Grenzschliessungen: Eine sofortige Klärung der Situation ist notwendig
- ShortId
-
23.4352
- Id
-
20234352
- Updated
-
26.03.2024 22:01
- Language
-
de
- Title
-
Grenzschliessungen: Eine sofortige Klärung der Situation ist notwendig
- AdditionalIndexing
-
10;08;2811
- 1
-
- PriorityCouncil1
-
Nationalrat
- Texts
-
- <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">1.–3. Die Schweiz hat im Gegensatz zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Möglichkeit, Zollkontrollen durchzuführen. Das Bundesamt für Zoll- und Grenzsicherheit (BAZG) ist im Rahmen seines Auftrags an der Grenze präsent und führt bereits heute situative und risikobasierte Kontrollen durch. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Ausserdem können gemäss den Bestimmungen des Schengener Grenzkodex bei einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit an der gesamten Grenze oder an bestimmten Grenzabschnitten wieder Binnengrenzkontrollen eingeführt werden. Dies ist jedoch nur vorübergehend möglich. Ein Mitgliedstaat, der auf diese Massnahme zurückgreift, muss sicherstellen, dass sie eine angemessene Reaktion auf die Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit ist und dass die Verhältnismässigkeit zwischen der Massnahme und der Bedrohung gewahrt bleibt. Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen muss das letzte Mittel sein. Nach Ansicht des Bundesrates befindet sich die Schweiz derzeit nicht in einer Situation, welche die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen rechtfertigen würde. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">4. Der Entscheid über die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen liegt in der Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten. Seitdem Deutschland angekündigt hatte, an der Grenze zu Polen, der Tschechischen Republik und der Schweiz wieder Grenzkontrollen einzuführen, stand das EJPD mehrmals in Kontakt mit der deutschen Innenministerin. Es ersuchte Deutschland darum, die Grenzkontrollen wieder aufzuheben und auf den bereits bestehenden Kooperationsmassnahmen aufzubauen. Dazu gehören insbesondere die Massnahmen des Aktionsplans, den die Schweiz und Deutschland im Dezember 2022 vereinbart hatten. Erstrebenswert ist auch eine massvolle Umsetzung der vorübergehenden Grenzkontrollen in Deutschland aus. Letztere haben sich bislang nur geringfügig auf die grenzüberschreitenden Bewegungen ausgewirkt. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">5. und 6. Irreguläre Migration hat viele Ursachen und Einflussfaktoren. Der Bundesrat geht davon aus, dass sich Binnengrenzkontrollen nur sehr kurzfristig auf dieses Phänomen auswirken. Ausserdem sind die von den deutschen Behörden genannten Zahlen aufgrund der unterschiedlichen Erhebungsmethoden kaum mit unseren vergleichbar. Ebenso ist der Rückgang der illegalen Einreisen nach Deutschland auch im saisonalen Kontext zu sehen und nicht allein auf die Grenzkontrollen zurückzuführen. Das BAZG verzeichnet im Übrigen ebenfalls einen Rückgang der illegalen Aufenthalte in der Schweiz, obwohl unser Land keine Kontrollen an den Grenzen zu den Nachbarstaaten eingeführt hat (7134 Anhaltungen im September, 6543 im Oktober und rund 5000 im November, gemäss provisorischen Zahlen des BAZG). In den vergangenen Jahren wurde jeweils ein ähnlicher Rückgang festgestellt. Nicht zuletzt würde sich die Wiedereinführung von Grenzkontrollen negativ auf die rund 400 000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger auswirken, die täglich in die Schweiz einreisen.</span></p></div>
- <p>Die Schweiz befindet sich in einer schweren Flüchtlingskrise. Im letzten Jahr gab es mehr als 52 000 illegale Einreisen. Auch in diesem Jahr erreichen die monatlichen Zahlen Höchststände. Obwohl schon mehrfach verlangt wurde, die Grenzkontrollen zu verstärken, lehnte der Bundesrat dies konsequent ab. </p><p>Im Oktober führte Deutschland stationäre Grenzkontrollen an der Schweizer Grenze ein – und das, obwohl die Anzahl an illegalen Einreisen in Deutschland verglichen mit der Schweiz proportional kleiner ist. Diese Kontrollen werden angesichts ihrer Wirksamkeit weiterhin aufrechterhalten. Die deutsche Regierung erklärte, dass dadurch ein «unvergleichbar geringerer» bürokratischer Aufwand nötig sei. </p><p>Ich bitte den Bundesrat, die folgenden Fragen zu beantworten:</p><ol><li>In seiner Antwort auf die Frage 23.7622 sagte der Bundesrat, dass es rechtlich nicht möglich sei, an den Binnengrenzen des Schengen-Raums wieder systematische Kontrollen einzuführen. Ist er immer noch dieser Meinung? </li><li>Was wären die Voraussetzungen für Kontrollen, die nicht systematisch sind, aber dennoch auf bestimmte Grenzübergänge und bestimmte Fahrzeug- und Personenkategorien abzielen?</li><li>Deutschlands Methode hat sich bewährt, und die illegalen Einreisen sollen um die Hälfte zurückgegangen sein. Zieht der Bundesrat eine ähnliche Politik an bestimmten Stellen an der Schweizer Grenze in Betracht? Falls ja, wann und wie? Falls nein, warum nicht?</li><li>Falls der Bundesrat der Meinung ist, es sei nicht nötig, ähnliche Massnahmen einzuführen: Hat er gegen Deutschlands Entscheid protestiert? Welche Schritte wurden unternommen und welche Erklärungen wurden abgegeben, um Deutschland von Kontrollen an der Schweizer Grenze abzubringen? </li><li>In seiner Stellungnahme zur Interpellation 23.4070 meinte der Bundesrat, dass «die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen [...] höchstens einen marginalen Einfluss auf die irreguläre Sekundärmigration hat». Was ist die Position des Bundesrates in Bezug auf den markanten Rückgang der illegalen Einwanderung infolge der in Deutschland durchgeführten Kontrollen?</li><li>Hat der Bundesrat seit Oktober festgestellt, dass weniger illegale Migrantinnen und Migranten nach Deutschland weiterreisen beziehungsweise dass diese Personen vermehrt in der Schweiz bleiben? Unabhängig von solchen Beobachtungen: Welche Konsequenzen erwägt der Bundesrat als Reaktion auf Deutschlands Massnahmen, beziehungsweise was hat er unternommen oder wird er als Folge davon unternehmen?</li></ol>
- Grenzschliessungen: Eine sofortige Klärung der Situation ist notwendig
- State
-
Erledigt
- Related Affairs
-
- Drafts
-
-
- Index
- 0
- Texts
-
- <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">1.–3. Die Schweiz hat im Gegensatz zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Möglichkeit, Zollkontrollen durchzuführen. Das Bundesamt für Zoll- und Grenzsicherheit (BAZG) ist im Rahmen seines Auftrags an der Grenze präsent und führt bereits heute situative und risikobasierte Kontrollen durch. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Ausserdem können gemäss den Bestimmungen des Schengener Grenzkodex bei einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit an der gesamten Grenze oder an bestimmten Grenzabschnitten wieder Binnengrenzkontrollen eingeführt werden. Dies ist jedoch nur vorübergehend möglich. Ein Mitgliedstaat, der auf diese Massnahme zurückgreift, muss sicherstellen, dass sie eine angemessene Reaktion auf die Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit ist und dass die Verhältnismässigkeit zwischen der Massnahme und der Bedrohung gewahrt bleibt. Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen muss das letzte Mittel sein. Nach Ansicht des Bundesrates befindet sich die Schweiz derzeit nicht in einer Situation, welche die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen rechtfertigen würde. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">4. Der Entscheid über die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen liegt in der Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten. Seitdem Deutschland angekündigt hatte, an der Grenze zu Polen, der Tschechischen Republik und der Schweiz wieder Grenzkontrollen einzuführen, stand das EJPD mehrmals in Kontakt mit der deutschen Innenministerin. Es ersuchte Deutschland darum, die Grenzkontrollen wieder aufzuheben und auf den bereits bestehenden Kooperationsmassnahmen aufzubauen. Dazu gehören insbesondere die Massnahmen des Aktionsplans, den die Schweiz und Deutschland im Dezember 2022 vereinbart hatten. Erstrebenswert ist auch eine massvolle Umsetzung der vorübergehenden Grenzkontrollen in Deutschland aus. Letztere haben sich bislang nur geringfügig auf die grenzüberschreitenden Bewegungen ausgewirkt. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">5. und 6. Irreguläre Migration hat viele Ursachen und Einflussfaktoren. Der Bundesrat geht davon aus, dass sich Binnengrenzkontrollen nur sehr kurzfristig auf dieses Phänomen auswirken. Ausserdem sind die von den deutschen Behörden genannten Zahlen aufgrund der unterschiedlichen Erhebungsmethoden kaum mit unseren vergleichbar. Ebenso ist der Rückgang der illegalen Einreisen nach Deutschland auch im saisonalen Kontext zu sehen und nicht allein auf die Grenzkontrollen zurückzuführen. Das BAZG verzeichnet im Übrigen ebenfalls einen Rückgang der illegalen Aufenthalte in der Schweiz, obwohl unser Land keine Kontrollen an den Grenzen zu den Nachbarstaaten eingeführt hat (7134 Anhaltungen im September, 6543 im Oktober und rund 5000 im November, gemäss provisorischen Zahlen des BAZG). In den vergangenen Jahren wurde jeweils ein ähnlicher Rückgang festgestellt. Nicht zuletzt würde sich die Wiedereinführung von Grenzkontrollen negativ auf die rund 400 000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger auswirken, die täglich in die Schweiz einreisen.</span></p></div>
- <p>Die Schweiz befindet sich in einer schweren Flüchtlingskrise. Im letzten Jahr gab es mehr als 52 000 illegale Einreisen. Auch in diesem Jahr erreichen die monatlichen Zahlen Höchststände. Obwohl schon mehrfach verlangt wurde, die Grenzkontrollen zu verstärken, lehnte der Bundesrat dies konsequent ab. </p><p>Im Oktober führte Deutschland stationäre Grenzkontrollen an der Schweizer Grenze ein – und das, obwohl die Anzahl an illegalen Einreisen in Deutschland verglichen mit der Schweiz proportional kleiner ist. Diese Kontrollen werden angesichts ihrer Wirksamkeit weiterhin aufrechterhalten. Die deutsche Regierung erklärte, dass dadurch ein «unvergleichbar geringerer» bürokratischer Aufwand nötig sei. </p><p>Ich bitte den Bundesrat, die folgenden Fragen zu beantworten:</p><ol><li>In seiner Antwort auf die Frage 23.7622 sagte der Bundesrat, dass es rechtlich nicht möglich sei, an den Binnengrenzen des Schengen-Raums wieder systematische Kontrollen einzuführen. Ist er immer noch dieser Meinung? </li><li>Was wären die Voraussetzungen für Kontrollen, die nicht systematisch sind, aber dennoch auf bestimmte Grenzübergänge und bestimmte Fahrzeug- und Personenkategorien abzielen?</li><li>Deutschlands Methode hat sich bewährt, und die illegalen Einreisen sollen um die Hälfte zurückgegangen sein. Zieht der Bundesrat eine ähnliche Politik an bestimmten Stellen an der Schweizer Grenze in Betracht? Falls ja, wann und wie? Falls nein, warum nicht?</li><li>Falls der Bundesrat der Meinung ist, es sei nicht nötig, ähnliche Massnahmen einzuführen: Hat er gegen Deutschlands Entscheid protestiert? Welche Schritte wurden unternommen und welche Erklärungen wurden abgegeben, um Deutschland von Kontrollen an der Schweizer Grenze abzubringen? </li><li>In seiner Stellungnahme zur Interpellation 23.4070 meinte der Bundesrat, dass «die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen [...] höchstens einen marginalen Einfluss auf die irreguläre Sekundärmigration hat». Was ist die Position des Bundesrates in Bezug auf den markanten Rückgang der illegalen Einwanderung infolge der in Deutschland durchgeführten Kontrollen?</li><li>Hat der Bundesrat seit Oktober festgestellt, dass weniger illegale Migrantinnen und Migranten nach Deutschland weiterreisen beziehungsweise dass diese Personen vermehrt in der Schweiz bleiben? Unabhängig von solchen Beobachtungen: Welche Konsequenzen erwägt der Bundesrat als Reaktion auf Deutschlands Massnahmen, beziehungsweise was hat er unternommen oder wird er als Folge davon unternehmen?</li></ol>
- Grenzschliessungen: Eine sofortige Klärung der Situation ist notwendig
Back to List