Massnahmen gegen den Nachwuchs- und Fachkräftemangel in der Tiermedizin

ShortId
23.3542
Id
20233542
Updated
31.08.2023 17:18
Language
de
Title
Massnahmen gegen den Nachwuchs- und Fachkräftemangel in der Tiermedizin
AdditionalIndexing
44;32;2841;52
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Der Bundesrat ist mit dem Interpellanten einig, dass die tierärztliche Grundversorgung in der Schweiz von grosser Wichtigkeit ist. Gemäss einer Studie zur Versorgungslage in der Schweizer Nutztiermedizin der Universität Bern (2019) ist die Versorgungssicherheit gegenwärtig überwiegend gut bis sehr gut gewährleistet. Langfristig genügend Nachwuchs für die Nutztierpraxis zu generieren ist aber, wie in anderen Bereichen, ein vielschichtiges Thema, das nicht nur die Zahl der Ausbildungsplätze betrifft, sondern auch die Attraktivität der Arbeitsbedingungen.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Für die Grundausbildung aller Studierenden der Veterinärmedizin ist die Vetsuisse-Fakultät VSF der autonomen Universitäten Bern und Zürich, respektiv deren Trägerkantone, verantwortlich. Der Bund verfügt über keine Kompetenzen, um eine Erhöhung der Studierendenzahlen in der Veterinärmedizin oder die Erweiterung auf einen dritten Standort anzuordnen. Er könnte das Thema einzig im Rahmen der Schweizerischen Hochschulkonferenz (SHK) mit den kantonalen Trägern aufnehmen und zur Diskussion bringen.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Die Kosten im Bereich der Lehre im Veterinärstudium belaufen sich pro Studierenden im Durchschnitt auf 43’000 CHF/Jahr. Da die Anzahl Anmeldungen die Studienplatzkapazitäten deutlich übersteigt, beschränkt die VSF den Zugang (Numerus clausus) und stützt sich bei der Auswahl der Studierenden auf den Eignungstest (EMS). Auf Grund der grossen Nachfrage hat sie die Studienplatz­kapazitäten in den letzten Jahren bereits deutlich erhöht (Bachelorstudium: 2016: 150, 2023: 172). Eine weitere Erhöhung ohne Qualitätsverlust in der Ausbildung hätte sehr grosse Investitionen in die Infrastrukturen sowie einen starken personellen Ausbau zur Folge. Insbesondere der klinische Teil der Ausbildung bedarf einer Klinikstruktur, die sich nicht ohne weiteres in anderen Bildungsorganisationen einrichten lässt. Auch bei einem differenzierten Zugang zum veterinärmedizinischen Studium (z.B. Passerelle) müssten die Kandidatinnen und Kandidaten den klinischen Teil und somit das Nadelöhr der Ausbildung nachholen.</p><p>&nbsp;</p><p>Die SHK hat 2017 gestützt auf den Bericht des Schweizerischen Wissenschaftsrats den kognitiv orientierten EMS als geeignetes Instrument zur Selektion der Studierenden aller medizinischen Disziplinen bestätigt. Die Vor- und Nachteile alternativer Selektionsmethoden, wie die Einführung von Praktika, wurden vertieft diskutiert. Alle Methoden wurden auf Grund des hohen Aufwandes für das Klinikpersonal sowie der geringen klinischen Plätze abgelehnt.&nbsp;</p><p>Die VSF hat die Förderung von «professional knowledge» während des Studiums als Notwendigkeit erkannt und den Lehrplan entsprechend überarbeitet. In der Förderperiode 2021–2024 erhält die VSF vom Bund CHF 1,2 Mio. an projektgebundenen Beiträgen für den Aufbau einer Struktur für externe Ausbildungsmodule für die Studierenden in Lehrpraxen. Mit der Unterstützung des Bundes wird das Curriculum in der Veterinärausbildung neu ausgerichtet und um ein Semester verlängert, welches der fortgeschrittenen Praxisausbildung dient.</p><p>Betreffend Arbeitsbedingungen hat der Bund ebenfalls keine Handlungskompetenzen. Der zuständige Berufsverband, die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte GST, hat das Problem jedoch erkannt und Richtlinien ausgearbeitet. So werden beispielsweise Ansätze diskutiert, die gezielt zur Entlastung der angespannten Personalsituation führen sollen, namentlich bei kleineren Praxen. Zudem ist das öffentliche Veterinärwesen bestrebt, den administrativen Aufwand für Tierärztinnen und Tierärzte so gering als möglich zu halten und zu entschädigen. Die digitale Transformation wird zur Entlastung im administrativen Bereich beitragen. Die GST und einige ihrer Fach- und Regionalsektionen haben zudem die Thematik der Abwanderung von Tierärztinnen und Tierärzten aus der klinischen Tätigkeit aufgegriffen und Lösungsansätze diskutiert. Auf der Grundlage von regelmässig durchgeführten Umfragen und Studien hat die GST Empfehlungen ausgearbeitet, führt Bildungs- und Kommunikationsmassnahmen durch und engagiert sich für spezifische Lösungen.</p>
  • <p>Der Veterinärbereich in der Schweiz sieht sich in naher Zukunft einem erheblichen Nachwuchs- und damit Fachkräftemangel konfrontiert, vor allem auch in der Grosstiermedizin. </p><p>Wie beurteilt der Bundesrat erstens die drohende Lücke in der tierärztlichen Grundversorgung und zweitens die folgenden Vorschläge, um dieser ungünstigen Entwicklung entgegenzuwirken?</p><p>- Substanzielle Erhöhung der jährlich zugelassenen Studentinnen und Studenten der Veterinärmedizin</p><p>- Erweiterung der veterinärmedizinischen Fakultät (evtl. dritter Standort) und Intensivierung der Zusammenarbeit mit anderen Bildungsinstitutionen</p><p>- Überprüfung der Zulassungsbedingungen zum veterinärmedizinischen Studium auf ihre berufliche Relevanz</p><p>- Differenzierter Zugang zum veterinärmedizinschen Studium (z.B. Passarelle)</p><p>- Förderung "professional knowledge" inkl. der wirtschaftlichen Kompetenz während dem Studium</p><p>- Förderung der Praktika und Entwicklung von (finanziellen) Anreizsystemen für die Nutztiermedizin in Randregionen</p><p>- Entwicklung von Massnahmen zur Reduktion der Abwanderung von Tierärztinnen und Tierärzten aus der klinischen Tätigkeit</p><p>- Überarbeitung der arbeitsrechtlichen Bedingungen für Tierärztinnen und Tierärzte</p><p>- Substanzielle Reduktion der administrativen Auflagen</p>
  • Massnahmen gegen den Nachwuchs- und Fachkräftemangel in der Tiermedizin
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Der Bundesrat ist mit dem Interpellanten einig, dass die tierärztliche Grundversorgung in der Schweiz von grosser Wichtigkeit ist. Gemäss einer Studie zur Versorgungslage in der Schweizer Nutztiermedizin der Universität Bern (2019) ist die Versorgungssicherheit gegenwärtig überwiegend gut bis sehr gut gewährleistet. Langfristig genügend Nachwuchs für die Nutztierpraxis zu generieren ist aber, wie in anderen Bereichen, ein vielschichtiges Thema, das nicht nur die Zahl der Ausbildungsplätze betrifft, sondern auch die Attraktivität der Arbeitsbedingungen.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Für die Grundausbildung aller Studierenden der Veterinärmedizin ist die Vetsuisse-Fakultät VSF der autonomen Universitäten Bern und Zürich, respektiv deren Trägerkantone, verantwortlich. Der Bund verfügt über keine Kompetenzen, um eine Erhöhung der Studierendenzahlen in der Veterinärmedizin oder die Erweiterung auf einen dritten Standort anzuordnen. Er könnte das Thema einzig im Rahmen der Schweizerischen Hochschulkonferenz (SHK) mit den kantonalen Trägern aufnehmen und zur Diskussion bringen.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Die Kosten im Bereich der Lehre im Veterinärstudium belaufen sich pro Studierenden im Durchschnitt auf 43’000 CHF/Jahr. Da die Anzahl Anmeldungen die Studienplatzkapazitäten deutlich übersteigt, beschränkt die VSF den Zugang (Numerus clausus) und stützt sich bei der Auswahl der Studierenden auf den Eignungstest (EMS). Auf Grund der grossen Nachfrage hat sie die Studienplatz­kapazitäten in den letzten Jahren bereits deutlich erhöht (Bachelorstudium: 2016: 150, 2023: 172). Eine weitere Erhöhung ohne Qualitätsverlust in der Ausbildung hätte sehr grosse Investitionen in die Infrastrukturen sowie einen starken personellen Ausbau zur Folge. Insbesondere der klinische Teil der Ausbildung bedarf einer Klinikstruktur, die sich nicht ohne weiteres in anderen Bildungsorganisationen einrichten lässt. Auch bei einem differenzierten Zugang zum veterinärmedizinischen Studium (z.B. Passerelle) müssten die Kandidatinnen und Kandidaten den klinischen Teil und somit das Nadelöhr der Ausbildung nachholen.</p><p>&nbsp;</p><p>Die SHK hat 2017 gestützt auf den Bericht des Schweizerischen Wissenschaftsrats den kognitiv orientierten EMS als geeignetes Instrument zur Selektion der Studierenden aller medizinischen Disziplinen bestätigt. Die Vor- und Nachteile alternativer Selektionsmethoden, wie die Einführung von Praktika, wurden vertieft diskutiert. Alle Methoden wurden auf Grund des hohen Aufwandes für das Klinikpersonal sowie der geringen klinischen Plätze abgelehnt.&nbsp;</p><p>Die VSF hat die Förderung von «professional knowledge» während des Studiums als Notwendigkeit erkannt und den Lehrplan entsprechend überarbeitet. In der Förderperiode 2021–2024 erhält die VSF vom Bund CHF 1,2 Mio. an projektgebundenen Beiträgen für den Aufbau einer Struktur für externe Ausbildungsmodule für die Studierenden in Lehrpraxen. Mit der Unterstützung des Bundes wird das Curriculum in der Veterinärausbildung neu ausgerichtet und um ein Semester verlängert, welches der fortgeschrittenen Praxisausbildung dient.</p><p>Betreffend Arbeitsbedingungen hat der Bund ebenfalls keine Handlungskompetenzen. Der zuständige Berufsverband, die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte GST, hat das Problem jedoch erkannt und Richtlinien ausgearbeitet. So werden beispielsweise Ansätze diskutiert, die gezielt zur Entlastung der angespannten Personalsituation führen sollen, namentlich bei kleineren Praxen. Zudem ist das öffentliche Veterinärwesen bestrebt, den administrativen Aufwand für Tierärztinnen und Tierärzte so gering als möglich zu halten und zu entschädigen. Die digitale Transformation wird zur Entlastung im administrativen Bereich beitragen. Die GST und einige ihrer Fach- und Regionalsektionen haben zudem die Thematik der Abwanderung von Tierärztinnen und Tierärzten aus der klinischen Tätigkeit aufgegriffen und Lösungsansätze diskutiert. Auf der Grundlage von regelmässig durchgeführten Umfragen und Studien hat die GST Empfehlungen ausgearbeitet, führt Bildungs- und Kommunikationsmassnahmen durch und engagiert sich für spezifische Lösungen.</p>
    • <p>Der Veterinärbereich in der Schweiz sieht sich in naher Zukunft einem erheblichen Nachwuchs- und damit Fachkräftemangel konfrontiert, vor allem auch in der Grosstiermedizin. </p><p>Wie beurteilt der Bundesrat erstens die drohende Lücke in der tierärztlichen Grundversorgung und zweitens die folgenden Vorschläge, um dieser ungünstigen Entwicklung entgegenzuwirken?</p><p>- Substanzielle Erhöhung der jährlich zugelassenen Studentinnen und Studenten der Veterinärmedizin</p><p>- Erweiterung der veterinärmedizinischen Fakultät (evtl. dritter Standort) und Intensivierung der Zusammenarbeit mit anderen Bildungsinstitutionen</p><p>- Überprüfung der Zulassungsbedingungen zum veterinärmedizinischen Studium auf ihre berufliche Relevanz</p><p>- Differenzierter Zugang zum veterinärmedizinschen Studium (z.B. Passarelle)</p><p>- Förderung "professional knowledge" inkl. der wirtschaftlichen Kompetenz während dem Studium</p><p>- Förderung der Praktika und Entwicklung von (finanziellen) Anreizsystemen für die Nutztiermedizin in Randregionen</p><p>- Entwicklung von Massnahmen zur Reduktion der Abwanderung von Tierärztinnen und Tierärzten aus der klinischen Tätigkeit</p><p>- Überarbeitung der arbeitsrechtlichen Bedingungen für Tierärztinnen und Tierärzte</p><p>- Substanzielle Reduktion der administrativen Auflagen</p>
    • Massnahmen gegen den Nachwuchs- und Fachkräftemangel in der Tiermedizin

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