Unter welchen Voraussetzungen können die SBB in ihren Gebäuden Geschäfte mit längeren Öffnungszeiten einrichten?

ShortId
21.4174
Id
20214174
Updated
27.07.2023 23:55
Language
de
Title
Unter welchen Voraussetzungen können die SBB in ihren Gebäuden Geschäfte mit längeren Öffnungszeiten einrichten?
AdditionalIndexing
48;15;44
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1. Wo die Bedürfnisse des Bahnbetriebes und des Verkehrs es rechtfertigen, sind die Bahnunternehmungen gemäss Artikel 39 des Eisenbahngesetzes (EBG) befugt, auf Bahngebiet und in Zügen Nebenbetriebe einzurichten. In diesem Rahmen finden die Vorschriften von Kantonen und Gemeinden über die Öffnungs- und Schliessungszeiten keine Anwendung. Im Gesetz wird bewusst ein weiter Bahnhofsbegriff verwendet (deutsch: "... auf dem Bahnhofgebiet...", französisch: "... dans le périmètre des gares"). Gemeint sind also nicht nur das eigentliche Aufnahmegebäude (bâtiment voyageurs), sondern auch weitere Bereiche und andere Gebäude. Grundsätzlich sind Nebenbetriebe auch in anderen Gebäuden im Bahnhofsbereich zulässig. Was zum Bahnhofgebiet gehört, ist im Einzelfall zu entscheiden, wobei es keine Rolle spielt, ob sich das betroffene Grundstück im Eigentum des Bahnunternehmens oder eines Dritten befindet.</p><p>2. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) ist zuständig für die Einhaltung von Artikel 39 EBG. Insbesondere obliegt ihm nach Artikel 40 Absatz 1 Buchstabe e EBG der Entscheid in diesbezüglichen Streitfällen; gemäss Artikel 39 Absatz 4 EBG nicht aber solche mit den Mietern. Zur Frage der Nebenbetriebe besteht auch eine Rechtsprechung.</p><p>3. Das Gesetz regelt klar, inwieweit die Anliegen der Gemeinden zu berücksichtigen sind (Artikel 39 Absatz 3 EBG): "Auf die von den Eisenbahnunternehmen als Nebenbetriebe definierten Betriebe finden die Vorschriften von Kantonen und Gemeinden über die Öffnungs- und Schliessungszeiten keine Anwendung. Hingegen unterstehen diese Betriebe den übrigen Vorschriften über die Gewerbe-, Gesundheits- und Wirtschaftspolizei sowie den von den zuständigen Behörden für verbindlich erklärten Regelungen über das Arbeitsverhältnis. "</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Artikel 39 des Eisenbahngesetzes (EBG) sieht vor, dass das Eisenbahnunternehmen, das die Infrastruktur betreibt, befugt ist, auf dem Bahnhofgebiet Nebenbetriebe zu kommerziellen Zwecken einzurichten, soweit diese auf die Bedürfnisse der Bahnkundschaft ausgerichtet sind. Weiter wird präzisiert, dass auf die Nebenbetriebe die Vorschriften von Kantonen und Gemeinden über die Öffnungs- und Schliessungszeiten keine Anwendung finden. Laut Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 123 II 265) können Betriebe nur als Nebenbetriebe gelten, wenn sie strukturell in die Bahnhofseinrichtungen integriert sind.</p><p>Lidl Schweiz wird im neu gebauten Gebäude direkt neben dem Bahnhof Morges ein Geschäft eröffnen. Die SBB haben eben entschieden, diesem Geschäft den Bahnnebenbetriebsstatus zu verleihen.</p><p>Aus rechtlicher Sicht ist dieser Entscheid fragwürdig, denn das Gebäude, in dem Lidl ein Geschäft eröffnet, ist nicht in den Bahnhof Morges integriert, sondern ein sowohl strukturell als auch funktional separates Gebäude. Andere Städte der Romandie wurden offenbar bereits mit ähnlichen Entscheiden der SBB konfrontiert.</p><p>Aus wirtschaftlicher Sicht erhält Lidl Schweiz damit die Möglichkeit von längeren Öffnungszeiten. Dies führt bei den Geschäften in Morges, insbesondere bei denen, die im Bahnhofsquartier gelegen sind, also genau so nahe zum Eisenbahnknoten wie Lidl, zu Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrungen.</p><p>Aus politischer Sicht hat die Stadtregierung von Morges schon 2017 den SBB mitgeteilt, sie sei dagegen, dass Geschäften in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs der Nebenbetriebsstatus zuerkannt werde. Doch die SBB trugen diesem Einwand - leider - nicht Rechnung. </p><p>1. Ist der Bundesrat der Ansicht, dass im Lichte von Artikel 39 EBG und der Rechtsprechung ein Geschäft den Nebenbetriebsstatus zuerkannt werden kann, auch wenn es in einem Gebäude eingerichtet wird, das nicht in den Bahnhof integriert ist?</p><p>2. Achtet das Bundesamt für Verkehr streng auf die Einhaltung von Artikel 39 EBG?</p><p>3. Muss die Einschätzung der lokalen Behörden berücksichtigt werden, wenn ein Bahnunternehmen einem Betrieb den Nebenbetriebsstatus zuerkennen will?</p>
  • Unter welchen Voraussetzungen können die SBB in ihren Gebäuden Geschäfte mit längeren Öffnungszeiten einrichten?
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1. Wo die Bedürfnisse des Bahnbetriebes und des Verkehrs es rechtfertigen, sind die Bahnunternehmungen gemäss Artikel 39 des Eisenbahngesetzes (EBG) befugt, auf Bahngebiet und in Zügen Nebenbetriebe einzurichten. In diesem Rahmen finden die Vorschriften von Kantonen und Gemeinden über die Öffnungs- und Schliessungszeiten keine Anwendung. Im Gesetz wird bewusst ein weiter Bahnhofsbegriff verwendet (deutsch: "... auf dem Bahnhofgebiet...", französisch: "... dans le périmètre des gares"). Gemeint sind also nicht nur das eigentliche Aufnahmegebäude (bâtiment voyageurs), sondern auch weitere Bereiche und andere Gebäude. Grundsätzlich sind Nebenbetriebe auch in anderen Gebäuden im Bahnhofsbereich zulässig. Was zum Bahnhofgebiet gehört, ist im Einzelfall zu entscheiden, wobei es keine Rolle spielt, ob sich das betroffene Grundstück im Eigentum des Bahnunternehmens oder eines Dritten befindet.</p><p>2. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) ist zuständig für die Einhaltung von Artikel 39 EBG. Insbesondere obliegt ihm nach Artikel 40 Absatz 1 Buchstabe e EBG der Entscheid in diesbezüglichen Streitfällen; gemäss Artikel 39 Absatz 4 EBG nicht aber solche mit den Mietern. Zur Frage der Nebenbetriebe besteht auch eine Rechtsprechung.</p><p>3. Das Gesetz regelt klar, inwieweit die Anliegen der Gemeinden zu berücksichtigen sind (Artikel 39 Absatz 3 EBG): "Auf die von den Eisenbahnunternehmen als Nebenbetriebe definierten Betriebe finden die Vorschriften von Kantonen und Gemeinden über die Öffnungs- und Schliessungszeiten keine Anwendung. Hingegen unterstehen diese Betriebe den übrigen Vorschriften über die Gewerbe-, Gesundheits- und Wirtschaftspolizei sowie den von den zuständigen Behörden für verbindlich erklärten Regelungen über das Arbeitsverhältnis. "</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Artikel 39 des Eisenbahngesetzes (EBG) sieht vor, dass das Eisenbahnunternehmen, das die Infrastruktur betreibt, befugt ist, auf dem Bahnhofgebiet Nebenbetriebe zu kommerziellen Zwecken einzurichten, soweit diese auf die Bedürfnisse der Bahnkundschaft ausgerichtet sind. Weiter wird präzisiert, dass auf die Nebenbetriebe die Vorschriften von Kantonen und Gemeinden über die Öffnungs- und Schliessungszeiten keine Anwendung finden. Laut Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 123 II 265) können Betriebe nur als Nebenbetriebe gelten, wenn sie strukturell in die Bahnhofseinrichtungen integriert sind.</p><p>Lidl Schweiz wird im neu gebauten Gebäude direkt neben dem Bahnhof Morges ein Geschäft eröffnen. Die SBB haben eben entschieden, diesem Geschäft den Bahnnebenbetriebsstatus zu verleihen.</p><p>Aus rechtlicher Sicht ist dieser Entscheid fragwürdig, denn das Gebäude, in dem Lidl ein Geschäft eröffnet, ist nicht in den Bahnhof Morges integriert, sondern ein sowohl strukturell als auch funktional separates Gebäude. Andere Städte der Romandie wurden offenbar bereits mit ähnlichen Entscheiden der SBB konfrontiert.</p><p>Aus wirtschaftlicher Sicht erhält Lidl Schweiz damit die Möglichkeit von längeren Öffnungszeiten. Dies führt bei den Geschäften in Morges, insbesondere bei denen, die im Bahnhofsquartier gelegen sind, also genau so nahe zum Eisenbahnknoten wie Lidl, zu Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrungen.</p><p>Aus politischer Sicht hat die Stadtregierung von Morges schon 2017 den SBB mitgeteilt, sie sei dagegen, dass Geschäften in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs der Nebenbetriebsstatus zuerkannt werde. Doch die SBB trugen diesem Einwand - leider - nicht Rechnung. </p><p>1. Ist der Bundesrat der Ansicht, dass im Lichte von Artikel 39 EBG und der Rechtsprechung ein Geschäft den Nebenbetriebsstatus zuerkannt werden kann, auch wenn es in einem Gebäude eingerichtet wird, das nicht in den Bahnhof integriert ist?</p><p>2. Achtet das Bundesamt für Verkehr streng auf die Einhaltung von Artikel 39 EBG?</p><p>3. Muss die Einschätzung der lokalen Behörden berücksichtigt werden, wenn ein Bahnunternehmen einem Betrieb den Nebenbetriebsstatus zuerkennen will?</p>
    • Unter welchen Voraussetzungen können die SBB in ihren Gebäuden Geschäfte mit längeren Öffnungszeiten einrichten?

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