Referendumsrecht bei Bundesbeschlüssen zur Finanzierung der Massnahmen nach dem Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas

ShortId
21.4155
Id
20214155
Updated
28.07.2023 00:22
Language
de
Title
Referendumsrecht bei Bundesbeschlüssen zur Finanzierung der Massnahmen nach dem Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas
AdditionalIndexing
10;24
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Artikel 10 des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas (SR 974.1) sieht vor, dass die Bundesversammlung die Mittel zur Finanzierung von Massnahmen, die geeignet sind, die Staaten Osteuropas in ihren Bemühungen zum Aufbau und zur Festigung der Demokratie sowie beim Übergang zur Marktwirtschaft und in deren sozialer Ausgestaltung zu unterstützen, mit einfachem Bundesbeschluss bewilligt.</p><p>Ein solcher Bundesbeschluss untersteht nicht dem Referendum (Art. 163 Abs. 2 BV).</p><p>Es geht dabei aber um gewichtige Beträge: So beläuft sich der zweite Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten auf nicht weniger als 1,302 Milliarden. Auch politisch steht einiges auf dem Spiel: Das zeigt sich am Vorhaben 21.050, mit dem der Bundesrat das Parlament überrascht hat, nachdem er am 26. Mai 2021 die Verhandlungen zu einem institutionellen Rahmenabkommen mit der Europäischen Union beendet hatte. Dieses Vorhaben hat zum Ziel, einseitig auf die vom Parlament am 3. Dezember 2019 bewusst festgelegte Anforderung zu verzichten, dass Verpflichtungen auf der Grundlage des entsprechenden Rahmenkredits nicht eingegangen werden, solange die EU diskriminierende Massnahmen gegen die Schweiz erlässt.</p><p>In einer guten Demokratie sollten Entscheide von solcher Tragweite dem Volk vorgelegt werden können. Deshalb scheint es angebracht, in Artikel 10 des Gesetzes bei der Bezeichnung des Bundesbeschlusses, mit dem die Bundesversammlung den für die Umsetzung erforderlichen Rahmenkredit beschliesst, die Qualifizierung "einfach" zu streichen.</p>
  • <p>Die Finanzierungsgrundlagen für den Rahmenkredit Kohäsion des zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten sind im Bundesgesetz vom 30. September 2016 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas (SR 974.1) verankert. Dieses unterstand dem fakultativen Referendum, welches nicht ergriffen wurde. Auf der Basis dieses Bundesgesetzes, das bis Ende 2024 befristet ist, hat das Parlament 2019 den Rahmenkredit Kohäsion in der Höhe von 1047 Millionen Schweizer Franken in der Form eines einfachen Bundesbeschlusses genehmigt, diesen am 30. September 2021 ohne neue Bedingungen freigegeben und somit eine rasche Umsetzung der Gelder ermöglicht.</p><p>Das Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (ParlG; SR 171.10), insbesondere Artikel 25 Absatz 2 hält fest, dass Kreditbeschlüsse in der Form von einfachen Bundesbeschlüssen erlassen werden. Diese unterstehen gemäss Artikel 163 Absatz 2 der Bundesverfassung (SR 101) somit nicht dem Referendum. Wie der Bundesrat bereits in seiner ablehnenden Stellungnahme vom 21. Februar 2018 zur Motion 17.4318 Minder "Einführung des eidgenössischen fakultativen Finanzreferendums" festhielt, hat sich das Parlament wiederholt mit der Frage befasst, ob die Volksrechte auf Bundesebene mit einem Finanzreferendum ergänzt werden sollten. Der Ständerat hat die in der erwähnten Motion geforderte Einführung eines fakultativen Finanzreferendums abgelehnt.</p><p>Artikel 25 Absatz 2 ParlG sieht keine Ausnahme von der Regel vor, Kreditbeschlüsse in der Form von einfachen Bundesbeschlüssen zu erlassen. Eine Ausnahmeregelung ausschliesslich für die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas einzuführen würde dem im ParlG verankerten Grundsatz widersprechen. Das Parlament hat in der Vergangenheit mehrfach bestätigt, an diesem Grundsatz auch im Zusammenhang mit den Rahmenkrediten der Schweizer Beiträge an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten festhalten zu wollen und analoge Vorstösse jeweils abgelehnt (s. beispielsweise Mo. 18.3247 Rösti vom 15. März 2018 "Milliarden-Entwicklungshilfezahlungen an die EU gehören vors Volk", Mo. 18.3214 Salzmann vom 9. Mai 2018 "Entwicklungshilfegelder müssen vom Volk genehmigt werden").</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine Änderung des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas vorzulegen, die vorsieht, dass über die Mittel zur Finanzierung der Massnahmen nach diesem Gesetz mit einem Bundesbeschluss entschieden wird, der dem Referendum untersteht.</p>
  • Referendumsrecht bei Bundesbeschlüssen zur Finanzierung der Massnahmen nach dem Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Artikel 10 des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas (SR 974.1) sieht vor, dass die Bundesversammlung die Mittel zur Finanzierung von Massnahmen, die geeignet sind, die Staaten Osteuropas in ihren Bemühungen zum Aufbau und zur Festigung der Demokratie sowie beim Übergang zur Marktwirtschaft und in deren sozialer Ausgestaltung zu unterstützen, mit einfachem Bundesbeschluss bewilligt.</p><p>Ein solcher Bundesbeschluss untersteht nicht dem Referendum (Art. 163 Abs. 2 BV).</p><p>Es geht dabei aber um gewichtige Beträge: So beläuft sich der zweite Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten auf nicht weniger als 1,302 Milliarden. Auch politisch steht einiges auf dem Spiel: Das zeigt sich am Vorhaben 21.050, mit dem der Bundesrat das Parlament überrascht hat, nachdem er am 26. Mai 2021 die Verhandlungen zu einem institutionellen Rahmenabkommen mit der Europäischen Union beendet hatte. Dieses Vorhaben hat zum Ziel, einseitig auf die vom Parlament am 3. Dezember 2019 bewusst festgelegte Anforderung zu verzichten, dass Verpflichtungen auf der Grundlage des entsprechenden Rahmenkredits nicht eingegangen werden, solange die EU diskriminierende Massnahmen gegen die Schweiz erlässt.</p><p>In einer guten Demokratie sollten Entscheide von solcher Tragweite dem Volk vorgelegt werden können. Deshalb scheint es angebracht, in Artikel 10 des Gesetzes bei der Bezeichnung des Bundesbeschlusses, mit dem die Bundesversammlung den für die Umsetzung erforderlichen Rahmenkredit beschliesst, die Qualifizierung "einfach" zu streichen.</p>
    • <p>Die Finanzierungsgrundlagen für den Rahmenkredit Kohäsion des zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten sind im Bundesgesetz vom 30. September 2016 über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas (SR 974.1) verankert. Dieses unterstand dem fakultativen Referendum, welches nicht ergriffen wurde. Auf der Basis dieses Bundesgesetzes, das bis Ende 2024 befristet ist, hat das Parlament 2019 den Rahmenkredit Kohäsion in der Höhe von 1047 Millionen Schweizer Franken in der Form eines einfachen Bundesbeschlusses genehmigt, diesen am 30. September 2021 ohne neue Bedingungen freigegeben und somit eine rasche Umsetzung der Gelder ermöglicht.</p><p>Das Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (ParlG; SR 171.10), insbesondere Artikel 25 Absatz 2 hält fest, dass Kreditbeschlüsse in der Form von einfachen Bundesbeschlüssen erlassen werden. Diese unterstehen gemäss Artikel 163 Absatz 2 der Bundesverfassung (SR 101) somit nicht dem Referendum. Wie der Bundesrat bereits in seiner ablehnenden Stellungnahme vom 21. Februar 2018 zur Motion 17.4318 Minder "Einführung des eidgenössischen fakultativen Finanzreferendums" festhielt, hat sich das Parlament wiederholt mit der Frage befasst, ob die Volksrechte auf Bundesebene mit einem Finanzreferendum ergänzt werden sollten. Der Ständerat hat die in der erwähnten Motion geforderte Einführung eines fakultativen Finanzreferendums abgelehnt.</p><p>Artikel 25 Absatz 2 ParlG sieht keine Ausnahme von der Regel vor, Kreditbeschlüsse in der Form von einfachen Bundesbeschlüssen zu erlassen. Eine Ausnahmeregelung ausschliesslich für die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas einzuführen würde dem im ParlG verankerten Grundsatz widersprechen. Das Parlament hat in der Vergangenheit mehrfach bestätigt, an diesem Grundsatz auch im Zusammenhang mit den Rahmenkrediten der Schweizer Beiträge an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten festhalten zu wollen und analoge Vorstösse jeweils abgelehnt (s. beispielsweise Mo. 18.3247 Rösti vom 15. März 2018 "Milliarden-Entwicklungshilfezahlungen an die EU gehören vors Volk", Mo. 18.3214 Salzmann vom 9. Mai 2018 "Entwicklungshilfegelder müssen vom Volk genehmigt werden").</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine Änderung des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas vorzulegen, die vorsieht, dass über die Mittel zur Finanzierung der Massnahmen nach diesem Gesetz mit einem Bundesbeschluss entschieden wird, der dem Referendum untersteht.</p>
    • Referendumsrecht bei Bundesbeschlüssen zur Finanzierung der Massnahmen nach dem Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas

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