Liefer- und Versorgungsengpässe im Tierarzneimittelbereich. Wie weiter im Schweizer Markt?
- ShortId
-
23.4375
- Id
-
20234375
- Updated
-
20.03.2024 15:07
- Language
-
de
- Title
-
Liefer- und Versorgungsengpässe im Tierarzneimittelbereich. Wie weiter im Schweizer Markt?
- AdditionalIndexing
-
52;2841;55
- 1
-
- PriorityCouncil1
-
Nationalrat
- Texts
-
- <p>Liefer- und Versorgungsengpässe bei Tierarzneimitteln (TAM) haben in den letzten Jahren zugenommen. Die Tierarztpraxen können auf die Mangellagen nicht rechtzeitig reagieren, weil es keinen Überblick über Beginn und Dauer der Engpässe gibt. In ihrem Bericht vom Mai 2022 (EFK-21439) hat die EFK dem BWL die Schaffung einer obligatorischen Meldestelle für TAM analog der Humanarzneimittel empfohlen. Bisher hat das BWL keine solche Meldestelle umgesetzt. Bei den Humanarzneimitteln wird die bestehende Meldeplattform durch eine moderne Variante abgelöst. Die TAM sollen dieselbe Lösung erhalten. </p><p>Die speziellen Vorgaben der Schweizerischen Heilmittelbehörde für den Schweizer Markt führen dazu, dass sich europäisch oder global agierende veterinärpharmazeutische Firmen gegen eine Registrierung in der Schweiz entschliessen, auch gegen die vereinfachte Zulassung. <br>Die Pharmakovigilanz /Marktüberwachung könnte bei der Übernahme von EU-Zulassungen über Kooperationsverträge mit EU-Ländern geregelt werden. Für Schweizer veterinärpharmazeutische Firmen verteuern die laufend steigenden Qualitätsanforderungen, insbesondere an die Endsterilität, die Produktion und führen dazu, dass sie die Herstellung von TAM aufgeben. Dabei gibt es keine Hinweise darauf, dass in den letzten 20 Jahren Nutztiere zu Schaden gekommen wären, weil TAM nach der sterilen Herstellung am Schluss nicht nochmals auf Sterilität geprüft worden sind.</p>
- <p>Die Ursachen für Engpässe bei Tierarzneimitteln sind vielfältig, meist länderübergreifend und häufig sind gleichzeitig Humanarzneimittel betroffen. Rohstoffknappheit, Produktionsunterbrüche, Qualitätsmängel des Endprodukts oder Probleme in der Lieferkette sind nur einige Beispiele.</p><p> </p><p>1. Zur Verbesserung der Therapiemöglichkeiten bei schlechter Versorgungslage mit Tierarzneimitteln hat der Bundesrat 2022 die Tierarzneimittelverordnung (SR 812.212.27) angepasst. Die administrativen Prozesse für die erforderlichen Meldungen und Bewilligungen für Arzneimittelimporte durch Tierärztinnen und Tierärzte wurden vereinfacht und die Importbedingungen erweitert.</p><p>2. Das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) wird bis Mitte 2024 mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) und der Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte eine Liste von lebenswichtigen Tierarzneimitteln zusammenstellen. Darauf aufbauend wird ein Verordnungsentwurf für eine erweiterte Melde- und Lagerpflicht bei Tierarzneimitteln ausgearbeitet. Parallel dazu prüft die Veterinärpharmabranche den Ausbau einer bestehenden, digitalen Plattform um Meldungen von Versorgungsstörungen zu erfassen und die Daten mit dem BWL zu teilen.<br>Der geplante Ausbau der Meldeplattform bei Humanarzneimitteln wird modular aufgebaut, so dass ein späterer Einbezug von Tierarzneimitteln ab ca. 2026 möglich ist.</p><p>3. In den Augen des Bundesrates eignet sich eine Übernahme von EMA-Zulassungen für Tierarzneimitteln nicht, um Versorgungsengpässe bedeutend zu vermindern: Kommt es zu Lieferengpässen, sind davon typischerweise Länder mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle gleichermassen betroffen wie die Schweiz. Dies, da einige wenige Hersteller den globalen Markt beliefern. In der Schweiz gibt es für Arzneimittel, welche in Ländern mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle zugelassen sind, bereits stark vereinfachte Zulassungsverfahren. Dabei verzichtet Swissmedic unter bestimmten Voraussetzungen komplett auf eine inhaltliche Prüfung der wissenschaftlichen Dokumentation. Damit Swissmedic im Rahmen der Marktüberwachung die Sicherheit der Anwenderinnen und Anwender resp. der Patientinnen und Patienten trotzdem gewährleisten kann, müssen im Ereignisfall rasch, selbstständig und unabhängig die richtigen Massnahmen eingeleitet werden können.<br>Dafür ist es unabdingbar, dass die Arzneimitteldokumentation vorliegt und Swissmedic die sicherheitsrelevanten Aspekte des Arzneimittels selbst überprüfen kann. Dies insbesondere, weil die Schweiz als Drittstaat kein Anrecht auf einen Zugriff auf die Sicherheits-Datenbank der EU (EudraVigilance) hat.</p><p>4. Für die Herstellung und den Vertrieb von Tierarzneimitteln für Nutztiere gelten in der Schweiz die gleichen Qualitätskriterien und Richtlinien wie in der EU. Eine Senkung dieser Kriterien würde das Qualitätsniveau der in der Schweiz hergestellten und vertriebenen Arzneimittel senken und die Schweiz im internationalen Kontext isolieren und ist daher keine praktikable Lösung.</p><p>Die betroffenen Stellen beim BWL, dem BLV und Swissmedic sind sich der Problematik von Versorgungsengpässen bei Tierarzneimitteln bewusst. Mögliche Massnahmen, um die Situation langfristig zu verbessern, erfordern eine sorgfältige Evaluation und werden in Zusammenarbeit der betroffenen Ämter sowie aller Beteiligter erarbeitet.</p>
- <p>Ich bitte den Bundesrat um Beantwortung der folgenden Fragen:</p><ol><li>Wie beurteilt der Bundesrat die Versorgung mit Tierarzneimitteln?</li><li>Wann wird die obligatorische Meldestelle für Liefer- und Versorgungsengpässe bei Tierarzneimittel entsprechend der Empfehlung der Eidgenössischen Finanzkontrolle umgesetzt? Kann der Bundesrat einen verbindlichen Projektplan mit Meilensteinen vorlegen? Wird die Meldestelle Tierarzneimittel in das Projekt zur neuen, unabhängigen modernen Meldestelle für Humanarzneimittel einbezogen und auf diesem Standard umgesetzt?</li><li>Kann sich der Bundesrat vorstellen, dass die Schweiz EU-Zulassungen im Tierarzneimittelbereich automatisch übernimmt?</li><li>Wie will der Bundesrat die inländische Produktion und damit die sicherere Versorgung mit Tierarzneimitteln für Nutztiere fördern, wenn diese Firmen dieselben Qualitätsanforderungen wie in der Humanmedizin erfüllen müssen, so dass eine Produktion aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr möglich ist?</li></ol>
- Liefer- und Versorgungsengpässe im Tierarzneimittelbereich. Wie weiter im Schweizer Markt?
- State
-
Erledigt
- Related Affairs
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- Drafts
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- Index
- 0
- Texts
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- <p>Liefer- und Versorgungsengpässe bei Tierarzneimitteln (TAM) haben in den letzten Jahren zugenommen. Die Tierarztpraxen können auf die Mangellagen nicht rechtzeitig reagieren, weil es keinen Überblick über Beginn und Dauer der Engpässe gibt. In ihrem Bericht vom Mai 2022 (EFK-21439) hat die EFK dem BWL die Schaffung einer obligatorischen Meldestelle für TAM analog der Humanarzneimittel empfohlen. Bisher hat das BWL keine solche Meldestelle umgesetzt. Bei den Humanarzneimitteln wird die bestehende Meldeplattform durch eine moderne Variante abgelöst. Die TAM sollen dieselbe Lösung erhalten. </p><p>Die speziellen Vorgaben der Schweizerischen Heilmittelbehörde für den Schweizer Markt führen dazu, dass sich europäisch oder global agierende veterinärpharmazeutische Firmen gegen eine Registrierung in der Schweiz entschliessen, auch gegen die vereinfachte Zulassung. <br>Die Pharmakovigilanz /Marktüberwachung könnte bei der Übernahme von EU-Zulassungen über Kooperationsverträge mit EU-Ländern geregelt werden. Für Schweizer veterinärpharmazeutische Firmen verteuern die laufend steigenden Qualitätsanforderungen, insbesondere an die Endsterilität, die Produktion und führen dazu, dass sie die Herstellung von TAM aufgeben. Dabei gibt es keine Hinweise darauf, dass in den letzten 20 Jahren Nutztiere zu Schaden gekommen wären, weil TAM nach der sterilen Herstellung am Schluss nicht nochmals auf Sterilität geprüft worden sind.</p>
- <p>Die Ursachen für Engpässe bei Tierarzneimitteln sind vielfältig, meist länderübergreifend und häufig sind gleichzeitig Humanarzneimittel betroffen. Rohstoffknappheit, Produktionsunterbrüche, Qualitätsmängel des Endprodukts oder Probleme in der Lieferkette sind nur einige Beispiele.</p><p> </p><p>1. Zur Verbesserung der Therapiemöglichkeiten bei schlechter Versorgungslage mit Tierarzneimitteln hat der Bundesrat 2022 die Tierarzneimittelverordnung (SR 812.212.27) angepasst. Die administrativen Prozesse für die erforderlichen Meldungen und Bewilligungen für Arzneimittelimporte durch Tierärztinnen und Tierärzte wurden vereinfacht und die Importbedingungen erweitert.</p><p>2. Das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) wird bis Mitte 2024 mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) und der Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte eine Liste von lebenswichtigen Tierarzneimitteln zusammenstellen. Darauf aufbauend wird ein Verordnungsentwurf für eine erweiterte Melde- und Lagerpflicht bei Tierarzneimitteln ausgearbeitet. Parallel dazu prüft die Veterinärpharmabranche den Ausbau einer bestehenden, digitalen Plattform um Meldungen von Versorgungsstörungen zu erfassen und die Daten mit dem BWL zu teilen.<br>Der geplante Ausbau der Meldeplattform bei Humanarzneimitteln wird modular aufgebaut, so dass ein späterer Einbezug von Tierarzneimitteln ab ca. 2026 möglich ist.</p><p>3. In den Augen des Bundesrates eignet sich eine Übernahme von EMA-Zulassungen für Tierarzneimitteln nicht, um Versorgungsengpässe bedeutend zu vermindern: Kommt es zu Lieferengpässen, sind davon typischerweise Länder mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle gleichermassen betroffen wie die Schweiz. Dies, da einige wenige Hersteller den globalen Markt beliefern. In der Schweiz gibt es für Arzneimittel, welche in Ländern mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle zugelassen sind, bereits stark vereinfachte Zulassungsverfahren. Dabei verzichtet Swissmedic unter bestimmten Voraussetzungen komplett auf eine inhaltliche Prüfung der wissenschaftlichen Dokumentation. Damit Swissmedic im Rahmen der Marktüberwachung die Sicherheit der Anwenderinnen und Anwender resp. der Patientinnen und Patienten trotzdem gewährleisten kann, müssen im Ereignisfall rasch, selbstständig und unabhängig die richtigen Massnahmen eingeleitet werden können.<br>Dafür ist es unabdingbar, dass die Arzneimitteldokumentation vorliegt und Swissmedic die sicherheitsrelevanten Aspekte des Arzneimittels selbst überprüfen kann. Dies insbesondere, weil die Schweiz als Drittstaat kein Anrecht auf einen Zugriff auf die Sicherheits-Datenbank der EU (EudraVigilance) hat.</p><p>4. Für die Herstellung und den Vertrieb von Tierarzneimitteln für Nutztiere gelten in der Schweiz die gleichen Qualitätskriterien und Richtlinien wie in der EU. Eine Senkung dieser Kriterien würde das Qualitätsniveau der in der Schweiz hergestellten und vertriebenen Arzneimittel senken und die Schweiz im internationalen Kontext isolieren und ist daher keine praktikable Lösung.</p><p>Die betroffenen Stellen beim BWL, dem BLV und Swissmedic sind sich der Problematik von Versorgungsengpässen bei Tierarzneimitteln bewusst. Mögliche Massnahmen, um die Situation langfristig zu verbessern, erfordern eine sorgfältige Evaluation und werden in Zusammenarbeit der betroffenen Ämter sowie aller Beteiligter erarbeitet.</p>
- <p>Ich bitte den Bundesrat um Beantwortung der folgenden Fragen:</p><ol><li>Wie beurteilt der Bundesrat die Versorgung mit Tierarzneimitteln?</li><li>Wann wird die obligatorische Meldestelle für Liefer- und Versorgungsengpässe bei Tierarzneimittel entsprechend der Empfehlung der Eidgenössischen Finanzkontrolle umgesetzt? Kann der Bundesrat einen verbindlichen Projektplan mit Meilensteinen vorlegen? Wird die Meldestelle Tierarzneimittel in das Projekt zur neuen, unabhängigen modernen Meldestelle für Humanarzneimittel einbezogen und auf diesem Standard umgesetzt?</li><li>Kann sich der Bundesrat vorstellen, dass die Schweiz EU-Zulassungen im Tierarzneimittelbereich automatisch übernimmt?</li><li>Wie will der Bundesrat die inländische Produktion und damit die sicherere Versorgung mit Tierarzneimitteln für Nutztiere fördern, wenn diese Firmen dieselben Qualitätsanforderungen wie in der Humanmedizin erfüllen müssen, so dass eine Produktion aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr möglich ist?</li></ol>
- Liefer- und Versorgungsengpässe im Tierarzneimittelbereich. Wie weiter im Schweizer Markt?
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