Unisex-WC. Abbau von Überregulierung für KMU auch am stillen Örtchen

ShortId
20.4639
Id
20204639
Updated
28.07.2023 00:56
Language
de
Title
Unisex-WC. Abbau von Überregulierung für KMU auch am stillen Örtchen
AdditionalIndexing
28;44;15
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Unisex-Toiletten im öffentlichen Raum sind in vielen Ländern, vor allem in Schweden und England, bereits weit verbreitet. Mit geschlechtsneutralen Toiletten-Anlagen geraten z. B. intersexuelle Personen und Eltern mit ihren gegengeschlechtlichen Kindern nicht in ein Dilemma, welche Toilette sie nun benützen müssen. Auch einzelne Gastrobetriebe in den Kantonen Zürich und Luzern verzichten auf geschlechtergetrennte Anlagen. Ein optimal gestaltetes Beispiel ist das Restaurant "Anker" in Luzern. Diese Anlage schützt durch ihre Einsichtigkeit und Zugänglichkeit sogar besser vor sexueller Belästigung als herkömmliche getrennte WC-Anlagen. </p><p>Eine Liberalisierung für Unisex-WC-Anlagen würde für sämtliche KMU nur Vorteile bieten. Heute müssen gemäss Verordnung zwei komplett getrennte Toilettenanlagen für Frauen und Männer vorhanden sein. Dies ist für kleinere und mittlere Betriebe oftmals eine logistische sowieso finanzielle Herausforderung. Es wäre zeitgemässer vorzuschreiben, dass die Betriebe eine entsprechende Vorrichtung zur Verfügung stellen müssen, welche die Privatsphäre nutzungsgerecht garantiert. Es sollte der unternehmerischen Freiheit überlassen werden, selbst zu definieren, wie dies erfolgen kann. Zum Beispiel ist ein "stilles Örtchen" mit einer abschliessbaren Tür bereits zweckdienlich. Dann spielt es auch keine Rolle, ob die Person, die sich zuvor und danach dort aufhält, Mann oder Frau ist. Die Wegleitung des Seco zu Artikel 29 ArGV 3 nimmt zwar bereits heute Rücksicht auf Kleinst- und Klein-Betriebe, um diese vor kostspieligen Einrichtungen zu verschonen. Dies stellt jedoch für mittelständige Unternehmen mit mehr als 10 Personen eine ungerechtfertigte Benachteiligung dar.</p>
  • <p>Das mit der Motion deponierte Anliegen ist in unserem föderalen System auf verschiedenen Staatsebenen geregelt. Die Vergleiche mit dem Ausland und die Beispiele betreffend Eltern mit gegengeschlechtlichen Kindern, Kundinnen und Kunden von Restaurants betreffen den öffentlichen Raum und werden nicht durch bundesgesetzliche Normen geregelt.</p><p>Für den öffentlichen Raum regeln kantonale Gesetze, ab welcher Personenzahl wie viele Toiletten vorzusehen sind. Wie in der Motion festgehalten, können Kantone bereits heute die Voraussetzungen an die WC-Einrichtungen für den öffentlichen Bereich gemäss dem Anliegen der Motion festlegen, weshalb es der Bundesrat als nicht zielführend erachtet, in die Autonomie der Kantone einzugreifen.</p><p>Das einzige Bundesgesetz, welches Normen zum Thema enthält, ist das Arbeitsgesetz (ArG; SR 822.11), respektive dessen Verordnung 3 (ArGV 3; SR 822.113). Letztere regelt die Anforderungen an Garderoben, Waschanalgen und Toiletten in der Arbeitswelt (Art. 29 ff. ArGV 3). Gemäss Artikel 29 Absatz 3 ArGV 3 sind "für Frauen und Männer (...) getrennte (...) Toiletten oder zumindest eine getrennte Nutzung dieser Einrichtung vorzusehen".</p><p>Das Arbeitsgesetz regelt diese Bedingungen für die Arbeitswelt unter anderem darum, weil die Arbeitnehmerinnen und -nehmer keine Wahl haben, wo sie ihre Arbeitskleider wechseln oder wo sie auf die Toilette gehen können. Dies im Gegensatz zu den Orten im öffentlichen Raum (z. B. Restaurants, Läden). Argumente für geschlechtergetrennte Anlagen am Arbeitsplatz sind die Vermeidung von psychosozialen Risiken wie sexuelle Belästigung und das Unwohlsein durch die Präsenz des andern Geschlechts. Das Dilemma von Eltern mit ihren gegengeschlechtlichen Kindern ist am Arbeitsplatz nicht gegeben.</p><p>Die Praxis legt bereits Art. 29 ArGV 3 nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit aus und erspart kleinen Unternehmen teure Anlagen. Der Kommentar des SECO zu Art. 29 ArGV 3 sieht dabei vor, dass Unternehmen mit bis zu zehn Arbeitnehmenden unter bestimmten Voraussetzungen einfach eine abwechselnde Nutzung derselben Einrichtungen vorsehen können. Die Schaffung einer zusätzlichen Ausnahme wird deshalb nicht als notwendig erachtet.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die nötigen Massnahmen zu treffen und die Verordnung zum Arbeitsgesetz so zu ändern, dass Toiletten nicht nur getrennt vorzusehen sind. Unisex-Toilettenanlagen sollen in jedem Falle erlaubt sein. Fehlen dazu die gesetzlichen Grundlagen, sind diese der Bundesversammlung zu unterbreiten.</p>
  • Unisex-WC. Abbau von Überregulierung für KMU auch am stillen Örtchen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Unisex-Toiletten im öffentlichen Raum sind in vielen Ländern, vor allem in Schweden und England, bereits weit verbreitet. Mit geschlechtsneutralen Toiletten-Anlagen geraten z. B. intersexuelle Personen und Eltern mit ihren gegengeschlechtlichen Kindern nicht in ein Dilemma, welche Toilette sie nun benützen müssen. Auch einzelne Gastrobetriebe in den Kantonen Zürich und Luzern verzichten auf geschlechtergetrennte Anlagen. Ein optimal gestaltetes Beispiel ist das Restaurant "Anker" in Luzern. Diese Anlage schützt durch ihre Einsichtigkeit und Zugänglichkeit sogar besser vor sexueller Belästigung als herkömmliche getrennte WC-Anlagen. </p><p>Eine Liberalisierung für Unisex-WC-Anlagen würde für sämtliche KMU nur Vorteile bieten. Heute müssen gemäss Verordnung zwei komplett getrennte Toilettenanlagen für Frauen und Männer vorhanden sein. Dies ist für kleinere und mittlere Betriebe oftmals eine logistische sowieso finanzielle Herausforderung. Es wäre zeitgemässer vorzuschreiben, dass die Betriebe eine entsprechende Vorrichtung zur Verfügung stellen müssen, welche die Privatsphäre nutzungsgerecht garantiert. Es sollte der unternehmerischen Freiheit überlassen werden, selbst zu definieren, wie dies erfolgen kann. Zum Beispiel ist ein "stilles Örtchen" mit einer abschliessbaren Tür bereits zweckdienlich. Dann spielt es auch keine Rolle, ob die Person, die sich zuvor und danach dort aufhält, Mann oder Frau ist. Die Wegleitung des Seco zu Artikel 29 ArGV 3 nimmt zwar bereits heute Rücksicht auf Kleinst- und Klein-Betriebe, um diese vor kostspieligen Einrichtungen zu verschonen. Dies stellt jedoch für mittelständige Unternehmen mit mehr als 10 Personen eine ungerechtfertigte Benachteiligung dar.</p>
    • <p>Das mit der Motion deponierte Anliegen ist in unserem föderalen System auf verschiedenen Staatsebenen geregelt. Die Vergleiche mit dem Ausland und die Beispiele betreffend Eltern mit gegengeschlechtlichen Kindern, Kundinnen und Kunden von Restaurants betreffen den öffentlichen Raum und werden nicht durch bundesgesetzliche Normen geregelt.</p><p>Für den öffentlichen Raum regeln kantonale Gesetze, ab welcher Personenzahl wie viele Toiletten vorzusehen sind. Wie in der Motion festgehalten, können Kantone bereits heute die Voraussetzungen an die WC-Einrichtungen für den öffentlichen Bereich gemäss dem Anliegen der Motion festlegen, weshalb es der Bundesrat als nicht zielführend erachtet, in die Autonomie der Kantone einzugreifen.</p><p>Das einzige Bundesgesetz, welches Normen zum Thema enthält, ist das Arbeitsgesetz (ArG; SR 822.11), respektive dessen Verordnung 3 (ArGV 3; SR 822.113). Letztere regelt die Anforderungen an Garderoben, Waschanalgen und Toiletten in der Arbeitswelt (Art. 29 ff. ArGV 3). Gemäss Artikel 29 Absatz 3 ArGV 3 sind "für Frauen und Männer (...) getrennte (...) Toiletten oder zumindest eine getrennte Nutzung dieser Einrichtung vorzusehen".</p><p>Das Arbeitsgesetz regelt diese Bedingungen für die Arbeitswelt unter anderem darum, weil die Arbeitnehmerinnen und -nehmer keine Wahl haben, wo sie ihre Arbeitskleider wechseln oder wo sie auf die Toilette gehen können. Dies im Gegensatz zu den Orten im öffentlichen Raum (z. B. Restaurants, Läden). Argumente für geschlechtergetrennte Anlagen am Arbeitsplatz sind die Vermeidung von psychosozialen Risiken wie sexuelle Belästigung und das Unwohlsein durch die Präsenz des andern Geschlechts. Das Dilemma von Eltern mit ihren gegengeschlechtlichen Kindern ist am Arbeitsplatz nicht gegeben.</p><p>Die Praxis legt bereits Art. 29 ArGV 3 nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit aus und erspart kleinen Unternehmen teure Anlagen. Der Kommentar des SECO zu Art. 29 ArGV 3 sieht dabei vor, dass Unternehmen mit bis zu zehn Arbeitnehmenden unter bestimmten Voraussetzungen einfach eine abwechselnde Nutzung derselben Einrichtungen vorsehen können. Die Schaffung einer zusätzlichen Ausnahme wird deshalb nicht als notwendig erachtet.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die nötigen Massnahmen zu treffen und die Verordnung zum Arbeitsgesetz so zu ändern, dass Toiletten nicht nur getrennt vorzusehen sind. Unisex-Toilettenanlagen sollen in jedem Falle erlaubt sein. Fehlen dazu die gesetzlichen Grundlagen, sind diese der Bundesversammlung zu unterbreiten.</p>
    • Unisex-WC. Abbau von Überregulierung für KMU auch am stillen Örtchen

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