Lohngleichheitsanalyse. Unternehmen vor Falschanschuldigungen schützen
- ShortId
-
23.4437
- Id
-
20234437
- Updated
-
05.03.2024 15:18
- Language
-
de
- Title
-
Lohngleichheitsanalyse. Unternehmen vor Falschanschuldigungen schützen
- AdditionalIndexing
-
44;2841
- 1
-
- PriorityCouncil1
-
Nationalrat
- Texts
-
- <p>Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden sind verpflichtet, die Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern mittels einer wissenschaftlichen und rechtskonformen Methode statistisch zu überprüfen. Der Bund stellt hierfür das kostenlose Analyseinstrument Logib zur Verfügung. Das Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) hat beschlossen, den sogenannten zweiten Signifikanztest im Logib abzuschaffen. </p><p>Ein Signifikanztest ist ein elementarer Bestandteil eines ökonomisch-statistischen Analyseinstruments wie Logib. Der Signifikanztest berücksichtigt im Ergebnis den statistischen Unschärfebereich und trägt damit entscheidend zur Genauigkeit und damit Glaubwürdigkeit des Analyseinstruments bei. Bei Logib kommen zwei Signifikanztests zur Anwendung. Der erste Signifikanztest ist auch von Seiten EBG unbestritten. Entfällt beim Logib der zweite Signifikanztest, wie vom EBG per 1. Januar 2024 beschlossen, werden gewisse Unternehmen als diskriminierend eingestuft, selbst wenn das Analyseergebnis nur aufgrund der statistischen Ungenauigkeit der Schätzung so hoch ausgefallen ist. Umso unverständlicher ist der Entscheid des EBG, den zweiten Signifikanztest aufzuheben. </p><p>Die wissenschaftliche Aussagekraft von Logib hängt entscheidend davon ab, welche Merkmale in die Lohnanalyse einfliessen. Das Alter wird als Merkmal berücksichtigt, es fehlen aber wichtige Merkmale wie etwa GAV-Mindestlöhne oder die effektive Berufserfahrung, Erwerbsunterbrüche sowie Sprach- und Sozialkompetenzen. Das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse wird mangels Berücksichtigung dieser Merkmale wesentlich verzerrt. Der zweite Signifikanztest gleicht unter anderem diese Verzerrungen aus und korrigiert die ausgewiesenen methodischen Schwächen von Logib. Würde er abgeschafft, so würde Logib vielen Unternehmen ungerechtfertigt eine Diskriminierung bescheinigen. Da Unternehmen, denen eine Lohndiskriminierung bescheinigt wird, von Vergabeprozessen von Aufträgen des öffentlichen Beschaffungswesens ausgeschlossen sind, wären die Konsequenzen einer ungerechtfertigten Lohndiskriminierungsfeststellung fatal. </p>
- <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GIG; SR 151.1) betreffend die Lohngleichheitsanalyse sind Arbeitgebende mit 100 oder mehr Arbeitnehmenden verpflichtet, eine Lohngleichheitsanalyse mit einer wissenschaftlichen und rechtskonformen Methode durchzuführen (Art. 13</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">c</span><span style="font-family:Arial"> Abs. 1 GIG). Der Bund stellt hierfür ein kostenloses Standard-Analyse-Tool (Logib) zur Verfügung (Art. 13</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">c</span><span style="font-family:Arial"> Abs. 2 GIG). Die Lohngleichheitsanalysen nach Art. 13</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">a</span><span style="font-family:Arial"> GIG können aber auch mit anderen Methoden durchgeführt werden, sofern diese wissenschaftlich und rechtskonform sind (Art. 13</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">c </span><span style="font-family:Arial">Abs. 1 GIG).</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Betreffend die von der Motionärin genannten Faktoren wie Beschäftigungsgrad in der Berufskarriere, Weiterbildungen, Sprachkenntnisse und Führungserfahrungen hat der Bundesrat in seinem Bericht vom 18. November 2015 in Erfüllung des Postulats 14.3388 Noser «Erhebung zur Lohngleichheit. Verbesserung der Aussagekraft» festgehalten, dass diese ein Diskriminierungspotential beinhalten und nicht geeignet sind, um als Faktoren in Logib aufgenommen zu werden. Zudem wäre der Erhebungsaufwand für die Unternehmen, insbesondere für die KMU, zu hoch. Diese Feststellungen gelten heute noch. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">In Erfüllung des Postulats 20.4263 der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats «Strategie zur Stärkung der Charta der Lohngleichheit» wurde das EDI (EBG) unter anderem beauftragt, die Toleranzschwelle (5 %), bei deren Überschreitung die Lohngleichheit nicht mehr gegeben ist, zu überprüfen. Im Hinblick darauf hat das EBG verschiedene Studien und ergänzende ökonometrische Simulationsstudien in Auftrag gegeben. Diese zeigen, dass die methodisch sehr ungewöhnliche Kombination einer Toleranzschwelle von 5% mit einem zweifachen Signifikanztest die Fähigkeit, bestehende Lohndifferenzen auszuweisen, stark einschränkt. Dies führt dazu, dass selbst erhebliche geschlechtsspezifische Lohndifferenzen von 10% oder mehr nicht identifiziert werden. Aufgrund dieser Ergebnisse hat das EDI beschlossen, ab 2024 von einer Kombination mit einem zweiten Signifikanztest für die Höhe von 5% abzusehen. Das Risiko von fälschlicherweise ausgewiesenen geschlechtsspezifischen Lohndifferenzen bleibt sehr tief, da der Wechsel von einem doppelten auf einen einfachen Signifikanztest mit Begleitmassnahmen wie zum Beispiel die Flexibilisierung der arbeitsplatzbezogenen Variablen durch mehr Stufen im Anforderungsniveau sowie eine Hilfestellung für Arbeitgebende flankiert wird.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Mit der Anpassung in Logib betreffend den zweiten Signifikanztest ändert sich nichts an den bestehenden gesetzlichen Regelungen im GIG bezüglich der Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse. Die Analyseergebnisse müssen keiner Behörde übermittelt werden und es sind keine Sanktionen vorgesehen. Gestützt auf die obigen Ausführungen sieht der Bundesrat keine Notwendigkeit, die Bestimmungen des GIG anzupassen. </span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
- <p><span style="color:black;">Der Bundesrat wird beauftragt, die Regelungen zur Lohngleichheitsanalyse im Rahmen des Gleichstellungsgesetzes wie folgt anzupassen: </span><br><span style="color:black;">Der bisher im Verfahren des kostenlosen Standard-Analyse-Tools (Logib) angewandte zweite Signifikanztest wird bis zum 30. Juni 2032 unverändert beibehalten. </span> </p>
- Lohngleichheitsanalyse. Unternehmen vor Falschanschuldigungen schützen
- State
-
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
- Related Affairs
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- Drafts
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- Index
- 0
- Texts
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- <p>Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden sind verpflichtet, die Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern mittels einer wissenschaftlichen und rechtskonformen Methode statistisch zu überprüfen. Der Bund stellt hierfür das kostenlose Analyseinstrument Logib zur Verfügung. Das Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) hat beschlossen, den sogenannten zweiten Signifikanztest im Logib abzuschaffen. </p><p>Ein Signifikanztest ist ein elementarer Bestandteil eines ökonomisch-statistischen Analyseinstruments wie Logib. Der Signifikanztest berücksichtigt im Ergebnis den statistischen Unschärfebereich und trägt damit entscheidend zur Genauigkeit und damit Glaubwürdigkeit des Analyseinstruments bei. Bei Logib kommen zwei Signifikanztests zur Anwendung. Der erste Signifikanztest ist auch von Seiten EBG unbestritten. Entfällt beim Logib der zweite Signifikanztest, wie vom EBG per 1. Januar 2024 beschlossen, werden gewisse Unternehmen als diskriminierend eingestuft, selbst wenn das Analyseergebnis nur aufgrund der statistischen Ungenauigkeit der Schätzung so hoch ausgefallen ist. Umso unverständlicher ist der Entscheid des EBG, den zweiten Signifikanztest aufzuheben. </p><p>Die wissenschaftliche Aussagekraft von Logib hängt entscheidend davon ab, welche Merkmale in die Lohnanalyse einfliessen. Das Alter wird als Merkmal berücksichtigt, es fehlen aber wichtige Merkmale wie etwa GAV-Mindestlöhne oder die effektive Berufserfahrung, Erwerbsunterbrüche sowie Sprach- und Sozialkompetenzen. Das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse wird mangels Berücksichtigung dieser Merkmale wesentlich verzerrt. Der zweite Signifikanztest gleicht unter anderem diese Verzerrungen aus und korrigiert die ausgewiesenen methodischen Schwächen von Logib. Würde er abgeschafft, so würde Logib vielen Unternehmen ungerechtfertigt eine Diskriminierung bescheinigen. Da Unternehmen, denen eine Lohndiskriminierung bescheinigt wird, von Vergabeprozessen von Aufträgen des öffentlichen Beschaffungswesens ausgeschlossen sind, wären die Konsequenzen einer ungerechtfertigten Lohndiskriminierungsfeststellung fatal. </p>
- <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GIG; SR 151.1) betreffend die Lohngleichheitsanalyse sind Arbeitgebende mit 100 oder mehr Arbeitnehmenden verpflichtet, eine Lohngleichheitsanalyse mit einer wissenschaftlichen und rechtskonformen Methode durchzuführen (Art. 13</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">c</span><span style="font-family:Arial"> Abs. 1 GIG). Der Bund stellt hierfür ein kostenloses Standard-Analyse-Tool (Logib) zur Verfügung (Art. 13</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">c</span><span style="font-family:Arial"> Abs. 2 GIG). Die Lohngleichheitsanalysen nach Art. 13</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">a</span><span style="font-family:Arial"> GIG können aber auch mit anderen Methoden durchgeführt werden, sofern diese wissenschaftlich und rechtskonform sind (Art. 13</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">c </span><span style="font-family:Arial">Abs. 1 GIG).</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Betreffend die von der Motionärin genannten Faktoren wie Beschäftigungsgrad in der Berufskarriere, Weiterbildungen, Sprachkenntnisse und Führungserfahrungen hat der Bundesrat in seinem Bericht vom 18. November 2015 in Erfüllung des Postulats 14.3388 Noser «Erhebung zur Lohngleichheit. Verbesserung der Aussagekraft» festgehalten, dass diese ein Diskriminierungspotential beinhalten und nicht geeignet sind, um als Faktoren in Logib aufgenommen zu werden. Zudem wäre der Erhebungsaufwand für die Unternehmen, insbesondere für die KMU, zu hoch. Diese Feststellungen gelten heute noch. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">In Erfüllung des Postulats 20.4263 der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats «Strategie zur Stärkung der Charta der Lohngleichheit» wurde das EDI (EBG) unter anderem beauftragt, die Toleranzschwelle (5 %), bei deren Überschreitung die Lohngleichheit nicht mehr gegeben ist, zu überprüfen. Im Hinblick darauf hat das EBG verschiedene Studien und ergänzende ökonometrische Simulationsstudien in Auftrag gegeben. Diese zeigen, dass die methodisch sehr ungewöhnliche Kombination einer Toleranzschwelle von 5% mit einem zweifachen Signifikanztest die Fähigkeit, bestehende Lohndifferenzen auszuweisen, stark einschränkt. Dies führt dazu, dass selbst erhebliche geschlechtsspezifische Lohndifferenzen von 10% oder mehr nicht identifiziert werden. Aufgrund dieser Ergebnisse hat das EDI beschlossen, ab 2024 von einer Kombination mit einem zweiten Signifikanztest für die Höhe von 5% abzusehen. Das Risiko von fälschlicherweise ausgewiesenen geschlechtsspezifischen Lohndifferenzen bleibt sehr tief, da der Wechsel von einem doppelten auf einen einfachen Signifikanztest mit Begleitmassnahmen wie zum Beispiel die Flexibilisierung der arbeitsplatzbezogenen Variablen durch mehr Stufen im Anforderungsniveau sowie eine Hilfestellung für Arbeitgebende flankiert wird.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Mit der Anpassung in Logib betreffend den zweiten Signifikanztest ändert sich nichts an den bestehenden gesetzlichen Regelungen im GIG bezüglich der Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse. Die Analyseergebnisse müssen keiner Behörde übermittelt werden und es sind keine Sanktionen vorgesehen. Gestützt auf die obigen Ausführungen sieht der Bundesrat keine Notwendigkeit, die Bestimmungen des GIG anzupassen. </span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
- <p><span style="color:black;">Der Bundesrat wird beauftragt, die Regelungen zur Lohngleichheitsanalyse im Rahmen des Gleichstellungsgesetzes wie folgt anzupassen: </span><br><span style="color:black;">Der bisher im Verfahren des kostenlosen Standard-Analyse-Tools (Logib) angewandte zweite Signifikanztest wird bis zum 30. Juni 2032 unverändert beibehalten. </span> </p>
- Lohngleichheitsanalyse. Unternehmen vor Falschanschuldigungen schützen
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