ADHS. Versorgungssituation

ShortId
23.3525
Id
20233525
Updated
26.03.2024 21:51
Language
de
Title
ADHS. Versorgungssituation
AdditionalIndexing
2841
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>1. Betroffene mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) werden in der Regel ambulant behandelt. Es gibt keine auf Bundesebene erhobenen Daten, anhand derer im ambulanten Bereich behandelte Personen mit ADHS identifiziert werden können. Die Daten der Medizinischen Statistik der Krankenhäuser (MS), die vom Bundesamt für Statistik (BFS) gesammelt werden, ermöglichen hingegen die Identifizierung und Beschreibung der Fälle von Patientinnen und Patienten, die mit einer ADHS-Diagnose hospitalisiert wurden. 2021 wurden 952 Personen unter 18 Jahren mit der Diagnose «Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung» oder «Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens» hospitalisiert. Im selben Jahr wurden 88 Patienten und Patientinnen unter 18 Jahren mit der Diagnose «Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität mit Beginn in der Kindheit und Jugend» hospitalisiert. Aufgrund der fehlenden Informationen aus dem ambulanten Bereich ergibt sich kein vollständiges Bild von der Situation der Betroffenen.</p><p>2. Wie der Bundesrat bereits in seinem Bericht vom 31. August 2022 in Erfüllung des Postulates Herzog 19.4283 «ADHS. Resultate des Projektes Fokus in die Ausbildung integrieren» festgehalten hat, ist&nbsp;die Bandbreite der Ausprägungen der ADHS-Symptome gross. Ebenso variiert der Leidensdruck von Betroffenen und ihrem Umfeld. Eine Therapie sollte daher individuell und je nach Schweregrad der Beeinträchtigung und Bedürfnisse multimodal (mehrschichtig) aufgesetzt werden. Für die Schweiz spezifische Behandlungsleitlinien sind nicht verfügbar, aber die Behandlungen werden auf internationale Leitlinien abgestützt (S3-Leitlinie: AWMF «ADHS bei Kindern. Jugendlichen und Erwachsenen» / Banaschewski T et al. (2018) Leitlinie «Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter» Homburg/Saar). Gemäss diesen Leitlinien kann die Behandlung Verhaltenstherapie, andere psychotherapeutische oder psychosoziale Interventionen, Psychoedukation und Pharmakotherapie beinhalten. Nicht jede/r Betroffene benötigt eine medikamentöse Behandlung. Einzelne können individuell davon profitieren, wenn sie starke Symptome und eine hohe Belastung aufweisen. Die Therapien werden dabei nicht konkurrierend, sondern komplementär im Rahmen eines umfassenden Behandlungsprogramms eingesetzt.&nbsp;</p><p>3. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) übernimmt die Kosten für die medizinische, psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung, die von zugelassenen Leistungserbringern erbracht wird, insbesondere von Fachärztinnen und Fachärzten sowie psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Die Leistungen müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Nicht im Geltungsbereich der OKP sind Berufs-/Alltagscoachings durch nicht OKP-zugelassene Fachpersonen sowie Selbsthilfegruppen.</p><p>4. Wie bei allen psychischen Erkrankungen ist das frühzeitige Erkennen und Behandeln wichtig. Dadurch kann der Leidensdruck reduziert und der Verlauf der Krankheit positiv beeinflusst werden. Aussagen zu den Behandlungskosten können keine gemacht werden, da es lediglich Daten zum stationären Bereich gibt, Betroffene mit ADHS aber in der Regel ambulant behandelt werden. Schätzungen zu indirekten Kosten, die durch ADHS verursacht werden, liegen nicht vor.&nbsp;</p><p>5. Daten zu den Wartezeiten liegen keine vor.&nbsp;ADHS wird oftmals im Kindes- und Jugendalter diagnostiziert und die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgungsituation für Kinder und Jugendliche ist in vielen Kantonen angespannt. Deshalb ist davon auszugehen, dass auch ADHS-spezifische Abklärungen und Therapien nicht ohne eine gewisse Wartezeit in Anspruch genommen werden können. Der Bundesrat ist bereit, das Postulat 23.3526 Feri Yvonne anzunehmen und die Versorgungssituation für Betroffene mit ADHS vertieft zu analysieren und basierend darauf mögliche Massnahmen vorzuschlagen.</p><p>6. In der Regel werden Betroffene initial von Fachärztinnen und Fachärzten der Kinder- und Jugendmedizin behandelt und betreut. Bei Bedarf können sich Personen mit ADHS bei folgenden Fachpersonen einer Therapie unterziehen: Fachärztinnen oder Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachärztinnen oder Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie eidgenössisch anerkannte (<span style="background-color:white;">psychologische) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten</span>. Dem Bund liegen keine Daten zur Anzahl dieser Fachpersonen vor, die spezifisch Patientinnen und Patienten mit ADHS betreuen. Das Medizinalberuferegister (MedReg, Stand vom 25.05.2023) umfasst jedoch 7707 Fachärztinnen oder Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Im&nbsp;<span style="background-color:white;">Psychologieberuferegister</span> (PsyReg, Stand vom 25.05.2023) sind zudem 9398 eidgenössisch anerkannte&nbsp;<span style="background-color:white;">Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verzeichnet</span>.</p>
  • <p>Mit einer Prävalenz von 5,9 Prozent im Kindes- und Jugendalter und 2,5 Prozent im Erwachsenenalter stellt ADHS eine der häufigsten psychiatrischen Erkrankungen dar und ist somit ein relevantes gesundheitspolitisches Problem gerade im Hinblick auf die momentan begrenzten Ressourcen. Bei einer ADHS handelt es sich nicht um eine nur auf das Kindesalter beschränkte Entwicklungsstörung, sondern die Beeinträchtigung zeigt sich während der ganzen Lebensspanne. Die im Kindesalter auftretende Entwicklungsstörung kann bei nicht frühzeitiger Diagnostik und fachgerechter Behandlung zu gravierenden Folgeproblemen führen, die nicht nur die Gesundheit der ADHS-Patient*innen betreffen, sondern ebenso das soziale Leben, die Arbeitstätigkeit (evt. ist eine Berufsintegration nötig), Delinquenz oder die Gesellschaft als Ganzes. Neben dem Leiden der ADHS-Betroffen sind zugleich Kosten ins Auge zu fassen, die entstehen, wenn die Versorgungssicherheit für ADHS nicht gegeben ist. Daher ist einerseits Klarheit bezüglich der ADHS-Versorgungssituation zu schaffen und andererseits sind die Folgen zu evaluieren, wenn die zeitnahe Diagnostik und Behandlung von ADHS, für die evidenzbasierte Empfehlungen bestehen, nicht mehr gegeben sind.</p><p>Der Bundesrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Welche Datenlage ist bezüglich der Versorgung (Diagnostik/Therapie) von ADHSPatient*innen in der Schweiz vorhanden?</p><p>2. Welche therapeutischen Herangehensweisen werden empfohlen, um das Leiden von ADHS-Betroffenen zu lindern?</p><p>3. Werden die Kosten der evidenzbasierten, empfohlenen Therapien von der Grundversicherung gedeckt?</p><p>4. Welche Risiken birgt eine unbehandelte ADHS (inkl. Kosten im Langzeitverlauf und ausserhalb der direkten Gesundheitskosten)?</p><p>5. Ist die diagnostische sowie therapeutische Versorgung von ADHS-Betroffenen ohne Wartezeit verfügbar?</p><p>6. Werden für diese Aufgaben ausreichend Fachpersonen ausgebildet?</p>
  • ADHS. Versorgungssituation
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>1. Betroffene mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) werden in der Regel ambulant behandelt. Es gibt keine auf Bundesebene erhobenen Daten, anhand derer im ambulanten Bereich behandelte Personen mit ADHS identifiziert werden können. Die Daten der Medizinischen Statistik der Krankenhäuser (MS), die vom Bundesamt für Statistik (BFS) gesammelt werden, ermöglichen hingegen die Identifizierung und Beschreibung der Fälle von Patientinnen und Patienten, die mit einer ADHS-Diagnose hospitalisiert wurden. 2021 wurden 952 Personen unter 18 Jahren mit der Diagnose «Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung» oder «Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens» hospitalisiert. Im selben Jahr wurden 88 Patienten und Patientinnen unter 18 Jahren mit der Diagnose «Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität mit Beginn in der Kindheit und Jugend» hospitalisiert. Aufgrund der fehlenden Informationen aus dem ambulanten Bereich ergibt sich kein vollständiges Bild von der Situation der Betroffenen.</p><p>2. Wie der Bundesrat bereits in seinem Bericht vom 31. August 2022 in Erfüllung des Postulates Herzog 19.4283 «ADHS. Resultate des Projektes Fokus in die Ausbildung integrieren» festgehalten hat, ist&nbsp;die Bandbreite der Ausprägungen der ADHS-Symptome gross. Ebenso variiert der Leidensdruck von Betroffenen und ihrem Umfeld. Eine Therapie sollte daher individuell und je nach Schweregrad der Beeinträchtigung und Bedürfnisse multimodal (mehrschichtig) aufgesetzt werden. Für die Schweiz spezifische Behandlungsleitlinien sind nicht verfügbar, aber die Behandlungen werden auf internationale Leitlinien abgestützt (S3-Leitlinie: AWMF «ADHS bei Kindern. Jugendlichen und Erwachsenen» / Banaschewski T et al. (2018) Leitlinie «Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter» Homburg/Saar). Gemäss diesen Leitlinien kann die Behandlung Verhaltenstherapie, andere psychotherapeutische oder psychosoziale Interventionen, Psychoedukation und Pharmakotherapie beinhalten. Nicht jede/r Betroffene benötigt eine medikamentöse Behandlung. Einzelne können individuell davon profitieren, wenn sie starke Symptome und eine hohe Belastung aufweisen. Die Therapien werden dabei nicht konkurrierend, sondern komplementär im Rahmen eines umfassenden Behandlungsprogramms eingesetzt.&nbsp;</p><p>3. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) übernimmt die Kosten für die medizinische, psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung, die von zugelassenen Leistungserbringern erbracht wird, insbesondere von Fachärztinnen und Fachärzten sowie psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Die Leistungen müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Nicht im Geltungsbereich der OKP sind Berufs-/Alltagscoachings durch nicht OKP-zugelassene Fachpersonen sowie Selbsthilfegruppen.</p><p>4. Wie bei allen psychischen Erkrankungen ist das frühzeitige Erkennen und Behandeln wichtig. Dadurch kann der Leidensdruck reduziert und der Verlauf der Krankheit positiv beeinflusst werden. Aussagen zu den Behandlungskosten können keine gemacht werden, da es lediglich Daten zum stationären Bereich gibt, Betroffene mit ADHS aber in der Regel ambulant behandelt werden. Schätzungen zu indirekten Kosten, die durch ADHS verursacht werden, liegen nicht vor.&nbsp;</p><p>5. Daten zu den Wartezeiten liegen keine vor.&nbsp;ADHS wird oftmals im Kindes- und Jugendalter diagnostiziert und die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgungsituation für Kinder und Jugendliche ist in vielen Kantonen angespannt. Deshalb ist davon auszugehen, dass auch ADHS-spezifische Abklärungen und Therapien nicht ohne eine gewisse Wartezeit in Anspruch genommen werden können. Der Bundesrat ist bereit, das Postulat 23.3526 Feri Yvonne anzunehmen und die Versorgungssituation für Betroffene mit ADHS vertieft zu analysieren und basierend darauf mögliche Massnahmen vorzuschlagen.</p><p>6. In der Regel werden Betroffene initial von Fachärztinnen und Fachärzten der Kinder- und Jugendmedizin behandelt und betreut. Bei Bedarf können sich Personen mit ADHS bei folgenden Fachpersonen einer Therapie unterziehen: Fachärztinnen oder Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachärztinnen oder Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie eidgenössisch anerkannte (<span style="background-color:white;">psychologische) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten</span>. Dem Bund liegen keine Daten zur Anzahl dieser Fachpersonen vor, die spezifisch Patientinnen und Patienten mit ADHS betreuen. Das Medizinalberuferegister (MedReg, Stand vom 25.05.2023) umfasst jedoch 7707 Fachärztinnen oder Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Im&nbsp;<span style="background-color:white;">Psychologieberuferegister</span> (PsyReg, Stand vom 25.05.2023) sind zudem 9398 eidgenössisch anerkannte&nbsp;<span style="background-color:white;">Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verzeichnet</span>.</p>
    • <p>Mit einer Prävalenz von 5,9 Prozent im Kindes- und Jugendalter und 2,5 Prozent im Erwachsenenalter stellt ADHS eine der häufigsten psychiatrischen Erkrankungen dar und ist somit ein relevantes gesundheitspolitisches Problem gerade im Hinblick auf die momentan begrenzten Ressourcen. Bei einer ADHS handelt es sich nicht um eine nur auf das Kindesalter beschränkte Entwicklungsstörung, sondern die Beeinträchtigung zeigt sich während der ganzen Lebensspanne. Die im Kindesalter auftretende Entwicklungsstörung kann bei nicht frühzeitiger Diagnostik und fachgerechter Behandlung zu gravierenden Folgeproblemen führen, die nicht nur die Gesundheit der ADHS-Patient*innen betreffen, sondern ebenso das soziale Leben, die Arbeitstätigkeit (evt. ist eine Berufsintegration nötig), Delinquenz oder die Gesellschaft als Ganzes. Neben dem Leiden der ADHS-Betroffen sind zugleich Kosten ins Auge zu fassen, die entstehen, wenn die Versorgungssicherheit für ADHS nicht gegeben ist. Daher ist einerseits Klarheit bezüglich der ADHS-Versorgungssituation zu schaffen und andererseits sind die Folgen zu evaluieren, wenn die zeitnahe Diagnostik und Behandlung von ADHS, für die evidenzbasierte Empfehlungen bestehen, nicht mehr gegeben sind.</p><p>Der Bundesrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>1. Welche Datenlage ist bezüglich der Versorgung (Diagnostik/Therapie) von ADHSPatient*innen in der Schweiz vorhanden?</p><p>2. Welche therapeutischen Herangehensweisen werden empfohlen, um das Leiden von ADHS-Betroffenen zu lindern?</p><p>3. Werden die Kosten der evidenzbasierten, empfohlenen Therapien von der Grundversicherung gedeckt?</p><p>4. Welche Risiken birgt eine unbehandelte ADHS (inkl. Kosten im Langzeitverlauf und ausserhalb der direkten Gesundheitskosten)?</p><p>5. Ist die diagnostische sowie therapeutische Versorgung von ADHS-Betroffenen ohne Wartezeit verfügbar?</p><p>6. Werden für diese Aufgaben ausreichend Fachpersonen ausgebildet?</p>
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