Wiederherstellung des Wettbewerbs- und Konsumentenschutzes im Autohandel. Beseitigung eines Handelshemmnisses bei Elektrofahrzeugen

ShortId
24.3627
Id
20243627
Updated
25.09.2024 08:16
Language
de
Title
Wiederherstellung des Wettbewerbs- und Konsumentenschutzes im Autohandel. Beseitigung eines Handelshemmnisses bei Elektrofahrzeugen
AdditionalIndexing
66;48;15
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die vom Parlament angenommene Motion 18.3898 wurde in einem wesentlichen Punkt nicht umgesetzt. Fahrzeuge, die parallel importiert werden, verlieren nach Rechtsauffassung der WEKO ihre Herstellergarantie (HG) beim Import – begründet mit dem Schutz des selektiven Vertriebssystems. Dieser Missstand ist zu beheben, weshalb die Motion 18.3898 die Inkraftsetzung der 2002-Version der Kfz-Bekanntmachung verlangte. Damals war ein Entfall der HG unzulässig. Mittels Anpassung der KFZV kann der Bundesrat diese Wettbewerbsverzerrung und das Handelshemmnis bei Elektrofahrzeugen beseitigen.</p><p>&nbsp;</p><p>Mit zunehmendem Anteil an Elektrofahrzeugen, die häufig mit einer 8- bis 10-jährigen HG insbesondere auf der Antriebsbatterie ausgestattet sind, wird das Problem noch dringlicher. Der Ersatz einer Antriebsbatterie im Garantiefall kostet schnell über CHF 16'000. Die aktuelle Situation, in der die HG rechtlich nur bei Fahrzeugen aus dem offiziellen Vertriebsnetz gewährt wird, stellt eine erhebliche finanzielle Belastung für Konsumenten dar, die sich für einen Parallelimport entscheiden.</p><p>&nbsp;</p><p>Die Verweigerung einer HG ist weder ökonomisch noch rechtlich begründbar:</p><p>&nbsp;</p><ol><li>Eine HG ist immer im Preis des Fahrzeugs enthalten, wenn es das Werk verlässt. Der Hersteller berücksichtigt sie bei der Preiskalkulation, unabhängig davon, ob das Fahrzeug über einen freien oder einen Markenhändler verkauft wird. Wenn der Hersteller dies tun würde, müsste das Fahrzeug ohne HG erhältlich sein. Dies ist jedoch nicht der Fall: Eine Verweigerung der HG – nur weil ein freier Händler im Vertrieb zwischengeschaltet ist – führt mithin zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Herstellers.</li><li>Die Verweigerung der HG gefährdet den grenzüberschreitenden Intrabrand-Wettbewerb. Das Parlament hat in Art. 5 Abs. 4 KG Vorkehrungen getroffen, damit der Parallelimport nicht verhindert wird. Die Verweigerung einer HG führt <i>de facto</i> zu einer Abschottung des Schweizer Marktes.</li><li>Die Gewährung der HG gefährdet bei parallelimportierten Fahrzeugen das offizielle Vertriebssystem des Herstellers <i>nicht</i>. Jedes parallelimportierte Fahrzeug wurde zu einem Zeitpunkt von einem offiziellen Vertriebspartner erstanden.</li></ol>
  • <p>Die Motion 18.3898 Pfister Gerhard wurde mit Erlass der KFZ-Verordnung vom</p><p>29. November 2023 über die wettbewerbsrechtliche Behandlung von vertikalen Abreden im Kraftfahrzeugsektor (KFZV; SR 251.6) umgesetzt. Die KFZ-Verordnung ist per 1. Januar 2024 in Kraft getreten und hat die KFZ-Bekanntmachung der Wettbewerbskommission (WEKO) vom 29. Juni 2015 in der Fassung vom 9. September 2019 abgelöst. Der Bundesrat hat bereits in seiner Antwort auf die Interpellation 24.3311 Pfister Gerhard festgehalten, dass die damit geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen sicherstellen, dass die ungerechtfertigte Verweigerung von Garantieleistungen im KFZ-Bereich unzulässig ist.</p><p>Für alle KFZ gilt grundsätzlich die zweijährige Gewährleistung nach Artikel 210 OR. Garantien, die darüber hinaus gehen, liegen im Ermessen des Herstellers und der Händler. In diesem Zusammenhang ist eine generelle Gewährung der Herstellergarantie unabhängig vom Vertriebskanal nicht vorgesehen. Denn im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems kann ein Kraftfahrzeuganbieter die Herstellergarantie auf Fahrzeuge beschränken, die über zugelassene Händler vertrieben werden (vgl. Rn. 8 der Erläuterungen zur KFZ-Verordnung der WEKO vom 4. Dezember 2023). Händler haben oft die Pflicht, grosse Investitionen zu tätigen, um zum selektiven Vertriebsnetz zugelassen zu werden (bspw. in Ausstellungsräume oder geschultes Personal). Eine Beschränkung der Herstellergarantie kann dem Schutz dieser Händlerinvestitionen und damit dem Schutz selektiver Vertriebssysteme dienen. Eine Begrenzung der Herstellergarantie auf KFZ aus dem offiziellen Vertriebsnetz ist gemäss Praxis der WEKO (vgl. RPW 2014/2, 411 Rn. 41 f., Jura) zulässig. Das europäische Recht, welches insbesondere bei der kartellrechtlichen Behandlung von vertikalen Wettbewerbsabreden als Vorbild dient (vgl. hierzu etwa BGE 143 II 297 E. 6.2.3, Gaba), erachtet dies ebenfalls als zulässig (vgl. EuGH vom 13. Januar 1994, C-376/92, Metro/Cartier, ECLI:EU:C:1994:5, Rn. 32 f.).</p><p>Eine Begrenzung der Herstellergarantie auf KFZ aus dem offiziellen Vertriebsnetz führt insbesondere nicht zu einer Marktabschottung im Sinne von Art. 5 Abs. 4 des Kartellgesetzes (SR 251). Sowohl Endkundinnen und Endkunden als auch zugelassenen Händlern in der Schweiz steht es auch mit einer solchen Begrenzung frei, KFZ (mit Herstellergarantie) bei zugelassenen Händlern im Ausland zu erwerben. Ebenso können zugelassene Händler im Ausland KFZ (mit Herstellergarantie) in die Schweiz verkaufen, sowohl auf Anfrage eines Endkunden oder einer Endkundin als auch auf eigene Initiative hin. Eine Marktabschottung ist nicht ersichtlich. Aus wettbewerbspolitischen Gründen sieht der Bundesrat daher vorliegend keinen Handlungsbedarf.</p><p>&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.</p>
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, durch Änderung der KFZ-Verordnung (KFZV) sicherzustellen, dass bei Parallel- oder Direktimporten von Kraftfahrzeugen die Herstellergarantie unabhängig vom Vertriebskanal gewährleistet bleibt.</p>
  • Wiederherstellung des Wettbewerbs- und Konsumentenschutzes im Autohandel. Beseitigung eines Handelshemmnisses bei Elektrofahrzeugen
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die vom Parlament angenommene Motion 18.3898 wurde in einem wesentlichen Punkt nicht umgesetzt. Fahrzeuge, die parallel importiert werden, verlieren nach Rechtsauffassung der WEKO ihre Herstellergarantie (HG) beim Import – begründet mit dem Schutz des selektiven Vertriebssystems. Dieser Missstand ist zu beheben, weshalb die Motion 18.3898 die Inkraftsetzung der 2002-Version der Kfz-Bekanntmachung verlangte. Damals war ein Entfall der HG unzulässig. Mittels Anpassung der KFZV kann der Bundesrat diese Wettbewerbsverzerrung und das Handelshemmnis bei Elektrofahrzeugen beseitigen.</p><p>&nbsp;</p><p>Mit zunehmendem Anteil an Elektrofahrzeugen, die häufig mit einer 8- bis 10-jährigen HG insbesondere auf der Antriebsbatterie ausgestattet sind, wird das Problem noch dringlicher. Der Ersatz einer Antriebsbatterie im Garantiefall kostet schnell über CHF 16'000. Die aktuelle Situation, in der die HG rechtlich nur bei Fahrzeugen aus dem offiziellen Vertriebsnetz gewährt wird, stellt eine erhebliche finanzielle Belastung für Konsumenten dar, die sich für einen Parallelimport entscheiden.</p><p>&nbsp;</p><p>Die Verweigerung einer HG ist weder ökonomisch noch rechtlich begründbar:</p><p>&nbsp;</p><ol><li>Eine HG ist immer im Preis des Fahrzeugs enthalten, wenn es das Werk verlässt. Der Hersteller berücksichtigt sie bei der Preiskalkulation, unabhängig davon, ob das Fahrzeug über einen freien oder einen Markenhändler verkauft wird. Wenn der Hersteller dies tun würde, müsste das Fahrzeug ohne HG erhältlich sein. Dies ist jedoch nicht der Fall: Eine Verweigerung der HG – nur weil ein freier Händler im Vertrieb zwischengeschaltet ist – führt mithin zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Herstellers.</li><li>Die Verweigerung der HG gefährdet den grenzüberschreitenden Intrabrand-Wettbewerb. Das Parlament hat in Art. 5 Abs. 4 KG Vorkehrungen getroffen, damit der Parallelimport nicht verhindert wird. Die Verweigerung einer HG führt <i>de facto</i> zu einer Abschottung des Schweizer Marktes.</li><li>Die Gewährung der HG gefährdet bei parallelimportierten Fahrzeugen das offizielle Vertriebssystem des Herstellers <i>nicht</i>. Jedes parallelimportierte Fahrzeug wurde zu einem Zeitpunkt von einem offiziellen Vertriebspartner erstanden.</li></ol>
    • <p>Die Motion 18.3898 Pfister Gerhard wurde mit Erlass der KFZ-Verordnung vom</p><p>29. November 2023 über die wettbewerbsrechtliche Behandlung von vertikalen Abreden im Kraftfahrzeugsektor (KFZV; SR 251.6) umgesetzt. Die KFZ-Verordnung ist per 1. Januar 2024 in Kraft getreten und hat die KFZ-Bekanntmachung der Wettbewerbskommission (WEKO) vom 29. Juni 2015 in der Fassung vom 9. September 2019 abgelöst. Der Bundesrat hat bereits in seiner Antwort auf die Interpellation 24.3311 Pfister Gerhard festgehalten, dass die damit geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen sicherstellen, dass die ungerechtfertigte Verweigerung von Garantieleistungen im KFZ-Bereich unzulässig ist.</p><p>Für alle KFZ gilt grundsätzlich die zweijährige Gewährleistung nach Artikel 210 OR. Garantien, die darüber hinaus gehen, liegen im Ermessen des Herstellers und der Händler. In diesem Zusammenhang ist eine generelle Gewährung der Herstellergarantie unabhängig vom Vertriebskanal nicht vorgesehen. Denn im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems kann ein Kraftfahrzeuganbieter die Herstellergarantie auf Fahrzeuge beschränken, die über zugelassene Händler vertrieben werden (vgl. Rn. 8 der Erläuterungen zur KFZ-Verordnung der WEKO vom 4. Dezember 2023). Händler haben oft die Pflicht, grosse Investitionen zu tätigen, um zum selektiven Vertriebsnetz zugelassen zu werden (bspw. in Ausstellungsräume oder geschultes Personal). Eine Beschränkung der Herstellergarantie kann dem Schutz dieser Händlerinvestitionen und damit dem Schutz selektiver Vertriebssysteme dienen. Eine Begrenzung der Herstellergarantie auf KFZ aus dem offiziellen Vertriebsnetz ist gemäss Praxis der WEKO (vgl. RPW 2014/2, 411 Rn. 41 f., Jura) zulässig. Das europäische Recht, welches insbesondere bei der kartellrechtlichen Behandlung von vertikalen Wettbewerbsabreden als Vorbild dient (vgl. hierzu etwa BGE 143 II 297 E. 6.2.3, Gaba), erachtet dies ebenfalls als zulässig (vgl. EuGH vom 13. Januar 1994, C-376/92, Metro/Cartier, ECLI:EU:C:1994:5, Rn. 32 f.).</p><p>Eine Begrenzung der Herstellergarantie auf KFZ aus dem offiziellen Vertriebsnetz führt insbesondere nicht zu einer Marktabschottung im Sinne von Art. 5 Abs. 4 des Kartellgesetzes (SR 251). Sowohl Endkundinnen und Endkunden als auch zugelassenen Händlern in der Schweiz steht es auch mit einer solchen Begrenzung frei, KFZ (mit Herstellergarantie) bei zugelassenen Händlern im Ausland zu erwerben. Ebenso können zugelassene Händler im Ausland KFZ (mit Herstellergarantie) in die Schweiz verkaufen, sowohl auf Anfrage eines Endkunden oder einer Endkundin als auch auf eigene Initiative hin. Eine Marktabschottung ist nicht ersichtlich. Aus wettbewerbspolitischen Gründen sieht der Bundesrat daher vorliegend keinen Handlungsbedarf.</p><p>&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.</p>
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, durch Änderung der KFZ-Verordnung (KFZV) sicherzustellen, dass bei Parallel- oder Direktimporten von Kraftfahrzeugen die Herstellergarantie unabhängig vom Vertriebskanal gewährleistet bleibt.</p>
    • Wiederherstellung des Wettbewerbs- und Konsumentenschutzes im Autohandel. Beseitigung eines Handelshemmnisses bei Elektrofahrzeugen

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