Besteuerung 2.0. Ausweitung der Bemessungsgrundlage für die Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherungen unter Einbezug der Bruttowertschöpfung in der Schweiz

ShortId
20.4541
Id
20204541
Updated
28.07.2023 00:51
Language
de
Title
Besteuerung 2.0. Ausweitung der Bemessungsgrundlage für die Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherungen unter Einbezug der Bruttowertschöpfung in der Schweiz
AdditionalIndexing
34;2446;2836;15;44
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Automatisierung und die Digitalisierung der Gesellschaft führen in den OECD-Ländern dazu, dass sich der Anteil der Arbeitseinkommen am Bruttoinlandprodukt im Vergleich zu den Kapitaleinkommen laufend verringert. Schon jetzt ist nämlich zu beobachten, dass menschliche Arbeit teilweise ersetzt wird durch Arbeit, die von Automaten und Algorithmen geleistet wird; das so erzielte Einkommen kann als Kapitaleinkommen betrachtet werden (Kapitaleinsatz zur Anschaffung nichtmenschlicher Produktionsmittel).</p><p>Dies stellt ganz besonders die Sozialversicherungen vor Herausforderungen, denn deren Einnahmen sind von der Lohnsumme und damit von menschlicher Arbeit abhängig. Wir sind gegenwärtig mit einer Marktverzerrung konfrontiert, die Kapitaleinkommen steuerlich bevorteilt, und diese unterliegen keinen Sozialabzügen. Dadurch gibt das heutige System den Unternehmen steuerliche Anreize, menschliche Arbeit durch Kapital zu ersetzen.</p><p>Davon wegkommen könnte man, indem man die in der Schweiz erzielte Bruttowertschöpfung als Grundlage für die Bemessung der Arbeitgeberbeiträge verwenden würde. Der Bericht in Erfüllung des Postulats 17.3045 hält dazu fest: "Die Bruttowertschöpfung eines Unternehmens kann definiert werden als das Bruttoeinkommen abzüglich des Werts der Vorleistungen"; damit würde der Wert der Kapitalabschreibungen in die Bemessungsgrundlage einbezogen.</p><p>Die Gesetzesvorlage soll die Automatisierung (im weiteren Sinne verstanden als Entwicklung nichtmenschlicher Produktionsmittel) nicht verhindern, sondern einfach die Bemessungsgrundlage ausweiten, damit "alle Produktionsfaktoren, Arbeit und Kapital, an der Finanzierung der Sozialversicherungen beteiligt" sind, wie der erwähnte Bericht ausführt.</p>
  • <p>Der Bundesrat hat im Bericht zum Postulat Schwaab (17.3045) die Auswirkungen der Robotisierung in der Wirtschaft auf das Steuerwesen und auf die Finanzierung der Sozialversicherungen untersucht. Er sieht derzeit keine Anzeichen für einen nennenswerten Rückgang des Arbeitsanteils am Volkseinkommen, welcher zu einer Reduktion der Sozialversicherungseinnahmen führen würde. Er schliesst aber eine Entwicklung in diese Richtung nicht völlig aus. Deshalb prüft der Bericht verschiedene Massnahmen, welche als Reaktion auf allfällige negative Auswirkungen der digitalen Transformation diskutiert werden, darunter die Ausdehnung der Bemessungsgrundlage für die Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherungen auf die Bruttowertschöpfung der Unternehmen. Er stellt fest, dass eine Besteuerung der Bruttowertschöpfung Unternehmen in kapitalintensiven Bereichen benachteiligen würde. Dadurch könnten Investitionen in die produktivsten Technologien abnehmen und das Produktionswachstum gebremst werden.</p><p>Mit Ausnahme der Krankenversicherung und der Versicherung gegen Nichtberufsunfälle sehen heute alle Sozialversicherungszweige Beiträge der Arbeitgeber vor. Die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Arbeitgeberbeiträge ist der Lohn. In der AHV, IV, EO und ALV sowie in der Regel in der beruflichen Vorsorge entsprechen die Beiträge der Arbeitgeber jenen der Arbeitnehmer (sog. paritätische Beiträge). Die Anwendung der Bruttowertschöpfung als Bemessungsgrundlage für die Arbeitgeberbeiträge käme einem grundlegenden Systembruch im Sozialversicherungsrecht gleich. Statt der eindeutigen Grundlage des Lohns beinhaltet die Bruttowertschöpfung mehrere Faktoren, die zudem durch die Arbeitgeber beeinflusst werden können. Die Verwendung der Bruttowertschöpfung als Bemessungsgrundlage würde daher die Vorhersehbarkeit und die Verlässlichkeit der Einnahmenprognosen reduzieren oder gar verunmöglichen. Prognosen sind jedoch für die Tarifierung der Beiträge und für eine nachhaltige Finanzierung all dieser Sozialversicherungen entscheidend. Weiter würden diese Zahlen auch erst nach Abschluss des Geschäftsjahres vorliegen, weshalb die Arbeitgeber ihre voraussichtliche Beitragshöhe lange nicht kennen und damit ihre heutige Planungssicherheit verlieren würden. Wegen den für die Beitragsfestsetzung zusätzlich zu berücksichtigen Faktoren müssten die Sozialversicherungen ihre Veranlagungssysteme grundlegend umbauen, was mit hohen Kosten verbunden wäre.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, einen Vorschlag zur Ausweitung der Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge vorzulegen. Das Ziel spricht er selbst in seinem Bericht vom 1. März 2017 in Erfüllung des Postulats 17.3045 Schwaab kurz an: "Auf diese Weise sind alle Produktionsfaktoren, Arbeit und Kapital, an der Finanzierung der Sozialversicherungen beteiligt." Es geht mit anderen Worten darum, die Einnahmen der Sozialversicherungen trotz der fortgesetzten Automatisierung und Digitalisierung langfristig zu sichern, indem die in der Schweiz erzielte Bruttowertschöpfung als Grundlage für die Bemessung der Arbeitgeberbeiträge verwendet wird.</p><p>Die Reform soll den Sozialversicherungen Gesamteinnahmen ermöglichen, die den heutigen Einnahmen zumindest entsprechen.</p>
  • Besteuerung 2.0. Ausweitung der Bemessungsgrundlage für die Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherungen unter Einbezug der Bruttowertschöpfung in der Schweiz
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Automatisierung und die Digitalisierung der Gesellschaft führen in den OECD-Ländern dazu, dass sich der Anteil der Arbeitseinkommen am Bruttoinlandprodukt im Vergleich zu den Kapitaleinkommen laufend verringert. Schon jetzt ist nämlich zu beobachten, dass menschliche Arbeit teilweise ersetzt wird durch Arbeit, die von Automaten und Algorithmen geleistet wird; das so erzielte Einkommen kann als Kapitaleinkommen betrachtet werden (Kapitaleinsatz zur Anschaffung nichtmenschlicher Produktionsmittel).</p><p>Dies stellt ganz besonders die Sozialversicherungen vor Herausforderungen, denn deren Einnahmen sind von der Lohnsumme und damit von menschlicher Arbeit abhängig. Wir sind gegenwärtig mit einer Marktverzerrung konfrontiert, die Kapitaleinkommen steuerlich bevorteilt, und diese unterliegen keinen Sozialabzügen. Dadurch gibt das heutige System den Unternehmen steuerliche Anreize, menschliche Arbeit durch Kapital zu ersetzen.</p><p>Davon wegkommen könnte man, indem man die in der Schweiz erzielte Bruttowertschöpfung als Grundlage für die Bemessung der Arbeitgeberbeiträge verwenden würde. Der Bericht in Erfüllung des Postulats 17.3045 hält dazu fest: "Die Bruttowertschöpfung eines Unternehmens kann definiert werden als das Bruttoeinkommen abzüglich des Werts der Vorleistungen"; damit würde der Wert der Kapitalabschreibungen in die Bemessungsgrundlage einbezogen.</p><p>Die Gesetzesvorlage soll die Automatisierung (im weiteren Sinne verstanden als Entwicklung nichtmenschlicher Produktionsmittel) nicht verhindern, sondern einfach die Bemessungsgrundlage ausweiten, damit "alle Produktionsfaktoren, Arbeit und Kapital, an der Finanzierung der Sozialversicherungen beteiligt" sind, wie der erwähnte Bericht ausführt.</p>
    • <p>Der Bundesrat hat im Bericht zum Postulat Schwaab (17.3045) die Auswirkungen der Robotisierung in der Wirtschaft auf das Steuerwesen und auf die Finanzierung der Sozialversicherungen untersucht. Er sieht derzeit keine Anzeichen für einen nennenswerten Rückgang des Arbeitsanteils am Volkseinkommen, welcher zu einer Reduktion der Sozialversicherungseinnahmen führen würde. Er schliesst aber eine Entwicklung in diese Richtung nicht völlig aus. Deshalb prüft der Bericht verschiedene Massnahmen, welche als Reaktion auf allfällige negative Auswirkungen der digitalen Transformation diskutiert werden, darunter die Ausdehnung der Bemessungsgrundlage für die Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherungen auf die Bruttowertschöpfung der Unternehmen. Er stellt fest, dass eine Besteuerung der Bruttowertschöpfung Unternehmen in kapitalintensiven Bereichen benachteiligen würde. Dadurch könnten Investitionen in die produktivsten Technologien abnehmen und das Produktionswachstum gebremst werden.</p><p>Mit Ausnahme der Krankenversicherung und der Versicherung gegen Nichtberufsunfälle sehen heute alle Sozialversicherungszweige Beiträge der Arbeitgeber vor. Die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Arbeitgeberbeiträge ist der Lohn. In der AHV, IV, EO und ALV sowie in der Regel in der beruflichen Vorsorge entsprechen die Beiträge der Arbeitgeber jenen der Arbeitnehmer (sog. paritätische Beiträge). Die Anwendung der Bruttowertschöpfung als Bemessungsgrundlage für die Arbeitgeberbeiträge käme einem grundlegenden Systembruch im Sozialversicherungsrecht gleich. Statt der eindeutigen Grundlage des Lohns beinhaltet die Bruttowertschöpfung mehrere Faktoren, die zudem durch die Arbeitgeber beeinflusst werden können. Die Verwendung der Bruttowertschöpfung als Bemessungsgrundlage würde daher die Vorhersehbarkeit und die Verlässlichkeit der Einnahmenprognosen reduzieren oder gar verunmöglichen. Prognosen sind jedoch für die Tarifierung der Beiträge und für eine nachhaltige Finanzierung all dieser Sozialversicherungen entscheidend. Weiter würden diese Zahlen auch erst nach Abschluss des Geschäftsjahres vorliegen, weshalb die Arbeitgeber ihre voraussichtliche Beitragshöhe lange nicht kennen und damit ihre heutige Planungssicherheit verlieren würden. Wegen den für die Beitragsfestsetzung zusätzlich zu berücksichtigen Faktoren müssten die Sozialversicherungen ihre Veranlagungssysteme grundlegend umbauen, was mit hohen Kosten verbunden wäre.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, einen Vorschlag zur Ausweitung der Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge vorzulegen. Das Ziel spricht er selbst in seinem Bericht vom 1. März 2017 in Erfüllung des Postulats 17.3045 Schwaab kurz an: "Auf diese Weise sind alle Produktionsfaktoren, Arbeit und Kapital, an der Finanzierung der Sozialversicherungen beteiligt." Es geht mit anderen Worten darum, die Einnahmen der Sozialversicherungen trotz der fortgesetzten Automatisierung und Digitalisierung langfristig zu sichern, indem die in der Schweiz erzielte Bruttowertschöpfung als Grundlage für die Bemessung der Arbeitgeberbeiträge verwendet wird.</p><p>Die Reform soll den Sozialversicherungen Gesamteinnahmen ermöglichen, die den heutigen Einnahmen zumindest entsprechen.</p>
    • Besteuerung 2.0. Ausweitung der Bemessungsgrundlage für die Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherungen unter Einbezug der Bruttowertschöpfung in der Schweiz

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