Ionisierende Strahlung im Niedrigdosisbereich. Die Empfehlungen dem aktuellen Wissensstand anpassen

ShortId
23.3415
Id
20233415
Updated
26.03.2024 21:31
Language
de
Title
Ionisierende Strahlung im Niedrigdosisbereich. Die Empfehlungen dem aktuellen Wissensstand anpassen
AdditionalIndexing
52;2841;66
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Der Bundesrat legt grossen Wert auf die Aufrechterhaltung einer Gesetzgebung zum Schutz vor ionisierender Strahlung, die dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entspricht. Im Jahr 2017 hat er die Strahlenschutzverordnung (SR 814.501) einer Totalrevision unterzogen, um sie an die neuesten europäischen und internationalen Standards anzupassen. Diese basieren auf den Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP), die in diesem Bereich als Referenz gelten. Grundlage des Strahlenschutzsystems der ICRP ist das in der Interpellation angesprochene lineare Modell ohne Schwellenwert. Gemäss diesem Modell erhöht jede Exposition durch ionisierende Strahlung, selbst bei niedrigen Dosen und somit auch unterhalb von 100 mSv, das Risiko für Krebs oder Erbkrankheiten linear, und es gibt keine Schwellendosis, unterhalb derer eine Exposition als unbedenklich gilt.</p><p>In seinem Bericht "Kenntnisstand betreffend Risiken ionisierender Strahlung im Niedrigdosisbereich" vom 2. März 2018, in Erfüllung des Postulats 08.3475 Fehr Hans-Jürg, bestärkt der Bundesrat die Anwendung des linearen Modells ohne Schwellenwert als vorsichtige Basis für das aktuelle Strahlenschutzsystem in der Schweiz. Er hält auch fest, dass die Einhaltung der in der schweizerischen Gesetzgebung festgelegten Dosisgrenzwerte sicherstellt, dass das Risiko für die Bevölkerung tolerierbar ist, und dass der Grundsatz der Optimierung im Strahlenschutz, wonach die Dosen "so tief wie vernünftigerweise möglich" zu halten sind, weiter zur Anwendung kommen muss. Die in der Interpellation erwähnten Studien bestätigen in der Tendenz dieses Modell die Anwendung des derzeit geltenden Vorsorgeprinzips.</p><p>Zu den konkreten Fragen:</p><p>1. Die Arbeiten zum Bericht in Erfüllung des Postulates 18.4107 UREK-S "Dosisgrenzwerte bei Kernanlagen, radioaktive Strahlung und Strahlenschutz" sind im Gange. Das Bundesamt für Energie (BFE) setzte für die Erstellung des Berichts eine Gruppe von drei Experten ein, die ein Pflichtenheft für einen Überprüfungsbericht erarbeiteten. Das französische Institut de Radioprotection et de Sûrete Nucléaire (IRSN) wurde mit der Erstellung des Berichts beauftragt. Die Frage zu den seit der Veröffentlichung des Berichts in Erfüllung des Postulats 08.3475 im Jahr 2018 neuen Kenntnissen über ionisierende Strahlung im Niedrigdosisbereich ist Teil dieses Auftrags. Das IRSN übermittelte den definitiven Bericht Anfang März 2023 an die Experten. Diese verfassen nun eine Würdigung zuhanden des BFE. Der Bericht in Erfüllung des Postulates wird voraussichtlich im Herbst 2023 dem Bundesrat zur Kenntnis gebracht werden können.</p><p>2. Dosisgrenzwerte oder andere Beschränkungen der zulässigen Dosishöhen werden in erster Linie in der Strahlenschutzverordnung festgelegt und beruhen auf den nach internationalen Normen geltenden Werten. Auf Basis der Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Berichts in Erfüllung des Postulats 18.4107 wird der Bundesrat prüfen, ob Gesetzesrevisionen im Bereich des Strahlenschutzes oder der Kernenergie erforderlich sind.</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Die Exposition von Personen gegenüber ionisierender Strahlung stellt nachweislich ein Gesundheitsrisiko dar. Der Stand der Wissenschaft betreffend die Strahlenbelastung, die bei einer Exposition zur Gefahr werden kann, ist für eine angemessene Regulierung des Bereichs im Interesse der Arbeitnehmenden und der Bevölkerung im Allgemeinen von grösster Bedeutung.</p><p>Die Veröffentlichung der WHO vom Mai 2012, die das Gesundheitsrisiko des Unfalls von Fukushima bewertet, beruht auf der Einschätzung von Strahlenbiologie- und Radioepidemiologie-Fachleuten beziehungsweise den "Biological Effects of Ionizing Radiation" (BEIR) und sowie dem Expertenbericht von 2006 "BEIR VII". Diese Studie bestätigt, dass auch unterhalb der Schwellenwerte Risiken bestehen (u. a. auf S. 25). Demnach wird angenommen, dass mehrere sehr geringe Expositionen die gleiche Wirkung haben wie eine grössere Exposition von insgesamt gleichem Ausmass.</p><p>2019 nahm der Ständerat das Postulat 18.4107 "Dosisgrenzwerte bei Kernanlagen, radioaktive Strahlung und Strahlenschutz" an, das verlangt "Vergleiche mit internationalen Empfehlungen und Grenzwerten sowie Erkenntnissen aus der Wissenschaft zu ionisierender Strahlung im Niedrigdosisbereich zu ziehen". Der Bundesrat hat Anfang 2019 die Annahme des Postulats beantragt.</p><p>Seitdem wurden mehrere Studien in renommierten Zeitschriften wie "Lancet Oncology" und "British Medical Journal" veröffentlicht. Die 2020 veröffentlichte umfassende Metaanalyse des US-amerikanischen National Cancer Institute, die auf über 26 epidemiologischen Studien beruht, stellt in Bezug auf bösartige Erkrankungen stellt fest, dass ionisierende Strahlung mit einer Dosis von weniger als 100 Millisievert (mSv) das Krebsrisiko erhöht.</p><p>Daher bitte ich den Bundesrat, die folgenden Fragen zu beantworten:</p><p>- Wo steht die Antwort des Bundesrats auf das Postulat 18.4107?</p><p>- Plant der Bundesrat, gegebenenfalls die Regelungen betreffend die zulässige Strahlenbelastung zu aktualisieren und seine Empfehlungen anzupassen?</p>
  • Ionisierende Strahlung im Niedrigdosisbereich. Die Empfehlungen dem aktuellen Wissensstand anpassen
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Der Bundesrat legt grossen Wert auf die Aufrechterhaltung einer Gesetzgebung zum Schutz vor ionisierender Strahlung, die dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entspricht. Im Jahr 2017 hat er die Strahlenschutzverordnung (SR 814.501) einer Totalrevision unterzogen, um sie an die neuesten europäischen und internationalen Standards anzupassen. Diese basieren auf den Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP), die in diesem Bereich als Referenz gelten. Grundlage des Strahlenschutzsystems der ICRP ist das in der Interpellation angesprochene lineare Modell ohne Schwellenwert. Gemäss diesem Modell erhöht jede Exposition durch ionisierende Strahlung, selbst bei niedrigen Dosen und somit auch unterhalb von 100 mSv, das Risiko für Krebs oder Erbkrankheiten linear, und es gibt keine Schwellendosis, unterhalb derer eine Exposition als unbedenklich gilt.</p><p>In seinem Bericht "Kenntnisstand betreffend Risiken ionisierender Strahlung im Niedrigdosisbereich" vom 2. März 2018, in Erfüllung des Postulats 08.3475 Fehr Hans-Jürg, bestärkt der Bundesrat die Anwendung des linearen Modells ohne Schwellenwert als vorsichtige Basis für das aktuelle Strahlenschutzsystem in der Schweiz. Er hält auch fest, dass die Einhaltung der in der schweizerischen Gesetzgebung festgelegten Dosisgrenzwerte sicherstellt, dass das Risiko für die Bevölkerung tolerierbar ist, und dass der Grundsatz der Optimierung im Strahlenschutz, wonach die Dosen "so tief wie vernünftigerweise möglich" zu halten sind, weiter zur Anwendung kommen muss. Die in der Interpellation erwähnten Studien bestätigen in der Tendenz dieses Modell die Anwendung des derzeit geltenden Vorsorgeprinzips.</p><p>Zu den konkreten Fragen:</p><p>1. Die Arbeiten zum Bericht in Erfüllung des Postulates 18.4107 UREK-S "Dosisgrenzwerte bei Kernanlagen, radioaktive Strahlung und Strahlenschutz" sind im Gange. Das Bundesamt für Energie (BFE) setzte für die Erstellung des Berichts eine Gruppe von drei Experten ein, die ein Pflichtenheft für einen Überprüfungsbericht erarbeiteten. Das französische Institut de Radioprotection et de Sûrete Nucléaire (IRSN) wurde mit der Erstellung des Berichts beauftragt. Die Frage zu den seit der Veröffentlichung des Berichts in Erfüllung des Postulats 08.3475 im Jahr 2018 neuen Kenntnissen über ionisierende Strahlung im Niedrigdosisbereich ist Teil dieses Auftrags. Das IRSN übermittelte den definitiven Bericht Anfang März 2023 an die Experten. Diese verfassen nun eine Würdigung zuhanden des BFE. Der Bericht in Erfüllung des Postulates wird voraussichtlich im Herbst 2023 dem Bundesrat zur Kenntnis gebracht werden können.</p><p>2. Dosisgrenzwerte oder andere Beschränkungen der zulässigen Dosishöhen werden in erster Linie in der Strahlenschutzverordnung festgelegt und beruhen auf den nach internationalen Normen geltenden Werten. Auf Basis der Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Berichts in Erfüllung des Postulats 18.4107 wird der Bundesrat prüfen, ob Gesetzesrevisionen im Bereich des Strahlenschutzes oder der Kernenergie erforderlich sind.</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Die Exposition von Personen gegenüber ionisierender Strahlung stellt nachweislich ein Gesundheitsrisiko dar. Der Stand der Wissenschaft betreffend die Strahlenbelastung, die bei einer Exposition zur Gefahr werden kann, ist für eine angemessene Regulierung des Bereichs im Interesse der Arbeitnehmenden und der Bevölkerung im Allgemeinen von grösster Bedeutung.</p><p>Die Veröffentlichung der WHO vom Mai 2012, die das Gesundheitsrisiko des Unfalls von Fukushima bewertet, beruht auf der Einschätzung von Strahlenbiologie- und Radioepidemiologie-Fachleuten beziehungsweise den "Biological Effects of Ionizing Radiation" (BEIR) und sowie dem Expertenbericht von 2006 "BEIR VII". Diese Studie bestätigt, dass auch unterhalb der Schwellenwerte Risiken bestehen (u. a. auf S. 25). Demnach wird angenommen, dass mehrere sehr geringe Expositionen die gleiche Wirkung haben wie eine grössere Exposition von insgesamt gleichem Ausmass.</p><p>2019 nahm der Ständerat das Postulat 18.4107 "Dosisgrenzwerte bei Kernanlagen, radioaktive Strahlung und Strahlenschutz" an, das verlangt "Vergleiche mit internationalen Empfehlungen und Grenzwerten sowie Erkenntnissen aus der Wissenschaft zu ionisierender Strahlung im Niedrigdosisbereich zu ziehen". Der Bundesrat hat Anfang 2019 die Annahme des Postulats beantragt.</p><p>Seitdem wurden mehrere Studien in renommierten Zeitschriften wie "Lancet Oncology" und "British Medical Journal" veröffentlicht. Die 2020 veröffentlichte umfassende Metaanalyse des US-amerikanischen National Cancer Institute, die auf über 26 epidemiologischen Studien beruht, stellt in Bezug auf bösartige Erkrankungen stellt fest, dass ionisierende Strahlung mit einer Dosis von weniger als 100 Millisievert (mSv) das Krebsrisiko erhöht.</p><p>Daher bitte ich den Bundesrat, die folgenden Fragen zu beantworten:</p><p>- Wo steht die Antwort des Bundesrats auf das Postulat 18.4107?</p><p>- Plant der Bundesrat, gegebenenfalls die Regelungen betreffend die zulässige Strahlenbelastung zu aktualisieren und seine Empfehlungen anzupassen?</p>
    • Ionisierende Strahlung im Niedrigdosisbereich. Die Empfehlungen dem aktuellen Wissensstand anpassen

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