Keine Bestrafung der Bezügerinnen und Bezüger einer IV-Rente, die arbeiten möchten

ShortId
21.4160
Id
20214160
Updated
26.03.2024 21:57
Language
de
Title
Keine Bestrafung der Bezügerinnen und Bezüger einer IV-Rente, die arbeiten möchten
AdditionalIndexing
2836;28;44
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Nach Ansicht des Bundesrates lässt sich das niederländische Modell nicht mit dem System der Sozialversicherungen und den Vorgehensweisen und Massnahmen im Bereich der Eingliederung in der Schweiz vergleichen. Das niederländische Modell setzt sehr stark auf die Verpflichtung des Arbeitgebers, sich um die Wiedereingliederung von erwerbstätigen Personen im Betrieb zu bemühen, während in der Schweiz die Invalidenversicherung (IV) die entsprechenden Leistungen und Massnahmen gewährleistet.</p><p>Der Bundesrat ist sich bewusst, dass der Schritt aus der Rente hin zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit für die Versicherten nicht einfach ist. Aktuell beziehen 82 Personen eine Übergangsleistung gemäss den Artikeln 32-34 Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20). Diese bieten den Versicherten Sicherheit beim Schritt aus der Rente ins Erwerbsleben.</p><p>Die Wiedereingliederung aus der Rente ins Berufsleben ist für die Versicherten eine Chance, wieder ein eigenes Einkommen zu erzielen. Sie ist aber auch Teil der Schadenminderungspflicht, um mit allen zumutbaren Massnahmen, die zur Erhaltung des bestehenden Arbeitsplatzes oder zur Eingliederung ins Erwerbsleben dienen, das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit zu verringern.</p><p>Bei einem gesundheitlichen Rückfall innerhalb von 3 Jahren nach einer erfolgreichen Wiedereingliederung bezahlt die IV bereits nach 30 Tagen im Sinne einer Übergangslösung unbürokratisch wieder diejenige Rentenleistung, welche die versicherte Person vor der Herabsetzung oder Aufhebung der Rente erhalten hatte (Art. 32 Abs. 1 und 2 IVG). Da sich in solchen Situationen die gesundheitliche Situation der betroffenen Person verändert hat, wird wie bei einer ordentlichen Revision der zu Grunde liegende Sachverhalt neu abgeklärt und über einen allfälligen neuen Rentenanspruch entschieden. Dieser neue Entscheid der IV basiert auf einer umfassenden Abklärung der aktuellen gesundheitlichen Situation, womit gewährleistet wird, dass die Versicherten stets die ihrem aktuellen Grad der Erwerbsunfähigkeit zustehenden Leistungen beziehen. Eine fünfjährige Garantie der bisherigen Rente würde diesem Grundsatz widersprechen und hätte die Ausrichtung von unrechtmässigen Rentenleistungen zur Folge.</p><p>2020 wurde bei 276 Personen die Übergangsleistung aufgehoben: In 5 Prozent der Fälle aufgrund des Übertritts in die AHV, bei 6 Prozent infolge Tod und in 53 Prozent der Fälle wegen der Ablösung durch eine neue IV-Rente. In einer Mehrzahl der Fälle haben die betroffenen Versicherten somit den Leistungsanspruch auch längerfristig nicht verloren.</p><p>Der Bundesrat sieht aus den angeführten Gründen keinen wesentlichen Nutzen in der Verlängerung der aktuellen Frist für die Übergangsleistung von 3 auf 5 Jahre. Eine fünfjährige Besitzstandsgarantie für die bisherigen Rentenleistungen erachtet er auch als mit dem Grundsatz von Artikel 17 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (SR 830.1) nicht vereinbar, wonach bei einem veränderten Sachverhalt die Rentenleistungen stets entsprechend anzupassen sind. Der Bundesrat erachtet die erweiterten Massnahmen zur Wiedereingliederung im Rahmen der Weiterentwicklung IV (Unterstützung der Versicherten durch die Fallführung, Flexibilisierung der Eingliederungsmassnahmen, lineares Rentensystem) als zielführendes Instrument, da damit die Wiedereingliederung zusätzlich unterstützt und gefördert wird.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>In der Antwort auf meine Interpellation 18.4378 vertritt der Bundesrat die Ansicht, es liege keine Anreizproblematik vor für Bezügerinnen und Bezüger einer IV-Rente, die versuchen, eine Erwerbstätigkeit (wieder)-aufzunehmen, da sie im Fall eines Scheiterns eines solchen Versuchs Übergangsleistungen erhielten.</p><p>Leider bieten diese Übergangsleistungen den betroffenen Personen aber keine dauerhafte Sicherheit. Das Problem besteht darin, dass gleichzeitig mit der Gewährung der Übergangsleistungen der Rentenanspruch überprüft wird. Auch wenn der neue Entscheid der Invalidenversicherung (IV) auf die Situation im Moment, in dem die versicherte Person aus gesundheitlichen Gründen ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen kann, abstellen muss, wird ein erneuter Anspruch oft abgelehnt, mit dem Argument, die betreffende Person sei während einer bestimmten Zeit einer Arbeit nachgegangen und es könne mit Recht davon ausgegangen werden, dass sich ihr Gesundheitszustand verbessert habe.</p><p>Laut den Zahlen, die der Bundesrat in seiner Antwort auf die Interpellation 18.4378 aufführt, erhielten Ende 2018 260 Personen Übergangsleistungen. In der Zwischenzeit wurden diese Leistungen für 200 Personen eingestellt. 40 Prozent dieser Personen erhalten nach nun der Überprüfung ihres Invaliditätsgrades gar keine IV-Rente mehr. Der Bundesrat sagt dazu, Übergangsleistungen würden nur selten gewährt. Dass die Zahlen so tief sind, bedeutet aber, dass Versicherte oft gar nicht versuchen, eine Erwerbsarbeit wiederaufzunehmen oder sie zu erhöhen, weil sie fürchten, sie könnten bei einem Rückfall dauerhaft ihren Rentenanspruch verlieren. Für diese Personen ist die jetzige Situation problematisch. Ihr Arbeitsverzicht belastet die Finanzen der IV.</p><p>Die Niederlanden vermeiden dieses Problem wie folgt: Die betroffenen Personen behalten während 5 Jahren den Anspruch auf die ursprüngliche Rente und laufen damit nicht gross Gefahr, bei einem Scheitern ihres Arbeitsversuchs ohne Rente dazustehen. Dadurch steht ihnen mehr Zeit zur Verfügung, und die Befürchtung, ihre Rente zu verlieren, hindert sie nicht, einen Wiedereingliederungsversuch zu wagen.</p><p>Aus all diesen Gründen bitte ich den Bundesrat um Antwort auf folgende Fragen:</p><p>1. Wie beurteilt er das niederländische Modell?</p><p>2. Ist er nicht auch der Ansicht, dass eine vereinfachte Rückkehr zur ursprünglichen Rente eine Möglichkeit darstellt und die Bezügerinnen und Bezüger einer IV-Rente stärker zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit motivieren würde?</p>
  • Keine Bestrafung der Bezügerinnen und Bezüger einer IV-Rente, die arbeiten möchten
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Nach Ansicht des Bundesrates lässt sich das niederländische Modell nicht mit dem System der Sozialversicherungen und den Vorgehensweisen und Massnahmen im Bereich der Eingliederung in der Schweiz vergleichen. Das niederländische Modell setzt sehr stark auf die Verpflichtung des Arbeitgebers, sich um die Wiedereingliederung von erwerbstätigen Personen im Betrieb zu bemühen, während in der Schweiz die Invalidenversicherung (IV) die entsprechenden Leistungen und Massnahmen gewährleistet.</p><p>Der Bundesrat ist sich bewusst, dass der Schritt aus der Rente hin zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit für die Versicherten nicht einfach ist. Aktuell beziehen 82 Personen eine Übergangsleistung gemäss den Artikeln 32-34 Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20). Diese bieten den Versicherten Sicherheit beim Schritt aus der Rente ins Erwerbsleben.</p><p>Die Wiedereingliederung aus der Rente ins Berufsleben ist für die Versicherten eine Chance, wieder ein eigenes Einkommen zu erzielen. Sie ist aber auch Teil der Schadenminderungspflicht, um mit allen zumutbaren Massnahmen, die zur Erhaltung des bestehenden Arbeitsplatzes oder zur Eingliederung ins Erwerbsleben dienen, das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit zu verringern.</p><p>Bei einem gesundheitlichen Rückfall innerhalb von 3 Jahren nach einer erfolgreichen Wiedereingliederung bezahlt die IV bereits nach 30 Tagen im Sinne einer Übergangslösung unbürokratisch wieder diejenige Rentenleistung, welche die versicherte Person vor der Herabsetzung oder Aufhebung der Rente erhalten hatte (Art. 32 Abs. 1 und 2 IVG). Da sich in solchen Situationen die gesundheitliche Situation der betroffenen Person verändert hat, wird wie bei einer ordentlichen Revision der zu Grunde liegende Sachverhalt neu abgeklärt und über einen allfälligen neuen Rentenanspruch entschieden. Dieser neue Entscheid der IV basiert auf einer umfassenden Abklärung der aktuellen gesundheitlichen Situation, womit gewährleistet wird, dass die Versicherten stets die ihrem aktuellen Grad der Erwerbsunfähigkeit zustehenden Leistungen beziehen. Eine fünfjährige Garantie der bisherigen Rente würde diesem Grundsatz widersprechen und hätte die Ausrichtung von unrechtmässigen Rentenleistungen zur Folge.</p><p>2020 wurde bei 276 Personen die Übergangsleistung aufgehoben: In 5 Prozent der Fälle aufgrund des Übertritts in die AHV, bei 6 Prozent infolge Tod und in 53 Prozent der Fälle wegen der Ablösung durch eine neue IV-Rente. In einer Mehrzahl der Fälle haben die betroffenen Versicherten somit den Leistungsanspruch auch längerfristig nicht verloren.</p><p>Der Bundesrat sieht aus den angeführten Gründen keinen wesentlichen Nutzen in der Verlängerung der aktuellen Frist für die Übergangsleistung von 3 auf 5 Jahre. Eine fünfjährige Besitzstandsgarantie für die bisherigen Rentenleistungen erachtet er auch als mit dem Grundsatz von Artikel 17 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (SR 830.1) nicht vereinbar, wonach bei einem veränderten Sachverhalt die Rentenleistungen stets entsprechend anzupassen sind. Der Bundesrat erachtet die erweiterten Massnahmen zur Wiedereingliederung im Rahmen der Weiterentwicklung IV (Unterstützung der Versicherten durch die Fallführung, Flexibilisierung der Eingliederungsmassnahmen, lineares Rentensystem) als zielführendes Instrument, da damit die Wiedereingliederung zusätzlich unterstützt und gefördert wird.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>In der Antwort auf meine Interpellation 18.4378 vertritt der Bundesrat die Ansicht, es liege keine Anreizproblematik vor für Bezügerinnen und Bezüger einer IV-Rente, die versuchen, eine Erwerbstätigkeit (wieder)-aufzunehmen, da sie im Fall eines Scheiterns eines solchen Versuchs Übergangsleistungen erhielten.</p><p>Leider bieten diese Übergangsleistungen den betroffenen Personen aber keine dauerhafte Sicherheit. Das Problem besteht darin, dass gleichzeitig mit der Gewährung der Übergangsleistungen der Rentenanspruch überprüft wird. Auch wenn der neue Entscheid der Invalidenversicherung (IV) auf die Situation im Moment, in dem die versicherte Person aus gesundheitlichen Gründen ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen kann, abstellen muss, wird ein erneuter Anspruch oft abgelehnt, mit dem Argument, die betreffende Person sei während einer bestimmten Zeit einer Arbeit nachgegangen und es könne mit Recht davon ausgegangen werden, dass sich ihr Gesundheitszustand verbessert habe.</p><p>Laut den Zahlen, die der Bundesrat in seiner Antwort auf die Interpellation 18.4378 aufführt, erhielten Ende 2018 260 Personen Übergangsleistungen. In der Zwischenzeit wurden diese Leistungen für 200 Personen eingestellt. 40 Prozent dieser Personen erhalten nach nun der Überprüfung ihres Invaliditätsgrades gar keine IV-Rente mehr. Der Bundesrat sagt dazu, Übergangsleistungen würden nur selten gewährt. Dass die Zahlen so tief sind, bedeutet aber, dass Versicherte oft gar nicht versuchen, eine Erwerbsarbeit wiederaufzunehmen oder sie zu erhöhen, weil sie fürchten, sie könnten bei einem Rückfall dauerhaft ihren Rentenanspruch verlieren. Für diese Personen ist die jetzige Situation problematisch. Ihr Arbeitsverzicht belastet die Finanzen der IV.</p><p>Die Niederlanden vermeiden dieses Problem wie folgt: Die betroffenen Personen behalten während 5 Jahren den Anspruch auf die ursprüngliche Rente und laufen damit nicht gross Gefahr, bei einem Scheitern ihres Arbeitsversuchs ohne Rente dazustehen. Dadurch steht ihnen mehr Zeit zur Verfügung, und die Befürchtung, ihre Rente zu verlieren, hindert sie nicht, einen Wiedereingliederungsversuch zu wagen.</p><p>Aus all diesen Gründen bitte ich den Bundesrat um Antwort auf folgende Fragen:</p><p>1. Wie beurteilt er das niederländische Modell?</p><p>2. Ist er nicht auch der Ansicht, dass eine vereinfachte Rückkehr zur ursprünglichen Rente eine Möglichkeit darstellt und die Bezügerinnen und Bezüger einer IV-Rente stärker zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit motivieren würde?</p>
    • Keine Bestrafung der Bezügerinnen und Bezüger einer IV-Rente, die arbeiten möchten

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