Bauernfamilien und Betriebsaufgabe. Doppelbestrafung abschaffen

ShortId
20.4551
Id
20204551
Updated
28.07.2023 00:46
Language
de
Title
Bauernfamilien und Betriebsaufgabe. Doppelbestrafung abschaffen
AdditionalIndexing
55;2446;2846
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Der Bundesgerichtsentscheid vom 2. Dezember 2011 stellt Landwirtinnen und Landwirte, deren Grundstücke (Hof, Wohngebäude oder Land) in der Bauzone liegen oder die nicht in den Geltungsbereich des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) fallen, vor grosse finanzielle Schwierigkeiten. Beim Verkauf von Bauland an eine Drittperson ist selbstverständlich nichts dagegen einzuwenden, dass von der Verkäuferin oder dem Verkäufer die ordentliche Einkommenssteuer erhoben wird.</p><p>Der Bundesrat muss hingegen die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) und des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) anpassen und die Fälle regeln, in denen die Landwirtin oder der Landwirt nach der Aufgabe der Tätigkeit den Hof behält und/oder ein oder mehrere Grundstücke in der Bauzone, im Rahmen einer Aufteilung innerhalb der Familie, in gerader Linie an seine Kinder vermacht (Schenkung, Erbvorbezug, Vermögensabtretung, Teilung, Vermächtnis usw.).</p><p>In den genannten Fällen sind diese Grundstücke aus Sicht der Steuerbehörde nicht mehr dem BGBB unterstellt, namentlich aufgrund von Artikel 66 BGBB (übersetzter Preis). Diese steuerrechtliche Beurteilung hat zur Folge, dass ein Verkehrswert dieser Grundstücke geschätzt wird, aus dem ein bedeutender fiktiver Gewinn hervorgeht, der als ordentliches Einkommen besteuert wird.</p><p>Dies geschieht, obwohl die Landwirtinnen und Landwirte in den meisten Fällen keinerlei finanzielle Gegenleistung erhalten. Vielmehr löst die blosse Überführung von Geschäftsvermögen in das Privatvermögen einen steuerpflichtigen Scheingewinn aus (steuersystematische Realisation).</p>
  • <p>Geben selbstständig Erwerbende nach dem 55. Altersjahr oder zufolge Invalidität ihren Betrieb auf, so werden die in den letzten zwei Geschäftsjahren realisierten stillen Reserven getrennt vom übrigen Einkommen zu einem reduzierten Satz besteuert. Soweit Grundstücke bei Betriebsaufgabe vom Geschäfts- ins Privatvermögen überführt werden, ist der Wertzuwachsgewinn grundsätzlich steuerbar, da die Überführung steuerlich einer Veräusserung gleichgestellt ist.</p><p>Auf Antrag der steuerpflichtigen Person wird bei der Überführung des Grundstücks vom Geschäftsvermögen in das Privatvermögen die Besteuerung des Wertzuwachsgewinns aufgeschoben (vgl. Kreisschreiben 26, Ziff. 2.1 und Kreisschreiben 38 Anhang 2 der ESTV). Diesfalls wird nur die Differenz zwischen dem Einkommenssteuerwert und den Anlagekosten (wiedereingebrachte Abschreibungen) im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe besteuert.</p><p>Die Besteuerung des Wertzuwachsgewinns erfolgt damit bei Steueraufschub erst mit der Veräusserung an eine Drittperson, d.h. wenn eine finanzielle Gegenleistung erfolgt. Diese Regelung ist aus Sicht des Bundesrates sachgerecht und er erkennt keinen Handlungsbedarf.</p><p>Die überwiesene Mo. 12.3172 Müller Leo "Besteuerung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken" forderte Änderungen der Steuergesetze: Gewinne sämtlicher Grundstücke aus Anlagevermögen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sollten bei den Einkommenssteuern nur bis zu den Anlagekosten besteuert werden. Die Wertzuwachsgewinne sollten hingegen bei der direkten Bundessteuer steuerfrei sein und in den Kantonen der Grundstückgewinnsteuer unterliegen. Diese Änderung hätte auch auf bei einer Betriebsaufgabe Anwendung gefunden.</p><p>Mit dem Entwurf zu einem Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke (16.031) setzte der Bundesrat die Motion um. Die Vorlage scheiterte am Nichteintreten beider Räte aufgrund verfassungsrechtlicher und finanzpolitischer Bedenken.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Landwirtinnen und Landwirte, die ihre Tätigkeit aufgeben, können wählen, ob sie ihren in der Bauzone gelegenen Hof ganz oder teilweise behalten wollen, um mit ihrer Familie dort zu wohnen, oder ob sie ihn an ihre Kinder übergeben wollen. In beiden Fällen werden sie heute aber doppelt bestraft: Zum einen müssen sie ihre wirtschaftliche Tätigkeit aufgeben und zum anderen wird der Verkehrswert des Gebäudes vom Fiskus auf das Einkommen des Landwirts oder der Landwirtin aufgerechnet, da er als Gewinn betrachtet wird. Der Bundesrat muss diese Praxis, die schwerwiegende finanzielle Folgen für die betroffenen Bauernfamilien hat, ändern.</p>
  • Bauernfamilien und Betriebsaufgabe. Doppelbestrafung abschaffen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Der Bundesgerichtsentscheid vom 2. Dezember 2011 stellt Landwirtinnen und Landwirte, deren Grundstücke (Hof, Wohngebäude oder Land) in der Bauzone liegen oder die nicht in den Geltungsbereich des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) fallen, vor grosse finanzielle Schwierigkeiten. Beim Verkauf von Bauland an eine Drittperson ist selbstverständlich nichts dagegen einzuwenden, dass von der Verkäuferin oder dem Verkäufer die ordentliche Einkommenssteuer erhoben wird.</p><p>Der Bundesrat muss hingegen die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) und des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) anpassen und die Fälle regeln, in denen die Landwirtin oder der Landwirt nach der Aufgabe der Tätigkeit den Hof behält und/oder ein oder mehrere Grundstücke in der Bauzone, im Rahmen einer Aufteilung innerhalb der Familie, in gerader Linie an seine Kinder vermacht (Schenkung, Erbvorbezug, Vermögensabtretung, Teilung, Vermächtnis usw.).</p><p>In den genannten Fällen sind diese Grundstücke aus Sicht der Steuerbehörde nicht mehr dem BGBB unterstellt, namentlich aufgrund von Artikel 66 BGBB (übersetzter Preis). Diese steuerrechtliche Beurteilung hat zur Folge, dass ein Verkehrswert dieser Grundstücke geschätzt wird, aus dem ein bedeutender fiktiver Gewinn hervorgeht, der als ordentliches Einkommen besteuert wird.</p><p>Dies geschieht, obwohl die Landwirtinnen und Landwirte in den meisten Fällen keinerlei finanzielle Gegenleistung erhalten. Vielmehr löst die blosse Überführung von Geschäftsvermögen in das Privatvermögen einen steuerpflichtigen Scheingewinn aus (steuersystematische Realisation).</p>
    • <p>Geben selbstständig Erwerbende nach dem 55. Altersjahr oder zufolge Invalidität ihren Betrieb auf, so werden die in den letzten zwei Geschäftsjahren realisierten stillen Reserven getrennt vom übrigen Einkommen zu einem reduzierten Satz besteuert. Soweit Grundstücke bei Betriebsaufgabe vom Geschäfts- ins Privatvermögen überführt werden, ist der Wertzuwachsgewinn grundsätzlich steuerbar, da die Überführung steuerlich einer Veräusserung gleichgestellt ist.</p><p>Auf Antrag der steuerpflichtigen Person wird bei der Überführung des Grundstücks vom Geschäftsvermögen in das Privatvermögen die Besteuerung des Wertzuwachsgewinns aufgeschoben (vgl. Kreisschreiben 26, Ziff. 2.1 und Kreisschreiben 38 Anhang 2 der ESTV). Diesfalls wird nur die Differenz zwischen dem Einkommenssteuerwert und den Anlagekosten (wiedereingebrachte Abschreibungen) im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe besteuert.</p><p>Die Besteuerung des Wertzuwachsgewinns erfolgt damit bei Steueraufschub erst mit der Veräusserung an eine Drittperson, d.h. wenn eine finanzielle Gegenleistung erfolgt. Diese Regelung ist aus Sicht des Bundesrates sachgerecht und er erkennt keinen Handlungsbedarf.</p><p>Die überwiesene Mo. 12.3172 Müller Leo "Besteuerung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken" forderte Änderungen der Steuergesetze: Gewinne sämtlicher Grundstücke aus Anlagevermögen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sollten bei den Einkommenssteuern nur bis zu den Anlagekosten besteuert werden. Die Wertzuwachsgewinne sollten hingegen bei der direkten Bundessteuer steuerfrei sein und in den Kantonen der Grundstückgewinnsteuer unterliegen. Diese Änderung hätte auch auf bei einer Betriebsaufgabe Anwendung gefunden.</p><p>Mit dem Entwurf zu einem Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke (16.031) setzte der Bundesrat die Motion um. Die Vorlage scheiterte am Nichteintreten beider Räte aufgrund verfassungsrechtlicher und finanzpolitischer Bedenken.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Landwirtinnen und Landwirte, die ihre Tätigkeit aufgeben, können wählen, ob sie ihren in der Bauzone gelegenen Hof ganz oder teilweise behalten wollen, um mit ihrer Familie dort zu wohnen, oder ob sie ihn an ihre Kinder übergeben wollen. In beiden Fällen werden sie heute aber doppelt bestraft: Zum einen müssen sie ihre wirtschaftliche Tätigkeit aufgeben und zum anderen wird der Verkehrswert des Gebäudes vom Fiskus auf das Einkommen des Landwirts oder der Landwirtin aufgerechnet, da er als Gewinn betrachtet wird. Der Bundesrat muss diese Praxis, die schwerwiegende finanzielle Folgen für die betroffenen Bauernfamilien hat, ändern.</p>
    • Bauernfamilien und Betriebsaufgabe. Doppelbestrafung abschaffen

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