Bekämpfung von Hassreden im Internet. Öffentliche Gelder sollten nicht zur Unterstützung anonymer Kommentare eingesetzt werden
- ShortId
-
23.4530
- Id
-
20234530
- Updated
-
25.11.2024 16:17
- Language
-
de
- Title
-
Bekämpfung von Hassreden im Internet. Öffentliche Gelder sollten nicht zur Unterstützung anonymer Kommentare eingesetzt werden
- AdditionalIndexing
-
34;28;24
- 1
-
- PriorityCouncil1
-
Ständerat
- Texts
-
- <p>Die Anonymität, die durch die Verwendung von Pseudonymen garantiert ist, vermittelt den Verfasserinnen und Verfassern ein Gefühl der Straflosigkeit und begünstigt die zunehmende Äusserung von Lügen, Hass und Beleidigungen. Zwar wird von Hosts oder Herausgebern von Websites unabhängig davon, ob diese den Medien oder den Organisatoren von Diskussionsforen gehören, verlangt, die Kommentare zu moderieren. In der Regel ist diese Moderation jedoch unwirksam und erfolgt häufig erst nach der öffentlichen Verbreitung derartiger Äusserungen. Vorbeugen statt heilen muss auch in diesem Bereich das Prinzip sein.</p><p>Es geht nicht darum, in soziale Netzwerke einzugreifen, die sich der Kontrolle des Schweizer Rechts entziehen, weil sie vom Ausland aus betrieben werden. Vielmehr geht es um Websites, die von der Schweiz aus erstellt und betrieben werden, und zwar überwiegend von Medien, die den elektronischen Weg zur Verbreitung ihrer Veröffentlichungen nutzen und die es der Leserschaft ermöglichen, ihre Meinung nicht nur zur Veröffentlichung selbst, sondern auch zu anderen Kommentaren kundzutun.</p><p>Eine Motion zu diesem Thema wurde vor fast zehn Jahren geprüft (Mo Schwaab 14.3905) und am 12. Dezember 2014 abgelehnt. Der Verfasser jener Motion wollte nicht missbräuchliche Äusserungen verhindern, indem er die Verfasserinnen und Verfasser von vornherein erkennbar macht und ihnen damit ihre individuelle Verantwortung aufbürdet. Vielmehr wollte er deren Verfolgung ermöglichen und dazu die Betreiberin oder den Betreiber der Website verpflichten, die Personen zu identifizieren, die solche Äusserungen veröffentlichen. Die praktische Unmöglichkeit, gegen im Ausland ansässige Verantwortliche vorzugehen, was bei den meisten sozialen Netzwerken der Fall ist, hatte logischerweise zur Ablehnung dieser Motion geführt.</p><p>Die vorliegende Motion will das Problem aus einem anderen Blickwinkel angehen. Sie geht davon aus, dass die Meinungsfreiheit zwar gewährleistet sein muss, aber nicht um den Preis, dass die Opfer von beleidigenden oder hasserfüllten Äusserungen oft irreparablen Schaden erleiden. Dieser Preis ist erst recht zu hoch, wenn der Betreiber der Website Subventionen eines Gemeinwesens einstreicht.</p><p>Heutzutage stammt die überwiegende Mehrheit der in Diskussionsforen geäusserten Meinungen von nicht erkennbaren Autorinnen und Autoren. Es kommt daher selten vor, dass sich jemand äussert und Vor- und Nachnamen angibt. Dieser Trend steht in einem kausalen Zusammenhang mit der Zunahme überspitzter Äusserungen, die oft strafbar wären, in der Praxis aber selten zu einer Bestrafung führen.</p><p>Nach geltendem Recht kann die geschädigte Person zu ihrem Schutz sowohl gegen die Urheberin oder den Urheber der Rechtsverletzung als auch gegen den Betreiber der Website, auf der die Rechtsverletzung begangen wurde, klagen. Wenn der Betreiber oder der Verleger für seine Tätigkeit keine finanzielle Unterstützung von einer öffentlichen Körperschaft erhält, soll diese Regelung weiterhin zur Anwendung kommen. Erhält der Herausgeber oder der Vertreiber hingegen eine direkte oder indirekte Subvention, ist es als Präventivmassnahme geboten, zu verlangen, dass alle online gestellten Kommentare von Personen stammen, deren Identität für die Leserschaft klar ersichtlich ist. Wer im Dienste der Öffentlichkeit steht, darf der Flut von beleidigenden und hasserfüllten Äusserungen, die derzeit zu beobachten ist, nicht länger zusehen.</p><p>Der Bundesrat wird daher beauftragt, die Massnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, damit die Personen, die in der Schweiz oder von der Schweiz aus Websites herausgeben oder betreiben, direkte oder indirekte Subventionen erhalten und es der Öffentlichkeit ermöglichen, sich online zu äussern, nicht nur die Personen identifizieren, denen der Zugang gewährt wird, sondern auch sicherstellen, dass die online gestellten Kommentare unter der tatsächlichen Identität ihrer Verfasserinnen und Verfasser veröffentlicht werden. Bei einem Verstoss dagegen könnte die Subvention gestrichen werden. Nur so kann der Meinungsfreiheit, die uns allen am Herzen liegt, die von ihr untrennbare Dimension der individuellen Verantwortung zurückgegeben werden.</p>
- <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Der Bundesrat nimmt das Anliegen der Motion ernst. Auch er spricht sich für eine wirksame Prävention von hasserfüllten Online-Kommentaren auf Portalen von subventionierten Schweizer Medien aus.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Für den Bundesrat ist jedoch unklar, welche Medien von der Motion erfasst würden. Der Bund unterstützt zahlreiche Medien, insbesondere im Rahmen der indirekten Presseförderung und der Konzessionen für Radio- und Fernsehprogramme. Allerdings beziehen sich diese Subventionen in der Regel gerade nicht auf Onlineangebote, sondern auf die Print-Produkte und lineare Radio- und Fernsehprogramme. Eine Ausdehnung der Medienförderung auf den Onlinebereich hat die Stimmbevölkerung 2022 abgelehnt. Eine Verknüpfung der Förderung von Medienangeboten mit Vorschriften im (nicht unterstützten) Onlinebereich erscheint vor diesem Hintergrund nicht als sachgerecht. Die Motion umfasst aber auch kantonale und kommunale Mediensubventionen, welche sehr unterschiedlich ausgestaltet sind. Möchte der Bund auch diese Förderung an eigene Voraussetzungen knüpfen, stellen sich Fragen nach der entsprechenden Bundeskompetenz.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore"> </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Aus Sicht des Bundesrates ist die Prävention von hasserfüllten Kommentaren über eine ausgewogene Moderation und redaktionelle Betreuung zu leisten. Dies hat die Medienbranche in ihrer Selbstregulierung umgesetzt. Der Schweizer Presserat bekennt sich in einer Richtlinie zum Grundsatz der vollen Namensnennung. Online-Diskussionsforen, welche auf unmittelbare spontane Reaktionen ausgerichtet sind, können ausnahmsweise auf die Identifizierung des Autors verzichten, sofern die Redaktion die Kommentare vorgängig kontrolliert und sicherstellt, dass sie keine ehrverletzenden oder diskriminierenden Kommentare veröffentlicht.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore"> </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Aus diesen Gründen erachtet der Bundesrat eine gesetzlich vorgeschriebene Klarnamenpflicht als unverhältnismässig und lehnt sie deshalb ab. Unabhängig davon wird der Bundesrat in absehbarer Zeit eine Vernehmlassungsvorlage zur Regulierung von grossen Kommukationsplattformen vorlegen, die auch die Rechte der Nutzenden im Hinblick auf Hassrede stärken soll.</span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
- <p>Der Bundesrat wird beauftragt, Massnahmen zu ergreifen, damit Sender und Verlage, die direkte oder indirekte Subventionen von öffentlichen Gemeinwesen auf Bundes-, Kantons- oder Gemeindeebene erhalten und Diskussionsforen betreiben oder ihre Publikationen für öffentliche Kommentare öffnen, verpflichtet werden, die Verfasserinnen und Verfasser dieser Kommentare durch die Angabe von deren Identität für die Öffentlichkeit identifizierbar zu machen.</p>
- Bekämpfung von Hassreden im Internet. Öffentliche Gelder sollten nicht zur Unterstützung anonymer Kommentare eingesetzt werden
- State
-
In Kommission des Ständerats
- Related Affairs
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- Drafts
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- Index
- 0
- Texts
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- <p>Die Anonymität, die durch die Verwendung von Pseudonymen garantiert ist, vermittelt den Verfasserinnen und Verfassern ein Gefühl der Straflosigkeit und begünstigt die zunehmende Äusserung von Lügen, Hass und Beleidigungen. Zwar wird von Hosts oder Herausgebern von Websites unabhängig davon, ob diese den Medien oder den Organisatoren von Diskussionsforen gehören, verlangt, die Kommentare zu moderieren. In der Regel ist diese Moderation jedoch unwirksam und erfolgt häufig erst nach der öffentlichen Verbreitung derartiger Äusserungen. Vorbeugen statt heilen muss auch in diesem Bereich das Prinzip sein.</p><p>Es geht nicht darum, in soziale Netzwerke einzugreifen, die sich der Kontrolle des Schweizer Rechts entziehen, weil sie vom Ausland aus betrieben werden. Vielmehr geht es um Websites, die von der Schweiz aus erstellt und betrieben werden, und zwar überwiegend von Medien, die den elektronischen Weg zur Verbreitung ihrer Veröffentlichungen nutzen und die es der Leserschaft ermöglichen, ihre Meinung nicht nur zur Veröffentlichung selbst, sondern auch zu anderen Kommentaren kundzutun.</p><p>Eine Motion zu diesem Thema wurde vor fast zehn Jahren geprüft (Mo Schwaab 14.3905) und am 12. Dezember 2014 abgelehnt. Der Verfasser jener Motion wollte nicht missbräuchliche Äusserungen verhindern, indem er die Verfasserinnen und Verfasser von vornherein erkennbar macht und ihnen damit ihre individuelle Verantwortung aufbürdet. Vielmehr wollte er deren Verfolgung ermöglichen und dazu die Betreiberin oder den Betreiber der Website verpflichten, die Personen zu identifizieren, die solche Äusserungen veröffentlichen. Die praktische Unmöglichkeit, gegen im Ausland ansässige Verantwortliche vorzugehen, was bei den meisten sozialen Netzwerken der Fall ist, hatte logischerweise zur Ablehnung dieser Motion geführt.</p><p>Die vorliegende Motion will das Problem aus einem anderen Blickwinkel angehen. Sie geht davon aus, dass die Meinungsfreiheit zwar gewährleistet sein muss, aber nicht um den Preis, dass die Opfer von beleidigenden oder hasserfüllten Äusserungen oft irreparablen Schaden erleiden. Dieser Preis ist erst recht zu hoch, wenn der Betreiber der Website Subventionen eines Gemeinwesens einstreicht.</p><p>Heutzutage stammt die überwiegende Mehrheit der in Diskussionsforen geäusserten Meinungen von nicht erkennbaren Autorinnen und Autoren. Es kommt daher selten vor, dass sich jemand äussert und Vor- und Nachnamen angibt. Dieser Trend steht in einem kausalen Zusammenhang mit der Zunahme überspitzter Äusserungen, die oft strafbar wären, in der Praxis aber selten zu einer Bestrafung führen.</p><p>Nach geltendem Recht kann die geschädigte Person zu ihrem Schutz sowohl gegen die Urheberin oder den Urheber der Rechtsverletzung als auch gegen den Betreiber der Website, auf der die Rechtsverletzung begangen wurde, klagen. Wenn der Betreiber oder der Verleger für seine Tätigkeit keine finanzielle Unterstützung von einer öffentlichen Körperschaft erhält, soll diese Regelung weiterhin zur Anwendung kommen. Erhält der Herausgeber oder der Vertreiber hingegen eine direkte oder indirekte Subvention, ist es als Präventivmassnahme geboten, zu verlangen, dass alle online gestellten Kommentare von Personen stammen, deren Identität für die Leserschaft klar ersichtlich ist. Wer im Dienste der Öffentlichkeit steht, darf der Flut von beleidigenden und hasserfüllten Äusserungen, die derzeit zu beobachten ist, nicht länger zusehen.</p><p>Der Bundesrat wird daher beauftragt, die Massnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, damit die Personen, die in der Schweiz oder von der Schweiz aus Websites herausgeben oder betreiben, direkte oder indirekte Subventionen erhalten und es der Öffentlichkeit ermöglichen, sich online zu äussern, nicht nur die Personen identifizieren, denen der Zugang gewährt wird, sondern auch sicherstellen, dass die online gestellten Kommentare unter der tatsächlichen Identität ihrer Verfasserinnen und Verfasser veröffentlicht werden. Bei einem Verstoss dagegen könnte die Subvention gestrichen werden. Nur so kann der Meinungsfreiheit, die uns allen am Herzen liegt, die von ihr untrennbare Dimension der individuellen Verantwortung zurückgegeben werden.</p>
- <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Der Bundesrat nimmt das Anliegen der Motion ernst. Auch er spricht sich für eine wirksame Prävention von hasserfüllten Online-Kommentaren auf Portalen von subventionierten Schweizer Medien aus.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Für den Bundesrat ist jedoch unklar, welche Medien von der Motion erfasst würden. Der Bund unterstützt zahlreiche Medien, insbesondere im Rahmen der indirekten Presseförderung und der Konzessionen für Radio- und Fernsehprogramme. Allerdings beziehen sich diese Subventionen in der Regel gerade nicht auf Onlineangebote, sondern auf die Print-Produkte und lineare Radio- und Fernsehprogramme. Eine Ausdehnung der Medienförderung auf den Onlinebereich hat die Stimmbevölkerung 2022 abgelehnt. Eine Verknüpfung der Förderung von Medienangeboten mit Vorschriften im (nicht unterstützten) Onlinebereich erscheint vor diesem Hintergrund nicht als sachgerecht. Die Motion umfasst aber auch kantonale und kommunale Mediensubventionen, welche sehr unterschiedlich ausgestaltet sind. Möchte der Bund auch diese Förderung an eigene Voraussetzungen knüpfen, stellen sich Fragen nach der entsprechenden Bundeskompetenz.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore"> </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Aus Sicht des Bundesrates ist die Prävention von hasserfüllten Kommentaren über eine ausgewogene Moderation und redaktionelle Betreuung zu leisten. Dies hat die Medienbranche in ihrer Selbstregulierung umgesetzt. Der Schweizer Presserat bekennt sich in einer Richtlinie zum Grundsatz der vollen Namensnennung. Online-Diskussionsforen, welche auf unmittelbare spontane Reaktionen ausgerichtet sind, können ausnahmsweise auf die Identifizierung des Autors verzichten, sofern die Redaktion die Kommentare vorgängig kontrolliert und sicherstellt, dass sie keine ehrverletzenden oder diskriminierenden Kommentare veröffentlicht.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore"> </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Aus diesen Gründen erachtet der Bundesrat eine gesetzlich vorgeschriebene Klarnamenpflicht als unverhältnismässig und lehnt sie deshalb ab. Unabhängig davon wird der Bundesrat in absehbarer Zeit eine Vernehmlassungsvorlage zur Regulierung von grossen Kommukationsplattformen vorlegen, die auch die Rechte der Nutzenden im Hinblick auf Hassrede stärken soll.</span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
- <p>Der Bundesrat wird beauftragt, Massnahmen zu ergreifen, damit Sender und Verlage, die direkte oder indirekte Subventionen von öffentlichen Gemeinwesen auf Bundes-, Kantons- oder Gemeindeebene erhalten und Diskussionsforen betreiben oder ihre Publikationen für öffentliche Kommentare öffnen, verpflichtet werden, die Verfasserinnen und Verfasser dieser Kommentare durch die Angabe von deren Identität für die Öffentlichkeit identifizierbar zu machen.</p>
- Bekämpfung von Hassreden im Internet. Öffentliche Gelder sollten nicht zur Unterstützung anonymer Kommentare eingesetzt werden
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