Entschuldigung an die Mietenden aufgrund von Versäumnissen der vergangenen Jahrzehnte

ShortId
24.3735
Id
20243735
Updated
25.09.2024 16:05
Language
de
Title
Entschuldigung an die Mietenden aufgrund von Versäumnissen der vergangenen Jahrzehnte
AdditionalIndexing
2846;1211;15
1
PriorityCouncil1
Nationalrat
Texts
  • <p>Die im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zur Anpassung der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG; SR 221.213.11) vorgeschlagenen mietzinsdämpfenden Massnahmen zielen einerseits darauf ab, die Mieterinnen und Mieter in die Lage zu versetzen, ihre Rechte besser wahrzunehmen, indem die Transparenz erhöht wird. Es handelt sich hierbei um Anpassungsvorschläge, die teilweise auf Gerichtsentscheiden basieren oder bestehende Regelungen präzisieren.</p><p>Andererseits stellt die vorgeschlagene Abschaffung der pauschalen Weitergabe allgemeiner Kostensteigerungen gegenüber der bisherigen Praxis eine Verbesserung dar und soll zu einer faireren Kostenverteilung führen, indem nur die tatsächlich nachgewiesenen Kostensteigerungen an die Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden können. Im Übrigen basierte die geltende Regelung, wonach der Mietzins um 40 Prozent der Teuerung erhöht werden darf, nicht auf einem Rechnungsfehler, sondern auf einem bewussten politischen Entscheid des Verordnungsgebers. Der Bundesrat erachtet dies heute nicht mehr als angemessen und schlägt deshalb vor, den Satz auf den rechnerisch genauen Wert von 28 Prozent herabzusetzen.</p><p>Der Bundesrat ist der Meinung, dass die vorgeschlagenen Massnahmen insgesamt eine gewisse Dämpfungswirkung erzielen, indem Kostensteigerungen nicht mehr pauschalisiert weitergegeben und die Teuerung nur noch in einem geringeren Umfang überwälzt werden könnten. Schliesslich soll die grössere Transparenz dazu führen, dass nicht gerechtfertigte Mietzinserhöhungen weniger oft erfolgen oder gegebenenfalls von den betroffenen Mietparteien angefochten werden könnten.</p><p>Zu den einzelnen Fragen:</p><ol style="list-style-type:decimal;"><li>Die vorgeschlagenen Verordnungsänderungen gehen über eine reine Anpassung an die Bundesgerichtspraxis hinaus. Die mietzinsdämpfende Wirkung soll insbesondere in Form einer von Anfang an moderateren Mietzinsgestaltung erfolgen, so dass idealerweise gar keine Anfechtung durch die Mieterschaft notwendig wird.</li><li>Das bestehende Instrument der Anfechtung des Anfangsmietzinses schliesst Verbesserungen nicht aus. Die Erhöhung der Transparenz würde die diesbezügliche Position der Mieterschaft stärken.</li><li>Der Bundesrat ist bestrebt, das im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bestehende mietzinsdämpfende Potenzial zugunsten der Mietparteien auszuschöpfen. Dass Verbesserungspotenzial gegeben ist, liegt in der Natur der Sache und stellt keinen Grund für eine Entschuldigung dar.</li></ol><p>Dem Bundesrat ist bewusst, dass die Dämpfungswirkung nicht überaus gross sein wird. Dies ist insbesondere darin begründet, dass schnell und deshalb auf Verordnungsstufe gehandelt werden soll. Ein Gesetzgebungsverfahren würde weit länger dauern, und die Erfolgsaussichten wären erfahrungsgemäss ungewiss, hat doch das Parlament bzw. das Volk vom Bundesrat beantragte grundlegendere Änderungen im Mietrecht wiederholt zurückgewiesen. Im Übrigen muss in jenen Kantonen, die eine Formularpflicht kennen, der Vormietzins schon heute auf dem Anfangsmietzinsformular bekanntgegeben werden. Eine parlamentarische Initiative für eine schweizweite Formularpflicht hat der Nationalrat jüngst am 12. Dezember 2023 abgelehnt.</p><p>Die Vernehmlassung zur Anpassung der VMWG dauerte bis zum 11.&nbsp;Juli 2024. Der Bundesrat wird voraussichtlich im Herbst 2024 unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen über das weitere Vorgehen entscheiden.</p>
  • <p>Im April 2024 gab der Bundesrat vier "gezielte Massnahmen zur Mietpreisdämpfung", die allesamt die Verordnungsstufe betreffen, in die Vernehmlassung. Die erste Massnahnme soll die Zulässigkeit der pauschalen Weitergabe der allgemeinen Kostensteigerung aufheben. Das ist der Nachvollzug eines Bundesgerichtsentscheids, der verlangte das effektive Ausmass müsse nachgewiesen werden. Die zweite Massnahme reduziert den Teurungsausgleich auf dem Eigenkapital von bisher 40 Prozent auf 28 Prozent reduziert werden. Damit wird ein Jahrzehnte dauernder Rechnungsfehler (Dreisatz: 40% aus OR Art.269a Buchstabe e) von 70% dem theoreitschen risikobehafteten Anteil der Miete) beseitigt, der dazu führte dass das Eigenkapital zu hoch angesetzt wurde und somit die "zulässige" Rendite zu hoch ausgewiesen wurde. Drittens soll das Formular zur Mitteilung der Mietzinserhöhung um einen Hinweis ergänzt werden, dass bei der Anfechtung der Mietzinserhöhung auch ein übersetzter Ertrag angefochten werden kann. Es handlet sich also um eine klassische Rechtsbelehrung, die ohnhin hätte erfolgen müssen. Viertens soll das Formular zur Mitteilung des Anfangsmietzinses soll um den zuletzt geltenden Stand für den Referenzzinssatz und die Teurung ergänzt werden; also um Angaben die zwingend notwendig sind, um den Anfangsmietzins beurteilen zu können. Auffällig ist dabei, dass auf die Nennung des Vormietzinses verzichtet wird, was aber als Grundlage für eine allfällig Anfechtung nötig wäre.&nbsp;<br>In diesem Zusammenhang stellen sich verschiedene Fragen:<br>1. Wieso werden ohnehin zwingend notwendige Massnahmen wie Fehlerkorrekturen, Rechtsbelehrungen &nbsp;und Anpassungen an Bundesgerichtsentscheide in den Verordnungen als "gezielte Massnahmen zur Mietpreisdämpfung" verkauft.&nbsp;</p><p>2. Wieso werden nur teilweise Anpassungen vorgenommen, damit die Mietenden überhaupt Basisgrundlagen haben um ihre Rechte wahrnehmen können (Anfechtung Anfangsmietzins auf übersetzte Rendite), obwohl an anderen Stellen behauptet wird "die Überprüfung des Anfangsmietzinsen funktioniere grundsätzlich umfassend und effektiv".&nbsp;</p><p>3. Wird sich der Bundesrat bei der Mieterschaft entschuldigen, dass sie Jahrzehnte zu hohe Renditen basierend auf einem Dreisatzrechnungsfehler bezahlen mussten, sowie sie Jahrzehnte lang nicht die Grundlagen erhalten haben, um ihre Rechte in einem komplett assymmetischen Vertragsverhältnis wahrnehmen zu können?&nbsp;</p>
  • Entschuldigung an die Mietenden aufgrund von Versäumnissen der vergangenen Jahrzehnte
State
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
Related Affairs
Drafts
  • Index
    0
    Texts
    • <p>Die im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zur Anpassung der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG; SR 221.213.11) vorgeschlagenen mietzinsdämpfenden Massnahmen zielen einerseits darauf ab, die Mieterinnen und Mieter in die Lage zu versetzen, ihre Rechte besser wahrzunehmen, indem die Transparenz erhöht wird. Es handelt sich hierbei um Anpassungsvorschläge, die teilweise auf Gerichtsentscheiden basieren oder bestehende Regelungen präzisieren.</p><p>Andererseits stellt die vorgeschlagene Abschaffung der pauschalen Weitergabe allgemeiner Kostensteigerungen gegenüber der bisherigen Praxis eine Verbesserung dar und soll zu einer faireren Kostenverteilung führen, indem nur die tatsächlich nachgewiesenen Kostensteigerungen an die Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden können. Im Übrigen basierte die geltende Regelung, wonach der Mietzins um 40 Prozent der Teuerung erhöht werden darf, nicht auf einem Rechnungsfehler, sondern auf einem bewussten politischen Entscheid des Verordnungsgebers. Der Bundesrat erachtet dies heute nicht mehr als angemessen und schlägt deshalb vor, den Satz auf den rechnerisch genauen Wert von 28 Prozent herabzusetzen.</p><p>Der Bundesrat ist der Meinung, dass die vorgeschlagenen Massnahmen insgesamt eine gewisse Dämpfungswirkung erzielen, indem Kostensteigerungen nicht mehr pauschalisiert weitergegeben und die Teuerung nur noch in einem geringeren Umfang überwälzt werden könnten. Schliesslich soll die grössere Transparenz dazu führen, dass nicht gerechtfertigte Mietzinserhöhungen weniger oft erfolgen oder gegebenenfalls von den betroffenen Mietparteien angefochten werden könnten.</p><p>Zu den einzelnen Fragen:</p><ol style="list-style-type:decimal;"><li>Die vorgeschlagenen Verordnungsänderungen gehen über eine reine Anpassung an die Bundesgerichtspraxis hinaus. Die mietzinsdämpfende Wirkung soll insbesondere in Form einer von Anfang an moderateren Mietzinsgestaltung erfolgen, so dass idealerweise gar keine Anfechtung durch die Mieterschaft notwendig wird.</li><li>Das bestehende Instrument der Anfechtung des Anfangsmietzinses schliesst Verbesserungen nicht aus. Die Erhöhung der Transparenz würde die diesbezügliche Position der Mieterschaft stärken.</li><li>Der Bundesrat ist bestrebt, das im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bestehende mietzinsdämpfende Potenzial zugunsten der Mietparteien auszuschöpfen. Dass Verbesserungspotenzial gegeben ist, liegt in der Natur der Sache und stellt keinen Grund für eine Entschuldigung dar.</li></ol><p>Dem Bundesrat ist bewusst, dass die Dämpfungswirkung nicht überaus gross sein wird. Dies ist insbesondere darin begründet, dass schnell und deshalb auf Verordnungsstufe gehandelt werden soll. Ein Gesetzgebungsverfahren würde weit länger dauern, und die Erfolgsaussichten wären erfahrungsgemäss ungewiss, hat doch das Parlament bzw. das Volk vom Bundesrat beantragte grundlegendere Änderungen im Mietrecht wiederholt zurückgewiesen. Im Übrigen muss in jenen Kantonen, die eine Formularpflicht kennen, der Vormietzins schon heute auf dem Anfangsmietzinsformular bekanntgegeben werden. Eine parlamentarische Initiative für eine schweizweite Formularpflicht hat der Nationalrat jüngst am 12. Dezember 2023 abgelehnt.</p><p>Die Vernehmlassung zur Anpassung der VMWG dauerte bis zum 11.&nbsp;Juli 2024. Der Bundesrat wird voraussichtlich im Herbst 2024 unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen über das weitere Vorgehen entscheiden.</p>
    • <p>Im April 2024 gab der Bundesrat vier "gezielte Massnahmen zur Mietpreisdämpfung", die allesamt die Verordnungsstufe betreffen, in die Vernehmlassung. Die erste Massnahnme soll die Zulässigkeit der pauschalen Weitergabe der allgemeinen Kostensteigerung aufheben. Das ist der Nachvollzug eines Bundesgerichtsentscheids, der verlangte das effektive Ausmass müsse nachgewiesen werden. Die zweite Massnahme reduziert den Teurungsausgleich auf dem Eigenkapital von bisher 40 Prozent auf 28 Prozent reduziert werden. Damit wird ein Jahrzehnte dauernder Rechnungsfehler (Dreisatz: 40% aus OR Art.269a Buchstabe e) von 70% dem theoreitschen risikobehafteten Anteil der Miete) beseitigt, der dazu führte dass das Eigenkapital zu hoch angesetzt wurde und somit die "zulässige" Rendite zu hoch ausgewiesen wurde. Drittens soll das Formular zur Mitteilung der Mietzinserhöhung um einen Hinweis ergänzt werden, dass bei der Anfechtung der Mietzinserhöhung auch ein übersetzter Ertrag angefochten werden kann. Es handlet sich also um eine klassische Rechtsbelehrung, die ohnhin hätte erfolgen müssen. Viertens soll das Formular zur Mitteilung des Anfangsmietzinses soll um den zuletzt geltenden Stand für den Referenzzinssatz und die Teurung ergänzt werden; also um Angaben die zwingend notwendig sind, um den Anfangsmietzins beurteilen zu können. Auffällig ist dabei, dass auf die Nennung des Vormietzinses verzichtet wird, was aber als Grundlage für eine allfällig Anfechtung nötig wäre.&nbsp;<br>In diesem Zusammenhang stellen sich verschiedene Fragen:<br>1. Wieso werden ohnehin zwingend notwendige Massnahmen wie Fehlerkorrekturen, Rechtsbelehrungen &nbsp;und Anpassungen an Bundesgerichtsentscheide in den Verordnungen als "gezielte Massnahmen zur Mietpreisdämpfung" verkauft.&nbsp;</p><p>2. Wieso werden nur teilweise Anpassungen vorgenommen, damit die Mietenden überhaupt Basisgrundlagen haben um ihre Rechte wahrnehmen können (Anfechtung Anfangsmietzins auf übersetzte Rendite), obwohl an anderen Stellen behauptet wird "die Überprüfung des Anfangsmietzinsen funktioniere grundsätzlich umfassend und effektiv".&nbsp;</p><p>3. Wird sich der Bundesrat bei der Mieterschaft entschuldigen, dass sie Jahrzehnte zu hohe Renditen basierend auf einem Dreisatzrechnungsfehler bezahlen mussten, sowie sie Jahrzehnte lang nicht die Grundlagen erhalten haben, um ihre Rechte in einem komplett assymmetischen Vertragsverhältnis wahrnehmen zu können?&nbsp;</p>
    • Entschuldigung an die Mietenden aufgrund von Versäumnissen der vergangenen Jahrzehnte

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