Kopftuchverbot an den Schaltern der Bundesverwaltung und der vom Bund beherrschten Betriebe

ShortId
20.4209
Id
20204209
Updated
28.07.2023 01:15
Language
de
Title
Kopftuchverbot an den Schaltern der Bundesverwaltung und der vom Bund beherrschten Betriebe
AdditionalIndexing
04;2831;28;44
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Unter dem Vorwand der Religionsfreiheit akzeptieren sowohl Die Post wie auch die SBB, dass sich ihr weibliches Personal in der Öffentlichkeit, namentlich am Schalter, mit einem Hijab oder einer anderen Form des islamischen Kopftuchs präsentiert. Zur Rede gestellt, stellt Die Post diese Politik sogar als ein Mittel zur Wertschätzung der kulturellen Vielfalt dar. Was den Bundesrat anbelangt, so versteckte auch er sich in seiner Antwort auf die Interpellation 20.3856 "Schleierverbot an Post- und SBB-Schaltern?" hinter der Religionsfreiheit und sogar hinter den Interessen des Personals, vor jeder negativen Reaktion geschützt zu sein, um sich sogar zu weigern, durch seine Vertreterinnen und Vertreter in den Verwaltungsräten der betroffenen Betriebe einzugreifen. Auf die Perspektive der Kundschaft, die manchmal schockiert oder einfach mit einem Unbehagen reagiert, geht er nicht ein.</p><p>Und doch. Beide betroffene Betriebe sind Gesellschaften des öffentlichen Rechts, die mehrheitlich im Besitz des Bundes sind und von ihm kontrolliert werden. Da sie praktisch eine Monopolstellung innehaben, sind ihre Kundinnen und Kunden (wir alle!) ihnen wirklich ausgeliefert. Das gilt besonders für die Bundesverwaltung, wo sich die Mitarbeiterinnen der Öffentlichkeit präsentieren müssen. Nun handelt es sich aber beim Hijab, genauso wie bei anderen Formen des islamischen Kopftuches, nicht bloss um ein Kleidungsstück oder gar um ein rein religiöses Symbol: Er ist vor allem ein politisches Zeichen, ein Symbol der Ungleichheit, der Diskriminierung, der Unterwerfung und der Unterdrückung der Frau; auch ist er ein demonstratives Zeichen der Parallelgesellschaft und der Integrationsverweigerung. Unseren Traditionen ebenso wie unserer verfassungsmässigen Ordnung (wenn wir an den Verfassungsgrundsatz der Gleichheit von Mann und Frau denken) widersprechend ist er von einer Art, die schockierend oder einfach unangenehm für die Kundschaft ist, die de facto nichts dagegen tun kann, weswegen er weder in der Verwaltung noch in öffentlichen Unternehmen toleriert werden darf.</p>
  • <p>In seiner Antwort auf die Interpellation <a href="https://www.parlament.ch/fr/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20203856">20.3856</a> hat sich der Bundesrat klar zu seiner Rolle in der Personalpolitik bundesnaher Betriebe geäussert. "Er beschränkt die personalpolitischen Ziele auf abstrakte Formulierungen, die breit akzeptierte Vorstellungen von einer zeitgemässen Personalpolitik widerspiegeln." Der Bundesrat mischt sich nicht in deren operative Steuerung ein.</p><p>Was die Bundesverwaltung anbelangt, so hat der Bundesrat in der Fragestunde 2008 (<a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20085229">08.5229</a> und <a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-verhandlungen?SubjectId=14116">08.5366)</a> zur Frage des Kopftuchtragens Stellung bezogen. Er hat seine Meinung seither nicht geändert.</p><p>Das Tragen von besonderer Kleidung aufgrund religiöser Beweggründe ist durch Artikel 15 der Bundesverfassung (SR 101), welcher die Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleistet, geschützt.</p><p>Dem Bundespersonal stehen alle von der Verfassung garantierten Grundrechte zu. So hält Artikel 6 Absatz 1 des Bundespersonalgesetzes (SR 172.220.1) ausdrücklich fest, dass die Mitarbeitenden des Bundes, wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger, in den von der Bundesverfassung und von der Gesetzgebung geregelten Rechten und Pflichten stehen. Aufgrund dieser Bestimmung ist Artikel 8 der Bundesverfassung (SR 101), welcher den diskriminierungsfreien Genuss der Grundrechte garantiert und Benachteiligungen unter anderem wegen der Religionszugehörigkeit verbietet, auch auf das Bundespersonal vollumfänglich anwendbar. Gleiches gilt für Artikel 15 der Bundesverfassung (SR 101).</p><p>Der Bundesrat respektiert die Religionsfreiheit seiner Mitarbeitenden. Er hält jedoch fest, dass funktionsbezogene Einschränkungen beim Tragen von religiösen Zugehörigkeitszeichen möglich und angezeigt sein können. Das gilt z. B. wenn damit Erschwernisse im Arbeitsablauf und -prozess verbunden sind oder sich für Personen mit Uniformpflicht Fragen der Sicherheit stellen.</p><p>Zudem kommt der Bundesrat in seinem verabschiedeten Bericht "<a href="file:///C:/Users/U80820761/Downloads/ber-br-d.pdf">Getragene und an Bauten angebrachte religiöse Zeichen und Symbole</a>" in Erfüllung des Postulats 13.3672, Aeschi, 10.09.2013, zum Schluss, dass er keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Umgang mit religiösen Symbolen sieht.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine gesetzliche Grundlage vorzuschlagen, die darauf abzielt, weiblichen Angestellten der Bundesverwaltung und von Betrieben, die mehrheitlich vom Bund beherrscht werden, das Tragen des Hijab, des islamischen Kopftuchs, oder anderer Kleidungsstücke, die das Gesicht oder den Kopf bedecken, zu verbieten, sobald sie sich der Öffentlichkeit präsentieren müssen.</p>
  • Kopftuchverbot an den Schaltern der Bundesverwaltung und der vom Bund beherrschten Betriebe
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Unter dem Vorwand der Religionsfreiheit akzeptieren sowohl Die Post wie auch die SBB, dass sich ihr weibliches Personal in der Öffentlichkeit, namentlich am Schalter, mit einem Hijab oder einer anderen Form des islamischen Kopftuchs präsentiert. Zur Rede gestellt, stellt Die Post diese Politik sogar als ein Mittel zur Wertschätzung der kulturellen Vielfalt dar. Was den Bundesrat anbelangt, so versteckte auch er sich in seiner Antwort auf die Interpellation 20.3856 "Schleierverbot an Post- und SBB-Schaltern?" hinter der Religionsfreiheit und sogar hinter den Interessen des Personals, vor jeder negativen Reaktion geschützt zu sein, um sich sogar zu weigern, durch seine Vertreterinnen und Vertreter in den Verwaltungsräten der betroffenen Betriebe einzugreifen. Auf die Perspektive der Kundschaft, die manchmal schockiert oder einfach mit einem Unbehagen reagiert, geht er nicht ein.</p><p>Und doch. Beide betroffene Betriebe sind Gesellschaften des öffentlichen Rechts, die mehrheitlich im Besitz des Bundes sind und von ihm kontrolliert werden. Da sie praktisch eine Monopolstellung innehaben, sind ihre Kundinnen und Kunden (wir alle!) ihnen wirklich ausgeliefert. Das gilt besonders für die Bundesverwaltung, wo sich die Mitarbeiterinnen der Öffentlichkeit präsentieren müssen. Nun handelt es sich aber beim Hijab, genauso wie bei anderen Formen des islamischen Kopftuches, nicht bloss um ein Kleidungsstück oder gar um ein rein religiöses Symbol: Er ist vor allem ein politisches Zeichen, ein Symbol der Ungleichheit, der Diskriminierung, der Unterwerfung und der Unterdrückung der Frau; auch ist er ein demonstratives Zeichen der Parallelgesellschaft und der Integrationsverweigerung. Unseren Traditionen ebenso wie unserer verfassungsmässigen Ordnung (wenn wir an den Verfassungsgrundsatz der Gleichheit von Mann und Frau denken) widersprechend ist er von einer Art, die schockierend oder einfach unangenehm für die Kundschaft ist, die de facto nichts dagegen tun kann, weswegen er weder in der Verwaltung noch in öffentlichen Unternehmen toleriert werden darf.</p>
    • <p>In seiner Antwort auf die Interpellation <a href="https://www.parlament.ch/fr/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20203856">20.3856</a> hat sich der Bundesrat klar zu seiner Rolle in der Personalpolitik bundesnaher Betriebe geäussert. "Er beschränkt die personalpolitischen Ziele auf abstrakte Formulierungen, die breit akzeptierte Vorstellungen von einer zeitgemässen Personalpolitik widerspiegeln." Der Bundesrat mischt sich nicht in deren operative Steuerung ein.</p><p>Was die Bundesverwaltung anbelangt, so hat der Bundesrat in der Fragestunde 2008 (<a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20085229">08.5229</a> und <a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-verhandlungen?SubjectId=14116">08.5366)</a> zur Frage des Kopftuchtragens Stellung bezogen. Er hat seine Meinung seither nicht geändert.</p><p>Das Tragen von besonderer Kleidung aufgrund religiöser Beweggründe ist durch Artikel 15 der Bundesverfassung (SR 101), welcher die Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleistet, geschützt.</p><p>Dem Bundespersonal stehen alle von der Verfassung garantierten Grundrechte zu. So hält Artikel 6 Absatz 1 des Bundespersonalgesetzes (SR 172.220.1) ausdrücklich fest, dass die Mitarbeitenden des Bundes, wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger, in den von der Bundesverfassung und von der Gesetzgebung geregelten Rechten und Pflichten stehen. Aufgrund dieser Bestimmung ist Artikel 8 der Bundesverfassung (SR 101), welcher den diskriminierungsfreien Genuss der Grundrechte garantiert und Benachteiligungen unter anderem wegen der Religionszugehörigkeit verbietet, auch auf das Bundespersonal vollumfänglich anwendbar. Gleiches gilt für Artikel 15 der Bundesverfassung (SR 101).</p><p>Der Bundesrat respektiert die Religionsfreiheit seiner Mitarbeitenden. Er hält jedoch fest, dass funktionsbezogene Einschränkungen beim Tragen von religiösen Zugehörigkeitszeichen möglich und angezeigt sein können. Das gilt z. B. wenn damit Erschwernisse im Arbeitsablauf und -prozess verbunden sind oder sich für Personen mit Uniformpflicht Fragen der Sicherheit stellen.</p><p>Zudem kommt der Bundesrat in seinem verabschiedeten Bericht "<a href="file:///C:/Users/U80820761/Downloads/ber-br-d.pdf">Getragene und an Bauten angebrachte religiöse Zeichen und Symbole</a>" in Erfüllung des Postulats 13.3672, Aeschi, 10.09.2013, zum Schluss, dass er keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Umgang mit religiösen Symbolen sieht.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine gesetzliche Grundlage vorzuschlagen, die darauf abzielt, weiblichen Angestellten der Bundesverwaltung und von Betrieben, die mehrheitlich vom Bund beherrscht werden, das Tragen des Hijab, des islamischen Kopftuchs, oder anderer Kleidungsstücke, die das Gesicht oder den Kopf bedecken, zu verbieten, sobald sie sich der Öffentlichkeit präsentieren müssen.</p>
    • Kopftuchverbot an den Schaltern der Bundesverwaltung und der vom Bund beherrschten Betriebe

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