Ist die Post noch ein Service-public-Unternehmen?

ShortId
21.4074
Id
20214074
Updated
26.03.2024 21:45
Language
de
Title
Ist die Post noch ein Service-public-Unternehmen?
AdditionalIndexing
04;34;24
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Gleichzeitig mit der Ankündigung eines Gewinns von 247 Millionen Franken hat die Post beschlossen, per 2022 die Tarife zu erhöhen. Abgesehen von den Briefmarkenpreisen, die seit 18 Jahren unverändert sind, geht es auch um eine ganze Reihe von Leistungen, die zum Teil beträchtlich teurer werden (eine Adressänderung kostet neu zum Beispiel 45 statt 30 Franken).</p><p>Abgesehen davon dass ein Unternehmen des Service public, das Gewinn erzielt, die Preise erhöht, gibt es mehrere gewichtige Kritikpunkte im Zusammenhang mit dem Abbau der Leistungsqualität (im Parlament hat man sich schon entsprechend dazu geäussert). Die Aufhebung von Poststellen, die Abschaffung des Hausservice (21.3054), die Reduktion der Briefkasten-Leerungen am Abend und damit verbunden die Fraglichkeit des Nutzens von A-Post (21.3773) und die Schliessung von Postbüros sind alles Nachrichten, die für Empörung gesorgt haben - jeweils mit derselben Antwort des Bundesrats. Der rechtliche und reglementarische Rahmen ist in diesen Fällen zwar gewährleistet. Der Bundesrat überlässt es aber der Post, den unternehmerischen Spielraum vollumfänglich zu nutzen.</p><p>Es stellt sich darum die Frage, ob die reglementarischen bzw. rechtlichen Bestimmungen nicht ausgedehnt werden sollten, sodass die Post wieder zu dem wird, was sie sein sollte: ein Unternehmen des Service public.</p>
  • <p>Fragen 1 bis 3: Die Post steht vor grossen Herausforderungen. Das veränderte Kundenverhalten und die fortschreitende Digitalisierung führen zu einem kontinuierlichen Volumenrückgang im Brief- und Schaltergeschäft. Die Mengenzunahme im Paketmarkt bedingt grosse Investitionen in neue Verarbeitungskapazitäten. PostFinance leidet unter dem Niedrigzinsumfeld. Die Ertragskraft der Post schwindet rasch. Demgegenüber sind die Anforderungen im Bereich der Grundversorgung und die daraus folgenden Kosten für die Post in den vergangenen Jahren weiter gestiegen.</p><p>Der Bundesrat führt die Post mit der Vorgabe von strategischen Zielen. Dabei erwartet er von der Post, dass sie das Unternehmen nicht nur sozialverantwortlich und ökologisch, sondern auch wirtschaftlich führt.</p><p>Um die eigenwirtschaftlichen Finanzierung der Grundversorgung auch mittelfristig sicherzustellen, muss der Post unternehmerischer Spielraum zugestanden werden. Der Post soll es möglich sein, für die Bevölkerung und die Wirtschaft vertretbare, auf die sich wandelnden Bedürfnisse abgestimmte Anpassungen ihrer Dienstleistungen vorzunehmen. Ebenso kann die Post die Preise für ihre Produkte sowohl in der Grundversorgung als auch im Monopol unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben selbst festlegen. Die vor kurzem kommunizierte Erhöhung der Briefpreise wurde dem Preisüberwacher zur Überprüfung zugestellt. In einer bis Ende 2023 geltenden einvernehmlichen Regelung mit der Post hat der Preisüberwacher gewisse Erhöhungen akzeptiert und mit der Post Kompensationsmassahmen vereinbart, so dass das Gesamtpaket insgesamt ergebnisneutral ausfällt.</p><p>Solange die Vorgaben gemäss der Postgesetzgebung und den strategischen Zielen eingehalten sind, gibt es aus Sicht des Bundesrates keinen Grund, auf diese operativen Entscheide der Post Einfluss zu nehmen.</p><p>Frage 4: Die Post hat in den letzten Jahren den Grundversorgungsauftrag stets erfüllt und die gesetzlichen Anforderungen regelmässig deutlich übertroffen (vgl. die entsprechenden Jahresberichte von PostCom und BAKOM). Der Bundesrat sieht damit keine Veranlassung für eine Verschärfung der Vorgaben.</p><p>Frage 5: Vor dem Hintergrund der grossen Herausforderungen der Post beabsichtigt der Bundesrat mit der Botschaft vom 30.6.2021 zur Änderung des Postorganisationsgesetzes (POG), PostFinance die selbständige Vergabe von Hypotheken und Krediten zu ermöglichen, um neues Ertragspotential zu erschliessen. Gestützt auf die in der Vernehmlassung geäusserten Bedenken soll gleichzeitig das gesetzliche Erfordernis zur Mehrheitsbeteiligung der Post an PostFinance aufgehoben werden, wobei die abschliessende Kompetenz zur Privatisierung von PostFinance der Bundesversammlung zugewiesen wird. Die Voraussetzungen für die effektive Privatisierung von PostFinance werden aus Sicht des Bundesrates erst erfüllt sein, wenn eine Beteiligung für private Investoren attraktiv genug ist und die Auswirkungen des Ausscheidens von PostFinance aus dem Postkonzern auf die Grundversorgung geklärt sind. Die Privatisierungserlöse sollen primär zur Deckung der regulatorischen Eigenmittelanforderungen verwendet werden.</p><p>Ohne dieses Massnahmenpaket müsste PostFinance mit einer deutlichen Verkürzung der Bilanz durch Abbau von Kundengeldern reagieren. Damit würden eine Vernichtung von Unternehmenswert, Stellenabbau, Preismassnahmen und eine starke Verkleinerung der Kundenbasis einhergehen.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Wir bitten den Bundesrat, die folgenden Fragen zu beantworten:</p><p>1. Ist der Bundesrat nicht auch der Ansicht, dass die Kritik von allen Seiten betreffend den Abbau bestimmter Leistungen der Post bei einer gleichzeitigen Erhöhung der Preise dem Image der Post als Unternehmen des Service public eindeutig schadet?</p><p>2. Wie gedenkt er bei der Weiterentwicklung der Post in den nächsten Jahren zu einzugreifen, um die soziale Rolle und den Grundsatz der Erreichbarkeit zu gewährleisten?</p><p>3. Muss die Rentabilität einer so wichtigen Einrichtung wie der Post wirklich ein Ziel sein, wenn es darauf hinausläuft, dass man die Leistungen abbaut und die Preise erhöht?</p><p>4. Könnte nicht eine Verschärfung der rechtlichen und/oder reglementarischen Anforderungen ins Auge gefasst werden, um die Qualität der Leistungen zu garantieren?</p><p>5. Ist der Bundesrat der Ansicht, dass es angesichts des offenbar schon reduzierten Spielraums der Post immer noch der richtige Moment ist, um die PostFinance zu privatisieren?</p>
  • Ist die Post noch ein Service-public-Unternehmen?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Gleichzeitig mit der Ankündigung eines Gewinns von 247 Millionen Franken hat die Post beschlossen, per 2022 die Tarife zu erhöhen. Abgesehen von den Briefmarkenpreisen, die seit 18 Jahren unverändert sind, geht es auch um eine ganze Reihe von Leistungen, die zum Teil beträchtlich teurer werden (eine Adressänderung kostet neu zum Beispiel 45 statt 30 Franken).</p><p>Abgesehen davon dass ein Unternehmen des Service public, das Gewinn erzielt, die Preise erhöht, gibt es mehrere gewichtige Kritikpunkte im Zusammenhang mit dem Abbau der Leistungsqualität (im Parlament hat man sich schon entsprechend dazu geäussert). Die Aufhebung von Poststellen, die Abschaffung des Hausservice (21.3054), die Reduktion der Briefkasten-Leerungen am Abend und damit verbunden die Fraglichkeit des Nutzens von A-Post (21.3773) und die Schliessung von Postbüros sind alles Nachrichten, die für Empörung gesorgt haben - jeweils mit derselben Antwort des Bundesrats. Der rechtliche und reglementarische Rahmen ist in diesen Fällen zwar gewährleistet. Der Bundesrat überlässt es aber der Post, den unternehmerischen Spielraum vollumfänglich zu nutzen.</p><p>Es stellt sich darum die Frage, ob die reglementarischen bzw. rechtlichen Bestimmungen nicht ausgedehnt werden sollten, sodass die Post wieder zu dem wird, was sie sein sollte: ein Unternehmen des Service public.</p>
    • <p>Fragen 1 bis 3: Die Post steht vor grossen Herausforderungen. Das veränderte Kundenverhalten und die fortschreitende Digitalisierung führen zu einem kontinuierlichen Volumenrückgang im Brief- und Schaltergeschäft. Die Mengenzunahme im Paketmarkt bedingt grosse Investitionen in neue Verarbeitungskapazitäten. PostFinance leidet unter dem Niedrigzinsumfeld. Die Ertragskraft der Post schwindet rasch. Demgegenüber sind die Anforderungen im Bereich der Grundversorgung und die daraus folgenden Kosten für die Post in den vergangenen Jahren weiter gestiegen.</p><p>Der Bundesrat führt die Post mit der Vorgabe von strategischen Zielen. Dabei erwartet er von der Post, dass sie das Unternehmen nicht nur sozialverantwortlich und ökologisch, sondern auch wirtschaftlich führt.</p><p>Um die eigenwirtschaftlichen Finanzierung der Grundversorgung auch mittelfristig sicherzustellen, muss der Post unternehmerischer Spielraum zugestanden werden. Der Post soll es möglich sein, für die Bevölkerung und die Wirtschaft vertretbare, auf die sich wandelnden Bedürfnisse abgestimmte Anpassungen ihrer Dienstleistungen vorzunehmen. Ebenso kann die Post die Preise für ihre Produkte sowohl in der Grundversorgung als auch im Monopol unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben selbst festlegen. Die vor kurzem kommunizierte Erhöhung der Briefpreise wurde dem Preisüberwacher zur Überprüfung zugestellt. In einer bis Ende 2023 geltenden einvernehmlichen Regelung mit der Post hat der Preisüberwacher gewisse Erhöhungen akzeptiert und mit der Post Kompensationsmassahmen vereinbart, so dass das Gesamtpaket insgesamt ergebnisneutral ausfällt.</p><p>Solange die Vorgaben gemäss der Postgesetzgebung und den strategischen Zielen eingehalten sind, gibt es aus Sicht des Bundesrates keinen Grund, auf diese operativen Entscheide der Post Einfluss zu nehmen.</p><p>Frage 4: Die Post hat in den letzten Jahren den Grundversorgungsauftrag stets erfüllt und die gesetzlichen Anforderungen regelmässig deutlich übertroffen (vgl. die entsprechenden Jahresberichte von PostCom und BAKOM). Der Bundesrat sieht damit keine Veranlassung für eine Verschärfung der Vorgaben.</p><p>Frage 5: Vor dem Hintergrund der grossen Herausforderungen der Post beabsichtigt der Bundesrat mit der Botschaft vom 30.6.2021 zur Änderung des Postorganisationsgesetzes (POG), PostFinance die selbständige Vergabe von Hypotheken und Krediten zu ermöglichen, um neues Ertragspotential zu erschliessen. Gestützt auf die in der Vernehmlassung geäusserten Bedenken soll gleichzeitig das gesetzliche Erfordernis zur Mehrheitsbeteiligung der Post an PostFinance aufgehoben werden, wobei die abschliessende Kompetenz zur Privatisierung von PostFinance der Bundesversammlung zugewiesen wird. Die Voraussetzungen für die effektive Privatisierung von PostFinance werden aus Sicht des Bundesrates erst erfüllt sein, wenn eine Beteiligung für private Investoren attraktiv genug ist und die Auswirkungen des Ausscheidens von PostFinance aus dem Postkonzern auf die Grundversorgung geklärt sind. Die Privatisierungserlöse sollen primär zur Deckung der regulatorischen Eigenmittelanforderungen verwendet werden.</p><p>Ohne dieses Massnahmenpaket müsste PostFinance mit einer deutlichen Verkürzung der Bilanz durch Abbau von Kundengeldern reagieren. Damit würden eine Vernichtung von Unternehmenswert, Stellenabbau, Preismassnahmen und eine starke Verkleinerung der Kundenbasis einhergehen.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Wir bitten den Bundesrat, die folgenden Fragen zu beantworten:</p><p>1. Ist der Bundesrat nicht auch der Ansicht, dass die Kritik von allen Seiten betreffend den Abbau bestimmter Leistungen der Post bei einer gleichzeitigen Erhöhung der Preise dem Image der Post als Unternehmen des Service public eindeutig schadet?</p><p>2. Wie gedenkt er bei der Weiterentwicklung der Post in den nächsten Jahren zu einzugreifen, um die soziale Rolle und den Grundsatz der Erreichbarkeit zu gewährleisten?</p><p>3. Muss die Rentabilität einer so wichtigen Einrichtung wie der Post wirklich ein Ziel sein, wenn es darauf hinausläuft, dass man die Leistungen abbaut und die Preise erhöht?</p><p>4. Könnte nicht eine Verschärfung der rechtlichen und/oder reglementarischen Anforderungen ins Auge gefasst werden, um die Qualität der Leistungen zu garantieren?</p><p>5. Ist der Bundesrat der Ansicht, dass es angesichts des offenbar schon reduzierten Spielraums der Post immer noch der richtige Moment ist, um die PostFinance zu privatisieren?</p>
    • Ist die Post noch ein Service-public-Unternehmen?

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