Demokratie und Datenschutz. Welches Recht gilt in Bezug auf die sehr grossen Online-Plattformen?

ShortId
23.4429
Id
20234429
Updated
26.03.2024 21:10
Language
de
Title
Demokratie und Datenschutz. Welches Recht gilt in Bezug auf die sehr grossen Online-Plattformen?
AdditionalIndexing
04;34;1236
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die Schweizer Bevölkerung informiert sich zunehmend über Kommunikationsplattformen wie Facebook, YouTube und Google. Grosse Kommunikationsplattformen und Suchmaschinen beeinflussen damit vermehrt die öffentliche Debatte, sind heute aber kaum reguliert. Am 5. April 2023 hat der Bundesrat deshalb das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK beauftragt, unter Einbezug des Bundesamtes für Justiz (BJ) eine Vernehmlassungsvorlage zur Regulierung der Kommunikationsplattformen auszuarbeiten und dem Bundesrat bis Ende März 2024 vorzulegen. Die neuen Bestimmungen sollen sich, wo sinnvoll, an den Regeln des Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union orientieren. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; text-decoration:underline">Zur Frage 1</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Datenschutzrechtliche Belange werden nicht Gegenstand der zu erarbeitenden Vernehmlassungsvorlage sein. Die Prinzipien des Datenschutzes gelten grundsätzlich für alle verantwortlichen Datenbearbeiter gemäss Schweizer Datenschutzgesetz (DSG), auch für solche im Ausland (Art. 3 DSG). Dieses verpflichtet private Personen dazu, die Grundsätze der Datenbearbeitung einzuhalten (Art. 6 DSG), die Datensicherheit zu gewährleisten (Art. 8 DSG) und die</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Bearbeitung auf das nötige Mindestmass zu beschränken (Art. 7 DSG). Sind die Voraussetzungen nach Art. 14 DSG erfüllt, sind private Personen mit Sitz oder Wohnsitz im Ausland verpflichtet, in der Schweiz eine Vertretung zu bezeichnen, wenn sie Personendaten von Personen in der Schweiz bearbeiten.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; text-decoration:underline">Zur Frage 2</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Der DSA verpflichtet sehr grosse Plattformen zu Transparenz- und Risikobewertungsberichten, die u.a. Auskunft geben über ihre Moderationspraxis und die Auswirkung ihrer Systeme auf gesellschaftliche Debatten und Wahlprozesse. Zudem sieht der DSA den Zugang zu Daten der Plattformen für Aufsichtsbehörden und Forschung vor, um eine umfassende Aufsicht zu gewährleisten. An diesen Bestimmungen wird sich auch die Vernehmlassungsvorlage für die Schweiz orientieren.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Darüber hinaus erarbeitet das VBS unter Beizug verschiedener Bundesämter aus anderen Departementen den Bericht zum Postulat 22.3006 «Beeinflussungsaktivitäten und Desinformation» der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; text-decoration:underline">Zur Frage 3</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die zu erarbeitende Vernehmlassungsvorlage soll die Rechte der Nutzenden gegenüber den Intermediären stärken und verlangt mehr Transparenz. Zudem soll sie den Schutz der Bevölkerung verbessern. Dazu auferlegt sie den Plattformen Rechenschaftspflichten, unterstellt sie einer Aufsicht und führt Durchsetzungsmechanismen zur Überprüfung der Sorgfaltspflichten ein. Damit trägt sie zu einer Stärkung der Kommunikationsgrundrechte und einer gut funktionierenden öffentlichen Debatte bei. </span></p></div>
  • <p>Soziale Netzwerke spielen bei der Meinungsbildung eine wichtige Rolle. Die riesigen Online-Plattformen haben eine beträchtliche Macht bei der Festlegung von Algorithmen, der Moderation von Inhalten, der Transparenz und der Strukturierung des Austauschs.</p><p>&nbsp;</p><p>Die EU-Verordnung über digitale Dienstleistungen (<i>Digital Services Act</i> oder DSA) wurde im Jahr 2022 verabschiedet. Sie definiert die sehr grosse Online-Plattform als <span style="color:black;"><i>"Hostingdienst, der im Auftrag eines Nutzers Informationen speichert und öffentlich verbreitet (...)</i></span><span style="color:#333333;"><i>und eine durchschnittliche monatliche Zahl von mindestens 45 Millionen aktiven Nutzern in der Union hat.</i></span> <span style="color:black;"><i>"</i>(Art. 3 Bst. i und 33 Abs. 1 der EU-Verordnung über digitale Dienstleistungen) Diese Verordnung ist seit August 2023 in Kraft. Die Europäische Kommission hat 17 Plattformen bezeichnet, die in diese Kategorie fallen, darunter Facebook, Instagram, LinkedIn, SnapChat, TikTok und X. Aufgrund des systemischen Risikos, das sie darstellen, unterliegen sie mehreren Verpflichtungen. Zu vermeiden sind insbesondere: tatsächliche oder vorhersehbare negative Auswirkungen auf den öffentlichen Diskurs, den Wahlprozess und die Ausübung von Grundrechten wie Datenschutz, Informations- und Meinungsfreiheit. Geldstrafen von bis zu 6 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes sind möglich. Diesen Herbst weckte ein 660 000 Mal auf X angesehenes Video, das einen Mann mit dunklem Gesicht beim Urinieren vor einem gut besuchten Café in Baden (AG) zeigte, den Verdacht, dass Russland die eidgenössischen Wahlen zu beeinflussen versuchte. Schliesslich hat die Europäische Kommission eine Untersuchung gegen das soziale Netzwerk X eingeleitet, das wegen der unzureichenden Anzahl von Moderatorinnen und Moderatoren und der mangelnden Effizienz bei der Meldung missbräuchlicher Inhalte angeklagt wurde.</span></p><p>&nbsp;</p><p><span style="color:black;">Der Bundesrat wird um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:</span></p><p>&nbsp;</p><ul><li>Welche Garantien verlangt der Bundesrat von den sehr grossen Plattformen in Bezug auf den Schutz der persönlichen und der besonders schützenswerten Daten der Nutzerinnen und Nutzer bei Abstimmungen und Wahlen?</li><li>Welches Monitoring verlangt der Bundesrat von den sehr grossen Plattformen, um ausländische Beeinflussung von Wahlen und Volksabstimmungen zu verhindern?</li><li>Beabsichtigt der Bundesrat angesichts der sehr grossen Online-Plattformen und der damit verbundenen systemischen Risiken für die freie Meinungsbildung, eine Stärkung der Grundrechte von Internetnutzerinnen und -nutzern vorzuschlagen (Wahlprozesse, Volksabstimmungen)?</li></ul>
  • Demokratie und Datenschutz. Welches Recht gilt in Bezug auf die sehr grossen Online-Plattformen?
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die Schweizer Bevölkerung informiert sich zunehmend über Kommunikationsplattformen wie Facebook, YouTube und Google. Grosse Kommunikationsplattformen und Suchmaschinen beeinflussen damit vermehrt die öffentliche Debatte, sind heute aber kaum reguliert. Am 5. April 2023 hat der Bundesrat deshalb das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK beauftragt, unter Einbezug des Bundesamtes für Justiz (BJ) eine Vernehmlassungsvorlage zur Regulierung der Kommunikationsplattformen auszuarbeiten und dem Bundesrat bis Ende März 2024 vorzulegen. Die neuen Bestimmungen sollen sich, wo sinnvoll, an den Regeln des Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union orientieren. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; text-decoration:underline">Zur Frage 1</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Datenschutzrechtliche Belange werden nicht Gegenstand der zu erarbeitenden Vernehmlassungsvorlage sein. Die Prinzipien des Datenschutzes gelten grundsätzlich für alle verantwortlichen Datenbearbeiter gemäss Schweizer Datenschutzgesetz (DSG), auch für solche im Ausland (Art. 3 DSG). Dieses verpflichtet private Personen dazu, die Grundsätze der Datenbearbeitung einzuhalten (Art. 6 DSG), die Datensicherheit zu gewährleisten (Art. 8 DSG) und die</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Bearbeitung auf das nötige Mindestmass zu beschränken (Art. 7 DSG). Sind die Voraussetzungen nach Art. 14 DSG erfüllt, sind private Personen mit Sitz oder Wohnsitz im Ausland verpflichtet, in der Schweiz eine Vertretung zu bezeichnen, wenn sie Personendaten von Personen in der Schweiz bearbeiten.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; text-decoration:underline">Zur Frage 2</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Der DSA verpflichtet sehr grosse Plattformen zu Transparenz- und Risikobewertungsberichten, die u.a. Auskunft geben über ihre Moderationspraxis und die Auswirkung ihrer Systeme auf gesellschaftliche Debatten und Wahlprozesse. Zudem sieht der DSA den Zugang zu Daten der Plattformen für Aufsichtsbehörden und Forschung vor, um eine umfassende Aufsicht zu gewährleisten. An diesen Bestimmungen wird sich auch die Vernehmlassungsvorlage für die Schweiz orientieren.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Darüber hinaus erarbeitet das VBS unter Beizug verschiedener Bundesämter aus anderen Departementen den Bericht zum Postulat 22.3006 «Beeinflussungsaktivitäten und Desinformation» der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; text-decoration:underline">Zur Frage 3</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die zu erarbeitende Vernehmlassungsvorlage soll die Rechte der Nutzenden gegenüber den Intermediären stärken und verlangt mehr Transparenz. Zudem soll sie den Schutz der Bevölkerung verbessern. Dazu auferlegt sie den Plattformen Rechenschaftspflichten, unterstellt sie einer Aufsicht und führt Durchsetzungsmechanismen zur Überprüfung der Sorgfaltspflichten ein. Damit trägt sie zu einer Stärkung der Kommunikationsgrundrechte und einer gut funktionierenden öffentlichen Debatte bei. </span></p></div>
    • <p>Soziale Netzwerke spielen bei der Meinungsbildung eine wichtige Rolle. Die riesigen Online-Plattformen haben eine beträchtliche Macht bei der Festlegung von Algorithmen, der Moderation von Inhalten, der Transparenz und der Strukturierung des Austauschs.</p><p>&nbsp;</p><p>Die EU-Verordnung über digitale Dienstleistungen (<i>Digital Services Act</i> oder DSA) wurde im Jahr 2022 verabschiedet. Sie definiert die sehr grosse Online-Plattform als <span style="color:black;"><i>"Hostingdienst, der im Auftrag eines Nutzers Informationen speichert und öffentlich verbreitet (...)</i></span><span style="color:#333333;"><i>und eine durchschnittliche monatliche Zahl von mindestens 45 Millionen aktiven Nutzern in der Union hat.</i></span> <span style="color:black;"><i>"</i>(Art. 3 Bst. i und 33 Abs. 1 der EU-Verordnung über digitale Dienstleistungen) Diese Verordnung ist seit August 2023 in Kraft. Die Europäische Kommission hat 17 Plattformen bezeichnet, die in diese Kategorie fallen, darunter Facebook, Instagram, LinkedIn, SnapChat, TikTok und X. Aufgrund des systemischen Risikos, das sie darstellen, unterliegen sie mehreren Verpflichtungen. Zu vermeiden sind insbesondere: tatsächliche oder vorhersehbare negative Auswirkungen auf den öffentlichen Diskurs, den Wahlprozess und die Ausübung von Grundrechten wie Datenschutz, Informations- und Meinungsfreiheit. Geldstrafen von bis zu 6 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes sind möglich. Diesen Herbst weckte ein 660 000 Mal auf X angesehenes Video, das einen Mann mit dunklem Gesicht beim Urinieren vor einem gut besuchten Café in Baden (AG) zeigte, den Verdacht, dass Russland die eidgenössischen Wahlen zu beeinflussen versuchte. Schliesslich hat die Europäische Kommission eine Untersuchung gegen das soziale Netzwerk X eingeleitet, das wegen der unzureichenden Anzahl von Moderatorinnen und Moderatoren und der mangelnden Effizienz bei der Meldung missbräuchlicher Inhalte angeklagt wurde.</span></p><p>&nbsp;</p><p><span style="color:black;">Der Bundesrat wird um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:</span></p><p>&nbsp;</p><ul><li>Welche Garantien verlangt der Bundesrat von den sehr grossen Plattformen in Bezug auf den Schutz der persönlichen und der besonders schützenswerten Daten der Nutzerinnen und Nutzer bei Abstimmungen und Wahlen?</li><li>Welches Monitoring verlangt der Bundesrat von den sehr grossen Plattformen, um ausländische Beeinflussung von Wahlen und Volksabstimmungen zu verhindern?</li><li>Beabsichtigt der Bundesrat angesichts der sehr grossen Online-Plattformen und der damit verbundenen systemischen Risiken für die freie Meinungsbildung, eine Stärkung der Grundrechte von Internetnutzerinnen und -nutzern vorzuschlagen (Wahlprozesse, Volksabstimmungen)?</li></ul>
    • Demokratie und Datenschutz. Welches Recht gilt in Bezug auf die sehr grossen Online-Plattformen?

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