Für eine Revision des Bürgschaftsvertrags

ShortId
24.3699
Id
20243699
Updated
25.09.2024 08:44
Language
de
Title
Für eine Revision des Bürgschaftsvertrags
AdditionalIndexing
1211;15
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Seit der Einführung von Artikel 492 Absatz 2 des Obligationenrechts im Jahr 1941 wurden die Formvorschriften für Bürgschaftsverträge nicht mehr aktualisiert, um den wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Entwicklungen zu entsprechen.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Derzeit ist für die Bürgschaftserklärung natürlicher Personen eine öffentliche Beurkundung erforderlich, wenn der Haftungsbetrag die Summe von 2000 Franken übersteigt. Dieser Schwellenwert wurde 1941 festgelegt und ist aufgrund der Inflation inzwischen veraltet. Ausserdem werden moderne Formen, einen Vertrag abzuschliessen, von dieser Regelung nicht berücksichtigt – einschliesslich der Verwendung von elektronischen Signaturen.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Zudem bedarf die Bürgschaft der Zustimmung des Ehegatten oder der Ehegattin, wenn die Ehe nicht durch ein richterliches Urteil getrennt ist. So kann ein Ehegatte oder eine Ehegattin auch nach einer langen Trennungszeit und endgültigen Trennung, ungeachtet der Auflösung des Güterstandes, keine Bürgschaft ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten oder der anderen Ehegattin eingehen. Diese Bestimmung stammt aus einer Zeit, in der die Eheleute nicht gleichberechtigt waren, und verursacht heute mehr Komplikationen, als dass sie die Parteien schützt.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Diese strengen und veralteten Regeln haben ärgerliche Folgen. Insbesondere im Bereich des Mietrechts greifen die Parteien immer häufiger auf Mitbewohnerverträge zurück, um die Bürgschaftsbestimmungen zu umgehen. Dadurch entstehen Verträge, deren Rechtmässigkeit fragwürdig ist. Auch bei der Kündigung solcher Mietverträge kommt es teilweise zu erheblichen Problemen.</p><p>Mehr als 80 Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen muss der Bürgschaftsvertrag totalrevidiert werden, um zu gewährleisten, dass die schweizerischen Rechtsinstitute mit der Zeit Schritt halten.</p>
  • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die Artikel</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">492</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">ff. des Obligationenrechts (OR; SR</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">220) sollen Bürginnen und Bürgen davor schützen, zu hohe Verpflichtungen einzugehen, ohne sich der Tragweite bewusst zu sein. Um dieses Ziel nicht zu gefährden, sollte daher vor einer Anpassung dieser Regelungen zwingend eine umfassende Analyse durchgeführt werden. Zu den in der Motion erwähnten Punkten nimmt der Bundesrat wie folgt Stellung: </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">1. und 2. Bis zu einem Betrag von 2000</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Franken verlangt das Gesetz die qualifizierte Schriftlichkeit, um die Bürgschaft einer natürlichen Person als gültig anzuerkennen. Das bedeutet, dass eine Bürgin oder ein Bürge in der Bürgschaftsurkunde persönlich und handschriftlich den Höchstbetrag der Bürgschaft und eine allfällige Solidarbürgschaft eintragen muss. Übersteigt der Haftungsbetrag die Summe von 2000</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Franken, bedarf es der öffentlichen Beurkundung (Art. 493 Abs. 2 OR). Der Schwellenwert von 2000</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Franken gilt seit dem 1.</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Juli 1942. Eine Anpassung dieses Betrags könnte durchaus in Erwägung gezogen werden. Doch auch dann wäre es wichtig, das Erfordernis der qualifizierten Schriftlichkeit beizubehalten, um die Aufmerksamkeit der Bürgin oder des Bürgen – oft die schwache Partei der Bürgschaft – auf die finanziellen Risiken zu lenken, die sie oder er persönlich zu tragen bereit ist. Die Verwendung einer elektronischen Signatur ist in diesem Fall ausgeschlossen. Diese dient einzig als Ersatz einer eigenhändigen Unterschrift und kann nicht anstelle von handschriftlichen Angaben verwendet werden. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">3. Die Bürgschaft einer verheirateten Person bedarf der Zustimmung der Ehegattin oder des Ehegatten, wenn die Ehe nicht durch richterliches Urteil getrennt wurde (Art.</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">494 Abs.</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">1 OR). Man kann sich dabei fragen, ob es gerechtfertigt ist, dass eine Ehegattin oder ein Ehegatte nur nach einer Trennung der Ehe eine Bürgschaft ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten eingehen darf, oder ob diese Ausnahme auch bei einer faktischen Trennung oder bei einer rechtlichen Trennung durch Eheschutz gelten sollte. Es ist allerdings hervorzuheben, dass das geltende Recht die finanzielle Situation der Familie schützen soll. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Im Bereich des Mietrechts kann schliesslich ein Mietvertrag mit mehreren Personen abgeschlossen werden, auch wenn eine davon die Räumlichkeiten gar nicht benutzen wird. Die Verpflichtung einer Person als Mitbewohnerin, wenn sie das gemietete Objekt nicht bewohnen, sondern nur als Garantin auftreten will, entspricht deswegen nicht unbedingt einer verdeckten Bürgschaft, die wegen eines Formfehlers nichtig ist: In diesem Fall ist der Mitbewohnervertrag grundsätzlich gültig (BGer 4A_484/2019 E. 4.2.2 und 4.2.3). </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Aus diesen Gründen erachtet es der Bundesrat derzeit als nicht angebracht, direkt eine Revision der Bürgschaftsbestimmungen mit den genannten Eckpunkten vorzunehmen, wie es die Motion verlangt. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Nach Artikel 121 Absatz 3 Buchstabe b des Parlamentsgesetzes (ParlG; SR</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">171.10) behält er sich vor, bei Annahme der Motion durch den Erstrat, im Zweitrat einen Antrag auf Änderung der Motion in einen Prüfungsauftrag zu stellen, da zuerst alle aufgeworfenen Fragen eingehend geprüft werden müssen. </span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
  • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament einen Entwurf zur Revision des in den Artikeln 492&nbsp;ff. des Obligationenrechts vorgesehenen Bürgschaftsvertrags zu unterbreiten. Ziel der Revision ist die Modernisierung veralteter Regelungen. Das betrifft insbesondere:</p><ol><li>den Höchstbetrag, bis zu dem eine eigenschriftliche Angabe des Haftungsbetrages genügt;</li><li>die Einführung einer elektronischen Signatur;</li><li>die Abschaffung oder Lockerung der Bestimmungen bezüglich der Zustimmung des Ehegatten.</li></ol>
  • Für eine Revision des Bürgschaftsvertrags
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Seit der Einführung von Artikel 492 Absatz 2 des Obligationenrechts im Jahr 1941 wurden die Formvorschriften für Bürgschaftsverträge nicht mehr aktualisiert, um den wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Entwicklungen zu entsprechen.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Derzeit ist für die Bürgschaftserklärung natürlicher Personen eine öffentliche Beurkundung erforderlich, wenn der Haftungsbetrag die Summe von 2000 Franken übersteigt. Dieser Schwellenwert wurde 1941 festgelegt und ist aufgrund der Inflation inzwischen veraltet. Ausserdem werden moderne Formen, einen Vertrag abzuschliessen, von dieser Regelung nicht berücksichtigt – einschliesslich der Verwendung von elektronischen Signaturen.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Zudem bedarf die Bürgschaft der Zustimmung des Ehegatten oder der Ehegattin, wenn die Ehe nicht durch ein richterliches Urteil getrennt ist. So kann ein Ehegatte oder eine Ehegattin auch nach einer langen Trennungszeit und endgültigen Trennung, ungeachtet der Auflösung des Güterstandes, keine Bürgschaft ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten oder der anderen Ehegattin eingehen. Diese Bestimmung stammt aus einer Zeit, in der die Eheleute nicht gleichberechtigt waren, und verursacht heute mehr Komplikationen, als dass sie die Parteien schützt.&nbsp;</p><p>&nbsp;</p><p>Diese strengen und veralteten Regeln haben ärgerliche Folgen. Insbesondere im Bereich des Mietrechts greifen die Parteien immer häufiger auf Mitbewohnerverträge zurück, um die Bürgschaftsbestimmungen zu umgehen. Dadurch entstehen Verträge, deren Rechtmässigkeit fragwürdig ist. Auch bei der Kündigung solcher Mietverträge kommt es teilweise zu erheblichen Problemen.</p><p>Mehr als 80 Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen muss der Bürgschaftsvertrag totalrevidiert werden, um zu gewährleisten, dass die schweizerischen Rechtsinstitute mit der Zeit Schritt halten.</p>
    • <div><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Die Artikel</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">492</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">ff. des Obligationenrechts (OR; SR</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">220) sollen Bürginnen und Bürgen davor schützen, zu hohe Verpflichtungen einzugehen, ohne sich der Tragweite bewusst zu sein. Um dieses Ziel nicht zu gefährden, sollte daher vor einer Anpassung dieser Regelungen zwingend eine umfassende Analyse durchgeführt werden. Zu den in der Motion erwähnten Punkten nimmt der Bundesrat wie folgt Stellung: </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">1. und 2. Bis zu einem Betrag von 2000</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Franken verlangt das Gesetz die qualifizierte Schriftlichkeit, um die Bürgschaft einer natürlichen Person als gültig anzuerkennen. Das bedeutet, dass eine Bürgin oder ein Bürge in der Bürgschaftsurkunde persönlich und handschriftlich den Höchstbetrag der Bürgschaft und eine allfällige Solidarbürgschaft eintragen muss. Übersteigt der Haftungsbetrag die Summe von 2000</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Franken, bedarf es der öffentlichen Beurkundung (Art. 493 Abs. 2 OR). Der Schwellenwert von 2000</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Franken gilt seit dem 1.</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">Juli 1942. Eine Anpassung dieses Betrags könnte durchaus in Erwägung gezogen werden. Doch auch dann wäre es wichtig, das Erfordernis der qualifizierten Schriftlichkeit beizubehalten, um die Aufmerksamkeit der Bürgin oder des Bürgen – oft die schwache Partei der Bürgschaft – auf die finanziellen Risiken zu lenken, die sie oder er persönlich zu tragen bereit ist. Die Verwendung einer elektronischen Signatur ist in diesem Fall ausgeschlossen. Diese dient einzig als Ersatz einer eigenhändigen Unterschrift und kann nicht anstelle von handschriftlichen Angaben verwendet werden. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">3. Die Bürgschaft einer verheirateten Person bedarf der Zustimmung der Ehegattin oder des Ehegatten, wenn die Ehe nicht durch richterliches Urteil getrennt wurde (Art.</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">494 Abs.</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">1 OR). Man kann sich dabei fragen, ob es gerechtfertigt ist, dass eine Ehegattin oder ein Ehegatte nur nach einer Trennung der Ehe eine Bürgschaft ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten eingehen darf, oder ob diese Ausnahme auch bei einer faktischen Trennung oder bei einer rechtlichen Trennung durch Eheschutz gelten sollte. Es ist allerdings hervorzuheben, dass das geltende Recht die finanzielle Situation der Familie schützen soll. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Im Bereich des Mietrechts kann schliesslich ein Mietvertrag mit mehreren Personen abgeschlossen werden, auch wenn eine davon die Räumlichkeiten gar nicht benutzen wird. Die Verpflichtung einer Person als Mitbewohnerin, wenn sie das gemietete Objekt nicht bewohnen, sondern nur als Garantin auftreten will, entspricht deswegen nicht unbedingt einer verdeckten Bürgschaft, die wegen eines Formfehlers nichtig ist: In diesem Fall ist der Mitbewohnervertrag grundsätzlich gültig (BGer 4A_484/2019 E. 4.2.2 und 4.2.3). </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Aus diesen Gründen erachtet es der Bundesrat derzeit als nicht angebracht, direkt eine Revision der Bürgschaftsbestimmungen mit den genannten Eckpunkten vorzunehmen, wie es die Motion verlangt. </span></p><p style="margin-top:0pt; margin-bottom:0pt; line-height:150%; widows:0; orphans:0; font-size:11pt"><span style="font-family:Arial">Nach Artikel 121 Absatz 3 Buchstabe b des Parlamentsgesetzes (ParlG; SR</span><span style="font-family:Arial">&#xa0;</span><span style="font-family:Arial">171.10) behält er sich vor, bei Annahme der Motion durch den Erstrat, im Zweitrat einen Antrag auf Änderung der Motion in einen Prüfungsauftrag zu stellen, da zuerst alle aufgeworfenen Fragen eingehend geprüft werden müssen. </span></p></div><br><br>Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
    • <p>Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament einen Entwurf zur Revision des in den Artikeln 492&nbsp;ff. des Obligationenrechts vorgesehenen Bürgschaftsvertrags zu unterbreiten. Ziel der Revision ist die Modernisierung veralteter Regelungen. Das betrifft insbesondere:</p><ol><li>den Höchstbetrag, bis zu dem eine eigenschriftliche Angabe des Haftungsbetrages genügt;</li><li>die Einführung einer elektronischen Signatur;</li><li>die Abschaffung oder Lockerung der Bestimmungen bezüglich der Zustimmung des Ehegatten.</li></ol>
    • Für eine Revision des Bürgschaftsvertrags

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