Mit der Mehrwertsteuer die Kreislaufwirtschaft fördern. Anwendung eines reduzierten Steuersatzes auf Reparaturen

ShortId
20.4553
Id
20204553
Updated
28.07.2023 00:46
Language
de
Title
Mit der Mehrwertsteuer die Kreislaufwirtschaft fördern. Anwendung eines reduzierten Steuersatzes auf Reparaturen
AdditionalIndexing
2446;15;52
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Will man in unserer Gesellschaft den ökologischen Wandel und die Energiewende vorantreiben und die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft fördern, so müssen wirtschaftliche Tätigkeiten unterstützt werden, die auf den Kreislaufgedanken setzen und auf der strikten Wertschätzung der verfügbaren Ressourcen beruhen. Beinahe dreimal die Erde wäre erforderlich, wenn alle wie die Schweizer Bevölkerung leben würden; dies schreibt das Bundesamt für Statistik auf seiner Webseite zum ökologischen Fussabdruck der Schweiz. Güter und Dienstleistungen, die dazu beitragen, unsere Umweltbelastung zu verringern, müssten daher bevorzugt behandelt werden gegenüber jenen, die zum Ressourcenverschleiss und zur Umweltzerstörung beitragen, sodass die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft eingehalten werden.</p><p>Dies liesse sich erreichen mit der Einführung eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Reparaturen, wie es ihn schon in vielen europäischen Ländern gibt.</p><p>Der Bundesrat schätzt in seinem Bericht vom 19. Juni 2020 "Steuerliche und weitere Massnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft", dass eine Senkung der Mehrwertsteuer von 7,7 auf 2,5 Prozent für Reparaturdienstleistungen (alle Branchen und Produktkategorien ausser der Automobilbranche) die Schweizer Umweltbelastung um 10 000 Tonnen CO2-Äquivalente oder 20 Milliarden Umweltbelastungspunkte reduzieren würde.</p>
  • <p>Die Besteuerung von Reparaturdienstleistungen zum reduzierten Mehrwertsteuersatz von 2,5 Prozent statt zum Normalsatz von 7,7 Prozent entspräche lediglich einer Vergünstigung der Arbeitsleistung (inkl. MWST) um rund 4,8 Prozent. In den EU-Staaten, die eine Sonderregelung für Reparaturleistungen kennen, fällt diese Vergünstigung wegen des grösseren Unterschieds zwischen dem Normal- und dem reduzierten Steuersatz deutlich höher aus. Selbst wenn die Steuersenkung vollumfänglich an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben würde, wäre deshalb in der Schweiz nur mit einer geringfügig höheren Nachfrage nach solchen Leistungen und damit bescheidenen ökologischen Auswirkungen zu rechnen. Soweit die Steuersenkung zur Margenverbesserung der Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer verwendet würde, ergäben sich gar keine ökologischen Auswirkungen. Zudem dürften viele kleinere Reparaturdienstleistungsbetriebe gar nicht mehrwertsteuerpflichtig sein, da sie weniger als 100 000 Franken Umsatz pro Jahr erzielen, wodurch die Wirksamkeit der Massnahme weiter geschmälert würde.</p><p>Eine Unterstellung der Reparaturdienstleistungen unter den reduzierten Steuersatz hätte in vielen Bereichen grosse Abgrenzungsprobleme zur Folge: (1) Reparaturdienstleistungen einerseits und Servicearbeiten und Wartungsarbeiten andererseits müssten auseinandergehalten werden. (2) Wenn wie in der EU nur die Arbeitsleistung, nicht aber die Ersatzteile reduziert besteuert würden, wären bei jedem Auftrag zwei verschiedene Steuersätze anzuwenden. (3) Soll der reduzierte Steuersatz auch für Wohnungsrenovationen gelten und wo wird da die Grenze gezogen? Gilt ein neuer Anstrich immer als Reparatur oder nur dann, wenn der alte Anstrich abblättert? Wie sieht es aus, wenn eine bestehende funktionstüchtige Küche durch eine neue Küche ersetzt wird? (4) Unternehmen müssten für ähnliche Leistungen unterschiedliche Steuersätze anwenden. So hätte ein Schreiner beispielsweise für einen neuen Schrank 7,7 Prozent und für das Reparieren und Auffrischen eines alten Schrankes 2,5 Prozent in Rechnung zu stellen. Wenn er bei der Reparatur des Schrankes eine Schublade ersetzt, dann müsste er - wenn Ersatzteile unterschiedlich behandelt werden - den Wert des dabei verwendeten Holzes separat ausweisen und mit 7,7 Prozent versteuern. Diese Abgrenzungsprobleme würden bei den Steuerpflichtigen zu Rechtsunsicherheit führen, und die Risiken von Nachbelastungen im Rahmen von Steuerkontrollen würden steigen. Aber auch die Kontrolltätigkeit der ESTV würde erschwert.</p><p>Die Motion hätte Mindereinnahmen aus der Mehrwertsteuer zur Folge, deren Höhe von der Ausgestaltung der Regelung abhängen. Bei enger Auslegung dürften die jährlichen Mindereinnahmen grob geschätzt im mittleren zweistelligen Millionenbereich liegen. Bei weiter Auslegung wäre grob geschätzt mit Mindereinnahmen im mittleren dreistelligen Millionenbereich zu rechnen.</p><p>Der Bundesrat hat in seinem <a href="https://www.parlament.ch/centers/eparl/curia/2017/20173505/Bericht D.pdf">Bericht</a> vom 19. Juni 2020 in Erfüllung des Postulats Vonlanthen 17.3505 aufgrund der geringen ökologischen Auswirkungen und der Besonderheiten des Schweizer Mehrwertsteuerrechts auf eine Weiterverfolgung dieser Massnahme verzichtet. Er hält an dieser Einschätzung unverändert fest.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, das Mehrwertsteuergesetz dahingehend anzupassen, dass der Mehrwertsteuersatz für Reparaturdienstleistungen auf 2,5 Prozent gesenkt wird.</p>
  • Mit der Mehrwertsteuer die Kreislaufwirtschaft fördern. Anwendung eines reduzierten Steuersatzes auf Reparaturen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Will man in unserer Gesellschaft den ökologischen Wandel und die Energiewende vorantreiben und die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft fördern, so müssen wirtschaftliche Tätigkeiten unterstützt werden, die auf den Kreislaufgedanken setzen und auf der strikten Wertschätzung der verfügbaren Ressourcen beruhen. Beinahe dreimal die Erde wäre erforderlich, wenn alle wie die Schweizer Bevölkerung leben würden; dies schreibt das Bundesamt für Statistik auf seiner Webseite zum ökologischen Fussabdruck der Schweiz. Güter und Dienstleistungen, die dazu beitragen, unsere Umweltbelastung zu verringern, müssten daher bevorzugt behandelt werden gegenüber jenen, die zum Ressourcenverschleiss und zur Umweltzerstörung beitragen, sodass die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft eingehalten werden.</p><p>Dies liesse sich erreichen mit der Einführung eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Reparaturen, wie es ihn schon in vielen europäischen Ländern gibt.</p><p>Der Bundesrat schätzt in seinem Bericht vom 19. Juni 2020 "Steuerliche und weitere Massnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft", dass eine Senkung der Mehrwertsteuer von 7,7 auf 2,5 Prozent für Reparaturdienstleistungen (alle Branchen und Produktkategorien ausser der Automobilbranche) die Schweizer Umweltbelastung um 10 000 Tonnen CO2-Äquivalente oder 20 Milliarden Umweltbelastungspunkte reduzieren würde.</p>
    • <p>Die Besteuerung von Reparaturdienstleistungen zum reduzierten Mehrwertsteuersatz von 2,5 Prozent statt zum Normalsatz von 7,7 Prozent entspräche lediglich einer Vergünstigung der Arbeitsleistung (inkl. MWST) um rund 4,8 Prozent. In den EU-Staaten, die eine Sonderregelung für Reparaturleistungen kennen, fällt diese Vergünstigung wegen des grösseren Unterschieds zwischen dem Normal- und dem reduzierten Steuersatz deutlich höher aus. Selbst wenn die Steuersenkung vollumfänglich an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben würde, wäre deshalb in der Schweiz nur mit einer geringfügig höheren Nachfrage nach solchen Leistungen und damit bescheidenen ökologischen Auswirkungen zu rechnen. Soweit die Steuersenkung zur Margenverbesserung der Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer verwendet würde, ergäben sich gar keine ökologischen Auswirkungen. Zudem dürften viele kleinere Reparaturdienstleistungsbetriebe gar nicht mehrwertsteuerpflichtig sein, da sie weniger als 100 000 Franken Umsatz pro Jahr erzielen, wodurch die Wirksamkeit der Massnahme weiter geschmälert würde.</p><p>Eine Unterstellung der Reparaturdienstleistungen unter den reduzierten Steuersatz hätte in vielen Bereichen grosse Abgrenzungsprobleme zur Folge: (1) Reparaturdienstleistungen einerseits und Servicearbeiten und Wartungsarbeiten andererseits müssten auseinandergehalten werden. (2) Wenn wie in der EU nur die Arbeitsleistung, nicht aber die Ersatzteile reduziert besteuert würden, wären bei jedem Auftrag zwei verschiedene Steuersätze anzuwenden. (3) Soll der reduzierte Steuersatz auch für Wohnungsrenovationen gelten und wo wird da die Grenze gezogen? Gilt ein neuer Anstrich immer als Reparatur oder nur dann, wenn der alte Anstrich abblättert? Wie sieht es aus, wenn eine bestehende funktionstüchtige Küche durch eine neue Küche ersetzt wird? (4) Unternehmen müssten für ähnliche Leistungen unterschiedliche Steuersätze anwenden. So hätte ein Schreiner beispielsweise für einen neuen Schrank 7,7 Prozent und für das Reparieren und Auffrischen eines alten Schrankes 2,5 Prozent in Rechnung zu stellen. Wenn er bei der Reparatur des Schrankes eine Schublade ersetzt, dann müsste er - wenn Ersatzteile unterschiedlich behandelt werden - den Wert des dabei verwendeten Holzes separat ausweisen und mit 7,7 Prozent versteuern. Diese Abgrenzungsprobleme würden bei den Steuerpflichtigen zu Rechtsunsicherheit führen, und die Risiken von Nachbelastungen im Rahmen von Steuerkontrollen würden steigen. Aber auch die Kontrolltätigkeit der ESTV würde erschwert.</p><p>Die Motion hätte Mindereinnahmen aus der Mehrwertsteuer zur Folge, deren Höhe von der Ausgestaltung der Regelung abhängen. Bei enger Auslegung dürften die jährlichen Mindereinnahmen grob geschätzt im mittleren zweistelligen Millionenbereich liegen. Bei weiter Auslegung wäre grob geschätzt mit Mindereinnahmen im mittleren dreistelligen Millionenbereich zu rechnen.</p><p>Der Bundesrat hat in seinem <a href="https://www.parlament.ch/centers/eparl/curia/2017/20173505/Bericht D.pdf">Bericht</a> vom 19. Juni 2020 in Erfüllung des Postulats Vonlanthen 17.3505 aufgrund der geringen ökologischen Auswirkungen und der Besonderheiten des Schweizer Mehrwertsteuerrechts auf eine Weiterverfolgung dieser Massnahme verzichtet. Er hält an dieser Einschätzung unverändert fest.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, das Mehrwertsteuergesetz dahingehend anzupassen, dass der Mehrwertsteuersatz für Reparaturdienstleistungen auf 2,5 Prozent gesenkt wird.</p>
    • Mit der Mehrwertsteuer die Kreislaufwirtschaft fördern. Anwendung eines reduzierten Steuersatzes auf Reparaturen

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