Auf dem Papier vermögend, in der Realität arm. Verlust des Anspruchs auf Ergänzungsleistungen trotz blockierter Erbschaft
- ShortId
-
23.4508
- Id
-
20234508
- Updated
-
26.03.2024 20:58
- Language
-
de
- Title
-
Auf dem Papier vermögend, in der Realität arm. Verlust des Anspruchs auf Ergänzungsleistungen trotz blockierter Erbschaft
- AdditionalIndexing
-
2836;28;1211
- 1
-
- PriorityCouncil1
-
Nationalrat
- Texts
-
- <p>Um Anspruch auf Ergänzungsleistungen (EL) zur Invalidenrente oder zur AHV zu haben, muss das Reinvermögen einer Person unter 100'000 Franken bzw. eines Ehepaars unter 200'000 Franken liegen (Art. 9a Abs. 1 ELG). Überschreitet das Vermögen einer Person oder eines Ehepaars im Verlauf des EL-Bezugs den zulässigen Wert, erlischt der EL-Anspruch auf das Ende des Monats, in dem der Wert überschritten wurde (Art. 13 Abs. 3 ELG). Wenn eine EL-beziehende Person erbt, wird ihr das Vermögen sowie der Vermögensertrag ab dem Todeszeitpunkt des Erblassers bzw. der Erblasserin angerechnet (Art. 560 Abs. 1 ZGB).</p><p> </p><p>Diese Regelungen sind unproblematisch, wenn die ehemaligen EL-Bezüger:innen effektiv auf ihr neu dazu gekommenes Vermögen und den Vermögensertrag Zugriff haben. Es kommt aber immer wieder vor, dass ein Erbschaftsstreit den Zugriff auf das Erbe verhindert – teilweise über mehrere Jahre. Aber auch dann werden der erbenden Person die Ergänzungsleistungen von einem Monat auf den anderen gestrichen, sofern das Vermögen den zulässigen Wert überschreitet. Gemäss Aussage des Bundesamts für Sozialversicherungen haben mehrere Bundesgerichtsentscheide diese Praxis bestätigt. Denn die Person gilt als vermögend, auch wenn das Vermögen (vorerst) nur auf dem Papier besteht. Sie muss dieses Vermögen auch versteuern. Dies kann dazu führen, dass sich die Person verschulden und/oder Sozialhilfe beziehen muss.</p>
- <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt; background-color:#ffffff"><span style="font-family:Arial">1. Im Bereich der Ergänzungsleistungen (EL) können Einkommen oder Vermögenselemente, die der versicherten Person noch nicht oder nicht mehr zur Verfügung stehen, berücksichtigt werden. Grundlage dazu bilden die geltenden Bestimmungen zum Einkommen und Vermögen, das EL-Beziehenden oder deren Ehegattinnen bzw. Ehegatten angerechnet werden kann, sowie die Regelung zum Vermögensverzicht. Nach Artikel</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">560 Absatz</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">SR</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic"> </span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">210</span><span style="font-family:Arial">) geht die Erbschaft von Gesetzes wegen mit dem Tod des Erblassers an die Erben über. Deshalb</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">–</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">und gemäss konstanter Rechtsprechung</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">–</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">wird das Erbe ab Eröffnung des Erbganges in der EL-Berechnung berücksichtigt, sofern der Wert des Erbes mit ausreichender Genauigkeit beurteilt werden kann. Das Bundesgericht hält fest, dass es möglich ist, seine Anwartschaftsquote ab Eröffnung des Erbganges zu verpfänden oder abzutreten, was die Berücksichtigung des Erbes bei der EL-Berechnung rechtfertige. Dem Bundesgericht zufolge rechtfertigen Schwierigkeiten bei der Realisierung kein Abgehen von dieser Regel (BGE P</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">8/02 vom 12.</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">Juli 2002, E.</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">3b; BGE 9C_305/2012 vom 6.</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">August 2012, E.</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">4.1.2). Der Bundesrat erachtet diese Lösung im Allgemeinen als angemessen, auch wenn er sich bewusst ist, dass dadurch in gewissen Einzelfällen schwierige Situationen entstehen können, insbesondere, wenn die Liquidation der Erbschaft lange dauert. In diesem Zusammenhang gilt es anzumerken, dass gemäss Artikel</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">604 Absatz</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">1 ZGB alle Miterben zu beliebiger Zeit die Teilung der Erbschaft verlangen können. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore"> </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt; background-color:#ffffff"><span style="font-family:Arial">2. Um die aktuelle Regelung im Zusammenhang mit unverteilten Erbschaften zu ändern, müssten die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden. Eine Anpassung der Verordnungsbestimmungen würde nicht ausreichen.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt; background-color:#ffffff"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore"> </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt; background-color:#ffffff"><span style="font-family:Arial">3. Die EL dahingehend anzupassen, dass sie im Falle einer unverteilten Erbschaft weiterhin ausbezahlt würden, käme einer Vorschusszahlung gleich, was nicht dem Zweck der EL entspricht. Zudem hätte eine solche Anpassung weitere unerwünschte Auswirkungen zur Folge, beispielsweise eine Zunahme der Anzahl und der Höhe von Rückforderungen. Die Rückforderung der Vorschüsse würde komplexe und bisweilen schwierige Verfahren nach sich ziehen. In der Sozialhilfe hingegen sind Vorschusszahlungen ein fester Bestandteil.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt; background-color:#ffffff"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore"> </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt; background-color:#ffffff"><span style="font-family:Arial">4. Bei den Sozialversicherungen auf Bundesebene berücksichtigen einzig die EL und die Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose (beides bedarfsabhängige Sozialleistungen) Vermögenselemente, die mit einer Erbschaft zusammenhängen. Diesen Umstand erachtet der Bundesrat als richtig und gerecht, da es sich um steuerfinanzierte Leistungen handelt. Alle Leistungen, die das Vermögen berücksichtigen, können grundsätzlich durch eine unverteilte Erbschaft beeinflusst werden. Aufgrund der Kompetenzregelung äussert sich der Bundesrat nicht zu den Leistungen, die im Zuständigkeitsbereich der Kantone liegen, beispielsweise Prämienverbilligungen und Ausbildungsbeihilfen. </span></p></div>
- <p>Um Anspruch auf Ergänzungsleistungen (EL) zur Invalidenrente oder zur AHV zu haben, muss das Reinvermögen einer Person unter 100'000 Franken bzw. eines Ehepaars unter 200'000 Franken liegen (Art. 9a Abs. 1 ELG). Überschreitet das Vermögen einer Person oder eines Ehepaars im Verlauf des EL-Bezugs den zulässigen Wert, erlischt der EL-Anspruch auf das Ende des Monats, in dem der Wert überschritten wurde (Art. 13 Abs. 3 ELG). Wenn eine EL-beziehende Person erbt, wird ihr das Vermögen sowie der Vermögensertrag ab dem Todeszeitpunkt des Erblassers bzw. der Erblasserin angerechnet (Art. 560 Abs. 1 ZGB).</p><p> </p><p>Diese Regelungen sind unproblematisch, wenn die ehemaligen EL-Bezüger:innen effektiv auf ihr neu dazu gekommenes Vermögen und den Vermögensertrag Zugriff haben. Es kommt aber immer wieder vor, dass ein Erbschaftsstreit den Zugriff auf das Erbe verhindert – teilweise über mehrere Jahre. Aber auch dann werden der erbenden Person die Ergänzungsleistungen von einem Monat auf den anderen gestrichen, sofern das Vermögen den zulässigen Wert überschreitet. Gemäss Aussage des Bundesamts für Sozialversicherungen haben mehrere Bundesgerichtsentscheide diese Praxis bestätigt. Denn die Person gilt als vermögend, auch wenn das Vermögen (vorerst) nur auf dem Papier besteht. Sie muss dieses Vermögen auch versteuern. Dies kann dazu führen, dass sich die Person verschulden und/oder Sozialhilfe beziehen muss.</p><p> </p><p>Ich bitte den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:</p><ol><li>Wie beurteilt der Bundesrat das geschilderte Problem und ist er bereit, dieses aktiv anzugehen?</li><li>Welche gesetzlichen Anpassungen müssten gemacht werden, um die Problematik zu beheben? Wäre eine Ergänzung der Weisung zu den Ergänzungsleistungen ausreichend oder müsste das Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) geändert werden?</li><li>Wäre es denkbar eine Regelung einzuführen, dass Ergänzungsleistungen im Fall einer blockierten Erbschaft in der Übergangsphase weiter bezogen werden könnten und später zurückbezahlt werden müssten?</li><li>Sieht der Bundesrat weitere Personengruppen, bei denen sich ähnliche Probleme ergeben, wenn sie erben und nicht auf ihr neu dazu gekommenes Vermögen zugreifen können – beispielsweise Personen, die individuelle Krankenkassenprämienverbilligungen beziehen?</li></ol>
- Auf dem Papier vermögend, in der Realität arm. Verlust des Anspruchs auf Ergänzungsleistungen trotz blockierter Erbschaft
- State
-
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
- Related Affairs
-
- Drafts
-
-
- Index
- 0
- Texts
-
- <p>Um Anspruch auf Ergänzungsleistungen (EL) zur Invalidenrente oder zur AHV zu haben, muss das Reinvermögen einer Person unter 100'000 Franken bzw. eines Ehepaars unter 200'000 Franken liegen (Art. 9a Abs. 1 ELG). Überschreitet das Vermögen einer Person oder eines Ehepaars im Verlauf des EL-Bezugs den zulässigen Wert, erlischt der EL-Anspruch auf das Ende des Monats, in dem der Wert überschritten wurde (Art. 13 Abs. 3 ELG). Wenn eine EL-beziehende Person erbt, wird ihr das Vermögen sowie der Vermögensertrag ab dem Todeszeitpunkt des Erblassers bzw. der Erblasserin angerechnet (Art. 560 Abs. 1 ZGB).</p><p> </p><p>Diese Regelungen sind unproblematisch, wenn die ehemaligen EL-Bezüger:innen effektiv auf ihr neu dazu gekommenes Vermögen und den Vermögensertrag Zugriff haben. Es kommt aber immer wieder vor, dass ein Erbschaftsstreit den Zugriff auf das Erbe verhindert – teilweise über mehrere Jahre. Aber auch dann werden der erbenden Person die Ergänzungsleistungen von einem Monat auf den anderen gestrichen, sofern das Vermögen den zulässigen Wert überschreitet. Gemäss Aussage des Bundesamts für Sozialversicherungen haben mehrere Bundesgerichtsentscheide diese Praxis bestätigt. Denn die Person gilt als vermögend, auch wenn das Vermögen (vorerst) nur auf dem Papier besteht. Sie muss dieses Vermögen auch versteuern. Dies kann dazu führen, dass sich die Person verschulden und/oder Sozialhilfe beziehen muss.</p>
- <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt; background-color:#ffffff"><span style="font-family:Arial">1. Im Bereich der Ergänzungsleistungen (EL) können Einkommen oder Vermögenselemente, die der versicherten Person noch nicht oder nicht mehr zur Verfügung stehen, berücksichtigt werden. Grundlage dazu bilden die geltenden Bestimmungen zum Einkommen und Vermögen, das EL-Beziehenden oder deren Ehegattinnen bzw. Ehegatten angerechnet werden kann, sowie die Regelung zum Vermögensverzicht. Nach Artikel</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">560 Absatz</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">SR</span><span style="font-family:Arial; font-style:italic"> </span><span style="font-family:Arial; font-style:italic">210</span><span style="font-family:Arial">) geht die Erbschaft von Gesetzes wegen mit dem Tod des Erblassers an die Erben über. Deshalb</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">–</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">und gemäss konstanter Rechtsprechung</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">–</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">wird das Erbe ab Eröffnung des Erbganges in der EL-Berechnung berücksichtigt, sofern der Wert des Erbes mit ausreichender Genauigkeit beurteilt werden kann. Das Bundesgericht hält fest, dass es möglich ist, seine Anwartschaftsquote ab Eröffnung des Erbganges zu verpfänden oder abzutreten, was die Berücksichtigung des Erbes bei der EL-Berechnung rechtfertige. Dem Bundesgericht zufolge rechtfertigen Schwierigkeiten bei der Realisierung kein Abgehen von dieser Regel (BGE P</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">8/02 vom 12.</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">Juli 2002, E.</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">3b; BGE 9C_305/2012 vom 6.</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">August 2012, E.</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">4.1.2). Der Bundesrat erachtet diese Lösung im Allgemeinen als angemessen, auch wenn er sich bewusst ist, dass dadurch in gewissen Einzelfällen schwierige Situationen entstehen können, insbesondere, wenn die Liquidation der Erbschaft lange dauert. In diesem Zusammenhang gilt es anzumerken, dass gemäss Artikel</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">604 Absatz</span><span style="font-family:Arial"> </span><span style="font-family:Arial">1 ZGB alle Miterben zu beliebiger Zeit die Teilung der Erbschaft verlangen können. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore"> </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt; background-color:#ffffff"><span style="font-family:Arial">2. Um die aktuelle Regelung im Zusammenhang mit unverteilten Erbschaften zu ändern, müssten die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden. Eine Anpassung der Verordnungsbestimmungen würde nicht ausreichen.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt; background-color:#ffffff"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore"> </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt; background-color:#ffffff"><span style="font-family:Arial">3. Die EL dahingehend anzupassen, dass sie im Falle einer unverteilten Erbschaft weiterhin ausbezahlt würden, käme einer Vorschusszahlung gleich, was nicht dem Zweck der EL entspricht. Zudem hätte eine solche Anpassung weitere unerwünschte Auswirkungen zur Folge, beispielsweise eine Zunahme der Anzahl und der Höhe von Rückforderungen. Die Rückforderung der Vorschüsse würde komplexe und bisweilen schwierige Verfahren nach sich ziehen. In der Sozialhilfe hingegen sind Vorschusszahlungen ein fester Bestandteil.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt; background-color:#ffffff"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore"> </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; text-align:justify; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt; background-color:#ffffff"><span style="font-family:Arial">4. Bei den Sozialversicherungen auf Bundesebene berücksichtigen einzig die EL und die Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose (beides bedarfsabhängige Sozialleistungen) Vermögenselemente, die mit einer Erbschaft zusammenhängen. Diesen Umstand erachtet der Bundesrat als richtig und gerecht, da es sich um steuerfinanzierte Leistungen handelt. Alle Leistungen, die das Vermögen berücksichtigen, können grundsätzlich durch eine unverteilte Erbschaft beeinflusst werden. Aufgrund der Kompetenzregelung äussert sich der Bundesrat nicht zu den Leistungen, die im Zuständigkeitsbereich der Kantone liegen, beispielsweise Prämienverbilligungen und Ausbildungsbeihilfen. </span></p></div>
- <p>Um Anspruch auf Ergänzungsleistungen (EL) zur Invalidenrente oder zur AHV zu haben, muss das Reinvermögen einer Person unter 100'000 Franken bzw. eines Ehepaars unter 200'000 Franken liegen (Art. 9a Abs. 1 ELG). Überschreitet das Vermögen einer Person oder eines Ehepaars im Verlauf des EL-Bezugs den zulässigen Wert, erlischt der EL-Anspruch auf das Ende des Monats, in dem der Wert überschritten wurde (Art. 13 Abs. 3 ELG). Wenn eine EL-beziehende Person erbt, wird ihr das Vermögen sowie der Vermögensertrag ab dem Todeszeitpunkt des Erblassers bzw. der Erblasserin angerechnet (Art. 560 Abs. 1 ZGB).</p><p> </p><p>Diese Regelungen sind unproblematisch, wenn die ehemaligen EL-Bezüger:innen effektiv auf ihr neu dazu gekommenes Vermögen und den Vermögensertrag Zugriff haben. Es kommt aber immer wieder vor, dass ein Erbschaftsstreit den Zugriff auf das Erbe verhindert – teilweise über mehrere Jahre. Aber auch dann werden der erbenden Person die Ergänzungsleistungen von einem Monat auf den anderen gestrichen, sofern das Vermögen den zulässigen Wert überschreitet. Gemäss Aussage des Bundesamts für Sozialversicherungen haben mehrere Bundesgerichtsentscheide diese Praxis bestätigt. Denn die Person gilt als vermögend, auch wenn das Vermögen (vorerst) nur auf dem Papier besteht. Sie muss dieses Vermögen auch versteuern. Dies kann dazu führen, dass sich die Person verschulden und/oder Sozialhilfe beziehen muss.</p><p> </p><p>Ich bitte den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:</p><ol><li>Wie beurteilt der Bundesrat das geschilderte Problem und ist er bereit, dieses aktiv anzugehen?</li><li>Welche gesetzlichen Anpassungen müssten gemacht werden, um die Problematik zu beheben? Wäre eine Ergänzung der Weisung zu den Ergänzungsleistungen ausreichend oder müsste das Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) geändert werden?</li><li>Wäre es denkbar eine Regelung einzuführen, dass Ergänzungsleistungen im Fall einer blockierten Erbschaft in der Übergangsphase weiter bezogen werden könnten und später zurückbezahlt werden müssten?</li><li>Sieht der Bundesrat weitere Personengruppen, bei denen sich ähnliche Probleme ergeben, wenn sie erben und nicht auf ihr neu dazu gekommenes Vermögen zugreifen können – beispielsweise Personen, die individuelle Krankenkassenprämienverbilligungen beziehen?</li></ol>
- Auf dem Papier vermögend, in der Realität arm. Verlust des Anspruchs auf Ergänzungsleistungen trotz blockierter Erbschaft
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