Klarheit über die EU-Rechtsakte, die von der dynamischen Rechtsübernahme betroffen sind

ShortId
24.3612
Id
20243612
Updated
17.09.2024 10:58
Language
de
Title
Klarheit über die EU-Rechtsakte, die von der dynamischen Rechtsübernahme betroffen sind
AdditionalIndexing
10;15;04
1
PriorityCouncil1
Ständerat
Texts
  • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">1. Im Entwurf des institutionellen Rahmenabkommens mit der EU war eine «horizontale» Architektur des Vertrags vorgesehen. Das heisst, dass die institutionellen Elemente in einem eigenen Abkommen festgehalten worden wären. Der mit dem Common Understanding aufgegleiste Paketansatz sieht neu eine «vertikale» Architektur vor. Das heisst, dass die institutionellen Elemente - als Teil davon eine dynamische Rechtsübernahme - direkt mittels eines Zusatzprotokolls in den Binnenmarktabkommen festgehalten werden sollen.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Um welche Abkommen es sich dabei handelt, ist klar definiert: Zurzeit verfügen die Schweiz und die EU über fünf Binnenmarktabkommen in den Bereichen der Personenfreizügigkeit, des Landverkehrs, des Luftverkehrs, der Landwirtschaft und der Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA). Zum Verhandlungspaket gehört zudem ein Binnenmarktabkommen zur Lebensmittelsicherheit (als Teil des Landwirtschaftsabkommens) und eines zum Strom.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die neuen institutionellen Elemente, einschliesslich der dynamischen Rechtsübernahme, würden nur im Rahmen der fünf bestehenden und der zwei künftigen Binnenmarktabkommen zur Anwendung kommen. Das Freihandelsabkommen von 1972 hingegen ist beispielsweise kein Binnenmarktabkommen und ist nicht von den institutionellen Elementen betroffen.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Zudem ist beim Kooperationsabkommen im Bereich Gesundheit eine sehr beschränkte Übernahme von EU-Rechtsakten vorgesehen, und zwar insofern als dies zur Sicherstellung der Schweizer Teilnahme an den EU-Gesundheitsplattformen notwendig ist. Hierfür ist vorgesehen, dass die institutionellen Regeln per Analogie zur Anwendung gelangen sollen.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Es müssten also keine EU-Rechtsakte oder Teile von EU-Rechtsakten übernommen werden, die sich ausserhalb des Anwendungsbereiches dieser Binnenmarktabkommen bzw. des eng begrenzten Bereiches der Schweizer Teilnahme an den EU-Gesundheitsplattformen befinden.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die dynamische Rechtsübernahme wäre zudem auch dann ausgeschlossen, wenn der relevante EU-Rechtsakt oder Teile davon in den Bereich einer in einem dieser Abkommen festgelegten Ausnahme fällt. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Nach dem gescheiterten Versuch eines horizontalen Rahmenabkommens war es die Absicht des Bundesrates, mit der neuen vertikalen Architektur die institutionellen Elemente direkt in die betroffenen Binnenmarktabkommen zu integrieren und damit den bewährten bilateralen Weg weiterzugehen.</span><span style="font-family:Arial; -aw-import:spaces">&#xa0; </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore">&#xa0;</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">2. Der Anwendungsbereich der Abkommen sowie allfällige Ausnahmen sind in den Binnenmarktabkommen klar definiert und könnten nicht einseitig durch die EU ausgeweitet bzw. aufgehoben werden. Die Ausnahmen gelten zeitlich unbefristet. Ob ein EU-Rechtsakt in den Anwendungsbereich eines der Binnenmarktabkommen bzw. innerhalb desselben unter eine Ausnahme fällt, würde zudem jeweils von den Vertragsparteien gemeinsam entschieden. Auch einer Ausweitung des Anwendungsbereichs ebenso wie dem Abschluss eines neuen Binnenmarktabkommens müssten beiden Parteien zustimmen. Die Europäische Kommission könnte demnach nicht einseitig über die Einstufung eines Rechtsakts als für ein Binnenmarktabkommen relevant entscheiden und so die Schweiz zur dynamischen Rechtsübernahme verpflichten. Im Streitfall käme das Streitbeilegungsverfahren mit einem paritätisch zusammengesetzten Schiedsgericht gemäss den neuen institutionellen Lösungen zur Anwendung. </span><br /><span style="font-family:Arial">Sollte die Schweiz die Übernahme eines umstrittenen EU-Rechtsaktes verweigern, obwohl das Schiedsgericht zum Schluss gekommen ist, dass dieser in den Anwendungsbereich des betreffenden Binnenmarktabkommens fällt und keine Ausnahme betrifft, könnte die EU verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen ergreifen. Die Schweiz könnte jedoch nicht zu einer Übernahme des EU-Rechtsakts «gezwungen» werden.</span><br /><span style="font-family:Arial">Die Binnenmarktabkommen mit der EU enthalten keine Bestimmungen, die auf eine Rechtsangleichung der Schweizer Steuerordnung mit EU-Recht abzielen. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore">&#xa0;</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Der Bundesrat ist sich der Wichtigkeit dieser Aspekte bewusst, weshalb er ihnen bei der Gesamtbeurteilung des Verhandlungsergebnisses spezielle Aufmerksamkeit zukommen lassen wird. Es ist deshalb vorgesehen, diesen Fragen ein eigenes Kapitel in der Botschaft zu widmen.</span></p></div>
  • <p>Mit der Verabschiedung des Verhandlungsmandats durch den Bundesrat am 8. März 2024 begannen die Verhandlungen der Schweiz mit der Europäischen Union (EU) auf Grundlage des sogenannten “common understanding”. Gemäss dem Verhandlungsmandat kommen die institutionellen Elemente und damit die dynamische Rechtsübernahme auf bestehende und künftige Binnenmarktabkommen zur Anwendung.</p><p>&nbsp;</p><p>Für das Parlament und die Bevölkerung ist es zentral, dass die politische Diskussion über eine dynamische Rechtsübernahme in Kenntnis ihrer praktischen Tragweite geführt werden kann. Es muss daher klar sein, welche EU-Rechtsakte davon betroffen sind und welche nicht, dies zugunsten einer sachorientierten Meinungsbildung und auch im Interesse der Rechtssicherheit.</p><p>&nbsp;</p><p>Der Bundesrat wird in diesem Zusammenhang gebeten, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>&nbsp;</p><p>1. Welche der rund 28’000 EU-Rechtsakte gemäss nachfolgender Auflistung (Quelle EUR-Lex) müssen von der Schweiz übernommen werden?</p><p>&nbsp;</p><p>Aktuell gültige EU-Rechtsakte (Legislation in force aus Directory of legal acts – EUR-Lex europa.eu): General, financial and institutional matters - Customs Union and free movement of goods – Agriculture – Fisheries - Freedom of movement for workers and social policy - Right of establishment and freedom to provide services - Transport policy - Competition policy – Taxation - Economic and monetary policy and free movement of capital - External relations – Energy - Industrial policy and internal market - Regional policy and coordination of structural instruments – Environment, consumers and health protection - Science, information, education and culture - Law relating to undertakings - Common Foreign and Security Policy - Area of freedom, security and justice - People's Europe</p><p>&nbsp;</p><p>2. Wie verhindert der Bundesrat, dass die EU-Kommission Gesetzesvorhaben, die heute nicht als binnenmarktrechtlich eingestuft werden (z.B. Steuerrecht), in Zukunft von der Schweiz dynamisch zu übernehmen sind?</p>
  • Klarheit über die EU-Rechtsakte, die von der dynamischen Rechtsübernahme betroffen sind
State
Erledigt
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">1. Im Entwurf des institutionellen Rahmenabkommens mit der EU war eine «horizontale» Architektur des Vertrags vorgesehen. Das heisst, dass die institutionellen Elemente in einem eigenen Abkommen festgehalten worden wären. Der mit dem Common Understanding aufgegleiste Paketansatz sieht neu eine «vertikale» Architektur vor. Das heisst, dass die institutionellen Elemente - als Teil davon eine dynamische Rechtsübernahme - direkt mittels eines Zusatzprotokolls in den Binnenmarktabkommen festgehalten werden sollen.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Um welche Abkommen es sich dabei handelt, ist klar definiert: Zurzeit verfügen die Schweiz und die EU über fünf Binnenmarktabkommen in den Bereichen der Personenfreizügigkeit, des Landverkehrs, des Luftverkehrs, der Landwirtschaft und der Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA). Zum Verhandlungspaket gehört zudem ein Binnenmarktabkommen zur Lebensmittelsicherheit (als Teil des Landwirtschaftsabkommens) und eines zum Strom.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die neuen institutionellen Elemente, einschliesslich der dynamischen Rechtsübernahme, würden nur im Rahmen der fünf bestehenden und der zwei künftigen Binnenmarktabkommen zur Anwendung kommen. Das Freihandelsabkommen von 1972 hingegen ist beispielsweise kein Binnenmarktabkommen und ist nicht von den institutionellen Elementen betroffen.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Zudem ist beim Kooperationsabkommen im Bereich Gesundheit eine sehr beschränkte Übernahme von EU-Rechtsakten vorgesehen, und zwar insofern als dies zur Sicherstellung der Schweizer Teilnahme an den EU-Gesundheitsplattformen notwendig ist. Hierfür ist vorgesehen, dass die institutionellen Regeln per Analogie zur Anwendung gelangen sollen.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Es müssten also keine EU-Rechtsakte oder Teile von EU-Rechtsakten übernommen werden, die sich ausserhalb des Anwendungsbereiches dieser Binnenmarktabkommen bzw. des eng begrenzten Bereiches der Schweizer Teilnahme an den EU-Gesundheitsplattformen befinden.</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die dynamische Rechtsübernahme wäre zudem auch dann ausgeschlossen, wenn der relevante EU-Rechtsakt oder Teile davon in den Bereich einer in einem dieser Abkommen festgelegten Ausnahme fällt. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Nach dem gescheiterten Versuch eines horizontalen Rahmenabkommens war es die Absicht des Bundesrates, mit der neuen vertikalen Architektur die institutionellen Elemente direkt in die betroffenen Binnenmarktabkommen zu integrieren und damit den bewährten bilateralen Weg weiterzugehen.</span><span style="font-family:Arial; -aw-import:spaces">&#xa0; </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore">&#xa0;</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">2. Der Anwendungsbereich der Abkommen sowie allfällige Ausnahmen sind in den Binnenmarktabkommen klar definiert und könnten nicht einseitig durch die EU ausgeweitet bzw. aufgehoben werden. Die Ausnahmen gelten zeitlich unbefristet. Ob ein EU-Rechtsakt in den Anwendungsbereich eines der Binnenmarktabkommen bzw. innerhalb desselben unter eine Ausnahme fällt, würde zudem jeweils von den Vertragsparteien gemeinsam entschieden. Auch einer Ausweitung des Anwendungsbereichs ebenso wie dem Abschluss eines neuen Binnenmarktabkommens müssten beiden Parteien zustimmen. Die Europäische Kommission könnte demnach nicht einseitig über die Einstufung eines Rechtsakts als für ein Binnenmarktabkommen relevant entscheiden und so die Schweiz zur dynamischen Rechtsübernahme verpflichten. Im Streitfall käme das Streitbeilegungsverfahren mit einem paritätisch zusammengesetzten Schiedsgericht gemäss den neuen institutionellen Lösungen zur Anwendung. </span><br /><span style="font-family:Arial">Sollte die Schweiz die Übernahme eines umstrittenen EU-Rechtsaktes verweigern, obwohl das Schiedsgericht zum Schluss gekommen ist, dass dieser in den Anwendungsbereich des betreffenden Binnenmarktabkommens fällt und keine Ausnahme betrifft, könnte die EU verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen ergreifen. Die Schweiz könnte jedoch nicht zu einer Übernahme des EU-Rechtsakts «gezwungen» werden.</span><br /><span style="font-family:Arial">Die Binnenmarktabkommen mit der EU enthalten keine Bestimmungen, die auf eine Rechtsangleichung der Schweizer Steuerordnung mit EU-Recht abzielen. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial; -aw-import:ignore">&#xa0;</span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Der Bundesrat ist sich der Wichtigkeit dieser Aspekte bewusst, weshalb er ihnen bei der Gesamtbeurteilung des Verhandlungsergebnisses spezielle Aufmerksamkeit zukommen lassen wird. Es ist deshalb vorgesehen, diesen Fragen ein eigenes Kapitel in der Botschaft zu widmen.</span></p></div>
    • <p>Mit der Verabschiedung des Verhandlungsmandats durch den Bundesrat am 8. März 2024 begannen die Verhandlungen der Schweiz mit der Europäischen Union (EU) auf Grundlage des sogenannten “common understanding”. Gemäss dem Verhandlungsmandat kommen die institutionellen Elemente und damit die dynamische Rechtsübernahme auf bestehende und künftige Binnenmarktabkommen zur Anwendung.</p><p>&nbsp;</p><p>Für das Parlament und die Bevölkerung ist es zentral, dass die politische Diskussion über eine dynamische Rechtsübernahme in Kenntnis ihrer praktischen Tragweite geführt werden kann. Es muss daher klar sein, welche EU-Rechtsakte davon betroffen sind und welche nicht, dies zugunsten einer sachorientierten Meinungsbildung und auch im Interesse der Rechtssicherheit.</p><p>&nbsp;</p><p>Der Bundesrat wird in diesem Zusammenhang gebeten, folgende Fragen zu beantworten:</p><p>&nbsp;</p><p>1. Welche der rund 28’000 EU-Rechtsakte gemäss nachfolgender Auflistung (Quelle EUR-Lex) müssen von der Schweiz übernommen werden?</p><p>&nbsp;</p><p>Aktuell gültige EU-Rechtsakte (Legislation in force aus Directory of legal acts – EUR-Lex europa.eu): General, financial and institutional matters - Customs Union and free movement of goods – Agriculture – Fisheries - Freedom of movement for workers and social policy - Right of establishment and freedom to provide services - Transport policy - Competition policy – Taxation - Economic and monetary policy and free movement of capital - External relations – Energy - Industrial policy and internal market - Regional policy and coordination of structural instruments – Environment, consumers and health protection - Science, information, education and culture - Law relating to undertakings - Common Foreign and Security Policy - Area of freedom, security and justice - People's Europe</p><p>&nbsp;</p><p>2. Wie verhindert der Bundesrat, dass die EU-Kommission Gesetzesvorhaben, die heute nicht als binnenmarktrechtlich eingestuft werden (z.B. Steuerrecht), in Zukunft von der Schweiz dynamisch zu übernehmen sind?</p>
    • Klarheit über die EU-Rechtsakte, die von der dynamischen Rechtsübernahme betroffen sind

Back to List