Keine Gratisverzögerungen von rechtskonformen Bau- und Planungsprojekten

ShortId
23.3918
Id
20233918
Updated
26.03.2024 21:40
Language
de
Title
Keine Gratisverzögerungen von rechtskonformen Bau- und Planungsprojekten
AdditionalIndexing
2846
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Das fehlende Kostenrisiko von Einsprechern in Baubewilligungs- und Nutzungsplanverfahren wird als Rechtsungleichheit wahrgenommen:</p><p>1. Das Recht auf Bauen ist ein verfassungsmässiges Recht (Eigentumsgarantie). Trotzdem ist das Baubewilligungsverfahren mit hohen Kosten verbunden. Gegen massvolle Kostenauflage hat niemand etwas einzuwenden. Hauptsache das Gesuch wird zügig bearbeitet.</p><p>2. Das Recht auf Einsprache ist ebenfalls ein verfassungsmässiges Recht (Anspruch auf rechtliches Gehör), jedoch leider ohne jedes Kostenrisiko. Dies wird von den Gesuchstellern und Gesuchstellerinnen als rechtsungleich wahrgenommen. Vor allem führt das fehlende Kostenrisiko von Einsprachen dazu, dass unbegründete Einsprachen zahlreich eingereicht werden und zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen.</p><p>Die Einsprache ist vermehrt zu einem Mittel des Nachbarn oder der Nachbarin geworden, um die Realisierung unliebsamer Projekte (Nutzungspläne, Baugesuche) möglichst lange hinauszuzögern. Damit werden die Einsprachen ihres Sinnes entleert. Das Fehlen eines Kostenrisikos befeuert diese Tendenz erheblich.</p><p>Aktuell verhindert Bundesrecht im Baubewilligungs- und Nutzungsplanverfahren, dass Einsprechern nach Massgabe ihres Unterliegens Verfahrenskosten auferlegt werden. Das Einspracheverfahren gegen Baubewilligungen und Nutzungspläne ist für die Einsprecher grundsätzlich kostenlos. Entgegenstehenden Bestimmungen in kantonalen Baugesetzen versagt das Bundesgericht die Anwendung. In der Praxis zeigt sich, dass gerade durch das Fehlen jeglichen Kostenrisikos die Einsprache vermehrt zweckentfremdet wird. Sie wird oft schlicht als Mittel genutzt, um die Realisierung eines unliebsamen Bauprojekts möglichst lange hinauszuzögern.</p><p>Bis in drei Jahren fehlen in der Schweiz rund 50 000 Wohnungen, gleichzeitig ist der Bau von Tausenden von Wohnungen durch Einsprachen blockiert ("Wohnungsnot: Die Verdichtung ist gescheitert": NZZ am Sonntag vom 16. April 2023). Dass die rechtzeitige Realisierung von benötigtem Wohnraum an der unnötigen Verzögerung von Bauprojekten durch einzelne scheitern kann, steht in diametralen Widerspruch zu wichtigen öffentlichen Interessen.</p><p>Sowohl im Baubewilligungs- als auch im Nutzplanverfahren erfolgt eine eingehende Prüfung durch die Bewilligungsbehörde. Soweit sich ein betroffener Nachbar zu einem Baubewilligungs- und Nutzplanverfahren äussern möchte und Parteistellung einnimmt, ist ihm auch zuzumuten, dass er Verfahrenskosten trägt, wenn sich seine Rügen als unbegründet erweisen. Eine solche Unbegründetheit ergibt sich jedoch bereits aus dem Unterliegen des Einsprechers. Die vom Bundesgericht verlangte Schwelle der Missbräuchlichkeit bzw. Rechtswidrigkeit ist derart hoch angesetzt, dass ein Einsprecher praktisch kein Kostenrisiko trägt. Eine solche Kostenlosigkeit ist auch mit Blick auf übergeordnetes Recht keineswegs notwendig und das dadurch geförderte Verhalten von Nachbarn ist in der Praxis oftmals stossend. </p><p>Die Baupolizei sowie das diesbezüglich anwendbare Verfahrensrecht unterstehen grundsätzlich kantonaler Kompetenz. Verschiedene kantonale Baugesetzte sahen vor, dass den Einsprechern im Baubewilligungs- und Nutzplanverfahren nach Massgabe ihres Unterliegens die amtlichen Kosten auferlegt werden konnten. Das Bundesgericht urteilte jedoch, die Kosten des Einspracheverfahrens dürfen dem Einsprecher in Umsetzung der Grundsätze von Artikel 4 und 33 Absatz 2 des BGvom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (RPG; SR 700) sowie infolge des Anspruchs auf rechtliches Gehör grundsätzlich nicht auferlegt werden. Entgegenstehende kantonale Gesetzesbestimmungen wurden in der Folge nicht mehr angewendet. Diese Rechtsprechung beschneidet die kantonale Regelungskompetenz in erheblichem Masse. </p><p>Zusammenfassend fördert das fehlende Kostenrisiko bei Einsprachen betreffend Baubewilligungs- und Nutzungsplanverfahren die Zweckentfremdung des Einspracheverfahrens. Die Einsprachemöglichkeit wird oft als Mittel genutzt, um rechtskonforme aber unliebsame Bauprojekte ohne Kostenrisiko möglichst lange zu verzögern. Insbesondere mit Blick auf die bevorstehende Wohnungsnot sollte einem solchen Missbrauch kein Vorschub geleistet werden. Trotz der Projektierung der benötigten Bauten können Bauprojekte in der aktuellen Lage nicht rechtzeitig realisiert werden, um den nachgefragten Bedarf zu decken. Den Kantonen sollte die Möglichkeit zurückgegeben werden, diesem Missstand durch die Auferlegung moderater Verfahrenskosten an den unterliegenden Einsprecher zu begegnen (durch entsprechende Anpassung von Art. 33 RPG).</p>
  • <p>Der Bundesrat beantragt die Annahme des Postulats.</p>
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen, ob durch eine entsprechende Anpassung von Art. 33 RPG die gesetzliche Grundlage für ein massvolles Kostenrisiko bei Einsprachen geschaffen werden kann.</p>
  • Keine Gratisverzögerungen von rechtskonformen Bau- und Planungsprojekten
State
Überwiesen an den Bundesrat
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Das fehlende Kostenrisiko von Einsprechern in Baubewilligungs- und Nutzungsplanverfahren wird als Rechtsungleichheit wahrgenommen:</p><p>1. Das Recht auf Bauen ist ein verfassungsmässiges Recht (Eigentumsgarantie). Trotzdem ist das Baubewilligungsverfahren mit hohen Kosten verbunden. Gegen massvolle Kostenauflage hat niemand etwas einzuwenden. Hauptsache das Gesuch wird zügig bearbeitet.</p><p>2. Das Recht auf Einsprache ist ebenfalls ein verfassungsmässiges Recht (Anspruch auf rechtliches Gehör), jedoch leider ohne jedes Kostenrisiko. Dies wird von den Gesuchstellern und Gesuchstellerinnen als rechtsungleich wahrgenommen. Vor allem führt das fehlende Kostenrisiko von Einsprachen dazu, dass unbegründete Einsprachen zahlreich eingereicht werden und zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen.</p><p>Die Einsprache ist vermehrt zu einem Mittel des Nachbarn oder der Nachbarin geworden, um die Realisierung unliebsamer Projekte (Nutzungspläne, Baugesuche) möglichst lange hinauszuzögern. Damit werden die Einsprachen ihres Sinnes entleert. Das Fehlen eines Kostenrisikos befeuert diese Tendenz erheblich.</p><p>Aktuell verhindert Bundesrecht im Baubewilligungs- und Nutzungsplanverfahren, dass Einsprechern nach Massgabe ihres Unterliegens Verfahrenskosten auferlegt werden. Das Einspracheverfahren gegen Baubewilligungen und Nutzungspläne ist für die Einsprecher grundsätzlich kostenlos. Entgegenstehenden Bestimmungen in kantonalen Baugesetzen versagt das Bundesgericht die Anwendung. In der Praxis zeigt sich, dass gerade durch das Fehlen jeglichen Kostenrisikos die Einsprache vermehrt zweckentfremdet wird. Sie wird oft schlicht als Mittel genutzt, um die Realisierung eines unliebsamen Bauprojekts möglichst lange hinauszuzögern.</p><p>Bis in drei Jahren fehlen in der Schweiz rund 50 000 Wohnungen, gleichzeitig ist der Bau von Tausenden von Wohnungen durch Einsprachen blockiert ("Wohnungsnot: Die Verdichtung ist gescheitert": NZZ am Sonntag vom 16. April 2023). Dass die rechtzeitige Realisierung von benötigtem Wohnraum an der unnötigen Verzögerung von Bauprojekten durch einzelne scheitern kann, steht in diametralen Widerspruch zu wichtigen öffentlichen Interessen.</p><p>Sowohl im Baubewilligungs- als auch im Nutzplanverfahren erfolgt eine eingehende Prüfung durch die Bewilligungsbehörde. Soweit sich ein betroffener Nachbar zu einem Baubewilligungs- und Nutzplanverfahren äussern möchte und Parteistellung einnimmt, ist ihm auch zuzumuten, dass er Verfahrenskosten trägt, wenn sich seine Rügen als unbegründet erweisen. Eine solche Unbegründetheit ergibt sich jedoch bereits aus dem Unterliegen des Einsprechers. Die vom Bundesgericht verlangte Schwelle der Missbräuchlichkeit bzw. Rechtswidrigkeit ist derart hoch angesetzt, dass ein Einsprecher praktisch kein Kostenrisiko trägt. Eine solche Kostenlosigkeit ist auch mit Blick auf übergeordnetes Recht keineswegs notwendig und das dadurch geförderte Verhalten von Nachbarn ist in der Praxis oftmals stossend. </p><p>Die Baupolizei sowie das diesbezüglich anwendbare Verfahrensrecht unterstehen grundsätzlich kantonaler Kompetenz. Verschiedene kantonale Baugesetzte sahen vor, dass den Einsprechern im Baubewilligungs- und Nutzplanverfahren nach Massgabe ihres Unterliegens die amtlichen Kosten auferlegt werden konnten. Das Bundesgericht urteilte jedoch, die Kosten des Einspracheverfahrens dürfen dem Einsprecher in Umsetzung der Grundsätze von Artikel 4 und 33 Absatz 2 des BGvom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (RPG; SR 700) sowie infolge des Anspruchs auf rechtliches Gehör grundsätzlich nicht auferlegt werden. Entgegenstehende kantonale Gesetzesbestimmungen wurden in der Folge nicht mehr angewendet. Diese Rechtsprechung beschneidet die kantonale Regelungskompetenz in erheblichem Masse. </p><p>Zusammenfassend fördert das fehlende Kostenrisiko bei Einsprachen betreffend Baubewilligungs- und Nutzungsplanverfahren die Zweckentfremdung des Einspracheverfahrens. Die Einsprachemöglichkeit wird oft als Mittel genutzt, um rechtskonforme aber unliebsame Bauprojekte ohne Kostenrisiko möglichst lange zu verzögern. Insbesondere mit Blick auf die bevorstehende Wohnungsnot sollte einem solchen Missbrauch kein Vorschub geleistet werden. Trotz der Projektierung der benötigten Bauten können Bauprojekte in der aktuellen Lage nicht rechtzeitig realisiert werden, um den nachgefragten Bedarf zu decken. Den Kantonen sollte die Möglichkeit zurückgegeben werden, diesem Missstand durch die Auferlegung moderater Verfahrenskosten an den unterliegenden Einsprecher zu begegnen (durch entsprechende Anpassung von Art. 33 RPG).</p>
    • <p>Der Bundesrat beantragt die Annahme des Postulats.</p>
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen, ob durch eine entsprechende Anpassung von Art. 33 RPG die gesetzliche Grundlage für ein massvolles Kostenrisiko bei Einsprachen geschaffen werden kann.</p>
    • Keine Gratisverzögerungen von rechtskonformen Bau- und Planungsprojekten

Back to List