Wiedereinführung der Grenzkontrollen, bis Italien das Dublin-Abkommen wieder einhält

ShortId
23.3536
Id
20233536
Updated
25.09.2023 07:59
Language
de
Title
Wiedereinführung der Grenzkontrollen, bis Italien das Dublin-Abkommen wieder einhält
AdditionalIndexing
2811;10;24;08
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Durch das Schengen-Abkommen wird die Mobilität erleichtert, fallen die systematischen Passkontrollen weg und wird dank der internationalen Zusammenarbeit gleichzeitig die Bekämpfung der Kriminalität verstärkt. Durch das Dublin-Abkommen sollen die Missbräuche im Asylbereich bekämpft werden: Dank der internationalen Zusammenarbeit muss ein Asylgesuch in der ganzen EU und der Schweiz nur ein einziges Mal geprüft werden. Schengen und Dublin hängen somit eng zusammen, worauf schon der Bundesrat 2005 in seinen Abstimmungserläuterungen hingewiesen hat. </p><p>Das Dublin-System ist für die EU-Mitgliedstaaten und für die assoziierten Staaten, darunter die Schweiz, verbindlich. Es sieht im Grundsatz vor, dass für die Durchführung eines Asylverfahrens derjenige Staat zuständig ist, in dem die asylsuchende Person zuerst ankommt. Reist sie danach in einen anderen Staat weiter, kann dieser sie ins Ankunftsland zurückschicken, auch wenn sie dort kein Asylgesuch gestellt hatte. </p><p>Seit Dezember 2022 wendet Italien das Dublin-Abkommen einseitig nicht mehr an. Daher müssen die Grenzkontrollen wieder eingeführt werden. Österreich zeigt, dass dies auch gestützt auf europäisches Recht möglich ist: Von September 2022 bis Januar 2023 wurden dort an der Grenze zur Slowakei wieder Kontrollen durchgeführt. Auch Deutschland nahm nach der Flüchtlingskrise von 2015 die Grenzkontrollen an der Grenze zu Österreich wieder auf und hat die Massnahme kürzlich um sechs Monate verlängert. </p><p>Gemäss den Zahlen des Staatssekretariats für Migration müssten derzeit etwa 300 asylsuchende Personen nach Italien zurückgeschickt werden.</p>
  • <p>Im Falle einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit können die Schengen-Staaten ausnahmsweise und für einen begrenzten Zeitraum von höchstens 30 Tagen oder für die vorhersehbare Dauer der schwerwiegenden Bedrohung Binnengrenzkontrollen an bestimmten Grenzüber-gängen oder -abschnitten wieder einführen (Art. 25 Schengener Grenzkodex; SR 0.362.380.067). Wie der Bundesrat bereits in seinen Antworten auf die Interpellation Quadri 23.3112 "Dublin-Abkommen. Wieso fordert der Bundesrat Italien nicht auf, unverzüglich die internationalen Verpflichtungen wieder einzuhalten?", die Motion Glarner 22.4398 "Wiedereinführung der Grenzkontrollen und Nichteintreten auf Gesuche von Personen, welche aus Staaten zu uns kommen, die das Schengen/Dublin-Abkommen ratifiziert haben" und die Motionen der Fraktion der Schweizerischen Volkpartei 23.3074 "Ergreifung von Massnahmen gemäss Artikel 55 AsylG (Ausnahmesituationen) und Artikel 25 ff. Schengener Grenzkodex" und Chiesa 23.3085 "Ergreifung von Massnahmen gemäss Artikel 55 AsylG (Ausnahmesituationen) und Artikel 25 ff. Schengener Grenzkodex" ausführte, sind die Voraussetzungen zur Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen nicht erfüllt. Auch die Aussetzung der Dublin-Überstellungen durch Italien stellt keine solche Voraussetzung dar. Weder die öffentliche Ordnung noch die innere Sicherheit sind zurzeit bedroht.</p><p>Bei der Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen gemäss Art. 25 des Schengener Grenzkodex handelt es sich im Übrigen weder um eine Suspendierung der Schengener Zusammenarbeit noch um eine eigentliche Schliessung der Grenzen, sondern um die Einführung von Personenkontrollen auf Grund des Grenzübertritts. Die Grenzen wären auch in diesem Fall für Schutzsuchende offen. Stellt jemand an der Grenze dieser Staaten ein Asylgesuch, so bliebe dieser Staat dazu verpflichtet, diese Person aufzunehmen und ein Asylverfahren durchzuführen, wenn die gesuchstellende Person nicht in einen anderen Dublin-Staat überstellt werden kann. Auch zeigt gerade der Blick auf die von irregulärer Sekundärmigration betroffenen Länder auf der Balkanroute, wie Österreich und Deutschland, dass die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen kein wirksames Mittel zur Eindämmung dieses Phänomens darstellt.</p><p>Unbesehen davon ist das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit im Grenzraum im Rahmen seiner Zollkontrollen präsent und führt risikobasierte Kontrollen durch. Die Erhöhung der Kontrolldichte durch die Einführung von Binnengrenzkontrollen hätte angesichts der mehreren hunderttausend Grenzübertritte pro Tag starke Auswirkungen auf die Grenzregionen.</p><p>Für eine Einführung von systematischen Grenzkontrollen sind aus Sicht des Bundesrates weder die rechtlichen Voraussetzungen gegeben, noch würde ein solcher Schritt einen Mehrwert für die Schweiz darstellen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Grenzkontrollen an der Grenze zu Italien wieder einzuführen. Die Kontrollen sollen so lange durchgeführt werden, bis Italien das Dublin-Abkommen wieder einhält.</p>
  • Wiedereinführung der Grenzkontrollen, bis Italien das Dublin-Abkommen wieder einhält
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Durch das Schengen-Abkommen wird die Mobilität erleichtert, fallen die systematischen Passkontrollen weg und wird dank der internationalen Zusammenarbeit gleichzeitig die Bekämpfung der Kriminalität verstärkt. Durch das Dublin-Abkommen sollen die Missbräuche im Asylbereich bekämpft werden: Dank der internationalen Zusammenarbeit muss ein Asylgesuch in der ganzen EU und der Schweiz nur ein einziges Mal geprüft werden. Schengen und Dublin hängen somit eng zusammen, worauf schon der Bundesrat 2005 in seinen Abstimmungserläuterungen hingewiesen hat. </p><p>Das Dublin-System ist für die EU-Mitgliedstaaten und für die assoziierten Staaten, darunter die Schweiz, verbindlich. Es sieht im Grundsatz vor, dass für die Durchführung eines Asylverfahrens derjenige Staat zuständig ist, in dem die asylsuchende Person zuerst ankommt. Reist sie danach in einen anderen Staat weiter, kann dieser sie ins Ankunftsland zurückschicken, auch wenn sie dort kein Asylgesuch gestellt hatte. </p><p>Seit Dezember 2022 wendet Italien das Dublin-Abkommen einseitig nicht mehr an. Daher müssen die Grenzkontrollen wieder eingeführt werden. Österreich zeigt, dass dies auch gestützt auf europäisches Recht möglich ist: Von September 2022 bis Januar 2023 wurden dort an der Grenze zur Slowakei wieder Kontrollen durchgeführt. Auch Deutschland nahm nach der Flüchtlingskrise von 2015 die Grenzkontrollen an der Grenze zu Österreich wieder auf und hat die Massnahme kürzlich um sechs Monate verlängert. </p><p>Gemäss den Zahlen des Staatssekretariats für Migration müssten derzeit etwa 300 asylsuchende Personen nach Italien zurückgeschickt werden.</p>
    • <p>Im Falle einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit können die Schengen-Staaten ausnahmsweise und für einen begrenzten Zeitraum von höchstens 30 Tagen oder für die vorhersehbare Dauer der schwerwiegenden Bedrohung Binnengrenzkontrollen an bestimmten Grenzüber-gängen oder -abschnitten wieder einführen (Art. 25 Schengener Grenzkodex; SR 0.362.380.067). Wie der Bundesrat bereits in seinen Antworten auf die Interpellation Quadri 23.3112 "Dublin-Abkommen. Wieso fordert der Bundesrat Italien nicht auf, unverzüglich die internationalen Verpflichtungen wieder einzuhalten?", die Motion Glarner 22.4398 "Wiedereinführung der Grenzkontrollen und Nichteintreten auf Gesuche von Personen, welche aus Staaten zu uns kommen, die das Schengen/Dublin-Abkommen ratifiziert haben" und die Motionen der Fraktion der Schweizerischen Volkpartei 23.3074 "Ergreifung von Massnahmen gemäss Artikel 55 AsylG (Ausnahmesituationen) und Artikel 25 ff. Schengener Grenzkodex" und Chiesa 23.3085 "Ergreifung von Massnahmen gemäss Artikel 55 AsylG (Ausnahmesituationen) und Artikel 25 ff. Schengener Grenzkodex" ausführte, sind die Voraussetzungen zur Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen nicht erfüllt. Auch die Aussetzung der Dublin-Überstellungen durch Italien stellt keine solche Voraussetzung dar. Weder die öffentliche Ordnung noch die innere Sicherheit sind zurzeit bedroht.</p><p>Bei der Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen gemäss Art. 25 des Schengener Grenzkodex handelt es sich im Übrigen weder um eine Suspendierung der Schengener Zusammenarbeit noch um eine eigentliche Schliessung der Grenzen, sondern um die Einführung von Personenkontrollen auf Grund des Grenzübertritts. Die Grenzen wären auch in diesem Fall für Schutzsuchende offen. Stellt jemand an der Grenze dieser Staaten ein Asylgesuch, so bliebe dieser Staat dazu verpflichtet, diese Person aufzunehmen und ein Asylverfahren durchzuführen, wenn die gesuchstellende Person nicht in einen anderen Dublin-Staat überstellt werden kann. Auch zeigt gerade der Blick auf die von irregulärer Sekundärmigration betroffenen Länder auf der Balkanroute, wie Österreich und Deutschland, dass die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen kein wirksames Mittel zur Eindämmung dieses Phänomens darstellt.</p><p>Unbesehen davon ist das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit im Grenzraum im Rahmen seiner Zollkontrollen präsent und führt risikobasierte Kontrollen durch. Die Erhöhung der Kontrolldichte durch die Einführung von Binnengrenzkontrollen hätte angesichts der mehreren hunderttausend Grenzübertritte pro Tag starke Auswirkungen auf die Grenzregionen.</p><p>Für eine Einführung von systematischen Grenzkontrollen sind aus Sicht des Bundesrates weder die rechtlichen Voraussetzungen gegeben, noch würde ein solcher Schritt einen Mehrwert für die Schweiz darstellen.</p> Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Grenzkontrollen an der Grenze zu Italien wieder einzuführen. Die Kontrollen sollen so lange durchgeführt werden, bis Italien das Dublin-Abkommen wieder einhält.</p>
    • Wiedereinführung der Grenzkontrollen, bis Italien das Dublin-Abkommen wieder einhält

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