Antibiotika-Forschung durch Pull-Anreize verbessern

ShortId
20.4529
Id
20204529
Updated
28.07.2023 00:55
Language
de
Title
Antibiotika-Forschung durch Pull-Anreize verbessern
AdditionalIndexing
2446;2841;15;36
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Wegen der COVID-19 Problematik geraten andere dramatische Gesundheitsrisiken fast in Vergessenheit: So gibt beispielsweise die wachsende Antibiotika-Resistenz Anlass zu Besorgnis. Trotzdem ist die Entwicklung neuer Antibiotika zum Erliegen gekommen. Die Entwicklungspipeline vieler pharmazeutischen Unternehmen ist praktisch leer und deren Finanzierung ist akut gefährdet. Dies ist weniger auf technische Hürden oder fehlende Innovationskraft als auf Fehlanreize.</p><p>Die Wirtschaftsforschung hat gezeigt, dass die Förderung von Antibiotika-Entwicklung durch projektbezogene Forschungsförderung vor Markteintritt (Push-Anreize), wenig effizient sind. Hingegen sind zielgerichtete Pull-Anreize, die Unternehmer und Entwickler erst bei Marktzulassung eines neuen Wirkstoffs entschädigen, ökonomisch deutlich effizienter. Unternehmen richten dann zielorientiert ihre Ressourcen auf die Bekämpfung von problematischen Krankheitserregers aus, insbesondere auf die Erreger der WHO Priority Pathogen Liste.</p><p>In der Schweiz wurden mittels nationale Forschungsprojekte (NFP72 und NCCR AntiResist des Schweizerischen Nationalfonds) gewichtige Push-Anreize gesetzt. Aber nur Pull-Anreize erlauben den Aufbau von nachhaltigen Geschäftsmodellen und sichern so das Überleben von Antibiotikaentwicklern insbesondere auch nach Markteintritt. Eine Verknüpfung der Zahlungen an Bedingungen zur Versorgungssicherheit kann zudem eine nachhaltige Versorgung mit lebenswichtigen antimikrobiellen Wirkstoffen sicherstellen. Pull-Anreize können Fehlanreize neutralisieren, wie bspw. möglichst viel eines Antibiotikas zu verkaufen und zu verabreichen, was die Resistenzbildung verlangsamt oder verhindert.</p><p>Schweden und Grossbritannien als einzelne Länder gelten als gute Beispiele für Pull-Anreizproramme in der Antibiotikaentwicklung.</p>
  • <p>Der Bundesrat anerkennt, dass neben der Bewahrung der Wirksamkeit bestehender Antibiotika auch die Entwicklung und Markteinführung neuer Antibiotika wichtig sind. Das Problem der Antibiotikaresistenzen kann allerdings nicht allein durch neue Antibiotika gelöst werden. Zentral für die Eindämmung der Resistenzbildung sind Massnahmen, die den sachgemässen Antibiotikaeinsatz in der Human- und Tiermedizin sicherstellen. Der Bundesrat hat deshalb entsprechende Massnahmen im Rahmen der nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (StAR) bereits ergriffen. Finanzielle Anreize wie "Markteintrittsprämien" oder andere Ideen wie z.B. Verlängerung des Patentschutzes werden im internationalen Kontext seit einigen Jahren diskutiert. Es zeigt sich allerdings, dass zur Erforschung, Entwicklung und Markteinführung neuer Antibiotika Investitionen in Milliardenhöhe benötigt werden. Wie bereits in der Antwort auf das Postulat Heim 19.4291 "Antibiotikakrise. Die Erforschung und Entwicklung innovativer Antibiotika erfordert neue finanzielle Anreize" dargelegt, kann diese Herausforderung nur durch eine enge internationale Zusammenarbeit und mit überstaatlichen Programmen angegangen werden. Die Schweiz unterstützt daher international koordinierte Ansätze mit dem Ziel, Anreize für die Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika zu schaffen. Die Vorgehensweisen von Grossbritannien und Schweden werden dabei genau verfolgt. Konkret beteiligt sich die Schweiz auf internationaler Ebene zurzeit an verschiedenen Programmen, welche zur Entwicklung neuer Antibiotika auch Pull-Mechanismen unterstützen. Im Speziellen ist hier die "Global Antibiotic Research and Development Partnership" (GARDP) mit Sitz in Genf zu nennen. Bis 2025 sollen fünf neue Wirkstoffe gegen resistente Bakterien auf den Markt gebracht werden. Weiter ist der "Global Antimicrobial Resistance Research and Development Hub" in Berlin zu nennen. Letzterer wurde 2020 mit personellen Ressourcen unterstützt (Detachierung). Zudem bestehen mit "Horizon Europe" und der "Joint Programming Initiative for Antimicrobial Resistance" (JPIAMR) weitere Gefässe, an denen sich die Schweiz zur umfassenden Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich Antibiotikaresistenzen aktiv beteiligt. In Bezug auf steuerliche Erleichterungen für Forschung und Entwicklung bestehen in der Schweiz bereits Lösungen. So können die Kantone seit dem 1. Januar 2020 Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen über den geschäftsmässig begründeten Aufwand hinaus gemäss Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG, SR 642.14; Art. 10a und 25a) bis höchstens 150 Prozent zum Abzug zulassen. Diese steuerliche Entlastung gilt unabhängig vom Produkt, also auch für Antibiotika. Zudem wurde eine Patentbox für die Kantone obligatorisch eingeführt. Damit werden Gewinne, die auf Patente und vergleichbare Rechte entfallen, ermässigt besteuert (vgl. auch die Stellungnahme des Bundesrates zur Motion Page 19.3551 "Forschungs- und Entwicklungskosten für neue Antibiotika. Anreize in Form von Steuerabzügen schaffen"). Angesichts der bereits bestehenden Bestrebungen im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen und zur Förderung der Entwicklung neuer Antibiotika, beantragt der Bundesrat die Ablehnung der Motion.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird aufgefordert, Anreize zur Förderung der Entwicklung neuer Antibiotika zu schaffen. Konkret soll der Bundesrat folgende Massnahmen in Betracht ziehen: </p><p>1. Finanzielle Anreize wie Markteintrittsprämien oder Abo-Modelle in denen unabhängig von der bezogenen Menge vergütet wird,</p><p>2. Zusammenarbeit mit Länder wie Grossbritannien oder Schweden, die bereits über Pull-Anreiz-Systeme verfügen,</p><p>3. Steuerliche Entlastungen für Investitionen in Forschung und Entwicklung von neuen Antibiotika.</p>
  • Antibiotika-Forschung durch Pull-Anreize verbessern
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Wegen der COVID-19 Problematik geraten andere dramatische Gesundheitsrisiken fast in Vergessenheit: So gibt beispielsweise die wachsende Antibiotika-Resistenz Anlass zu Besorgnis. Trotzdem ist die Entwicklung neuer Antibiotika zum Erliegen gekommen. Die Entwicklungspipeline vieler pharmazeutischen Unternehmen ist praktisch leer und deren Finanzierung ist akut gefährdet. Dies ist weniger auf technische Hürden oder fehlende Innovationskraft als auf Fehlanreize.</p><p>Die Wirtschaftsforschung hat gezeigt, dass die Förderung von Antibiotika-Entwicklung durch projektbezogene Forschungsförderung vor Markteintritt (Push-Anreize), wenig effizient sind. Hingegen sind zielgerichtete Pull-Anreize, die Unternehmer und Entwickler erst bei Marktzulassung eines neuen Wirkstoffs entschädigen, ökonomisch deutlich effizienter. Unternehmen richten dann zielorientiert ihre Ressourcen auf die Bekämpfung von problematischen Krankheitserregers aus, insbesondere auf die Erreger der WHO Priority Pathogen Liste.</p><p>In der Schweiz wurden mittels nationale Forschungsprojekte (NFP72 und NCCR AntiResist des Schweizerischen Nationalfonds) gewichtige Push-Anreize gesetzt. Aber nur Pull-Anreize erlauben den Aufbau von nachhaltigen Geschäftsmodellen und sichern so das Überleben von Antibiotikaentwicklern insbesondere auch nach Markteintritt. Eine Verknüpfung der Zahlungen an Bedingungen zur Versorgungssicherheit kann zudem eine nachhaltige Versorgung mit lebenswichtigen antimikrobiellen Wirkstoffen sicherstellen. Pull-Anreize können Fehlanreize neutralisieren, wie bspw. möglichst viel eines Antibiotikas zu verkaufen und zu verabreichen, was die Resistenzbildung verlangsamt oder verhindert.</p><p>Schweden und Grossbritannien als einzelne Länder gelten als gute Beispiele für Pull-Anreizproramme in der Antibiotikaentwicklung.</p>
    • <p>Der Bundesrat anerkennt, dass neben der Bewahrung der Wirksamkeit bestehender Antibiotika auch die Entwicklung und Markteinführung neuer Antibiotika wichtig sind. Das Problem der Antibiotikaresistenzen kann allerdings nicht allein durch neue Antibiotika gelöst werden. Zentral für die Eindämmung der Resistenzbildung sind Massnahmen, die den sachgemässen Antibiotikaeinsatz in der Human- und Tiermedizin sicherstellen. Der Bundesrat hat deshalb entsprechende Massnahmen im Rahmen der nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (StAR) bereits ergriffen. Finanzielle Anreize wie "Markteintrittsprämien" oder andere Ideen wie z.B. Verlängerung des Patentschutzes werden im internationalen Kontext seit einigen Jahren diskutiert. Es zeigt sich allerdings, dass zur Erforschung, Entwicklung und Markteinführung neuer Antibiotika Investitionen in Milliardenhöhe benötigt werden. Wie bereits in der Antwort auf das Postulat Heim 19.4291 "Antibiotikakrise. Die Erforschung und Entwicklung innovativer Antibiotika erfordert neue finanzielle Anreize" dargelegt, kann diese Herausforderung nur durch eine enge internationale Zusammenarbeit und mit überstaatlichen Programmen angegangen werden. Die Schweiz unterstützt daher international koordinierte Ansätze mit dem Ziel, Anreize für die Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika zu schaffen. Die Vorgehensweisen von Grossbritannien und Schweden werden dabei genau verfolgt. Konkret beteiligt sich die Schweiz auf internationaler Ebene zurzeit an verschiedenen Programmen, welche zur Entwicklung neuer Antibiotika auch Pull-Mechanismen unterstützen. Im Speziellen ist hier die "Global Antibiotic Research and Development Partnership" (GARDP) mit Sitz in Genf zu nennen. Bis 2025 sollen fünf neue Wirkstoffe gegen resistente Bakterien auf den Markt gebracht werden. Weiter ist der "Global Antimicrobial Resistance Research and Development Hub" in Berlin zu nennen. Letzterer wurde 2020 mit personellen Ressourcen unterstützt (Detachierung). Zudem bestehen mit "Horizon Europe" und der "Joint Programming Initiative for Antimicrobial Resistance" (JPIAMR) weitere Gefässe, an denen sich die Schweiz zur umfassenden Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich Antibiotikaresistenzen aktiv beteiligt. In Bezug auf steuerliche Erleichterungen für Forschung und Entwicklung bestehen in der Schweiz bereits Lösungen. So können die Kantone seit dem 1. Januar 2020 Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen über den geschäftsmässig begründeten Aufwand hinaus gemäss Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG, SR 642.14; Art. 10a und 25a) bis höchstens 150 Prozent zum Abzug zulassen. Diese steuerliche Entlastung gilt unabhängig vom Produkt, also auch für Antibiotika. Zudem wurde eine Patentbox für die Kantone obligatorisch eingeführt. Damit werden Gewinne, die auf Patente und vergleichbare Rechte entfallen, ermässigt besteuert (vgl. auch die Stellungnahme des Bundesrates zur Motion Page 19.3551 "Forschungs- und Entwicklungskosten für neue Antibiotika. Anreize in Form von Steuerabzügen schaffen"). Angesichts der bereits bestehenden Bestrebungen im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen und zur Förderung der Entwicklung neuer Antibiotika, beantragt der Bundesrat die Ablehnung der Motion.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird aufgefordert, Anreize zur Förderung der Entwicklung neuer Antibiotika zu schaffen. Konkret soll der Bundesrat folgende Massnahmen in Betracht ziehen: </p><p>1. Finanzielle Anreize wie Markteintrittsprämien oder Abo-Modelle in denen unabhängig von der bezogenen Menge vergütet wird,</p><p>2. Zusammenarbeit mit Länder wie Grossbritannien oder Schweden, die bereits über Pull-Anreiz-Systeme verfügen,</p><p>3. Steuerliche Entlastungen für Investitionen in Forschung und Entwicklung von neuen Antibiotika.</p>
    • Antibiotika-Forschung durch Pull-Anreize verbessern

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