Covid-19-Vorhalteleistungen der Spitäler. Welche Strategie verfolgt der Bundesrat?

ShortId
20.4652
Id
20204652
Updated
28.07.2023 00:53
Language
de
Title
Covid-19-Vorhalteleistungen der Spitäler. Welche Strategie verfolgt der Bundesrat?
AdditionalIndexing
2841;24
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Um besser auf künftige Pandemien vorbereitet zu sein, müssen die vielen offenen Fragen zeitnah und sorgfältig beantwortet werden. Eine umfassende, selbstkritische und ehrliche Analyse ist dringend notwendig.</p>
  • <p>1. Der Bundesrat hat während der ausserordentlichen Lage mit dem angeordneten Behandlungsverbot seine Verantwortung auf Basis des Epidemiengesetzes (EpG; SR 818.101) wahrgenommen und eine Überlastung der Spitäler verhindert. Ebenfalls im EpG geregelt ist die Kostenübernahme des Bundes für die Versorgung der Bevölkerung mit Heilmitteln, die für die von seinen Organen angeordneten Untersuchungen (Tests), Überwachung, Quarantäne und Behandlung von Reisenden im internationalen Verkehr. Weitergehende Kostentragungspflichten des Bundes, wie beispielsweise für Vorhalteleistungen, bestehen nicht.</p><p>2. Die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung obliegt verfassungsrechtlich den Kantonen. Nach Artikel 117 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) erstreckt sich die Kompetenz des Bundes auf den Erlass von Vorschriften über die Kranken- und Unfallversicherung. Wie der Bundesrat bereits in seinen Stellungnahmen zum Postulat 19.3887 Burgherr sowie den Motionen 16.3623 SGK-S und 16.3842 Herzog Verena festgehalten hat, ist eine Regelung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen wie bspw. der Vorhalteleistungen auf Bundesebene nicht zulässig. Im Rahmen der Bundeskompetenz zur Regelung der Kranken- und Unfallversicherung wird im Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) einzig vorgesehen, dass die Vergütungen für die stationären Behandlungen keine Kostenanteile für gemeinwirtschaftliche Leistungen enthalten dürfen. Somit obliegt es grundsätzlich den Kantonen, was und in welchem Umfang sie als gemeinwirtschaftliche Leistung definieren und finanzieren. Eine Regelung auf Bundesebene ist daher nicht möglich.</p><p>3. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat in Absprache mit den betroffenen Akteuren bereits im Frühjahr ein Faktenblatt erarbeitet, um eine schweizweit einheitliche Vergütung der akut-stationären Behandlungen von Covid-19-Patienten über die bestehende Tarifstruktur SwissDRG sicherzustellen. Zudem hat die SwissDRG AG Anwendungsempfehlungen zur Tarifstruktur publiziert, damit die Behandlungen von Covid-19-Patienten in den Spitälern einheitlich und sachgerecht vergütet werden können. Die Kostenübernahme für Leistungen der OKP konnte somit geklärt werden. Betreffend Ertragsausfälle der Spitäler und Kliniken aufgrund der Zurückstellung und Verschiebung von Wahleingriffen und Behandlungen sieht die Covid-19-Verordnung 3 (SR 818.101.24) keine Entschädigung des Bundes vor. Die OKP ihrerseits kann nur Kosten von durchgeführten Behandlungen übernehmen und nicht die Kosten von nicht durchgeführten Behandlungen.</p><p>Auf der Basis des vom Parlament überwiesenen Postulats 20.3135 SGK-S "Auswirkungen der Gesundheitskosten der Pandemie auf die verschiedenen Kostenträger klären" erarbeitet das BAG zurzeit einen Bericht, welcher die finanziellen Auswirkungen der Pandemie auf die verschiedenen Kostenträger (Bund, Kantone, Versicherer und Versicherte) im Gesundheitswesen klärt.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Der Bundesrat wehrt sich kategorisch gegen eine Bundesbeteiligung an den Kosten der Vorhalteleistungen, die aufgrund seines Verbots von nicht-dringlichen Eingriffen und Behandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Lage im Frühjahr 2020 in praktisch allen Schweizer Spitälern entstanden sind. Verschiedentlich wurde auf eine Abmachung mit den Kantonen verwiesen, wonach der Bund die Kosten der Impfstoffe und der Tests übernehme, und die Kantone die Kosten, die bei den Spitälern anfielen. Der Verband der Schweizer Spitäler H+ hat diese Kosten in der Grössenordnung von insgesamt rund 2 Milliarden Franken beziffert, die Kantone in der Höhe von ungefähr 1,3 Milliarden Franken. Der viel zu späte Einbezug des direkt betroffenen Spitalsektors wurde im "Bericht zur Auswertung des Krisenmanagements in der Covid-19-Pandemie" der Bundeskanzlei explizit kritisiert.</p><p>Vor diesem Hintergrund wird der Bundesrat gebeten, die folgenden Fragen zu beantworten:</p><p>1. Wann, durch wen, und mit welchem Inhalt wurde die Abmachung zwischen Bund und Kantonen über die Deckung der Vorhaltekosten der Spitäler während der Periode der Behandlungsverbote getroffen?</p><p>2. Wie stellt er sicher, dass die stationären Leistungserbringer im überkantonalen Vergleich sowie unabhängig von ihrer öffentlichen oder privaten Trägerschaft rechtsgleich behandelt werden?</p><p>3. Weshalb hat der Bundesrat den arg geprüften Spitalsektor erst im Herbst 2020 zu Gesprächen über die Lösung der akuten Probleme eingeladen, während andere Branchen bereits während dem Lockdown unkompliziert finanzielle Unterstützung zugesichert wurde?</p>
  • Covid-19-Vorhalteleistungen der Spitäler. Welche Strategie verfolgt der Bundesrat?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Um besser auf künftige Pandemien vorbereitet zu sein, müssen die vielen offenen Fragen zeitnah und sorgfältig beantwortet werden. Eine umfassende, selbstkritische und ehrliche Analyse ist dringend notwendig.</p>
    • <p>1. Der Bundesrat hat während der ausserordentlichen Lage mit dem angeordneten Behandlungsverbot seine Verantwortung auf Basis des Epidemiengesetzes (EpG; SR 818.101) wahrgenommen und eine Überlastung der Spitäler verhindert. Ebenfalls im EpG geregelt ist die Kostenübernahme des Bundes für die Versorgung der Bevölkerung mit Heilmitteln, die für die von seinen Organen angeordneten Untersuchungen (Tests), Überwachung, Quarantäne und Behandlung von Reisenden im internationalen Verkehr. Weitergehende Kostentragungspflichten des Bundes, wie beispielsweise für Vorhalteleistungen, bestehen nicht.</p><p>2. Die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung obliegt verfassungsrechtlich den Kantonen. Nach Artikel 117 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) erstreckt sich die Kompetenz des Bundes auf den Erlass von Vorschriften über die Kranken- und Unfallversicherung. Wie der Bundesrat bereits in seinen Stellungnahmen zum Postulat 19.3887 Burgherr sowie den Motionen 16.3623 SGK-S und 16.3842 Herzog Verena festgehalten hat, ist eine Regelung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen wie bspw. der Vorhalteleistungen auf Bundesebene nicht zulässig. Im Rahmen der Bundeskompetenz zur Regelung der Kranken- und Unfallversicherung wird im Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) einzig vorgesehen, dass die Vergütungen für die stationären Behandlungen keine Kostenanteile für gemeinwirtschaftliche Leistungen enthalten dürfen. Somit obliegt es grundsätzlich den Kantonen, was und in welchem Umfang sie als gemeinwirtschaftliche Leistung definieren und finanzieren. Eine Regelung auf Bundesebene ist daher nicht möglich.</p><p>3. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat in Absprache mit den betroffenen Akteuren bereits im Frühjahr ein Faktenblatt erarbeitet, um eine schweizweit einheitliche Vergütung der akut-stationären Behandlungen von Covid-19-Patienten über die bestehende Tarifstruktur SwissDRG sicherzustellen. Zudem hat die SwissDRG AG Anwendungsempfehlungen zur Tarifstruktur publiziert, damit die Behandlungen von Covid-19-Patienten in den Spitälern einheitlich und sachgerecht vergütet werden können. Die Kostenübernahme für Leistungen der OKP konnte somit geklärt werden. Betreffend Ertragsausfälle der Spitäler und Kliniken aufgrund der Zurückstellung und Verschiebung von Wahleingriffen und Behandlungen sieht die Covid-19-Verordnung 3 (SR 818.101.24) keine Entschädigung des Bundes vor. Die OKP ihrerseits kann nur Kosten von durchgeführten Behandlungen übernehmen und nicht die Kosten von nicht durchgeführten Behandlungen.</p><p>Auf der Basis des vom Parlament überwiesenen Postulats 20.3135 SGK-S "Auswirkungen der Gesundheitskosten der Pandemie auf die verschiedenen Kostenträger klären" erarbeitet das BAG zurzeit einen Bericht, welcher die finanziellen Auswirkungen der Pandemie auf die verschiedenen Kostenträger (Bund, Kantone, Versicherer und Versicherte) im Gesundheitswesen klärt.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Der Bundesrat wehrt sich kategorisch gegen eine Bundesbeteiligung an den Kosten der Vorhalteleistungen, die aufgrund seines Verbots von nicht-dringlichen Eingriffen und Behandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Lage im Frühjahr 2020 in praktisch allen Schweizer Spitälern entstanden sind. Verschiedentlich wurde auf eine Abmachung mit den Kantonen verwiesen, wonach der Bund die Kosten der Impfstoffe und der Tests übernehme, und die Kantone die Kosten, die bei den Spitälern anfielen. Der Verband der Schweizer Spitäler H+ hat diese Kosten in der Grössenordnung von insgesamt rund 2 Milliarden Franken beziffert, die Kantone in der Höhe von ungefähr 1,3 Milliarden Franken. Der viel zu späte Einbezug des direkt betroffenen Spitalsektors wurde im "Bericht zur Auswertung des Krisenmanagements in der Covid-19-Pandemie" der Bundeskanzlei explizit kritisiert.</p><p>Vor diesem Hintergrund wird der Bundesrat gebeten, die folgenden Fragen zu beantworten:</p><p>1. Wann, durch wen, und mit welchem Inhalt wurde die Abmachung zwischen Bund und Kantonen über die Deckung der Vorhaltekosten der Spitäler während der Periode der Behandlungsverbote getroffen?</p><p>2. Wie stellt er sicher, dass die stationären Leistungserbringer im überkantonalen Vergleich sowie unabhängig von ihrer öffentlichen oder privaten Trägerschaft rechtsgleich behandelt werden?</p><p>3. Weshalb hat der Bundesrat den arg geprüften Spitalsektor erst im Herbst 2020 zu Gesprächen über die Lösung der akuten Probleme eingeladen, während andere Branchen bereits während dem Lockdown unkompliziert finanzielle Unterstützung zugesichert wurde?</p>
    • Covid-19-Vorhalteleistungen der Spitäler. Welche Strategie verfolgt der Bundesrat?

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