Finanzplatz Schweiz. Die Too-big-to-fail-Problematik nachhaltig lösen

ShortId
23.3217
Id
20233217
Updated
24.02.2025 13:03
Language
de
Title
Finanzplatz Schweiz. Die Too-big-to-fail-Problematik nachhaltig lösen
AdditionalIndexing
24
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Auch ein gutes Jahrzehnt nach der Finanzkrise ist die Problematik des "Too big to fail" im Schweizer Bankwesen keineswegs nachhaltig gelöst. Zwar mussten seither keine weiteren Banken vom Staat unterstützt oder gar gerettet werden. Das potentielle Risko besteht aber weiterhin, aktuell insbesondere bei der zweitgrössten Schweizer Bank, der Credit Suisse. </p><p>Vor zwei Jahren bereits belastete der Zusammenbruch des US-Hedgefonds Archegos die involvierte Credit Suisse (CS) mit rund 4,4 Milliarden Franken. Die Schweizer Grossbank musste ihr Kapitalpolster mittels zweier Pflichtwandelanleihen aufstocken; die Finanzmarktaufsicht Finma leitete in diesem Kontext ein Verfahren gegen die Credit Suisse ein. Für das letzte Geschäftsjahr 2022 vermeldet die Credit Suisse nun gar einen Verlust von rund 7 Milliarden Franken. Die Schweizer Grossbank räumt Versäumnisse bei den internen Kontrollen über das Finanz-Reporting 2021 und 2022 ein. Im aktuellen Geschäftsbericht ist zu lesen: "Die Geschäftsleitung hat keinen wirksamen Risikobewertungsprozess entwickelt und aufrechterhalten, um das Risiko wesentlicher falscher Angaben in den Jahresabschlüssen zu ermitteln und zu analysieren". Auch die Revisionsstelle (PwC) spart nicht mit Kritik an der Credit Suisse-Führung. Sie weist auf Mängel bei den internen Kontrollen der Grossbank hin, für die das Management die letzte Verantwortung trage. Die Führungsebene habe dadurch nur einen unvollständigen Überblick über nicht zahlungswirksame Posten in der konsolidierten Kapitalflussrechnung gehabt. Solche Einschätzungen und Vorwürfe lassen mehr als aufhorchen. Nebst dem CS-Verwaltungsrat, seinem "Risk Committee", dem Risikomanagement, der Revisionsstelle, der Finma, den Ratingagenturen und Analysten wurden alle Experten überrascht. Nach dem massiven Kursverlust hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) der CS am 15. März 2023 angeboten, mit Liquidität auszuhelfen. Bereits wenige Stunden später hat die CS das Angebot angenommen und einen Kredit über 50 Milliarden Franken beantragt. Gleichzeitig unterbreitet der Verwaltungsrat ein neues Bonusprogramm: Die Geschäftsleitung soll in den nächsten Jahren mit einem "einmaligen aufgeschobenen aktienbasierten Transformations Award", also Boni in der Höhe von 70 Millionen Franken belohnt werden für die Umstrukturierung.</p><p>Zu beachten ist weiter, dass sich die weltweiten Finanzmärkte seit der Finanzkrise vor 15 Jahren noch stärker und engmaschiger verknüpft haben. Die globalen Interdependenzen im Finanzwesen sind so hoch wie nie, wie der aktuelle Konkurs der US-amerikanischen Silicon Valley Bank illustriert: Er sorgt in kürzester Zeit für negative Aktienkurse bei Finanzinstituten weltweit; US-Präsident Joe Biden musste bereits mit einer Stellungnahme die verunsicherte Bevölkerung beruhigen. </p><p>Nebst der Credit Suisse, hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) auch die UBS, die Raiffeisen Gruppe, die Zürcher Kantonalbank und die PostFinance als systemrelevante Banken designiert. Als systemrelevante Institute müssen diese fünf Finanzinstitute zwar über erhöhte Kapital- und Liquiditätspuffer sowie über eine Stabilisierungs- und Notfall-Planung verfügen. Über eine implizite Staatsgarantie verfügen sie aber dennoch weiterhin, wie auch der neuerliche "Fall CS" zeigt. Die Anforderungen der Finma an Kapital und Liquidität genügen nicht. Das Risiko, dass der Staat oder die SNB erneut eine systemrelevante Grossbank vor dem Konkurs retten muss, ist noch immer vorhanden - und akuter denn je. Mit der vorliegenden Motion soll der Bundesrat daher beauftragt werden, Lösungsansätze zur Reduktion des "Too big to fail" im Schweizer Finanzplatz zu erarbeiten.</p>
  • <p>Der Bundesrat teilt die Meinung, dass eine sorgfältige Analyse der geltenden "Too-big-to-fail" Bestimmungen vor dem Hintergrund der Geschehnisse um die Credit Suisse angezeigt ist. Das EFD wird - unter Einbezug externer Gutachten - einerseits die Umstände gründlich analysieren, die das Massnahmenpaket vom 16. und 19.3.2023 nötig machten, und andererseits auch die Wirksamkeit der Too-big-to-fail-Regulierung umfassend evaluieren. Die Ergebnisse sollen dem Parlament innert Jahresfrist im Rahmen des nächsten Berichts des Bundesrats zu den systemrelevanten Banken gemäss Artikel 52 Bankengesetz unterbreitet werden.</p><p>Dieser Bericht wird sich auch vertieft mit der Frage auseinandersetzen, welche Massnahmen zur Reduktion des TBTF-Risikos von systemrelevanten Banken angezeigt sind. Daher kann sich der Bundesrat zu diesem Zeitpunkt nicht zu konkreten Massnahmen in diesen Bereichen verpflichten.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine Vorlage zur nachhaltigen Lösung der "Too big to fail"-Problematik im Schweizer Bankwesen zu unterbreiten. Kein privates Finanzinstitut soll mehr vom Bund oder der Nationalbank mit ausserordentlichen Sondermassnahmen vor dem Konkurs gerettet werden.</p>
  • Finanzplatz Schweiz. Die Too-big-to-fail-Problematik nachhaltig lösen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Auch ein gutes Jahrzehnt nach der Finanzkrise ist die Problematik des "Too big to fail" im Schweizer Bankwesen keineswegs nachhaltig gelöst. Zwar mussten seither keine weiteren Banken vom Staat unterstützt oder gar gerettet werden. Das potentielle Risko besteht aber weiterhin, aktuell insbesondere bei der zweitgrössten Schweizer Bank, der Credit Suisse. </p><p>Vor zwei Jahren bereits belastete der Zusammenbruch des US-Hedgefonds Archegos die involvierte Credit Suisse (CS) mit rund 4,4 Milliarden Franken. Die Schweizer Grossbank musste ihr Kapitalpolster mittels zweier Pflichtwandelanleihen aufstocken; die Finanzmarktaufsicht Finma leitete in diesem Kontext ein Verfahren gegen die Credit Suisse ein. Für das letzte Geschäftsjahr 2022 vermeldet die Credit Suisse nun gar einen Verlust von rund 7 Milliarden Franken. Die Schweizer Grossbank räumt Versäumnisse bei den internen Kontrollen über das Finanz-Reporting 2021 und 2022 ein. Im aktuellen Geschäftsbericht ist zu lesen: "Die Geschäftsleitung hat keinen wirksamen Risikobewertungsprozess entwickelt und aufrechterhalten, um das Risiko wesentlicher falscher Angaben in den Jahresabschlüssen zu ermitteln und zu analysieren". Auch die Revisionsstelle (PwC) spart nicht mit Kritik an der Credit Suisse-Führung. Sie weist auf Mängel bei den internen Kontrollen der Grossbank hin, für die das Management die letzte Verantwortung trage. Die Führungsebene habe dadurch nur einen unvollständigen Überblick über nicht zahlungswirksame Posten in der konsolidierten Kapitalflussrechnung gehabt. Solche Einschätzungen und Vorwürfe lassen mehr als aufhorchen. Nebst dem CS-Verwaltungsrat, seinem "Risk Committee", dem Risikomanagement, der Revisionsstelle, der Finma, den Ratingagenturen und Analysten wurden alle Experten überrascht. Nach dem massiven Kursverlust hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) der CS am 15. März 2023 angeboten, mit Liquidität auszuhelfen. Bereits wenige Stunden später hat die CS das Angebot angenommen und einen Kredit über 50 Milliarden Franken beantragt. Gleichzeitig unterbreitet der Verwaltungsrat ein neues Bonusprogramm: Die Geschäftsleitung soll in den nächsten Jahren mit einem "einmaligen aufgeschobenen aktienbasierten Transformations Award", also Boni in der Höhe von 70 Millionen Franken belohnt werden für die Umstrukturierung.</p><p>Zu beachten ist weiter, dass sich die weltweiten Finanzmärkte seit der Finanzkrise vor 15 Jahren noch stärker und engmaschiger verknüpft haben. Die globalen Interdependenzen im Finanzwesen sind so hoch wie nie, wie der aktuelle Konkurs der US-amerikanischen Silicon Valley Bank illustriert: Er sorgt in kürzester Zeit für negative Aktienkurse bei Finanzinstituten weltweit; US-Präsident Joe Biden musste bereits mit einer Stellungnahme die verunsicherte Bevölkerung beruhigen. </p><p>Nebst der Credit Suisse, hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) auch die UBS, die Raiffeisen Gruppe, die Zürcher Kantonalbank und die PostFinance als systemrelevante Banken designiert. Als systemrelevante Institute müssen diese fünf Finanzinstitute zwar über erhöhte Kapital- und Liquiditätspuffer sowie über eine Stabilisierungs- und Notfall-Planung verfügen. Über eine implizite Staatsgarantie verfügen sie aber dennoch weiterhin, wie auch der neuerliche "Fall CS" zeigt. Die Anforderungen der Finma an Kapital und Liquidität genügen nicht. Das Risiko, dass der Staat oder die SNB erneut eine systemrelevante Grossbank vor dem Konkurs retten muss, ist noch immer vorhanden - und akuter denn je. Mit der vorliegenden Motion soll der Bundesrat daher beauftragt werden, Lösungsansätze zur Reduktion des "Too big to fail" im Schweizer Finanzplatz zu erarbeiten.</p>
    • <p>Der Bundesrat teilt die Meinung, dass eine sorgfältige Analyse der geltenden "Too-big-to-fail" Bestimmungen vor dem Hintergrund der Geschehnisse um die Credit Suisse angezeigt ist. Das EFD wird - unter Einbezug externer Gutachten - einerseits die Umstände gründlich analysieren, die das Massnahmenpaket vom 16. und 19.3.2023 nötig machten, und andererseits auch die Wirksamkeit der Too-big-to-fail-Regulierung umfassend evaluieren. Die Ergebnisse sollen dem Parlament innert Jahresfrist im Rahmen des nächsten Berichts des Bundesrats zu den systemrelevanten Banken gemäss Artikel 52 Bankengesetz unterbreitet werden.</p><p>Dieser Bericht wird sich auch vertieft mit der Frage auseinandersetzen, welche Massnahmen zur Reduktion des TBTF-Risikos von systemrelevanten Banken angezeigt sind. Daher kann sich der Bundesrat zu diesem Zeitpunkt nicht zu konkreten Massnahmen in diesen Bereichen verpflichten.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine Vorlage zur nachhaltigen Lösung der "Too big to fail"-Problematik im Schweizer Bankwesen zu unterbreiten. Kein privates Finanzinstitut soll mehr vom Bund oder der Nationalbank mit ausserordentlichen Sondermassnahmen vor dem Konkurs gerettet werden.</p>
    • Finanzplatz Schweiz. Die Too-big-to-fail-Problematik nachhaltig lösen

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