Gewährleistungsbestimmungen in B2B-Verträgen und Schutz der Verkäufer in der Vertragskette
- ShortId
-
25.3343
- Id
-
20253343
- Updated
-
19.06.2025 16:04
- Language
-
de
- Title
-
Gewährleistungsbestimmungen in B2B-Verträgen und Schutz der Verkäufer in der Vertragskette
- AdditionalIndexing
-
15;1211
- 1
-
- PriorityCouncil1
-
Nationalrat
- Texts
-
- <span><p><span>Der Bundesrat hat in seinem Bericht vom 16. Juni 2023 «Modernisierungsbedarf des Gewährleistungsrechts beim Kauf» in Erfüllung des Postulates 18.3248 Marchand-Balet festgehalten, dass das Schweizer Gewährleistungsrecht beim Kauf heute in verschiedener Hinsicht reformbedürftig erscheint und dem geltenden EU/EWR-Mindeststandard angeglichen werden sollte. Mit den gleichlautenden Kommissionsmotionen 23.4316 RK-S und 23.4345 RK-N «Modernisierung des Gewährleistungsrechts» wurde der Bundesrat beauftragt, eine entsprechende Revisionsvorlage vorzulegen. Die Arbeiten dazu sind im Gange und deren Ergebnis kann nicht vorweggenommen werden. Unter Vorbehalt dieser Arbeiten nimmt der Bundesrat zu den in der Interpellation aufgeworfenen Fragen gestützt auf seinen Postulatsbericht wie folgt Stellung: </span></p><p><span> </span></p><p><span>1. und 3. Dem Bericht lag ein ausführlicher Rechtsvergleich mit dem EU-Recht sowie zahlreichen Rechtsordnungen zu Grunde. Die EU-Richtlinien 2019/771 und 2019/770 vom 20. Mai 2019 verpflichten die EU-Mitgliedstaaten, bestimmte Aspekte ihres nationalen Konsumentenvertragsrechts (B2C-Bereich) im Bereich des Warenkaufs sowie digitaler Inhalte und Dienstleistungen zu harmonisieren. Die nationale Umsetzungsgesetzgebung der EU-Mitgliedstaaten muss dabei zugunsten der Konsumentinnen und Konsumenten einseitig zwingend ausgestaltet sein. In keiner der im Rechtsvergleich untersuchten Rechtsordnungen von EU-Mitgliedstaaten und EWR-Staaten wurden die Regeln dieser beiden Richtlinien vom nationalen Gesetzgeber freiwillig auf Handelsverträge im Geschäftsverkehr (B2B-Bereich) ausgedehnt. Auch wenn die Schaffung von zwingendem Recht im B2B-Bereich im Bericht nicht ausgeschlossen wurde, hat der Bundesrat in Erinnerung gerufen, dass dies im von der Vertragsfreiheit beherrschten Geschäftsbereich ungewöhnlich wäre. Auch könnten die Regeln im internationalen Handelsverkehr angesichts der herrschenden Rechtswahlfreiheit nicht durchgesetzt werden (vgl. Ziff. 3.9 des Berichts).</span></p><p><span> </span></p><p><span>2. Um dem Problem der unterschiedlichen Fristen in der Transaktionskette zu begegnen, hat der Bundesrat im Bericht eine Klagefrist für die Verkäuferin oder den Verkäufer und jede Lieferantin bzw. jeden Lieferanten in der Vertragskette ab dem Zeitpunkt, in dem sie ihre Gewährleistungspflichten erfüllt haben, zur Diskussion gestellt (vgl. Ziff. 3.8.3 des Berichts). Solche Regressmöglichkeiten werden im Rahmen der laufenden Arbeiten zu prüfen sein.</span></p></span>
- <p>In seinem Bericht aus dem Jahr 2023 hat der Bundesrat zwei Problemstellungen aufgezeigt, die sich bei der Ausübung von Gewährleistungsrechten zwischen Unternehmen (business-to-business, B2B) und insbesondere bei der Übertragung von Gewährleistungsrechten entlang der Vertragskette ergeben.</p><p>1.<br>Vertragliches Ungleichgewicht zu Ungunsten der Verkäufer: Derzeit sind nur die Gewährleistungsrechte der Endkonsumentinnen und -konsumenten zwingend, während die Beziehungen zwischen Verkäufern und ihren Lieferanten der Vertragsfreiheit unterliegen. Dies kann dazu führen, dass ein Verkäufer gegenüber einer Konsumentin oder einem Konsumenten zur Gewährleistung verpflichtet ist, während gleichzeitig seine eigenen Gewährleistungsrechte im Vertrag mit seinem Lieferanten oder dem Hersteller ausgeschlossen oder eingeschränkt wurden. Dieses Ungleichgewicht könnte gewisse Händler wirtschaftlich schwächen, denn sie müssten allein für Kosten im Zusammenhang mit Mängeln haften, die sie nicht verschuldet haben.<br>2.<br>Zeitliche Verschiebung der Gewährleistungspflichten in der Vertragskette: Die Laufzeit jeder Gewährleistungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt der Lieferung, was dazu führt, dass die verschiedenen Gewährleistungsfristen in der Vertragskette unterschiedliche Startpunkte haben. Ein Endverkäufer kann also gegenüber der Endkonsumentin oder dem Endkonsumenten noch zur Gewährleistung verpflichtet sein, wenn sein eigener Gewährleistungsanspruch gegenüber seinem Lieferanten bereits erloschen ist. Dies kann die Kohärenz und die Gerechtigkeit des Gewährleistungsrechts in der Schweiz beeinträchtigen.</p><p> </p><p>In Anbetracht dieser Feststellungen bitte ich den Bundesrat um die Beantwortung der folgenden Fragen:<br>1.<br>Erwägt der Bundesrat die Einführung von Bestimmungen, die zwingend in B2B-Verträgen enthalten sein müssen und eine wirksame Übertragung der Garantierechte zwischen Unternehmen gewährleisten, wie dies in gewissen EU-Mitgliedstaaten der Fall ist?<br>2.<br>Wie gedenkt der Bundesrat das Problem der zeitlichen Verschiebung der Gewährleistungsfristen in der Vertragskette zu lösen, um zu verhindern, dass ein Endverkäufer gegenüber seinem Lieferanten oder dem Hersteller keine Ansprüche geltend machen kann?<br>3.<br>Wird eine Harmonisierung des Gewährleistungsrechts im B2B-Bereich mit den Gewährleistungsrechten der Endkonsumentinnen und -konsumenten in Betracht gezogen, um so die Rechtssicherheit und den Schutz der Verkäufer zu stärken?</p>
- Gewährleistungsbestimmungen in B2B-Verträgen und Schutz der Verkäufer in der Vertragskette
- State
-
Stellungnahme zum Vorstoss liegt vor
- Related Affairs
-
- Drafts
-
-
- Index
- 0
- Texts
-
- <span><p><span>Der Bundesrat hat in seinem Bericht vom 16. Juni 2023 «Modernisierungsbedarf des Gewährleistungsrechts beim Kauf» in Erfüllung des Postulates 18.3248 Marchand-Balet festgehalten, dass das Schweizer Gewährleistungsrecht beim Kauf heute in verschiedener Hinsicht reformbedürftig erscheint und dem geltenden EU/EWR-Mindeststandard angeglichen werden sollte. Mit den gleichlautenden Kommissionsmotionen 23.4316 RK-S und 23.4345 RK-N «Modernisierung des Gewährleistungsrechts» wurde der Bundesrat beauftragt, eine entsprechende Revisionsvorlage vorzulegen. Die Arbeiten dazu sind im Gange und deren Ergebnis kann nicht vorweggenommen werden. Unter Vorbehalt dieser Arbeiten nimmt der Bundesrat zu den in der Interpellation aufgeworfenen Fragen gestützt auf seinen Postulatsbericht wie folgt Stellung: </span></p><p><span> </span></p><p><span>1. und 3. Dem Bericht lag ein ausführlicher Rechtsvergleich mit dem EU-Recht sowie zahlreichen Rechtsordnungen zu Grunde. Die EU-Richtlinien 2019/771 und 2019/770 vom 20. Mai 2019 verpflichten die EU-Mitgliedstaaten, bestimmte Aspekte ihres nationalen Konsumentenvertragsrechts (B2C-Bereich) im Bereich des Warenkaufs sowie digitaler Inhalte und Dienstleistungen zu harmonisieren. Die nationale Umsetzungsgesetzgebung der EU-Mitgliedstaaten muss dabei zugunsten der Konsumentinnen und Konsumenten einseitig zwingend ausgestaltet sein. In keiner der im Rechtsvergleich untersuchten Rechtsordnungen von EU-Mitgliedstaaten und EWR-Staaten wurden die Regeln dieser beiden Richtlinien vom nationalen Gesetzgeber freiwillig auf Handelsverträge im Geschäftsverkehr (B2B-Bereich) ausgedehnt. Auch wenn die Schaffung von zwingendem Recht im B2B-Bereich im Bericht nicht ausgeschlossen wurde, hat der Bundesrat in Erinnerung gerufen, dass dies im von der Vertragsfreiheit beherrschten Geschäftsbereich ungewöhnlich wäre. Auch könnten die Regeln im internationalen Handelsverkehr angesichts der herrschenden Rechtswahlfreiheit nicht durchgesetzt werden (vgl. Ziff. 3.9 des Berichts).</span></p><p><span> </span></p><p><span>2. Um dem Problem der unterschiedlichen Fristen in der Transaktionskette zu begegnen, hat der Bundesrat im Bericht eine Klagefrist für die Verkäuferin oder den Verkäufer und jede Lieferantin bzw. jeden Lieferanten in der Vertragskette ab dem Zeitpunkt, in dem sie ihre Gewährleistungspflichten erfüllt haben, zur Diskussion gestellt (vgl. Ziff. 3.8.3 des Berichts). Solche Regressmöglichkeiten werden im Rahmen der laufenden Arbeiten zu prüfen sein.</span></p></span>
- <p>In seinem Bericht aus dem Jahr 2023 hat der Bundesrat zwei Problemstellungen aufgezeigt, die sich bei der Ausübung von Gewährleistungsrechten zwischen Unternehmen (business-to-business, B2B) und insbesondere bei der Übertragung von Gewährleistungsrechten entlang der Vertragskette ergeben.</p><p>1.<br>Vertragliches Ungleichgewicht zu Ungunsten der Verkäufer: Derzeit sind nur die Gewährleistungsrechte der Endkonsumentinnen und -konsumenten zwingend, während die Beziehungen zwischen Verkäufern und ihren Lieferanten der Vertragsfreiheit unterliegen. Dies kann dazu führen, dass ein Verkäufer gegenüber einer Konsumentin oder einem Konsumenten zur Gewährleistung verpflichtet ist, während gleichzeitig seine eigenen Gewährleistungsrechte im Vertrag mit seinem Lieferanten oder dem Hersteller ausgeschlossen oder eingeschränkt wurden. Dieses Ungleichgewicht könnte gewisse Händler wirtschaftlich schwächen, denn sie müssten allein für Kosten im Zusammenhang mit Mängeln haften, die sie nicht verschuldet haben.<br>2.<br>Zeitliche Verschiebung der Gewährleistungspflichten in der Vertragskette: Die Laufzeit jeder Gewährleistungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt der Lieferung, was dazu führt, dass die verschiedenen Gewährleistungsfristen in der Vertragskette unterschiedliche Startpunkte haben. Ein Endverkäufer kann also gegenüber der Endkonsumentin oder dem Endkonsumenten noch zur Gewährleistung verpflichtet sein, wenn sein eigener Gewährleistungsanspruch gegenüber seinem Lieferanten bereits erloschen ist. Dies kann die Kohärenz und die Gerechtigkeit des Gewährleistungsrechts in der Schweiz beeinträchtigen.</p><p> </p><p>In Anbetracht dieser Feststellungen bitte ich den Bundesrat um die Beantwortung der folgenden Fragen:<br>1.<br>Erwägt der Bundesrat die Einführung von Bestimmungen, die zwingend in B2B-Verträgen enthalten sein müssen und eine wirksame Übertragung der Garantierechte zwischen Unternehmen gewährleisten, wie dies in gewissen EU-Mitgliedstaaten der Fall ist?<br>2.<br>Wie gedenkt der Bundesrat das Problem der zeitlichen Verschiebung der Gewährleistungsfristen in der Vertragskette zu lösen, um zu verhindern, dass ein Endverkäufer gegenüber seinem Lieferanten oder dem Hersteller keine Ansprüche geltend machen kann?<br>3.<br>Wird eine Harmonisierung des Gewährleistungsrechts im B2B-Bereich mit den Gewährleistungsrechten der Endkonsumentinnen und -konsumenten in Betracht gezogen, um so die Rechtssicherheit und den Schutz der Verkäufer zu stärken?</p>
- Gewährleistungsbestimmungen in B2B-Verträgen und Schutz der Verkäufer in der Vertragskette
Back to List