausgaben führen und Kantone und Gemeinden finanziell entlasten.</p><p>Nach geltendem Recht erstattet der Bund den Kantonen die Sozialhilfekosten für alle Asylsuchenden während der Dauer des Asylverfahrens sowie für anerkannte Flüchtlinge während fünf und für vorläufig Aufgenommene während sieben Jahren mittels Pauschalen. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Bund und Kantonen ist zurzeit im Rahmen eines Folgemandats der Integrationsagenda Schweiz daran, das geltende Finanzierungssystem zu überprüfen. Das neue Finanzierungsmodell soll dabei kostenneutral umgesetzt werden, und den Kantonen sollen insgesamt gleich viele Mittel zur Verfügung stehen wie bisher. Mit der Anpassung des Finanzierungssystems soll die rasche und nachhaltige Integration von vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen noch besser unterstützt werden. Insbesondere soll dabei der Berufsausbildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen angemessen Rechnung getragen werden. In Bezug auf die Abgeltungsdauer soll indessen am Status Quo festgehalten werden. Der Bundesrat ist daher - wie er bereits in der Motion Müller Philipp 16.3395 "Höhere Kostenbeteiligung des Bundes im Asylbereich" und der Motion Knecht Hansjörg 19.3796 "Längere Kostenübernahme durch den Bund im Asylbereich" dargelegt hat - nach wie vor der Auffassung, dass eine längere Kostenerstattungspflicht des Bundes die Integrationsbemühungen der Kantone schwächen und verzögern würde. Zudem würde damit lediglich eine Umverteilung der Kosten vorgenommen, ohne damit Einsparungen erzielen zu können.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die bundesgesetzlichen Grundlagen im Asylgesetz sowie im Ausländer- und Integrationsgesetz so anzupassen, dass die finanziellen Zahlungen des Bundes zugunsten der Sozialhilfe an die Kantone im Zusammenhang mit Personen im Asyl- und Integrationsverfahren (Globalpauschale) mindestens zehn Jahre ab Einreise zu erfolgen haben.</p>
    • Sozialkosten nach Integrationsagenda und Covid-19. Längere Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Sozialhilfe

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