Sans-Papiers. Für eine kohärente Praxis bei illegalen Einwanderern

ShortId
20.4626
Id
20204626
Updated
28.07.2023 01:00
Language
de
Title
Sans-Papiers. Für eine kohärente Praxis bei illegalen Einwanderern
AdditionalIndexing
2811;44;2836;2841;1216
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Personen ohne geregelten Aufenthaltsstatus in der Schweiz dürften sich von Gesetzes wegen nicht dauerhaft in der Schweiz aufhalten. Dennoch werden ihnen in Sozialversicherungen mindestens teilweise die gleichen Rechte gewährt (AHV, Krankenversicherung und Prämienverbilligung) wie Schweizern und Personen mit geregeltem Aufenthaltsstatus. Das ist ein Widerspruch, der gelöst werden muss. Er schafft auch eine Ungerechtigkeit gegenüber registrierten Ausländern ohne Bleiberecht, welche unser Land verlassen müssen.</p><p>Gemäss einer Studie des Staatssekretariats für Migration sollen 90 Prozent der illegalen Einwanderer erwerbstätig sein. Das heisst, sie dürften von Arbeitgebern in der Schweiz mehrheitlich schwarz angestellt sein. Regelmässig werden gleichlautende parlamentarische Vorstösse zur Thematik der illegalen Einwanderer in den genannten Bereichen eingereicht, welche bisher unbefriedigend beantwortet wurden. Eine Gesamtschau mit Lösungsansätzen ist daher notwendig.</p><p>Die Motion greift das Kernanliegen der zurückgezogenen Motion der SGK-N 18.3005 sowie der Motion der SVP-Fraktion 18.3421, die - weil nicht innert zwei Jahren behandelt - abgeschrieben wurde, wieder auf. </p><p>Gleichzeitig wird der Bundesrat aufgefordert den Bericht zum im Juni 2018 vom Nationalrat überwiesenen Postulat der SPK-N 18.3381 vorzulegen.</p>
  • <p>Zu diesen Anliegen hat sich der Bundesrat bereits im Rahmen von zwei parlamentarischen Vorstössen geäussert (siehe Stellungnahme vom 22. August 2018 zur Motion 18.3421 der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei "Für eine kohärente Praxis bei illegalen Einwanderern (Sans-Papiers)" vom 30. Mai 2018, die am 19. Juni 2020 abgeschrieben wurde, sowie Stellungnahme vom 4. November 2020 zur Motion 20.3987 der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei vom 14. September 2020 "Für eine kohärente Praxis bei illegalen Einwanderern (Sans-Papiers)", noch nicht behandelt). Der Bundesrat ist zur Auffassung gelangt, dass kein Handlungsbedarf im Sinn dieser Motionen besteht. In seinem Bericht vom 21. Dezember 2020 in Erfüllung des Postulats 18.3381 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates (SPK-N) "Gesamthafte Prüfung der Problematik der Sans-Papiers" hat er seinen Standpunkt präzisiert:</p><p>1. Ein genereller Ausschluss der Sans-Papiers von der Sozialversicherungspflicht würde der Bundesverfassung (Art. 41 Abs. 2) widersprechen und gegen völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz verstossen (namentlich den UNO-Pakt I und die Kinderrechtskonvention). Er wäre auch im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention problematisch. Eine solche Regelung hätte zudem zusätzliche Aufwendungen für die Kantone und Gemeinden zur Folge, die namentlich die Kosten für die Gesundheitsversorgung im Rahmen der Nothilfe übernehmen müssten. Sie würde auch dem heutigen Sozialversicherungssystem widersprechen, da eine Beschäftigung von Sans-Papiers für die Arbeitgebenden attraktiver würde. Sie müssten für Sans-Papiers im Gegensatz zu den rechtmässig anwesenden Arbeitnehmenden keine Sozialabgaben mehr entrichten.</p><p>2. Die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit enthalten geeignete Instrumente, um gegen eine rechtswidrige Erwerbstätigkeit oder die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne ausländerrechtliche Bewilligung vorzugehen. Die ausländerrechtlichen Sanktionen wurden mit dem Inkrafttreten des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG, SR 142.20) am 1. Januar 2008 erheblich verschärft. Mit der Teilrevision des Bundesgesetzes gegen die Schwarzarbeit (BGSA, SR 822.41) am 1. Januar 2018 haben die zuständigen kantonalen Kontrollorgane zudem wirksamere Instrumente zur Bekämpfung der Schwarzarbeit erhalten. Der Bundesrat erachtet die geltende Regelung als angemessen. Eine weitere Verschärfung der ausländerrechtlichen Bestimmungen wäre nicht verhältnismässig.</p><p>3. Trotz der möglichen Ziel- und Interessenkonflikte zwischen den beteiligten Behörden ist die bestehende Regelung des Datenaustauschs angemessen. Bei den Beratungen zur Teilrevision des BGSA im Jahr 2018 wollte das Parlament nicht über den heute vorgesehenen Datenaustausch hinausgehen. Der obligatorische Schulbesuch liegt zudem im Interesse aller Kinder. Die Einführung einer Meldepflicht für Schulen würde dem entgegenstehen, da Sans-Papiers auf den Schulbesuch ihrer Kinder verzichten könnten. Der Bundesrat erachtet eine solche Meldung nicht als angebracht, zumal das Problem des rechtswidrigen Aufenthalts damit nicht gelöst würde. Alle in der Schweiz lebenden Kinder haben einen verfassungsmässigen Anspruch auf den Grundschulunterricht.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, im Sinne einer kohärenten Praxis bei illegalen Einwanderern (Sans-Papiers), Massnahmen und Gesetzesanpassungen namentlich in folgenden Bereichen vorzuschlagen:</p><p>1. Rechtsansprüche auf und aus Sozialversicherungen (namentlich AHV und Krankenversicherung) sind auf Personen mit geregeltem Aufenthaltsstatus zu beschränken. Vorbehalten bleiben Sozialversicherungsabkommen.</p><p>2. Verschärfung der Strafnormen für Arbeitgeber von illegalen Einwanderern, deren Arbeitsvermittler und Vermieter von Mietobjekten.</p><p>3. Sicherstellung des Datenaustausches zwischen staatlichen Stellen betreffend Personen ohne geregelten Aufenthaltsstatus (bspw. für Schulbesuche und individuelle Förderung).</p>
  • Sans-Papiers. Für eine kohärente Praxis bei illegalen Einwanderern
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Personen ohne geregelten Aufenthaltsstatus in der Schweiz dürften sich von Gesetzes wegen nicht dauerhaft in der Schweiz aufhalten. Dennoch werden ihnen in Sozialversicherungen mindestens teilweise die gleichen Rechte gewährt (AHV, Krankenversicherung und Prämienverbilligung) wie Schweizern und Personen mit geregeltem Aufenthaltsstatus. Das ist ein Widerspruch, der gelöst werden muss. Er schafft auch eine Ungerechtigkeit gegenüber registrierten Ausländern ohne Bleiberecht, welche unser Land verlassen müssen.</p><p>Gemäss einer Studie des Staatssekretariats für Migration sollen 90 Prozent der illegalen Einwanderer erwerbstätig sein. Das heisst, sie dürften von Arbeitgebern in der Schweiz mehrheitlich schwarz angestellt sein. Regelmässig werden gleichlautende parlamentarische Vorstösse zur Thematik der illegalen Einwanderer in den genannten Bereichen eingereicht, welche bisher unbefriedigend beantwortet wurden. Eine Gesamtschau mit Lösungsansätzen ist daher notwendig.</p><p>Die Motion greift das Kernanliegen der zurückgezogenen Motion der SGK-N 18.3005 sowie der Motion der SVP-Fraktion 18.3421, die - weil nicht innert zwei Jahren behandelt - abgeschrieben wurde, wieder auf. </p><p>Gleichzeitig wird der Bundesrat aufgefordert den Bericht zum im Juni 2018 vom Nationalrat überwiesenen Postulat der SPK-N 18.3381 vorzulegen.</p>
    • <p>Zu diesen Anliegen hat sich der Bundesrat bereits im Rahmen von zwei parlamentarischen Vorstössen geäussert (siehe Stellungnahme vom 22. August 2018 zur Motion 18.3421 der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei "Für eine kohärente Praxis bei illegalen Einwanderern (Sans-Papiers)" vom 30. Mai 2018, die am 19. Juni 2020 abgeschrieben wurde, sowie Stellungnahme vom 4. November 2020 zur Motion 20.3987 der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei vom 14. September 2020 "Für eine kohärente Praxis bei illegalen Einwanderern (Sans-Papiers)", noch nicht behandelt). Der Bundesrat ist zur Auffassung gelangt, dass kein Handlungsbedarf im Sinn dieser Motionen besteht. In seinem Bericht vom 21. Dezember 2020 in Erfüllung des Postulats 18.3381 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates (SPK-N) "Gesamthafte Prüfung der Problematik der Sans-Papiers" hat er seinen Standpunkt präzisiert:</p><p>1. Ein genereller Ausschluss der Sans-Papiers von der Sozialversicherungspflicht würde der Bundesverfassung (Art. 41 Abs. 2) widersprechen und gegen völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz verstossen (namentlich den UNO-Pakt I und die Kinderrechtskonvention). Er wäre auch im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention problematisch. Eine solche Regelung hätte zudem zusätzliche Aufwendungen für die Kantone und Gemeinden zur Folge, die namentlich die Kosten für die Gesundheitsversorgung im Rahmen der Nothilfe übernehmen müssten. Sie würde auch dem heutigen Sozialversicherungssystem widersprechen, da eine Beschäftigung von Sans-Papiers für die Arbeitgebenden attraktiver würde. Sie müssten für Sans-Papiers im Gegensatz zu den rechtmässig anwesenden Arbeitnehmenden keine Sozialabgaben mehr entrichten.</p><p>2. Die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit enthalten geeignete Instrumente, um gegen eine rechtswidrige Erwerbstätigkeit oder die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne ausländerrechtliche Bewilligung vorzugehen. Die ausländerrechtlichen Sanktionen wurden mit dem Inkrafttreten des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG, SR 142.20) am 1. Januar 2008 erheblich verschärft. Mit der Teilrevision des Bundesgesetzes gegen die Schwarzarbeit (BGSA, SR 822.41) am 1. Januar 2018 haben die zuständigen kantonalen Kontrollorgane zudem wirksamere Instrumente zur Bekämpfung der Schwarzarbeit erhalten. Der Bundesrat erachtet die geltende Regelung als angemessen. Eine weitere Verschärfung der ausländerrechtlichen Bestimmungen wäre nicht verhältnismässig.</p><p>3. Trotz der möglichen Ziel- und Interessenkonflikte zwischen den beteiligten Behörden ist die bestehende Regelung des Datenaustauschs angemessen. Bei den Beratungen zur Teilrevision des BGSA im Jahr 2018 wollte das Parlament nicht über den heute vorgesehenen Datenaustausch hinausgehen. Der obligatorische Schulbesuch liegt zudem im Interesse aller Kinder. Die Einführung einer Meldepflicht für Schulen würde dem entgegenstehen, da Sans-Papiers auf den Schulbesuch ihrer Kinder verzichten könnten. Der Bundesrat erachtet eine solche Meldung nicht als angebracht, zumal das Problem des rechtswidrigen Aufenthalts damit nicht gelöst würde. Alle in der Schweiz lebenden Kinder haben einen verfassungsmässigen Anspruch auf den Grundschulunterricht.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, im Sinne einer kohärenten Praxis bei illegalen Einwanderern (Sans-Papiers), Massnahmen und Gesetzesanpassungen namentlich in folgenden Bereichen vorzuschlagen:</p><p>1. Rechtsansprüche auf und aus Sozialversicherungen (namentlich AHV und Krankenversicherung) sind auf Personen mit geregeltem Aufenthaltsstatus zu beschränken. Vorbehalten bleiben Sozialversicherungsabkommen.</p><p>2. Verschärfung der Strafnormen für Arbeitgeber von illegalen Einwanderern, deren Arbeitsvermittler und Vermieter von Mietobjekten.</p><p>3. Sicherstellung des Datenaustausches zwischen staatlichen Stellen betreffend Personen ohne geregelten Aufenthaltsstatus (bspw. für Schulbesuche und individuelle Förderung).</p>
    • Sans-Papiers. Für eine kohärente Praxis bei illegalen Einwanderern

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