Vertrag der UNO über das Verbot von Kernwaffen. Gedenkt der Bundesrat, dem Willen des Parlamentes Folge zu leisten?

ShortId
20.4577
Id
20204577
Updated
28.07.2023 01:16
Language
de
Title
Vertrag der UNO über das Verbot von Kernwaffen. Gedenkt der Bundesrat, dem Willen des Parlamentes Folge zu leisten?
AdditionalIndexing
08;09;66;421
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>1 / 2: Der Bundesrat beschloss 2018 und 2019 jeweils, dem Kernwaffenverbotsvertrag (TPNW) zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beizutreten. Er war der Ansicht, dass die Gründe gegen einen Beitritt überwiegen. Aufgrund der Überweisung der Motion 17.4241 hat der Bundesrat im April 2019 entschieden, die Frage des Beitritts zum TPNW erneut zu prüfen. Ein Zusatzbericht soll insbesondere darlegen, ob und wie sich der TPNW auf den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NPT) auswirkt. Der NPT ist Grundpfeiler der nuklearen Rüstungskontrolle und ein zentrales Element der globalen Sicherheitsarchitektur. Daher ist die Beurteilung möglicher Auswirkungen des TPNW auf den NPT unerlässlich. Die APKs wurden im August 2020 informiert, dass sich diese Arbeiten infolge COVID-19 verzögern. Grund ist die Verschiebung der Überprüfungskonferenz des NPT von Mai 2020 auf August 2021. Diese Umstände schieben auch die für Ende 2020 geplante Neubeurteilung zeitlich nach hinten.</p><p>3: Humanitäre Aspekte sind ein wichtiger Blickwinkel bei der Festlegung der Schweizer Position zum TPNW. Der Bundesrat wird diese und weitere Aspekte unter Berücksichtigung der Schweizer Interessen und Werte sorgfältig prüfen. Der Vertrag an sich wie auch insbesondere der mögliche Effekt des TPNW auf die nukleare Abrüstung muss differenziert betrachtet und in einer weiter gefassten aussen-, sicherheits- und wirtschaftspolitischen Perspektive beurteilt werden. Unter den bisherigen Ratifikationen sind nur vereinzelt europäische Staaten vertreten. Die neutralen Länder haben keine gemeinsame Position: Österreich und Irland haben den Vertrag ratifiziert. Finnland hat nicht mitverhandelt. Schweden hat sich, ähnlich wie die Schweiz, nach ausführlichen Untersuchungen vorerst gegen einen Beitritt entschieden.</p><p>4 / 5: Wie 2018 wird eine interdepartementale Arbeitsgruppe der Bundesverwaltung den Bericht redigieren und dem Bundesrat eine Entscheidgrundlage unterbreiten. Im Bericht wird sie noch offene aussenpolitische, sicherheitspolitische, technische und wirtschaftliche Fragen erörtern. Sie wird nationale und internationale Expertinnen und Experten beiziehen, darunter solche, die den TPNW befürworten, wie auch solche, die ihm skeptisch gegenüberstehen.</p><p>6 / 7: Unabhängig von seiner Position zum TPNW setzt sich der Bundesrat für das Ziel einer Welt ohne Nuklearwaffen ein. Er setzt auf praktische Schritte in Zusammenarbeit mit Kernwaffen- und Nichtkernwaffenstaaten. So ist die Schweiz eine treibende Kraft betreffend Verminderung der Nuklearwaffenrisiken. Der Bundesrat bekräftigt seine langjährige Position, dass es schwer vorstellbar ist, wie Kernwaffen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht eingesetzt werden könnten. Die nuancierte Position der Schweiz ist u.a. im Abrüstungsbericht von 2017 festgehalten.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Am 7. Juli 2017 stimmte die Generalversammlung der Vereinten Nationen dem Vertrag über das Verbot von Kernwaffen (Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons, TPNW) zu.</p><p>Im Juni 2018 nahm der Nationalrat die Motion 17.4241 an; sie verlangt vom Bundesrat, den Vertrag möglichst rasch zu unterzeichnen und ihn dem Parlament zur Ratifizierung zu unterbreiten. Der Ständerat wies in seinem Bericht von Juni 2018 die vom Bundesrat vorgebrachten Einwände zurück und nahm die Motion im Dezember 2018 ebenfalls an. Bis heute hat der Bundesrat kein Verfahren eingeleitet, um die Motion umzusetzen. </p><p>Anfang April 2019 entschied der Bundesrat, vertieft über einen allfälligen Beitritt der Schweiz zum TPNW nachzudenken und bis Ende 2020 einen weiteren Bericht vorzulegen. Die Bedenkzeit wollte er nutzen, um hinsichtlich der letzten Entwicklungen der internationalen Politik und der Sicherheitspolitik Bilanz zu ziehen. Das Besondere daran war, dass der Bericht sich auf ein verwaltungsexternes Gutachten unter Beizug von ausländischen Fachleuten abstützen sollte.</p><p>Dieser zusätzliche Bericht liegt bis heute nicht vor. Der Bundesrat verschob ihn wiederholt und machte dessen Erstellung anstatt von einer eigenen Politik von Ereignissen und Stellungnahmen von Drittländern abhängig, über die er keine Kontrolle hat.</p><p>Unterdessen wurde der TPNW von 50 Ländern ratifiziert und wird im Januar 2021 in Kraft treten.</p><p>In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass der Bundesrat sich zu den folgenden Fragen äussert:</p><p>1. Das Parlamentsgesetz räumt dem Bundesrat zwei Jahre ein, um eine Motion zu erfüllen. Diese Frist ist unterdessen abgelaufen, ohne dass der Bundesrat die Unterzeichnung und die Ratifizierung an die Hand genommen hat. Wie gedenkt der Bundesrat, dem Willen des Parlaments Folge zu leisten?</p><p>2. Aus welchem Grund folgt der Bundesrat in Bezug auf die Ratifizierung des TPNW nicht seinem Credo "Aussenpolitik ist Innenpolitik", wie er dies bei seiner Positionierung zum Migrationspakt getan hat, zumal beim TPNW das Parlament klar Stellung bezogen hat und die Bevölkerung dem Vertrag mehrheitlich positiv gegenübersteht?</p><p>3. Unterscheidet sich die Neutralität der Schweiz so stark von der Neutralität anderer neutraler Staaten wie Irland oder Österreich, dass dies zur Folge hat, dass sie sich von den Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts wie die Beseitigung von Massenvernichtungswaffen, auf die das IKRK uns immer wieder hinweist, entfernt? </p><p>4. Welche Schritte haben die verwaltungsinternen Fachleute zur Klärung der seit Juni 2018 offenen Fragen unternommen?</p><p>5. Der Bundesrat beabsichtigt, externe Fachleute aus dem Ausland beizuziehen, um die politische Positionierung der Schweiz zu erarbeiten. Soll die humanitäre, neutrale und unabhängige Vision der Schweiz in Bezug auf die nukleare Abrüstung auf der Meinung einiger ausländischer Fachleute abstützen? Wären ein Entscheid unseres Parlaments sowie die Ressourcen und das Wissen unserer Diplomatie und unserer Verwaltung, namentlich im Bereich der Abrüstung, als Grundlage nicht angebrachter?</p><p>6. Wie erklärt der Bundesrat die Haltung der Schweiz in Bezug auf die nukleare Abrüstung auf internationaler Ebene? Denn diese hat in den letzten drei Jahren um 180 Grad gedreht, d. h. die Schweiz ist von einer aktiven Befürworterin der nuklearen Abrüstung zu einem Land geworden, das die Haltung der fünf offiziellen Atommächte unterstützt, was in komplettem Widerspruch zum Willen unserer beiden Parlamentskammern steht.</p><p>7. Ist die Tatsache, dass der Bundesrat dieses Geschäft vor sich hinschiebt, so zu deuten, dass es die Meinung vertritt, dass die Schweiz zur Wahrung der Sicherheit auf die Nuklearwaffen der Nato-Mitgliedländer angewiesen ist?</p>
  • Vertrag der UNO über das Verbot von Kernwaffen. Gedenkt der Bundesrat, dem Willen des Parlamentes Folge zu leisten?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1 / 2: Der Bundesrat beschloss 2018 und 2019 jeweils, dem Kernwaffenverbotsvertrag (TPNW) zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beizutreten. Er war der Ansicht, dass die Gründe gegen einen Beitritt überwiegen. Aufgrund der Überweisung der Motion 17.4241 hat der Bundesrat im April 2019 entschieden, die Frage des Beitritts zum TPNW erneut zu prüfen. Ein Zusatzbericht soll insbesondere darlegen, ob und wie sich der TPNW auf den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NPT) auswirkt. Der NPT ist Grundpfeiler der nuklearen Rüstungskontrolle und ein zentrales Element der globalen Sicherheitsarchitektur. Daher ist die Beurteilung möglicher Auswirkungen des TPNW auf den NPT unerlässlich. Die APKs wurden im August 2020 informiert, dass sich diese Arbeiten infolge COVID-19 verzögern. Grund ist die Verschiebung der Überprüfungskonferenz des NPT von Mai 2020 auf August 2021. Diese Umstände schieben auch die für Ende 2020 geplante Neubeurteilung zeitlich nach hinten.</p><p>3: Humanitäre Aspekte sind ein wichtiger Blickwinkel bei der Festlegung der Schweizer Position zum TPNW. Der Bundesrat wird diese und weitere Aspekte unter Berücksichtigung der Schweizer Interessen und Werte sorgfältig prüfen. Der Vertrag an sich wie auch insbesondere der mögliche Effekt des TPNW auf die nukleare Abrüstung muss differenziert betrachtet und in einer weiter gefassten aussen-, sicherheits- und wirtschaftspolitischen Perspektive beurteilt werden. Unter den bisherigen Ratifikationen sind nur vereinzelt europäische Staaten vertreten. Die neutralen Länder haben keine gemeinsame Position: Österreich und Irland haben den Vertrag ratifiziert. Finnland hat nicht mitverhandelt. Schweden hat sich, ähnlich wie die Schweiz, nach ausführlichen Untersuchungen vorerst gegen einen Beitritt entschieden.</p><p>4 / 5: Wie 2018 wird eine interdepartementale Arbeitsgruppe der Bundesverwaltung den Bericht redigieren und dem Bundesrat eine Entscheidgrundlage unterbreiten. Im Bericht wird sie noch offene aussenpolitische, sicherheitspolitische, technische und wirtschaftliche Fragen erörtern. Sie wird nationale und internationale Expertinnen und Experten beiziehen, darunter solche, die den TPNW befürworten, wie auch solche, die ihm skeptisch gegenüberstehen.</p><p>6 / 7: Unabhängig von seiner Position zum TPNW setzt sich der Bundesrat für das Ziel einer Welt ohne Nuklearwaffen ein. Er setzt auf praktische Schritte in Zusammenarbeit mit Kernwaffen- und Nichtkernwaffenstaaten. So ist die Schweiz eine treibende Kraft betreffend Verminderung der Nuklearwaffenrisiken. Der Bundesrat bekräftigt seine langjährige Position, dass es schwer vorstellbar ist, wie Kernwaffen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht eingesetzt werden könnten. Die nuancierte Position der Schweiz ist u.a. im Abrüstungsbericht von 2017 festgehalten.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Am 7. Juli 2017 stimmte die Generalversammlung der Vereinten Nationen dem Vertrag über das Verbot von Kernwaffen (Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons, TPNW) zu.</p><p>Im Juni 2018 nahm der Nationalrat die Motion 17.4241 an; sie verlangt vom Bundesrat, den Vertrag möglichst rasch zu unterzeichnen und ihn dem Parlament zur Ratifizierung zu unterbreiten. Der Ständerat wies in seinem Bericht von Juni 2018 die vom Bundesrat vorgebrachten Einwände zurück und nahm die Motion im Dezember 2018 ebenfalls an. Bis heute hat der Bundesrat kein Verfahren eingeleitet, um die Motion umzusetzen. </p><p>Anfang April 2019 entschied der Bundesrat, vertieft über einen allfälligen Beitritt der Schweiz zum TPNW nachzudenken und bis Ende 2020 einen weiteren Bericht vorzulegen. Die Bedenkzeit wollte er nutzen, um hinsichtlich der letzten Entwicklungen der internationalen Politik und der Sicherheitspolitik Bilanz zu ziehen. Das Besondere daran war, dass der Bericht sich auf ein verwaltungsexternes Gutachten unter Beizug von ausländischen Fachleuten abstützen sollte.</p><p>Dieser zusätzliche Bericht liegt bis heute nicht vor. Der Bundesrat verschob ihn wiederholt und machte dessen Erstellung anstatt von einer eigenen Politik von Ereignissen und Stellungnahmen von Drittländern abhängig, über die er keine Kontrolle hat.</p><p>Unterdessen wurde der TPNW von 50 Ländern ratifiziert und wird im Januar 2021 in Kraft treten.</p><p>In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass der Bundesrat sich zu den folgenden Fragen äussert:</p><p>1. Das Parlamentsgesetz räumt dem Bundesrat zwei Jahre ein, um eine Motion zu erfüllen. Diese Frist ist unterdessen abgelaufen, ohne dass der Bundesrat die Unterzeichnung und die Ratifizierung an die Hand genommen hat. Wie gedenkt der Bundesrat, dem Willen des Parlaments Folge zu leisten?</p><p>2. Aus welchem Grund folgt der Bundesrat in Bezug auf die Ratifizierung des TPNW nicht seinem Credo "Aussenpolitik ist Innenpolitik", wie er dies bei seiner Positionierung zum Migrationspakt getan hat, zumal beim TPNW das Parlament klar Stellung bezogen hat und die Bevölkerung dem Vertrag mehrheitlich positiv gegenübersteht?</p><p>3. Unterscheidet sich die Neutralität der Schweiz so stark von der Neutralität anderer neutraler Staaten wie Irland oder Österreich, dass dies zur Folge hat, dass sie sich von den Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts wie die Beseitigung von Massenvernichtungswaffen, auf die das IKRK uns immer wieder hinweist, entfernt? </p><p>4. Welche Schritte haben die verwaltungsinternen Fachleute zur Klärung der seit Juni 2018 offenen Fragen unternommen?</p><p>5. Der Bundesrat beabsichtigt, externe Fachleute aus dem Ausland beizuziehen, um die politische Positionierung der Schweiz zu erarbeiten. Soll die humanitäre, neutrale und unabhängige Vision der Schweiz in Bezug auf die nukleare Abrüstung auf der Meinung einiger ausländischer Fachleute abstützen? Wären ein Entscheid unseres Parlaments sowie die Ressourcen und das Wissen unserer Diplomatie und unserer Verwaltung, namentlich im Bereich der Abrüstung, als Grundlage nicht angebrachter?</p><p>6. Wie erklärt der Bundesrat die Haltung der Schweiz in Bezug auf die nukleare Abrüstung auf internationaler Ebene? Denn diese hat in den letzten drei Jahren um 180 Grad gedreht, d. h. die Schweiz ist von einer aktiven Befürworterin der nuklearen Abrüstung zu einem Land geworden, das die Haltung der fünf offiziellen Atommächte unterstützt, was in komplettem Widerspruch zum Willen unserer beiden Parlamentskammern steht.</p><p>7. Ist die Tatsache, dass der Bundesrat dieses Geschäft vor sich hinschiebt, so zu deuten, dass es die Meinung vertritt, dass die Schweiz zur Wahrung der Sicherheit auf die Nuklearwaffen der Nato-Mitgliedländer angewiesen ist?</p>
    • Vertrag der UNO über das Verbot von Kernwaffen. Gedenkt der Bundesrat, dem Willen des Parlamentes Folge zu leisten?

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