Selbstversorgung der Schweiz und ihre Pflichtlager

ShortId
20.4585
Id
20204585
Updated
28.07.2023 00:54
Language
de
Title
Selbstversorgung der Schweiz und ihre Pflichtlager
AdditionalIndexing
2846;09;55;2841;15
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die Nahrungsmittelversorgung der Schweiz basiert auf drei Säulen: inländische Produktion (die aktuell etwa die Hälfte der Energie liefert), internationaler Handel (mehrheitlich aus den Nachbarländern) und Lagerbewirtschaftung. Neben den freien Vorräten, welche die saisonalen und jährlichen Schwankungen der inländischen Produktion auffangen, bestehen Pflichtlager an Grundnahrungsmitteln, im Umfang von rund viereinhalb Monaten Normalverbrauch, auf die in schweren Mangellagen zurückgegriffen werden kann. Basierend auf der Gefährdungsanalyse 2017 und der strategischen Ausrichtung 2018 hat die wirtschaftliche Landesversorgung eine Überprüfung der Pflichtlagerhaltung durchgeführt, mit dem Ziel, dass mit der Bevorratung, unterstützt durch zusätzliche, nachfragelenkende Massnahmen, ein Importausfall von bis zu einem Jahr zu bewältigen sein sollte.</p><p>Die Corona-Krise hat gezeigt, dass der Nahrungsmittelmarkt eine hohe Resilienz aufweist. Es ist seit Beginn der Corona-Krise zu keinem Zeitpunkt zu einer Mangellage bezüglich Nahrungsmittel gekommen. Auch die internationalen Agrarhandelsmärkte blieben während dieser Krise dank weltweit gutem Angebot stabil und es ist mittelfristig gemäss den Einschätzungen der internationalen Organisationen FAO und OECD bei gegebenen hohen Unsicherheiten mit tendenziell leicht sinkenden Preisen für die Agrarhandelsgüter zu rechnen.</p><p>1. Die Inlandproduktion bleibt für den Bundesrat ein zentraler Pfeiler in der Versorgungspolitik (Antwort des Bundesrates auf die Interpellation <a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20203296">20.3296</a> Haab "Lebensmittelversorgung in Krisenzeiten"). Die Nutzung des Kulturlandes richtet sich dabei in erster Linie nach den Absatzmöglichkeiten. Flächenausdehnungen gehen zu Lasten anderer Nutzungen und ziehen meist Importverlagerungen zu anderen Nahrungs- und/oder Futtermitteln nach sich. Pflichtlagererhöhungen bedingen keine Ausdehnung der Inlandproduktion, da auch Waren wie Hartweizen oder Reis an Pflichtlager liegen, die nur in geringem Mass im Inland erzeugt werden.</p><p>2. In seiner Antwort auf die Interpellation <a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20204161">20.4161</a> Thorens Goumaz "Agrarpolitik 2022 plus, wie lassen sich die ökologischen Massnahmen vereinbaren mit einem guten Ertragsniveau in der Landwirtschaft und einem hohen Selbstversorgungsgrad bei den Lebensmitteln?" hat sich der Bundesrat umfassend zum Selbstversorgungsgrad geäussert. Der Bundesrat orientiert sich am Konzept der Ernährungssicherheit gemäss Art. 104a BV. Ein maximaler Selbstversorgungsgrad in Normalzeiten ist kein guter Indikator für die Versorgungssicherheit.</p><p>3. Überangebote auf den Warenmärkten führen zu Preisdruck und suboptimaler Nutzung der beschränkten Ressourcen. Es wäre vermessen, mit einer staatlichen Preis- und Abnahmegarantie eine effizientere Land- und Ernährungswirtschaft herbeiführen zu wollen, weshalb der Bundesrat keine produktionslenkenden Markteingriffe erwägt.</p><p>Mit der Pflichtlagerhaltung wird hingegen der Importabhängigkeit bei bestimmten Waren wie z.B. den pflanzlichen Fetten und Ölen Rechnung getragen.</p><p>4. Eine Aufstockung von Pflichtlagern ist nicht an die inländische Ernte gekoppelt, jedoch würde ein namhafter Aufbau mehrere Jahre in Anspruch nehmen.</p><p>5. Pflanzenzüchtung und Vermehrung unterliegen einer kontinuierlichen Weiterentwicklung. Für einen Teil der Versorgung z.B. für Ölsaaten und Zuckerrüben ist die Schweiz auf Importe angewiesen. Aus diesem Grund wurde auch das Saatgut hinsichtlich einer Pflichtlagerhaltung überprüft. Dabei müssen neben Auslandsabhängigkeit und Versorgungsrisiko auch Kriterien wie die Lagerfähigkeit in die Beurteilung einbezogen werden. Es hat sich gezeigt, dass die Versorgung des Landes mit Getreidesaatgut durch die einheimische Produktion gewährleistet werden kann, für Zuckerrüben und Kartoffeln aber die Lagerfähigkeit nicht gegeben ist. Für Rapssaatgut wird eine Pflichtlagerhaltung geprüft, um der hohen Auslandabhängigkeit Rechnung zu tragen.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Wegen schrumpfender Anbaufläche (ökologische Kompensation, Landschaftsschutz usw.) und sinkender Produktivität (biologischer Anbau, Verbot von Pestiziden usw.) wird der Selbstversorgungsgrad der Schweiz immer kleiner. Die Abhängigkeit vom Ausland für Nahrungsmittel wächst mit den folgenden negativen Folgen:</p><p>- Die importierten Rohstoffe fehlen bei den Völkern, die regelmässig Hungersnöte erleben. Die Qualität der Rohstoffe ist nicht mehr gewährleistet, weil es weit weg produziert wurde.</p><p>- Die Transport- und ökologischen Kosten steigen.</p><p>Mit den heute steigenden Weltpreisen für Rohstoffe (Weizen, Reis, usw.) und dem knappen Angebot aufgrund des Klimawandels (Dürre) werden diese Effekte noch verschärft. Hinzu kommen die Auswirkungen der COVID19-Krise: Fehlende Arbeitskräfte für die Ernte, Versagens der Versorgungskette bis zum Verbrauchermarkt. Ein kleiner Selbstversorgungsgrad ist für die Unabhängigkeit der Schweiz gefährlich. Da die Schweiz keinen direkten Zugang zum Meer hat, kann sie unter Druck geraten, falls die Nachbarländer ihre Grenzen schliessen. Dies haben wir im Frühling mit der Corona-Krise erlebt.</p><p>Würden wir gleichzeitig dazu noch einen Ernteausfall in der Schweiz erleben, hätten wir definitiv ein Problem. Eine Kumulation von negativen Umständen könnte unweigerlich zu einem Ernstfall führen, doch dann würden unsere Pflichtlager mit dem heutigen Bestand nicht ausreichen. Pflichtlager mit dem Versorgungszeitraum von einem Jahr kosten nicht viel. Zudem bestehen bereits alle Infrastrukturen (z.B. Kornsilos, sie stehen einfach noch leer).</p><p>Gerne ersuche ich den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:</p><p>1. Ist der Bundesrat auch der Meinung, dass unter diesen Umständen die Anbauflächen der Schweiz ausgedehnt werden müssten, um die Pflichtlager zu erhöhen und so die Reserve von vier Monaten wieder auf ein Jahr zu erhöhen, wie dies vor einigen Jahren noch der Fall war?</p><p>2. Was wäre ein heutiger und zukünftig angemessener Selbstversorgungsgrad der Schweiz und wie liesse sich dieser erhöhen?</p><p>3. Welche Produkte sollten in grösserer Menge produziert und gelagert werden?</p><p>4. Die Ernte 2021 ist wohl schon geplant oder bereits gepflanzt. Inwiefern liesse sich bewerkstelligen, für die Ernte 2022 die Pflichtlager aufzustocken?</p><p>5. Inwiefern ist die Schweiz von Grosskonzernen in Bezug Saatgut abhängig? Wie könnte dies vermieden oder mindestens minimiert werden?</p>
  • Selbstversorgung der Schweiz und ihre Pflichtlager
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die Nahrungsmittelversorgung der Schweiz basiert auf drei Säulen: inländische Produktion (die aktuell etwa die Hälfte der Energie liefert), internationaler Handel (mehrheitlich aus den Nachbarländern) und Lagerbewirtschaftung. Neben den freien Vorräten, welche die saisonalen und jährlichen Schwankungen der inländischen Produktion auffangen, bestehen Pflichtlager an Grundnahrungsmitteln, im Umfang von rund viereinhalb Monaten Normalverbrauch, auf die in schweren Mangellagen zurückgegriffen werden kann. Basierend auf der Gefährdungsanalyse 2017 und der strategischen Ausrichtung 2018 hat die wirtschaftliche Landesversorgung eine Überprüfung der Pflichtlagerhaltung durchgeführt, mit dem Ziel, dass mit der Bevorratung, unterstützt durch zusätzliche, nachfragelenkende Massnahmen, ein Importausfall von bis zu einem Jahr zu bewältigen sein sollte.</p><p>Die Corona-Krise hat gezeigt, dass der Nahrungsmittelmarkt eine hohe Resilienz aufweist. Es ist seit Beginn der Corona-Krise zu keinem Zeitpunkt zu einer Mangellage bezüglich Nahrungsmittel gekommen. Auch die internationalen Agrarhandelsmärkte blieben während dieser Krise dank weltweit gutem Angebot stabil und es ist mittelfristig gemäss den Einschätzungen der internationalen Organisationen FAO und OECD bei gegebenen hohen Unsicherheiten mit tendenziell leicht sinkenden Preisen für die Agrarhandelsgüter zu rechnen.</p><p>1. Die Inlandproduktion bleibt für den Bundesrat ein zentraler Pfeiler in der Versorgungspolitik (Antwort des Bundesrates auf die Interpellation <a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20203296">20.3296</a> Haab "Lebensmittelversorgung in Krisenzeiten"). Die Nutzung des Kulturlandes richtet sich dabei in erster Linie nach den Absatzmöglichkeiten. Flächenausdehnungen gehen zu Lasten anderer Nutzungen und ziehen meist Importverlagerungen zu anderen Nahrungs- und/oder Futtermitteln nach sich. Pflichtlagererhöhungen bedingen keine Ausdehnung der Inlandproduktion, da auch Waren wie Hartweizen oder Reis an Pflichtlager liegen, die nur in geringem Mass im Inland erzeugt werden.</p><p>2. In seiner Antwort auf die Interpellation <a href="https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20204161">20.4161</a> Thorens Goumaz "Agrarpolitik 2022 plus, wie lassen sich die ökologischen Massnahmen vereinbaren mit einem guten Ertragsniveau in der Landwirtschaft und einem hohen Selbstversorgungsgrad bei den Lebensmitteln?" hat sich der Bundesrat umfassend zum Selbstversorgungsgrad geäussert. Der Bundesrat orientiert sich am Konzept der Ernährungssicherheit gemäss Art. 104a BV. Ein maximaler Selbstversorgungsgrad in Normalzeiten ist kein guter Indikator für die Versorgungssicherheit.</p><p>3. Überangebote auf den Warenmärkten führen zu Preisdruck und suboptimaler Nutzung der beschränkten Ressourcen. Es wäre vermessen, mit einer staatlichen Preis- und Abnahmegarantie eine effizientere Land- und Ernährungswirtschaft herbeiführen zu wollen, weshalb der Bundesrat keine produktionslenkenden Markteingriffe erwägt.</p><p>Mit der Pflichtlagerhaltung wird hingegen der Importabhängigkeit bei bestimmten Waren wie z.B. den pflanzlichen Fetten und Ölen Rechnung getragen.</p><p>4. Eine Aufstockung von Pflichtlagern ist nicht an die inländische Ernte gekoppelt, jedoch würde ein namhafter Aufbau mehrere Jahre in Anspruch nehmen.</p><p>5. Pflanzenzüchtung und Vermehrung unterliegen einer kontinuierlichen Weiterentwicklung. Für einen Teil der Versorgung z.B. für Ölsaaten und Zuckerrüben ist die Schweiz auf Importe angewiesen. Aus diesem Grund wurde auch das Saatgut hinsichtlich einer Pflichtlagerhaltung überprüft. Dabei müssen neben Auslandsabhängigkeit und Versorgungsrisiko auch Kriterien wie die Lagerfähigkeit in die Beurteilung einbezogen werden. Es hat sich gezeigt, dass die Versorgung des Landes mit Getreidesaatgut durch die einheimische Produktion gewährleistet werden kann, für Zuckerrüben und Kartoffeln aber die Lagerfähigkeit nicht gegeben ist. Für Rapssaatgut wird eine Pflichtlagerhaltung geprüft, um der hohen Auslandabhängigkeit Rechnung zu tragen.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Wegen schrumpfender Anbaufläche (ökologische Kompensation, Landschaftsschutz usw.) und sinkender Produktivität (biologischer Anbau, Verbot von Pestiziden usw.) wird der Selbstversorgungsgrad der Schweiz immer kleiner. Die Abhängigkeit vom Ausland für Nahrungsmittel wächst mit den folgenden negativen Folgen:</p><p>- Die importierten Rohstoffe fehlen bei den Völkern, die regelmässig Hungersnöte erleben. Die Qualität der Rohstoffe ist nicht mehr gewährleistet, weil es weit weg produziert wurde.</p><p>- Die Transport- und ökologischen Kosten steigen.</p><p>Mit den heute steigenden Weltpreisen für Rohstoffe (Weizen, Reis, usw.) und dem knappen Angebot aufgrund des Klimawandels (Dürre) werden diese Effekte noch verschärft. Hinzu kommen die Auswirkungen der COVID19-Krise: Fehlende Arbeitskräfte für die Ernte, Versagens der Versorgungskette bis zum Verbrauchermarkt. Ein kleiner Selbstversorgungsgrad ist für die Unabhängigkeit der Schweiz gefährlich. Da die Schweiz keinen direkten Zugang zum Meer hat, kann sie unter Druck geraten, falls die Nachbarländer ihre Grenzen schliessen. Dies haben wir im Frühling mit der Corona-Krise erlebt.</p><p>Würden wir gleichzeitig dazu noch einen Ernteausfall in der Schweiz erleben, hätten wir definitiv ein Problem. Eine Kumulation von negativen Umständen könnte unweigerlich zu einem Ernstfall führen, doch dann würden unsere Pflichtlager mit dem heutigen Bestand nicht ausreichen. Pflichtlager mit dem Versorgungszeitraum von einem Jahr kosten nicht viel. Zudem bestehen bereits alle Infrastrukturen (z.B. Kornsilos, sie stehen einfach noch leer).</p><p>Gerne ersuche ich den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:</p><p>1. Ist der Bundesrat auch der Meinung, dass unter diesen Umständen die Anbauflächen der Schweiz ausgedehnt werden müssten, um die Pflichtlager zu erhöhen und so die Reserve von vier Monaten wieder auf ein Jahr zu erhöhen, wie dies vor einigen Jahren noch der Fall war?</p><p>2. Was wäre ein heutiger und zukünftig angemessener Selbstversorgungsgrad der Schweiz und wie liesse sich dieser erhöhen?</p><p>3. Welche Produkte sollten in grösserer Menge produziert und gelagert werden?</p><p>4. Die Ernte 2021 ist wohl schon geplant oder bereits gepflanzt. Inwiefern liesse sich bewerkstelligen, für die Ernte 2022 die Pflichtlager aufzustocken?</p><p>5. Inwiefern ist die Schweiz von Grosskonzernen in Bezug Saatgut abhängig? Wie könnte dies vermieden oder mindestens minimiert werden?</p>
    • Selbstversorgung der Schweiz und ihre Pflichtlager

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