Tatsächlich mehrsprachige Bundesverwaltung

ShortId
20.4517
Id
20204517
Updated
28.07.2023 00:56
Language
de
Title
Tatsächlich mehrsprachige Bundesverwaltung
AdditionalIndexing
04;2831;44
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Zwischen der Einreichung der Interpellation Hirzel im Jahr 1949 und der Veröffentlichung des Evaluationsberichts zur Förderung der Mehrsprachigkeit im Jahr 2019 hat sich die Sprachsituation innerhalb der Bundesverwaltung sowohl hinsichtlich der Vertretung der sprachlichen Minderheiten als auch in Bezug auf die Sprachkenntnisse der Bundesangestellten kaum weiterentwickelt. Die italienische Sprache fristet innerhalb der Bundesverwaltung nach wie vor ein Schattendasein.</p><p>Die strategischen Ziele des Bundesrates für die Jahre 2020-2023 und die Perspektiven 2020-2023 (vgl. Anhang 6 des Berichts) enthalten nur schwache, unwirksame und unkoordinierte Massnahmen (z. B. viersprachige Konzerte). Es wäre viel sinnvoller gewesen, konkrete und starke Massnahmen vorzusehen, um angesichts der in den nächsten Jahren bevorstehender Pensionierung tausender deutschsprachiger Bundesangestellter die Vertretung der italienischsprachigen, der französischsprachigen und der rätoromanischen Sprachgemeinschaften zu verbessern.</p><p>In Bezug auf die Sprachkenntnisse besteht gemäss einer Studie des Zentrums für Demokratie Aarau die einzig wirksame Strategie darin, die Sprachkenntnisse der Deutschsprachigen sowohl in Französisch als auch in Italienisch zu verbessern. Nur eine ausreichende - zumindest passive - Beherrschung dieser Sprachen ermögliche es den Vertreterinnen und Vertretern der Minderheitssprachen, ihre Arbeitssprache wirklich frei zu wählen. Dies sei eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass mehrsprachige Teams tatsächlich funktionieren können. ("Les langues du pouvoir", Zentrum für Demokratie Aarau, EPFL Press 2020).</p><p>Diese Motion fügt sich in den geltenden Rechtsrahmen ein (Sprachengesetz, SR 441.1; Sprachenverordnung, SR 441.11; Mehrsprachigkeitsweisungen des Bundesrates) und sieht einen präzisen und rasch realisierbaren strategischen Plan vor, dessen Umsetzung es ermöglichen würde, dass die Sprachen in der Bundesverwaltung angemessen vertreten sind und gleichzeitig auch die Gleichstellung der Geschlechter, die Modernisierung des Service public und der nationale Zusammenhalt gefördert werden.</p>
  • <p>1. Die Bundesverwaltung positioniert sich bereits heute als mehrsprachige Arbeitgeberin in den verschiedenen Kommunikationskanälen. In wechselnder Reihenfolge werden regelmässig Berufsportraits von Personen aus den unterschiedlichen Landesteilen in ihrem jeweiligen Sprachenumfeld dargestellt. In allen Landesteilen präsentiert sich die Bundesverwaltung im Rahmen von Publikumsauftritten bei Studienabgänger/innen. Sie tritt bewusst als multilinguale Arbeitgeberin auf.</p><p>2. Jedes Stelleninserat wird in den drei Amtssprachen über das Stellenportal und weitere Medien in allen Landesregionen publiziert. Darin werden explizit die generellen und spezifischen Anforderungen an die Sprachkompetenz dargelegt. Ist in einer Verwaltungseinheit eine Sprachgruppe untervertreten, besteht bereits heute die Möglichkeit, im Stelleninserat explizit darauf hinzuweisen.</p><p>3. Bei der Selektion gelten die Grundsätze, welche in den Mehrsprachigkeitsweisungen vom 27.08.2014 zu den einzelnen Schritten beschrieben sind. Sie stellen eine diskriminierungsfreie Rekrutierung sicher. Neben spezifischen Ausbildungsmodulen zur Sensibilisierung bezüglich unbewussten Vorurteilen, stehen auf der bundesinternen Informationsplattform verschiedene Dokumente für eine diskriminierungsfreie Bundesverwaltung zur Verfügung. Sprachkompetenzen sind eines von mehreren Anforderungskriterien die zu einem Selektionsentscheid beitragen. Die Verwaltungseinheiten können im Bedarfsfall Sprachtests verwenden.</p><p>4. Die Bundesverwaltung verfügt seit 2018 über ein flächendeckendes Instrument zur Evaluation der Sprachkompetenzen. Alle neu eintretenden Mitarbeitenden erfassen ihre Sprachkenntnisse in den Amtssprachen. Dies ist obligatorisch. Fakultativ können weitere Sprachkompetenzen ergänzt werden. Anhand dieser Daten kann jede Verwaltungseinheit die Erfüllung der Anforderungen nach Artikel 8 Absatz 1 der Sprachenverordnung (SpV; SR 441.11) prüfen und die zur Schliessung der Lücken erforderlichen Massnahmen planen. In der Bundesverwaltung steht ein breites Angebot an Sprachkursen (Präsenz- und Online-Kurse) zur Verfügung.</p><p>5. Die geltenden Sollwerte für die Anteile der Landessprachen sind durch Artikel 7 Absatz 1 der SpV geregelt. Die Verwaltungseinheiten haben diese Bandbreiten namentlich auch in den Kaderfunktionen zu erfüllen. Die Entwicklung der Vertretung der Sprachgemeinschaften in den Verwaltungseinheiten werden im jährlichen Reporting Personalmanagement detailliert ausgewiesen. Der Handlungsbedarf für die Verwaltungseinheiten wird dadurch ersichtlich.</p><p>Aufgrund der vorhandenen Grundlagen und Instrumente erachtet der Bundesrat die Anliegen der Motion als bereits erfüllt.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, eine Strategie umzusetzen, die folgende miteinander verknüpfte Massnahmen enthält: </p><p>1. Start einer schweizweiten Kampagne für einen mehrsprachigen Arbeitgeber Bund;</p><p>2. Ergänzung der Stellenausschreibungen durch einen Hinweis auf die Mehrsprachigkeit;</p><p>3. Beseitigung von Verzerrungen aufgrund der Sprache bei Stellenbesetzungsverfahren sowie obligatorische Sprachtests;</p><p>4. Sprachkurse für alle neu eingestellten Personen;</p><p>5. Angemessene Vertretung der einzelnen Sprachen in den obersten Führungsgremien der Bundesämter und der Generalsekretariate der Departemente.</p><p>Der Bundesrat wird beauftragt, zwei Jahre nach Annahme der Motion einen Bericht vorzulegen, der die getroffenen Massnahmen und die erzielten Fortschritte zusammenfasst, und zwar in Bezug auf die Quantität (Vertretung) und die Qualität (Sprachkenntnisse) sowie auf die Position der italienischen Sprache innerhalb der Bundesverwaltung.</p>
  • Tatsächlich mehrsprachige Bundesverwaltung
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Zwischen der Einreichung der Interpellation Hirzel im Jahr 1949 und der Veröffentlichung des Evaluationsberichts zur Förderung der Mehrsprachigkeit im Jahr 2019 hat sich die Sprachsituation innerhalb der Bundesverwaltung sowohl hinsichtlich der Vertretung der sprachlichen Minderheiten als auch in Bezug auf die Sprachkenntnisse der Bundesangestellten kaum weiterentwickelt. Die italienische Sprache fristet innerhalb der Bundesverwaltung nach wie vor ein Schattendasein.</p><p>Die strategischen Ziele des Bundesrates für die Jahre 2020-2023 und die Perspektiven 2020-2023 (vgl. Anhang 6 des Berichts) enthalten nur schwache, unwirksame und unkoordinierte Massnahmen (z. B. viersprachige Konzerte). Es wäre viel sinnvoller gewesen, konkrete und starke Massnahmen vorzusehen, um angesichts der in den nächsten Jahren bevorstehender Pensionierung tausender deutschsprachiger Bundesangestellter die Vertretung der italienischsprachigen, der französischsprachigen und der rätoromanischen Sprachgemeinschaften zu verbessern.</p><p>In Bezug auf die Sprachkenntnisse besteht gemäss einer Studie des Zentrums für Demokratie Aarau die einzig wirksame Strategie darin, die Sprachkenntnisse der Deutschsprachigen sowohl in Französisch als auch in Italienisch zu verbessern. Nur eine ausreichende - zumindest passive - Beherrschung dieser Sprachen ermögliche es den Vertreterinnen und Vertretern der Minderheitssprachen, ihre Arbeitssprache wirklich frei zu wählen. Dies sei eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass mehrsprachige Teams tatsächlich funktionieren können. ("Les langues du pouvoir", Zentrum für Demokratie Aarau, EPFL Press 2020).</p><p>Diese Motion fügt sich in den geltenden Rechtsrahmen ein (Sprachengesetz, SR 441.1; Sprachenverordnung, SR 441.11; Mehrsprachigkeitsweisungen des Bundesrates) und sieht einen präzisen und rasch realisierbaren strategischen Plan vor, dessen Umsetzung es ermöglichen würde, dass die Sprachen in der Bundesverwaltung angemessen vertreten sind und gleichzeitig auch die Gleichstellung der Geschlechter, die Modernisierung des Service public und der nationale Zusammenhalt gefördert werden.</p>
    • <p>1. Die Bundesverwaltung positioniert sich bereits heute als mehrsprachige Arbeitgeberin in den verschiedenen Kommunikationskanälen. In wechselnder Reihenfolge werden regelmässig Berufsportraits von Personen aus den unterschiedlichen Landesteilen in ihrem jeweiligen Sprachenumfeld dargestellt. In allen Landesteilen präsentiert sich die Bundesverwaltung im Rahmen von Publikumsauftritten bei Studienabgänger/innen. Sie tritt bewusst als multilinguale Arbeitgeberin auf.</p><p>2. Jedes Stelleninserat wird in den drei Amtssprachen über das Stellenportal und weitere Medien in allen Landesregionen publiziert. Darin werden explizit die generellen und spezifischen Anforderungen an die Sprachkompetenz dargelegt. Ist in einer Verwaltungseinheit eine Sprachgruppe untervertreten, besteht bereits heute die Möglichkeit, im Stelleninserat explizit darauf hinzuweisen.</p><p>3. Bei der Selektion gelten die Grundsätze, welche in den Mehrsprachigkeitsweisungen vom 27.08.2014 zu den einzelnen Schritten beschrieben sind. Sie stellen eine diskriminierungsfreie Rekrutierung sicher. Neben spezifischen Ausbildungsmodulen zur Sensibilisierung bezüglich unbewussten Vorurteilen, stehen auf der bundesinternen Informationsplattform verschiedene Dokumente für eine diskriminierungsfreie Bundesverwaltung zur Verfügung. Sprachkompetenzen sind eines von mehreren Anforderungskriterien die zu einem Selektionsentscheid beitragen. Die Verwaltungseinheiten können im Bedarfsfall Sprachtests verwenden.</p><p>4. Die Bundesverwaltung verfügt seit 2018 über ein flächendeckendes Instrument zur Evaluation der Sprachkompetenzen. Alle neu eintretenden Mitarbeitenden erfassen ihre Sprachkenntnisse in den Amtssprachen. Dies ist obligatorisch. Fakultativ können weitere Sprachkompetenzen ergänzt werden. Anhand dieser Daten kann jede Verwaltungseinheit die Erfüllung der Anforderungen nach Artikel 8 Absatz 1 der Sprachenverordnung (SpV; SR 441.11) prüfen und die zur Schliessung der Lücken erforderlichen Massnahmen planen. In der Bundesverwaltung steht ein breites Angebot an Sprachkursen (Präsenz- und Online-Kurse) zur Verfügung.</p><p>5. Die geltenden Sollwerte für die Anteile der Landessprachen sind durch Artikel 7 Absatz 1 der SpV geregelt. Die Verwaltungseinheiten haben diese Bandbreiten namentlich auch in den Kaderfunktionen zu erfüllen. Die Entwicklung der Vertretung der Sprachgemeinschaften in den Verwaltungseinheiten werden im jährlichen Reporting Personalmanagement detailliert ausgewiesen. Der Handlungsbedarf für die Verwaltungseinheiten wird dadurch ersichtlich.</p><p>Aufgrund der vorhandenen Grundlagen und Instrumente erachtet der Bundesrat die Anliegen der Motion als bereits erfüllt.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, eine Strategie umzusetzen, die folgende miteinander verknüpfte Massnahmen enthält: </p><p>1. Start einer schweizweiten Kampagne für einen mehrsprachigen Arbeitgeber Bund;</p><p>2. Ergänzung der Stellenausschreibungen durch einen Hinweis auf die Mehrsprachigkeit;</p><p>3. Beseitigung von Verzerrungen aufgrund der Sprache bei Stellenbesetzungsverfahren sowie obligatorische Sprachtests;</p><p>4. Sprachkurse für alle neu eingestellten Personen;</p><p>5. Angemessene Vertretung der einzelnen Sprachen in den obersten Führungsgremien der Bundesämter und der Generalsekretariate der Departemente.</p><p>Der Bundesrat wird beauftragt, zwei Jahre nach Annahme der Motion einen Bericht vorzulegen, der die getroffenen Massnahmen und die erzielten Fortschritte zusammenfasst, und zwar in Bezug auf die Quantität (Vertretung) und die Qualität (Sprachkenntnisse) sowie auf die Position der italienischen Sprache innerhalb der Bundesverwaltung.</p>
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