Gerechte Finanzierung von vorgezogenen Bahninfrastrukturprojekten

ShortId
23.3392
Id
20233392
Updated
26.03.2024 21:42
Language
de
Title
Gerechte Finanzierung von vorgezogenen Bahninfrastrukturprojekten
AdditionalIndexing
2846;04;24;48
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Der Bund beschliesst periodisch Bahnausbauprogramme (STEP 2025, AS 2035 etc.). Die Kosten dieser Projekte werden dabei zu 100 Prozent über Mittel aus dem Bahninfrastrukturfonds BIF getragen, d.h. vom Bund übernommen. In der Botschaft zum jeweiligen Ausbauprogramm wird jeweils auch ausgewiesen, welche Projekte erst für künftige Ausbauschritte vorgesehen sind. Projekte, deren Realisierung erst für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen ist, werden nicht vom Bund finanziert. Diese Situation ist unbefriedigend. Störend sind drei Punkte:</p><p>1. Möchte ein Kanton einen Ausbauschritt vorziehen, muss er die vollen Kosten selbst tragen. Die Möglichkeit einer Vorfinanzierung besteht nicht. Das führt dazu, dass Kantone aus Kostengründen auf eigentlich sinnvolle Bahninfrastrukturprojekte verzichten und unbefriedigende, günstigere Alternativlösungen wählen, um Engpässe zu beseitigen. </p><p>2. Der Auslöser für den Infrastrukturausbau muss immer sämtliche Kosten für Personen- und Güterverkehr tragen - auch, wenn der Ausbau aufgrund des Güterverkehrs, für den der Bund zuständig ist, erfolgen muss. Dadurch wird der bauwillige Kanton für etwas zur Kasse gebeten, wofür eigentlich Bundesgelder eingesetzt werden müssten.</p><p>3. Der Kanton muss im Fall, dass er einen Ausbauschritt auf eigene Kosten vorzieht, nicht nur die Infrastrukturkosten, sondern auch sämtliche Infrastrukturfolgekosten (Betrieb und Substanzunterhalt) für bis zu 40 Jahre übernehmen (Art. 35 KPFV).</p><p>Wenn regional, bei sich abzeichnendem Entwicklungsschub, Bahnlinien bereits am Anfang gebaut werden können, trägt dies zur Attraktivität des öffentlichen Verkehrs bei. Werden diese erst im Nachgang, wenn das rechnerische Nutzerpotenzial gegeben ist, erstellt, ist es viel schwieriger, das bereits auf den motorisierten Individualverkehr ausgerichtete Mobilitätsverhalten der Pendlerinnen und Pendler wieder zu ändern. Dadurch hinkt der öffentliche Verkehr immer dem Strassenverkehr hinterher. Dies widerspricht einem nachhaltigen, zukunftsfähigen Mobilitätskonzept.</p>
  • <p>Die Planung des Bahnausbaus liegt in der Kompetenz des Bundes. Ziel ist die Realisierung eines kohärenten, schweizweiten Angebotes entsprechend den übergeordneten Zielsetzungen des Bundes. Die Zuständigkeiten sind im Eisenbahngesetz (SR 742.101) festgelegt. Die Mitfinanzierung von Kantonen und Dritten ist in Artikel 58 des Eisenbahngesetzes geregelt.</p><p>1. Der Prozess zum Ausbau des Bahnnetzes, der erstmals mit der Planung des STEP AS 2035 vollständig zur Anwendung gekommen ist, hat sich bewährt. Die Kantone können im Hinblick auf weitere Ausbauten in einem nächsten Planungsdurchlauf ab 2025 ihre Angebotsziele eingeben. Im Planungsprozess des Bundes wird gestützt auf eine Bewertung aller Projekte entschieden, welche dieser Projekte der Bundesrat dem Parlament zur Finanzierung durch den Bahninfrastrukturfonds (BIF) vorschlägt.</p><p>Der Abschluss von Vereinbarungen zwischen Bund und einzelnen Kantonen parallel zum Planungsprozess, in dem der Bund zusichert, bei vorgezogenen Bahnausbauprojekten später einen Teil der Kosten zu übernehmen, wäre problematisch: Dies würde zu einer Umgehung des Planungsprozesses und einer Beeinträchtigung der übergeordneten Optik führen. Da die finanziellen Mittel des BIF für den Substanzerhalt und bereits beschlossene Ausbauprojekte beansprucht sind, könnten zusätzliche Projekte nur finanziert werden, wenn andere zurückgestellt werden.</p><p>2. Ein Kostenteiler zwischen Personen- und Güterverkehr lässt sich nicht ohne Weiteres nutzergerecht ermitteln, da es sich beim Personenverkehr um einen angebotsorientierten Verkehr (das Angebot wird im Sinne einer Dienstleistung bestellt), beim Güterverkehr hingegen um einen nachfrageorientierten Verkehr (ein Zug fährt ausschliesslich bei einer Nachfrage) handelt. Daher reichen die verschiedenen Planungspartner - Fernverkehr, Güterverkehr und Kantone (Regionalverkehr) - im Rahmen der Planungsprozesse STEP Bahninfrastruktur ihre Angebotsziele ein. Es wird sodann ermittelt, mit welchen Infrastrukturen die Ziele des künftigen Bahnausbaus am besten erreicht werden können. Die volkswirtschaftliche Bewertung dieser Infrastrukturen erfolgt auch unter Einbezug der Lebenszykluskosten. Mit dem in Frage 1 genannten Vorschlag wäre die Planung von Angebot, Rollmaterial, Infrastruktur und Finanzierung nur noch schwer beherrschbar und die Verlässlichkeit zunehmend eingeschränkt. Der Bundesrat erachtet zusätzliche Abklärungen daher nicht als zielführend.</p><p>3. Der Bundesrat legt dem Parlament mit den STEP Ausbauschritten für die Bahn alle 4 bis 8 Jahre eine Botschaft zum weiteren Bahnausbau vor. Im ordentlichen Planungsprozess, der im Hinblick auf die Botschaft 2030 im Jahr 2025 gestartet wird, können entsprechende Anliegen eingegeben werden. Diese werden bewertet, u.a. im Hinblick auf ihre Attraktivität und ihren Verlagerungseffekt.</p><p>Besonders relevant ist in diesen Fällen, dass für die auf den zu reaktivierenden Strecken geplanten Angebote des Regionalverkehrs auch Besteller die verbindliche Absicht äussern, diese Angebote nach Inbetriebnahme zu bestellen und den Betrieb zu finanzieren. Der Bundesrat vertritt daher die Haltung, dass kein zusätzlicher Planungsprozess für die allfällige Reaktivierung von ehemaligen Eisenbahnstrecken notwendig ist.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>1. Was hält der Bundesrat davon, die Möglichkeit zu schaffen, dass der Bund mit einem Kanton eine Vereinbarung abschliessen kann, in der der Bund zusichert, bei einem vorgezogenen Bahnausbauprojekt später einen Teil der Kosten zu übernehmen (z.B. zu einem gewissen Prozentsatz, abhängig davon, wie stark das Projekt von nationaler Bedeutung ist)?</p><p>2. Wäre der Bundesrat bereit abzuklären, </p><p>a. wie der Kostenteiler zwischen Personen- und Güterverkehr nutzergerecht aufgeteilt werden könnte, sodass nicht nur derjenige zahlen muss, der Auslöser für den Ausbau ist?</p><p>b. wie ein gerechterer Berechnungsschlüssel für Infrastrukturfolgekosten aussehen könnte (z.B. abhängig von Benutzerzahl, Übernahme durch Bund zu 100 Prozent beim Erreichen einer definierten Mindestbenutzerzahl)?</p><p>3. Ist der Bundesrat bereit, ein Konzept auszuarbeiten, um die Reaktivierung von stillgelegten Strecken besonders zu fördern - insbesondere in Regionen, die ein starkes Bevölkerungswachstum verzeichnen?</p>
  • Gerechte Finanzierung von vorgezogenen Bahninfrastrukturprojekten
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Der Bund beschliesst periodisch Bahnausbauprogramme (STEP 2025, AS 2035 etc.). Die Kosten dieser Projekte werden dabei zu 100 Prozent über Mittel aus dem Bahninfrastrukturfonds BIF getragen, d.h. vom Bund übernommen. In der Botschaft zum jeweiligen Ausbauprogramm wird jeweils auch ausgewiesen, welche Projekte erst für künftige Ausbauschritte vorgesehen sind. Projekte, deren Realisierung erst für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen ist, werden nicht vom Bund finanziert. Diese Situation ist unbefriedigend. Störend sind drei Punkte:</p><p>1. Möchte ein Kanton einen Ausbauschritt vorziehen, muss er die vollen Kosten selbst tragen. Die Möglichkeit einer Vorfinanzierung besteht nicht. Das führt dazu, dass Kantone aus Kostengründen auf eigentlich sinnvolle Bahninfrastrukturprojekte verzichten und unbefriedigende, günstigere Alternativlösungen wählen, um Engpässe zu beseitigen. </p><p>2. Der Auslöser für den Infrastrukturausbau muss immer sämtliche Kosten für Personen- und Güterverkehr tragen - auch, wenn der Ausbau aufgrund des Güterverkehrs, für den der Bund zuständig ist, erfolgen muss. Dadurch wird der bauwillige Kanton für etwas zur Kasse gebeten, wofür eigentlich Bundesgelder eingesetzt werden müssten.</p><p>3. Der Kanton muss im Fall, dass er einen Ausbauschritt auf eigene Kosten vorzieht, nicht nur die Infrastrukturkosten, sondern auch sämtliche Infrastrukturfolgekosten (Betrieb und Substanzunterhalt) für bis zu 40 Jahre übernehmen (Art. 35 KPFV).</p><p>Wenn regional, bei sich abzeichnendem Entwicklungsschub, Bahnlinien bereits am Anfang gebaut werden können, trägt dies zur Attraktivität des öffentlichen Verkehrs bei. Werden diese erst im Nachgang, wenn das rechnerische Nutzerpotenzial gegeben ist, erstellt, ist es viel schwieriger, das bereits auf den motorisierten Individualverkehr ausgerichtete Mobilitätsverhalten der Pendlerinnen und Pendler wieder zu ändern. Dadurch hinkt der öffentliche Verkehr immer dem Strassenverkehr hinterher. Dies widerspricht einem nachhaltigen, zukunftsfähigen Mobilitätskonzept.</p>
    • <p>Die Planung des Bahnausbaus liegt in der Kompetenz des Bundes. Ziel ist die Realisierung eines kohärenten, schweizweiten Angebotes entsprechend den übergeordneten Zielsetzungen des Bundes. Die Zuständigkeiten sind im Eisenbahngesetz (SR 742.101) festgelegt. Die Mitfinanzierung von Kantonen und Dritten ist in Artikel 58 des Eisenbahngesetzes geregelt.</p><p>1. Der Prozess zum Ausbau des Bahnnetzes, der erstmals mit der Planung des STEP AS 2035 vollständig zur Anwendung gekommen ist, hat sich bewährt. Die Kantone können im Hinblick auf weitere Ausbauten in einem nächsten Planungsdurchlauf ab 2025 ihre Angebotsziele eingeben. Im Planungsprozess des Bundes wird gestützt auf eine Bewertung aller Projekte entschieden, welche dieser Projekte der Bundesrat dem Parlament zur Finanzierung durch den Bahninfrastrukturfonds (BIF) vorschlägt.</p><p>Der Abschluss von Vereinbarungen zwischen Bund und einzelnen Kantonen parallel zum Planungsprozess, in dem der Bund zusichert, bei vorgezogenen Bahnausbauprojekten später einen Teil der Kosten zu übernehmen, wäre problematisch: Dies würde zu einer Umgehung des Planungsprozesses und einer Beeinträchtigung der übergeordneten Optik führen. Da die finanziellen Mittel des BIF für den Substanzerhalt und bereits beschlossene Ausbauprojekte beansprucht sind, könnten zusätzliche Projekte nur finanziert werden, wenn andere zurückgestellt werden.</p><p>2. Ein Kostenteiler zwischen Personen- und Güterverkehr lässt sich nicht ohne Weiteres nutzergerecht ermitteln, da es sich beim Personenverkehr um einen angebotsorientierten Verkehr (das Angebot wird im Sinne einer Dienstleistung bestellt), beim Güterverkehr hingegen um einen nachfrageorientierten Verkehr (ein Zug fährt ausschliesslich bei einer Nachfrage) handelt. Daher reichen die verschiedenen Planungspartner - Fernverkehr, Güterverkehr und Kantone (Regionalverkehr) - im Rahmen der Planungsprozesse STEP Bahninfrastruktur ihre Angebotsziele ein. Es wird sodann ermittelt, mit welchen Infrastrukturen die Ziele des künftigen Bahnausbaus am besten erreicht werden können. Die volkswirtschaftliche Bewertung dieser Infrastrukturen erfolgt auch unter Einbezug der Lebenszykluskosten. Mit dem in Frage 1 genannten Vorschlag wäre die Planung von Angebot, Rollmaterial, Infrastruktur und Finanzierung nur noch schwer beherrschbar und die Verlässlichkeit zunehmend eingeschränkt. Der Bundesrat erachtet zusätzliche Abklärungen daher nicht als zielführend.</p><p>3. Der Bundesrat legt dem Parlament mit den STEP Ausbauschritten für die Bahn alle 4 bis 8 Jahre eine Botschaft zum weiteren Bahnausbau vor. Im ordentlichen Planungsprozess, der im Hinblick auf die Botschaft 2030 im Jahr 2025 gestartet wird, können entsprechende Anliegen eingegeben werden. Diese werden bewertet, u.a. im Hinblick auf ihre Attraktivität und ihren Verlagerungseffekt.</p><p>Besonders relevant ist in diesen Fällen, dass für die auf den zu reaktivierenden Strecken geplanten Angebote des Regionalverkehrs auch Besteller die verbindliche Absicht äussern, diese Angebote nach Inbetriebnahme zu bestellen und den Betrieb zu finanzieren. Der Bundesrat vertritt daher die Haltung, dass kein zusätzlicher Planungsprozess für die allfällige Reaktivierung von ehemaligen Eisenbahnstrecken notwendig ist.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>1. Was hält der Bundesrat davon, die Möglichkeit zu schaffen, dass der Bund mit einem Kanton eine Vereinbarung abschliessen kann, in der der Bund zusichert, bei einem vorgezogenen Bahnausbauprojekt später einen Teil der Kosten zu übernehmen (z.B. zu einem gewissen Prozentsatz, abhängig davon, wie stark das Projekt von nationaler Bedeutung ist)?</p><p>2. Wäre der Bundesrat bereit abzuklären, </p><p>a. wie der Kostenteiler zwischen Personen- und Güterverkehr nutzergerecht aufgeteilt werden könnte, sodass nicht nur derjenige zahlen muss, der Auslöser für den Ausbau ist?</p><p>b. wie ein gerechterer Berechnungsschlüssel für Infrastrukturfolgekosten aussehen könnte (z.B. abhängig von Benutzerzahl, Übernahme durch Bund zu 100 Prozent beim Erreichen einer definierten Mindestbenutzerzahl)?</p><p>3. Ist der Bundesrat bereit, ein Konzept auszuarbeiten, um die Reaktivierung von stillgelegten Strecken besonders zu fördern - insbesondere in Regionen, die ein starkes Bevölkerungswachstum verzeichnen?</p>
    • Gerechte Finanzierung von vorgezogenen Bahninfrastrukturprojekten

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