Vortrittsberechtigte Fahrzeuge. Sirenen in der Nacht schaden der Gesundheit der Bevölkerung

ShortId
23.4381
Id
20234381
Updated
26.03.2024 20:53
Language
de
Title
Vortrittsberechtigte Fahrzeuge. Sirenen in der Nacht schaden der Gesundheit der Bevölkerung
AdditionalIndexing
48;09;2841;52
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <p>Niemand bestreitet, dass es gerechtfertigt ist, dass vortrittsberechtige Fahrzeuge (Sanität, Feuerwehr, Polizei und Zoll) von den Vortrittsregeln im Strassenverkehr abweichen können, wenn dies für ihre Einsätze erforderlich ist. Und diese Verstösse müssen aufgrund des übergeordneten öffentlichen Interesses möglich sein, ohne die Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden zu gefährden. In diesem Zusammenhang bestimmt Artikel 27 Absatz 2 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG; SR 741.01), dass die Strasse sofort freigegeben werden muss und die Fahrzeuge nötigenfalls anzuhalten sind, wenn die besonderen Warnsignale eingeschaltet werden.</p><p>Nach Artikel 16 Absatz 1 der Verkehrsregelnverordnung (VRV; SR 741.11) gilt der Vortritt nur dann, wenn Blaulicht UND Wechselklanghorn gemeinsam verwendet werden.</p><p>Diese Anforderung hat zur Folge, dass Fahrerinnen und Fahrer von vortrittsberechtigten Fahrzeugen bei dringlichen Fahrten bei Tag und bei Nacht konsequent Blaulicht UND Sirene verwenden, und das oft auch, wenn ihnen die Ampeln an Kreuzungen sowieso den Vortritt gewähren.</p><p>Das Parlament befasst sich regelmässig mit Gesetzen, die die Bevölkerung vor vermeidbarer Lärmbelastung schützen sollen, um die Lebensqualität und die Gesundheit zu verbessern. Daher sollten die Vorschriften in diesem Bereich überdacht werden.</p><p>Bei dringlichen Fahrten mitten in der Nacht, wenn die grosse Mehrheit der Bevölkerung schläft und es nur wenig Strassenverkehr hat, werden oft Tausende Einwohnerinnen und Einwohner, insbesondere in städtischen Gebieten oder in der Nähe von Spitälern, aus ihrem erholsamen Schlaf gerissen, was Auswirkungen auf ihre Gesundheit hat – und ohne dass sich diese Massnahme für die öffentliche Sicherheit mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit vereinbaren lässt.</p><p>Dies gilt umso mehr, als das Blaulicht bei Nacht aus grosser Entfernung sichtbar ist und die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmenden sofort auf sich zieht, ohne dass zusätzlich ein akustisches Warnsignal erforderlich ist, dessen Lautstärke an die Umgebungsgeräusche am Tag angepasst ist.</p><p>Aus diesen Gründen und soweit das Gesetz nicht die Verwendung beider besonderen Warnsignale voraussetzt, um den Vortritt zu erhalten, wird der Bundesrat beauftragt, Artikel 16 Absatz 1 VRV so anzupassen, dass die Pflicht, das Wechselklanghorn und das Blaulicht gemeinsam zu verwenden, um bei dringlichen Fahrten den Vortritt zu erhalten, während bestimmter Nachtstunden, genauer gesagt von 22 Uhr bis 6 Uhr, aufgehoben wird, damit die Bevölkerung die für ihre Gesundheit notwendige Nachtruhe erhält.</p>
  • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Seit 2019 sieht das Bundesrecht in Artikel 16 Absatz 4 der Verkehrsregelnverordnung (VRV; SR 741.11) vor, dass bei dringlichen Dienstfahrten in der Nacht das Blaulicht ohne Wechsel-klanghorn verwendet werden darf. Dies, solange die Fahrzeugführenden nicht wesentlich von den Verkehrsregeln abweichen und ihr besonderes Vortrittsrecht nicht beanspruchen. Diese Regelung stiess bei den Vernehmlassungsteilnehmenden auf Zustimmung. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Beim Befahren von Kreuzungen beispielsweise ist die Kombination von Blaulicht und Wech-selklanghorn aber auch in der Nacht ein notwendiges und geeignetes Mittel, um Einsatzfahr-zeuge anzukündigen und ihnen den Vortritt zu verschaffen. Würde hier ausschliesslich Blau-licht verwendet, wäre das Unfallrisiko signifikant erhöht. Gerade bei Verzweigungen können andere Strassenbenützende das vortrittsberechtigte Fahrzeug und sein Blaulicht erst im letz-ten Moment erkennen. Dies unter anderem auch, weil Einsatzfahrzeuge oft mit hoher Ge-schwindigkeit unterwegs sind. Zudem könnten zum Beispiel zu Fuss gehende Sehbehinderte oder Blinde die Einsatzfahrzeuge nicht mehr rechtzeitig bemerken und wären etwa beim Queren von Fussgängerstreifen gefährdet. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Auch nach dem internationalen Übereinkommen vom 8. November 1968 über den Strassen-verkehr (SR 0.741.10) müssen sich Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Wechselklanghorn ankündigen, um Vortritt zu haben (Art. 34 Ziff. 1 des Übereinkommens). Eine nationale Vor-schrift, wonach nachts Blaulicht allein für den besonderen Vortritt genügen würde, stünde im Widerspruch zum internationalen Recht. Weil diese Besonderheit ausländischen Fahrzeugführenden in der Schweiz kaum bekannt wäre, würde die Verkehrssicherheit auch dadurch beeinträchtigt.</span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Verkehrsregelnverordnung (VRV) so anzupassen, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen berücksichtigt werden, verursacht durch die Sirenen von vortrittsberechtigten Fahrzeugen, die während der Schlafenszeit der Bevölkerung eingeschaltet werden.</p>
  • Vortrittsberechtigte Fahrzeuge. Sirenen in der Nacht schaden der Gesundheit der Bevölkerung
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Niemand bestreitet, dass es gerechtfertigt ist, dass vortrittsberechtige Fahrzeuge (Sanität, Feuerwehr, Polizei und Zoll) von den Vortrittsregeln im Strassenverkehr abweichen können, wenn dies für ihre Einsätze erforderlich ist. Und diese Verstösse müssen aufgrund des übergeordneten öffentlichen Interesses möglich sein, ohne die Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden zu gefährden. In diesem Zusammenhang bestimmt Artikel 27 Absatz 2 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG; SR 741.01), dass die Strasse sofort freigegeben werden muss und die Fahrzeuge nötigenfalls anzuhalten sind, wenn die besonderen Warnsignale eingeschaltet werden.</p><p>Nach Artikel 16 Absatz 1 der Verkehrsregelnverordnung (VRV; SR 741.11) gilt der Vortritt nur dann, wenn Blaulicht UND Wechselklanghorn gemeinsam verwendet werden.</p><p>Diese Anforderung hat zur Folge, dass Fahrerinnen und Fahrer von vortrittsberechtigten Fahrzeugen bei dringlichen Fahrten bei Tag und bei Nacht konsequent Blaulicht UND Sirene verwenden, und das oft auch, wenn ihnen die Ampeln an Kreuzungen sowieso den Vortritt gewähren.</p><p>Das Parlament befasst sich regelmässig mit Gesetzen, die die Bevölkerung vor vermeidbarer Lärmbelastung schützen sollen, um die Lebensqualität und die Gesundheit zu verbessern. Daher sollten die Vorschriften in diesem Bereich überdacht werden.</p><p>Bei dringlichen Fahrten mitten in der Nacht, wenn die grosse Mehrheit der Bevölkerung schläft und es nur wenig Strassenverkehr hat, werden oft Tausende Einwohnerinnen und Einwohner, insbesondere in städtischen Gebieten oder in der Nähe von Spitälern, aus ihrem erholsamen Schlaf gerissen, was Auswirkungen auf ihre Gesundheit hat – und ohne dass sich diese Massnahme für die öffentliche Sicherheit mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit vereinbaren lässt.</p><p>Dies gilt umso mehr, als das Blaulicht bei Nacht aus grosser Entfernung sichtbar ist und die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmenden sofort auf sich zieht, ohne dass zusätzlich ein akustisches Warnsignal erforderlich ist, dessen Lautstärke an die Umgebungsgeräusche am Tag angepasst ist.</p><p>Aus diesen Gründen und soweit das Gesetz nicht die Verwendung beider besonderen Warnsignale voraussetzt, um den Vortritt zu erhalten, wird der Bundesrat beauftragt, Artikel 16 Absatz 1 VRV so anzupassen, dass die Pflicht, das Wechselklanghorn und das Blaulicht gemeinsam zu verwenden, um bei dringlichen Fahrten den Vortritt zu erhalten, während bestimmter Nachtstunden, genauer gesagt von 22 Uhr bis 6 Uhr, aufgehoben wird, damit die Bevölkerung die für ihre Gesundheit notwendige Nachtruhe erhält.</p>
    • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Seit 2019 sieht das Bundesrecht in Artikel 16 Absatz 4 der Verkehrsregelnverordnung (VRV; SR 741.11) vor, dass bei dringlichen Dienstfahrten in der Nacht das Blaulicht ohne Wechsel-klanghorn verwendet werden darf. Dies, solange die Fahrzeugführenden nicht wesentlich von den Verkehrsregeln abweichen und ihr besonderes Vortrittsrecht nicht beanspruchen. Diese Regelung stiess bei den Vernehmlassungsteilnehmenden auf Zustimmung. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Beim Befahren von Kreuzungen beispielsweise ist die Kombination von Blaulicht und Wech-selklanghorn aber auch in der Nacht ein notwendiges und geeignetes Mittel, um Einsatzfahr-zeuge anzukündigen und ihnen den Vortritt zu verschaffen. Würde hier ausschliesslich Blau-licht verwendet, wäre das Unfallrisiko signifikant erhöht. Gerade bei Verzweigungen können andere Strassenbenützende das vortrittsberechtigte Fahrzeug und sein Blaulicht erst im letz-ten Moment erkennen. Dies unter anderem auch, weil Einsatzfahrzeuge oft mit hoher Ge-schwindigkeit unterwegs sind. Zudem könnten zum Beispiel zu Fuss gehende Sehbehinderte oder Blinde die Einsatzfahrzeuge nicht mehr rechtzeitig bemerken und wären etwa beim Queren von Fussgängerstreifen gefährdet. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Auch nach dem internationalen Übereinkommen vom 8. November 1968 über den Strassen-verkehr (SR 0.741.10) müssen sich Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Wechselklanghorn ankündigen, um Vortritt zu haben (Art. 34 Ziff. 1 des Übereinkommens). Eine nationale Vor-schrift, wonach nachts Blaulicht allein für den besonderen Vortritt genügen würde, stünde im Widerspruch zum internationalen Recht. Weil diese Besonderheit ausländischen Fahrzeugführenden in der Schweiz kaum bekannt wäre, würde die Verkehrssicherheit auch dadurch beeinträchtigt.</span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, die Verkehrsregelnverordnung (VRV) so anzupassen, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen berücksichtigt werden, verursacht durch die Sirenen von vortrittsberechtigten Fahrzeugen, die während der Schlafenszeit der Bevölkerung eingeschaltet werden.</p>
    • Vortrittsberechtigte Fahrzeuge. Sirenen in der Nacht schaden der Gesundheit der Bevölkerung

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