Funktionieren die Wassersparpläne und Koordinationsstrukturen bei Wassermangellagen?

ShortId
23.3480
Id
20233480
Updated
26.03.2024 21:59
Language
de
Title
Funktionieren die Wassersparpläne und Koordinationsstrukturen bei Wassermangellagen?
AdditionalIndexing
09;52;2841;55
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Auch im Wasserschloss Europas kann es zu Mangel bei der Wasserversorgung kommen, wie die Hitze- und Trockenheitsereignisse der Sommer 2003, 2015 und 2018 gezeigt haben. Lokal sind bereits einige Wasserversorgungen von Knappheit betroffen, aktuell auch im Tessin. Das Schneedefizit vom Winter 2022/2023 und die steigende Schneefallgrenze senkt die Menge an Wasserreserven, die im Schnee gespeichert sind und könnten weitere Trockenheit im Sommer und Herbst zur Folge haben. Daher braucht es wirksame Koordinations- und Notfallstrukturen zwischen Bund und den zuständigen Kantonen (23.7167 Fragestunde. Gibt es Wassersparpläne bei Wassermangellage?).</p>
  • <p>Generell verweist der Bundesrat bezüglich Wasserversorgungssicherheit und Wassermanagement auf seinen Bericht "Wasserversorgungssicherheit und Wassermanagement. Grundlagenbericht" in Erfüllung des Postulates 18.3610 Rieder.</p><p>Frage 1 und 2: Ende 2022 lagen bei 17 Kantonen regionale Wasserversorgungsplanungen vor oder waren aufgrund der Vorgaben der neuen Verordnung über die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in schweren Mangellagen (VTM; SR 531.32) von 2020 in Überarbeitung. Zwei weitere Kantone planen zurzeit diese Arbeiten. Vier Kantone verfügten zu diesem Zeitpunkt noch nicht über eine Planung, und aus drei Kantonen lagen keine Angaben vor. Eine Umfrage des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) im 2021/2022 bei den Wasserversorgern zeigt, dass die wichtigsten Massnahmen zur Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend Trinkwasser während eines schwerwiegenden Ereignisses umgesetzt werden und die Mehrheit der Wasserversorger gut vorbereitet ist. Insbesondere sind Inventare der Wasserversorgungsanlangen und der Grundwasservorkommen erstellt oder Verbindungsleitungen zu anderen Wasserversorgern gebaut.</p><p>Frage 3: Der Bundesrat hat im Mai 2022 dem Bundesamt für Umwelt, MeteoSchweiz und swisstopo die Mittel für den Auf- und Ausbau eines nationalen Früherkennungs- und Warnsystems zur Trockenheit gesprochen. Erste Elemente (z.B. die Trockenheitsindices von MeteoSchweiz) bestehen bereits. Als "Muster" für das zukünftige nationale Früherkennungs- und Warnsystem dient "drought.ch": Diese experimentelle Plattform zur Trockenheit wird zurzeit durch die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) betrieben. Sie basiert vorwiegend auf Daten und Vorhersagen der Bundesfachstellen. Ende 2024 wird der Öffentlichkeit die neue offizielle Plattform des Bundes zur Verfügung stehen.</p><p>Fragen 4 und 6: Im Sommer 2022 haben Bund und Kantone sich über bestehende Kontakte (Luftwaffe und Fachstab Naturgefahren) koordiniert und in diesem Rahmen u.a. Helikopterflüge zum Wassertransport auf die Alpen organisiert. Gestützt auf die vom Bundesrat am 29. März 2023 beschlossenen Eckwerte zur Verbesserung der Organisation des Krisenmanagements wird zurzeit die Einsetzung eines operativen Fachstabs "Trockenheit" geprüft. In diesem werden insbesondere die Fachstellen des Bundes und der Kantone sowie die Betreiber von kritischen Infrastrukturen Einsitz nehmen. Die angepassten Strukturen des Krisenmanagements der Bundesverwaltung werden voraussichtlich Mitte 2024 in Kraft treten. Bis dahin sollen allfällige Massnahmen bei einer Trockenheit im Sommer 2023 über den Bundestab Bevölkerungsschutz koordiniert werden.</p><p>Frage 5 und 7: Gemäss Artikel 76 der Bundesverfassung (BV) sorgt der Bund im Rahmen seiner Zuständigkeiten für die haushälterische Nutzung und den Schutz der Wasservorkommen sowie für die Abwehr schädigender Einwirkungen des Wassers (Art. 76 Abs. 1 BV). Über die Wasservorkommen verfügen jedoch die Kantone (Art. 76 Abs. 4 BV). Entsprechend entscheiden bei Wasserknappheit die Kantone oder Gemeinden über Verbote oder Priorisierungen beim Wasserbezug. Bundesrechtliche Grundlagen für diese Entscheide finden sich u.a. in Artikel 32 Buchstabe d des Gewässerschutzgesetzes (GSchG, SR 814.20) oder in Artikel 53 Wasserrechtsgesetz (WRG; SR 721.80). Gemäss VTM muss für die Privathaushalte eine Mindestwassermenge zur Verfügung gestellt werden. Zudem müssen die Kantone bestimmen, welche Mindestwassermengen bei einem Total- oder Teilausfall der öffentlichen Wasserversorgung für Einrichtungen wie Spitäler, Heime, Gefängnisse, Schulen, Landwirtschaftsbetriebe sowie Betriebe, die lebenswichtige Güter herstellen, zur Verfügung gestellt werden müssen.</p><p>Bereits im 2017 hat der Bund den Kantonen Grundlagen für den Umgang mit der Wasserknappheit zur Verfügung gestellt. Diese umfassen die Identifizierung von Risikogebieten (Modul 1), die langfristige Bewirtschaftung der Wasserressourcen (Modul 2) und die Bewältigung von Ausnahmesituationen (Modul 3). In Modul 3 werden die Grundsätze für ein nachvollziehbares, transparentes Verfahren für die Interessenabwägung in Ausnahmesituation aufgezeigt. Zudem werden darin Kriterien für die Priorisierung zwischen den verschiedenen Nutzungen und Massnahmen im Umgang mit Schutz- und Nutzungskonflikten vorgeschlagen (z.B. Einschränkungen für nicht lebensnotwendige Belage wie Autowaschen oder Bewässerung von Grünflächen).</p> Antwort des Bundesrates.
  • <p>Der Bundesrat wird um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:</p><p>- Gemäss der im Oktober 2020 in Kraft gesetzten "Verordnung über die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in schweren Mangellagen" sind die Kantone zu spezifischen Massnahmen beim Trinkwasser verpflichtet. Verfügen heute alle Kantone über regionale Wasserversorgungsplanungen?</p><p>- Verfügen alle Betreiber*innen von Wasserversorgungsanlagen über die erforderlichen baulichen, betrieblichen und organisatorischen Massnahmen zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in schweren Mangellagen und deren Dokumentation nach Artikel 8 und 12 der VTM (Verordnung über die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in schweren Mangellagen)?</p><p>- Wie weit sind die Arbeiten, wonach bis 2025 ein nationales Früherkennungs- und Warnsystem zur Trockenheit aufgebaut sein soll, welches Kantonen, Gemeinden und betroffenen Sektoren wie Landwirtschaft, Energiewirtschaft oder Schifffahrt ein frühzeitiges Handeln ermöglichen soll?</p><p>- Wie sehen heute die Koordinationsstrukturen zwischen Bund und Kantonen zur Umsetzung von Massnahmen in akuten Trockenheitslagen aus?</p><p>- Was sind die Priorisierungen der kantonalen Wassersparpläne bei Wassermangellage (u.a. bezüglich Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft, Umweltschutz, Privatpersonen)?</p><p>- Welche Strukturen würden bei einer aktuellen Trockenheit im Sommer und Herbst 2023 greifen und über welche Kompetenzen verfügt der Bund im Notfall?</p><p>- Nach welchen Kriterien kann der Bund Einschränkungen beim Wasserverbrauch (Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft, Umweltschutz, Privatpersonen) erlassen?</p>
  • Funktionieren die Wassersparpläne und Koordinationsstrukturen bei Wassermangellagen?
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Auch im Wasserschloss Europas kann es zu Mangel bei der Wasserversorgung kommen, wie die Hitze- und Trockenheitsereignisse der Sommer 2003, 2015 und 2018 gezeigt haben. Lokal sind bereits einige Wasserversorgungen von Knappheit betroffen, aktuell auch im Tessin. Das Schneedefizit vom Winter 2022/2023 und die steigende Schneefallgrenze senkt die Menge an Wasserreserven, die im Schnee gespeichert sind und könnten weitere Trockenheit im Sommer und Herbst zur Folge haben. Daher braucht es wirksame Koordinations- und Notfallstrukturen zwischen Bund und den zuständigen Kantonen (23.7167 Fragestunde. Gibt es Wassersparpläne bei Wassermangellage?).</p>
    • <p>Generell verweist der Bundesrat bezüglich Wasserversorgungssicherheit und Wassermanagement auf seinen Bericht "Wasserversorgungssicherheit und Wassermanagement. Grundlagenbericht" in Erfüllung des Postulates 18.3610 Rieder.</p><p>Frage 1 und 2: Ende 2022 lagen bei 17 Kantonen regionale Wasserversorgungsplanungen vor oder waren aufgrund der Vorgaben der neuen Verordnung über die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in schweren Mangellagen (VTM; SR 531.32) von 2020 in Überarbeitung. Zwei weitere Kantone planen zurzeit diese Arbeiten. Vier Kantone verfügten zu diesem Zeitpunkt noch nicht über eine Planung, und aus drei Kantonen lagen keine Angaben vor. Eine Umfrage des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) im 2021/2022 bei den Wasserversorgern zeigt, dass die wichtigsten Massnahmen zur Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend Trinkwasser während eines schwerwiegenden Ereignisses umgesetzt werden und die Mehrheit der Wasserversorger gut vorbereitet ist. Insbesondere sind Inventare der Wasserversorgungsanlangen und der Grundwasservorkommen erstellt oder Verbindungsleitungen zu anderen Wasserversorgern gebaut.</p><p>Frage 3: Der Bundesrat hat im Mai 2022 dem Bundesamt für Umwelt, MeteoSchweiz und swisstopo die Mittel für den Auf- und Ausbau eines nationalen Früherkennungs- und Warnsystems zur Trockenheit gesprochen. Erste Elemente (z.B. die Trockenheitsindices von MeteoSchweiz) bestehen bereits. Als "Muster" für das zukünftige nationale Früherkennungs- und Warnsystem dient "drought.ch": Diese experimentelle Plattform zur Trockenheit wird zurzeit durch die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) betrieben. Sie basiert vorwiegend auf Daten und Vorhersagen der Bundesfachstellen. Ende 2024 wird der Öffentlichkeit die neue offizielle Plattform des Bundes zur Verfügung stehen.</p><p>Fragen 4 und 6: Im Sommer 2022 haben Bund und Kantone sich über bestehende Kontakte (Luftwaffe und Fachstab Naturgefahren) koordiniert und in diesem Rahmen u.a. Helikopterflüge zum Wassertransport auf die Alpen organisiert. Gestützt auf die vom Bundesrat am 29. März 2023 beschlossenen Eckwerte zur Verbesserung der Organisation des Krisenmanagements wird zurzeit die Einsetzung eines operativen Fachstabs "Trockenheit" geprüft. In diesem werden insbesondere die Fachstellen des Bundes und der Kantone sowie die Betreiber von kritischen Infrastrukturen Einsitz nehmen. Die angepassten Strukturen des Krisenmanagements der Bundesverwaltung werden voraussichtlich Mitte 2024 in Kraft treten. Bis dahin sollen allfällige Massnahmen bei einer Trockenheit im Sommer 2023 über den Bundestab Bevölkerungsschutz koordiniert werden.</p><p>Frage 5 und 7: Gemäss Artikel 76 der Bundesverfassung (BV) sorgt der Bund im Rahmen seiner Zuständigkeiten für die haushälterische Nutzung und den Schutz der Wasservorkommen sowie für die Abwehr schädigender Einwirkungen des Wassers (Art. 76 Abs. 1 BV). Über die Wasservorkommen verfügen jedoch die Kantone (Art. 76 Abs. 4 BV). Entsprechend entscheiden bei Wasserknappheit die Kantone oder Gemeinden über Verbote oder Priorisierungen beim Wasserbezug. Bundesrechtliche Grundlagen für diese Entscheide finden sich u.a. in Artikel 32 Buchstabe d des Gewässerschutzgesetzes (GSchG, SR 814.20) oder in Artikel 53 Wasserrechtsgesetz (WRG; SR 721.80). Gemäss VTM muss für die Privathaushalte eine Mindestwassermenge zur Verfügung gestellt werden. Zudem müssen die Kantone bestimmen, welche Mindestwassermengen bei einem Total- oder Teilausfall der öffentlichen Wasserversorgung für Einrichtungen wie Spitäler, Heime, Gefängnisse, Schulen, Landwirtschaftsbetriebe sowie Betriebe, die lebenswichtige Güter herstellen, zur Verfügung gestellt werden müssen.</p><p>Bereits im 2017 hat der Bund den Kantonen Grundlagen für den Umgang mit der Wasserknappheit zur Verfügung gestellt. Diese umfassen die Identifizierung von Risikogebieten (Modul 1), die langfristige Bewirtschaftung der Wasserressourcen (Modul 2) und die Bewältigung von Ausnahmesituationen (Modul 3). In Modul 3 werden die Grundsätze für ein nachvollziehbares, transparentes Verfahren für die Interessenabwägung in Ausnahmesituation aufgezeigt. Zudem werden darin Kriterien für die Priorisierung zwischen den verschiedenen Nutzungen und Massnahmen im Umgang mit Schutz- und Nutzungskonflikten vorgeschlagen (z.B. Einschränkungen für nicht lebensnotwendige Belage wie Autowaschen oder Bewässerung von Grünflächen).</p> Antwort des Bundesrates.
    • <p>Der Bundesrat wird um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:</p><p>- Gemäss der im Oktober 2020 in Kraft gesetzten "Verordnung über die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in schweren Mangellagen" sind die Kantone zu spezifischen Massnahmen beim Trinkwasser verpflichtet. Verfügen heute alle Kantone über regionale Wasserversorgungsplanungen?</p><p>- Verfügen alle Betreiber*innen von Wasserversorgungsanlagen über die erforderlichen baulichen, betrieblichen und organisatorischen Massnahmen zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in schweren Mangellagen und deren Dokumentation nach Artikel 8 und 12 der VTM (Verordnung über die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in schweren Mangellagen)?</p><p>- Wie weit sind die Arbeiten, wonach bis 2025 ein nationales Früherkennungs- und Warnsystem zur Trockenheit aufgebaut sein soll, welches Kantonen, Gemeinden und betroffenen Sektoren wie Landwirtschaft, Energiewirtschaft oder Schifffahrt ein frühzeitiges Handeln ermöglichen soll?</p><p>- Wie sehen heute die Koordinationsstrukturen zwischen Bund und Kantonen zur Umsetzung von Massnahmen in akuten Trockenheitslagen aus?</p><p>- Was sind die Priorisierungen der kantonalen Wassersparpläne bei Wassermangellage (u.a. bezüglich Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft, Umweltschutz, Privatpersonen)?</p><p>- Welche Strukturen würden bei einer aktuellen Trockenheit im Sommer und Herbst 2023 greifen und über welche Kompetenzen verfügt der Bund im Notfall?</p><p>- Nach welchen Kriterien kann der Bund Einschränkungen beim Wasserverbrauch (Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft, Umweltschutz, Privatpersonen) erlassen?</p>
    • Funktionieren die Wassersparpläne und Koordinationsstrukturen bei Wassermangellagen?

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